JudikaturDSB

K121.376/0003-DSK/2008 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
02. April 2008

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 02. April 2008 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Dr. Josef V*** in U*** (Beschwerdeführer) vom 30. November 2007 gegen die Bundespolizeidirektion Wien (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schützwürdiger personenbezogener Daten wird gemäß § 1 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 3 Z 6 und § 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr.165/1999 idgF (DSG 2000) entschieden:

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

In seiner Beschwerde vom 10. Oktober 2007 behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch die Beschwerdegegnerin. Der Polizeibeamte Helmut R*** habe am 4. September 2007 im Zuge von Erhebungen betreffend eine allfällige Ausübung einer Nebenbeschäftigung durch den Beschwerdeführer bei der Firma E*** GmbH dem Geschäftsführer der genannten Firma Roy S*** telefonisch mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer vom Bundesministerium für Inneres zur Beschwerdegegnerin versetzt und derzeit vom Dienst suspendiert sei. Diese Übermittlung der den Beschwerdeführer betreffenden personenbezogenen Daten sei rechtsgrundlos erfolgt und stünde in keinem Zusammenhang mit dem Erhebungssachverhalt „Ausübung einer Nebenbeschäftigung“. Als Beweis für diese Datenübermittlung legte der Beschwerdeführer ein Schreiben des Roy S*** vom 5. September 2007 vor. Diese Vorwürfe wurden ha. zu K121.342 behandelt.

In ihrer Stellungnahme vom 8. November 2007 führte die Beschwerdegegnerin ua. aus, gegen den Beschwerdeführer sei Disziplinaranzeige und auch eine Verwaltungsstrafanzeige erstattet worden, weshalb der Beschwerdeführer – offensichtlich im Gegenzug – die gegenständliche Beschwerde bei der Datenschutzkommission erhoben habe.

Dazu führte der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom

30. November 2007 im Wesentlichen aus, er fühle sich durch das

Vorbringen der Beschwerdegegnerin, dass gegen ihn Disziplinar-

und Verwaltungsstrafanzeige erhoben worden sei, neuerlich in

seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger

personenbezogener Daten verletzt. Insofern stellte er den

Antrag, „die DSK möge bescheidmäßig feststellen, dass ... [er]

durch die Bekanntgabe von ... [der Beschwerdegegnerin] an die

DSK, dass gegen ... [ihn] ein Verwaltungsstrafverfahren bzw.

Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, (was mit ... [seiner]

Grundrechtbeschwerde nichts zu tun hat) in ... [seinem]

Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt wurde“.

Dazu brachte die Beschwerdegegnerin in ihrer Stellungnahme vom 14. Februar 2008 vor, die Datenschutzkommission sei gemäß § 30 DSG 2000 als umfassendes Kontrollorgan in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten anzusehen. Im Hinblick auf diese im § 30 DSG 2000 geregelten Kontrollbefugnisse scheine daher eine umfassende Information der Datenschutzkommission als Kontrollorgan zulässig und unbedingt notwendig, wobei dies natürlich unter der Beachtung des Beschwerdevorbringens und des durch die Datenschutzkommission zu erledigenden Antrages zu geschehen habe. Die Beschwerdegegnerin habe es daher als zweckmäßig und erforderlich angesehen, die ihr bekannten Bezug habenden Fakten vollständig an die Datenschutzkommission zu übermitteln. Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 30. November 2007 scheine unter Beachtung der umfassenden Vorlage- und Informationspflicht an die Datenschutzkommission daher als nicht gerechtfertigt.

Dazu wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt. In seinem Schreiben vom 15. März 2008 hat er sich inhaltlich zu diesem Vorbringen nicht geäußert.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 verletzt hat, indem sie der Datenschutzkommission die Einleitung eines Disziplinarverfahrens und eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 30. November 2007 mitgeteilt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer wurde mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2005 vom Bundesministerium für Inneres, Referat *** zum Landespolizeikommando Wien (LPK), ***, versetzt.

Mit Schreiben vom 14. Juni 2007 teilte das Bundesministerium für Inneres der Beschwerdegegnerin mit, es bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer eine nichtgemeldete Nebenbeschäftigung als rechtsfreundlicher Vertreter bzw. Rechtsberater der Firma E*** GmbH (im Folgenden: Firma E.) ausübe. Eine telefonische Rücksprache mit dem Kommandanten des LPK habe ergeben, dass der Beschwerdeführer weiterhin dem Dienststand des LPK – *** angehöre, gegenwärtig aber vorläufig suspendiert sei. Das Bundesministerium für Inneres ersuchte daher die Dienstbehörde, den Sachverhalt dienst-, disziplinarrechtlich (Verdacht einer Dienstpflichtverletzung) und verwaltungsstrafrechtlich (Verdacht der Winkelschreiberei) zu prüfen.

Dieses Schreiben wurde dem Landespolizeikommando Wien mit Schreiben vom 22. Juni 2007 zuständigkeitshalber übermittelt.

Das Landepolizeikommando Wien übermittelte daraufhin eine Kopie des den Beschwerdeführer betreffenden Aktes an das Polizeikommissariat Innere Stadt zur verwaltungsstrafrechtlichen Beurteilung.

Die dienst- und disziplinarrechtlichen Erhebungen nach § 109 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 ließ das Landespolizeikommando durch die Abteilung für Personal- und Logistiksteuerung durchführen.

Im Zuge der (Vor)Erhebungen, ob der Beschwerdeführer eine nichtgemeldete Nebenbeschäftigung bei der Firma E. ausübt und damit eine Dienstpflichtverletzung begangen hat, teilte ein Mitarbeiter der Abteilung für Personal- und Logistiksteuerung, Hauptmann R*** (im Folgenden: R.) dem Geschäftsführer der Firma E. am 4. September 2007 telefonisch mit, dass der Beschwerdeführer vom Bundesministerium für Inneres zur Beschwerdegegnerin versetzt und derzeit vom Dienst suspendiert ist.

Als Folge der (Vor)Erhebungen nach § 109 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 wurde am 4. Oktober 2007 gegen den Beschwerdeführer Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres erhoben.

Mit Beschwerde vom 10. Oktober 2007 behauptete der Beschwerdeführer gegenüber der Datenschutzkommission eine Verletzung in seinem Recht auf Geheimhaltung durch die Beschwerdegegnerin, weil R. am 4. September 2007 dem Geschäftsführer der Firma E. telefonisch mitgeteilt habe, dass er vom Bundesministerium für Inneres zur Beschwerdegegnerin versetzt und derzeit vom Dienst suspendiert ist.

Die Datenschutzkommission leitete daraufhin ein Beschwerdeverfahren nach § 31 Abs. 2 DSG 2000 gegen die Beschwerdegegnerin ein (ha. protokolliert zu K121.342) und forderte diese mit Verfügung vom 23. Oktober 2007 zur Stellungnahme auf.

In ihrer daraufhin erstatteten Stellungnahme vom 8. November 2007 brachte die Beschwerdegegnerin gegenüber der Datenschutzkommission vor, dass gegen den Beschwerdeführer im Zuge der weiteren Erhebungen des Disziplinarreferates eine Disziplinaranzeige und auch eine Verwaltungsstrafanzeige erstattet worden sei.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seinen beiden Beschwerden vom 10. Oktober 2007 und 30. November 2007, seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. März 2008 und dem von ihm vorgelegten Schreiben des Roy S*** vom 4. September 2007 sowie dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin in ihren Stellungnahmen vom 8. November 2007, vom 14. Februar 2007, vom 10. März 2008 und der von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Aktenkopie des LPK zur GZ.:*6/***92/2007.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

§ 1 Abs. 1 und 2 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr. 165/1999 idgF lautet:

„§ 1 (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 37 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) lautet:

„§ 37. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach einer Antragsänderung (§ 13 Abs. 8) hat die Behörde das Ermittlungsverfahren insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen:

In seiner Beschwerde vom 30. November 2007 behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem Recht auf Geheimhaltung, weil die Bundespolizeidirektion Wien der Datenschutzkommission in ihrer Stellungnahme vom 8. November 2007 mitgeteilt hat, dass gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinar- und Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden sei.

Dazu ist anzumerken, dass die Datenschutzkommission aufgrund der gegen die Beschwerdegegnerin gerichteten Beschwerde des Beschwerdeführers vom 10. Oktober 2007 ein Ermittlungsverfahren nach § 37 AVG eingeleitet und in diesem Sinne der Beschwerdegegnerin die gesetzlich eingeräumte Gelegenheit zur Verteidigung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen eingeräumt hat. Es kann der Beschwerdegegnerin daher nicht entgegen gehalten werden, wenn sie von ihrer (gesetzlich) eingeräumten Möglichkeit, sämtliches, zu ihrer Verteidigung denkmöglich geeignetes Vorbringen zu erstatten, Gebrauch gemacht hat. Auch § 8 Abs. 3 Z 6 DSG 2000 nennt die Heranziehung von – rechtmäßig ermittelten – Daten zur Verteidigung von Rechtspositionen des Auftraggebers in behördlichen Verfahren ausdrücklich als einen Fall „überwiegender berechtigter Interessen“, woraus sich die Zulässigkeit der Verwendung der Daten ergibt. Dass das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, es sei ein Verwaltungsstraf- und auch ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet worden, in keinem Zusammenhang zum Beschwerdegegenstand stünde und damit für eine Verteidigung jedenfalls ungeeignet sei, ist schon im Hinblick darauf, dass beide Verfahren Folge der die verfahrensgegenständlichen Erhebungen auslösenden Handlung des Beschwerdeführers (Ausübung einer Nebenbeschäftigung als Rechtsvertreter) waren, für die Datenschutzkommission nicht erkennbar. Im Gegenteil: Diese Frage ist im Verfahren K121.342 (zwischen denselben Parteien), in dessen Rahmen die Mitteilung erfolgte (siehe den Bescheid der Datenschutzkommission, GZ K121.342/0012-DSK/2008, vom heutigen Tag), entscheidend für die Beurteilung der Zuständigkeit der involvierten Behörden, aus der sich dort die Passivlegitimation ergibt.

Die in Rede stehende Weitergabe von personenbezogenen Daten war daher unter Beachtung der der Beschwerdegegnerin in § 37 AVG eingeräumten Verteidigungsrechte als zulässig, weil denkmöglicherweise für die Verteidigung ihres Rechtsstandpunktes wesentlich, anzusehen. Die Beschwerde war daher schon im Hinblick auf § 8 Abs. 3 Z 6 DSG 2000 mangels Verletzung im Recht auf Geheimhaltung als unbegründet abzuweisen.

Rückverweise