JudikaturDSB

K120.672/0013-DSK/2007 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2007

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Mag. HUTTERER, Dr. HEISSENBERGER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. HEILEGGER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 12. Dezember 2007 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Mag. Richard R*** (Beschwerdeführer) aus M***, vom 21. Juni 1999 gegen das Bundesministerium für Inneres (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft in Folge inhaltlich mangelhafter (unvollständiger) Erfüllung des Auskunftsbegehrens vom 12. Mai 1999 (offener Punkt der Sache in Folge Spruchpunkt 1. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juni 2007, Zlen 2001/12/0004, 0008-16) wird gemäß den §§ 1 Abs. 5, 26 Abs 1 und 3, 31 Abs. 1 und 61 Abs. 3 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, iVm § 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 56/2006, entschieden:

B e g r ü n d u n g:

A. Verfahrensgang und Vorbringen der Parteien

Der nunmehr teilweise nochmals zu entscheidende Beschwerdefall nimmt seinen Ausgang im Jahr 1999, geht aber inhaltlich noch weiter zurück, da ein Zusammenhang mit den kriminalpolizeilichen Ermittlungen in einer Serie von Sprengstoffanschlägen („Briefbombenterror“) in den Jahren 1993 bis 1997 besteht. Die für die Beschwerdesache relevante Datenverarbeitung erfolgte daher vor mehr als zehn Jahren.

Der Beschwerdeführer behauptete in seiner Beschwerde vom 21. Juni 1999 eine Verletzung im Recht auf Auskunft (damals noch nach § 11 des mit Ablauf des 31. Dezember 1999 außer Kraft getretenen DSG [1978]). Diese Verletzung sei dadurch bewirkt worden, dass der Bundesminister bzw. das Bundesministerium für Inneres (Beschwerdegegner) sein Auskunftsbegehren nicht fristgerecht beantwortet habe. Später (11. Februar 2000) wurde diese Beschwerde um ein Begehren auf Löschung vorhandener Daten (insbesondere die am 2. März 1999 in der Wohnung des Beschwerdeführers gemachten Video- und Bildaufnahmen) ergänzt.

Im Zuge des von der Datenschutzkommission durchgeführten Ermittlungsverfahrens hat der Beschwerdegegner Auskunft erteilt, die der Beschwerdeführer in Stellungnahmen jedoch als inhaltlich mangelhaft (unvollständig) bezeichnete. Die Datenschutzkommission hat die Beschwerde mit Bescheid vom 9. März 2000, GZ: 120.672/28-DSK/00, abgewiesen, und zwar in Spruchpunkt 1. hinsichtlich der behaupteten Verletzung im Recht auf Auskunft, im Spruchpunkt 2. hinsichtlich des Löschungsbegehrens.

Die vom Beschwerdeführer u.a. gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) war teilweise erfolgreich, indem der Spruchpunkt 1 des Bescheides der Datenschutzkommission (betreffend das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers) wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben wurde (Erkenntnis des VwGH vom 6. Juni 2007, Zlen 2001/12/0004, 0008-16). In den Entscheidungsgründen führt der VwGH aus, die Datenschutzkommission habe es rechtsirrig unterlassen, die Frage einer Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Auskunft inhaltlich zu prüfen, statt sich bloß auf die „formelle Ordnungsgemäßheit“ der Auskunftserteilung zu verlassen. Dazu wäre insbesondere auf die Frage der Vollständigkeit der erteilten Auskunft näher einzugehen gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich nämlich in (späteren) Eingaben erkennbar sinngemäß auch auf § 26 Abs. 2 und 5 DSG 2000 bezogen, weshalb eine Überprüfung geboten gewesen wäre, ob der Beschwerdegegner rechtmäßig oder unrechtmäßig gewisse Daten vor dem Beschwerdeführer geheim gehalten habe.

Der Beschwerdeführer hat im ergänzten Ermittlungsverfahren der Datenschutzkommission kein neues Vorbringen erstattet.

Der Beschwerdegegner hat mit Stellungnahme vom 8. August 2007, GZ: BMI-LR12**/0002-III/3/b/2007, unter anderem (Beilage 3) ein neuerliches (ergänztes) Auskunftsschreiben an den Beschwerdeführer vom 2. August 2007 , GZ: BMI-LR21**/0197- III/3/b/2007, nachgewiesen. Dabei erfolgte ein Hinweis darauf, dass bestimmte archivierte Teile der Akten der ehemaligen „Sonderkommission Briefbomben“, insbesondere die vom Beschwerdeführer erwähnten Video- und Bilddokumente, bisher noch nicht aufgefunden und überprüft werden konnten. Mit Schreiben des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Bundesministerium für Inneres vom 19. Oktober 2007, GZ: 0**/*3/21-II/BVT/1/07, teilte der Beschwerdegegner mit, dass keine Bild- und Videodaten im Archiv aufgefunden werden konnten. Es werde daher von einer Löschung entsprechender Datenträger ausgegangen. Dafür sei aber anderes den Beschwerdeführer betreffendes Material aufgefunden worden, das Daten des Beschwerdeführers enthalte.

Dieses sei mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 , GZ: 0**/*3/20-II/BVT/1/07, gegenüber dem Beschwerdeführer ergänzend beauskunftet worden.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand des fortgesetzten Beschwerdeverfahrens die Frage ist, ob der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer im Gefolge des (ursprünglichen) Auskunftsbegehrens vom 12. Mai 1999 gesetzmäßig, das heißt richtig und vollständig, Auskunft über die von ihm verarbeiteten, den Beschwerdeführer betreffenden personenbezogenen Daten gegeben hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer wurde als Bezugs- bzw. Zielperson (Hinweisgeber) und als Verdächtiger (wegen „Gefährlicher Drohung“ bzw. „Landzwang“) während der Ermittlungen in der Causa „Briefbomben“ von der „Sonderkommission Briefbomben“ (im Folgenden kurz: Soko BB) der damaligen Gruppe II/C im Bundesministerium für Inneres („Staatspolizei“ – hier: ehemalige EBT – Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus), somit unter der Verantwortung des Beschwerdegegners als Sicherheitsbehörde, in den Ermittlungsakten ab 1995 mehrfach erwähnt, überprüft (u.a. „prioriert“, das heißt seine Daten wurden mit bestimmten Dateien, u.a. des EKIS, abgeglichen) und einvernommen, und es wurden ihn betreffende Daten beim Beschwerdegegner automationsunterstützt verarbeitet. Insbesondere wurden ihn betreffende Vorgänge unter Angabe der Fundstelle (Aktenzahl, Band, Seite und Kurzbeschreibung des Gegenstands und Inhalts, einschließlich Daten wie Namen, Adressen, Telefonnummern und Bezugspersonen) in einer „Elektronischen Hilfsdatei zur Verwaltung des Aktes Briefbomben“ gespeichert. Weiters fand am 2. März 1999 auf richterlichen Befehl des Landesgerichts für Strafsachen Graz eine Hausdurchsuchung beim Beschwerdeführer in dessen Wohnung in **** M*** statt, im Zuge derer die Soko BB Foto- und Videoaufnahmen zu Dokumentationszwecken anfertigen ließ, die allerdings später (zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt) gelöscht bzw. vernichtet wurden.

Am 12. Mai 1999 richtete der Beschwerdeführer ein Schreiben an den Beschwerdegegner (an den damals amtierenden Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl mit dem Vermerk „persönlich“), in dem er „aus gegebenem Anlass“ um Auskunft über die im Verantwortungsbereich des Beschwerdegegners „ermittelten und verwendeten Daten“, seine Person betreffend, „nach Art, Inhalt und Verwendungszweck, Rechtsgrundlage (für) deren Beschaffung und Zweck des Datenverkehrs“ ersuchte. Weiters ersuchte der Beschwerdeführer um Auskunft „über Art, Inhalt und Empfänger sowie Zweck der Übermittlungen“.

Mit Schreiben vom 1. Juni 1999, GZ: 21*/**3-I/8/99, dem Beschwerdeführer zugestellt am 8. Juni 1999, wurde er vom Beschwerdegegner aufgefordert, am Verfahren gemäß § 11 Abs. 2 DSG [1978] mitzuwirken, insbesondere einen Identitätsnachweis zu erbringen und die in Frage kommenden Datenverarbeitungen näher einzugrenzen.

Dieser Aufforderung hat der Beschwerdeführer zunächst nicht entsprochen.

Nach Ablauf der vierwöchigen Antwortfrist gemäß § 11 Abs. 1 DSG [1978] erhob er am 21. Juni 1999 Beschwerde an die Datenschutzkommission.

Am 24. August 1999, nach Erhalt eines persönlichen Antwortschreibens des Bundesministers (vom 20. August 1999, Zl. 98***-BM/99) richtete der Beschwerdeführer ein weiteres Schreiben an Bundesminister Mag. Schlögl, in dem er sein Auskunftsbegehren präzisierte: in diesem brachte er vor, seit „Anfang der Neunzigerjahre“ mit vielfachen Eingriffen der Sicherheitsbehörden in sein Privatleben konfrontiert zu sein (Späh- und Lauschangriff, Rasterfahndung, Eingriffe in sein Familienleben, seinen Fernmeldeverkehr, Observationen, Bild- und Tonaufnahmen, Abhörprotokolle, willkürliche Festnahmen und Hausdurchsuchungen). Damit stehe sinngemäß eindeutig fest, wo diese Daten zu finden seien. Überdies sei er im Ressort des Beschwerdegegners persönlich bekannt, weshalb sich ein Identitätsnachweis eigentlich erübrige. Dennoch legte der Beschwerdeführer eine Kopie seines Führerscheins vor.

Am 23. und am 27. September 1999 ergingen von Seiten des Beschwerdegegners zwei Auskunftsschreiben an den Beschwerdeführer . Im ersten, Zl. 21*/**4-I/8/99, vom 23. September 1999, ausgehend von der Abteilung I/8 des Beschwerdegegners (EDV), wurde inhaltlich Auskunft aus folgenden automationsunterstützt geführten Datenanwendungen (gemäß § 3 Z 5 DSG [1978] war damals noch der Begriff „Datenverarbeitung“ synonym für „Datenanwendung“ in Gebrauch):

Im zweiten Schreiben, Zl. 8/1*/5-II/C/a/99 vom 27. September 1999, ausgehend von der Gruppe II/C des Beschwerdegegners (Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit - Staatspolizei), wurde dem Beschwerdeführer betreffend „staatspolizeiliche Vormerkungen“ die Negativauskunft erteilt, dass über ihn keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten ermittelt oder verarbeitet würden.

Nach Teilaufhebung des Bescheids der Datenschutzkommission und Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens erteilte der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 2. August 2007, GZ: BMI-LR21**/0197-III/3/b/2007, ausgehend von der Sektion Recht, neuerlich (ergänzend) eine datenschutzrechtliche Auskunft. Für den Stichtag 21. September 1999 wurden als „Ergänzung der seinerzeitigen Auskunft“ bezeichnete Ausführungen zur Frage, welche Daten über den Beschwerdeführer im BMI verarbeitet würden, gemacht:

Automationsunterstützt durchgeführte Datenanwendungen

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 , GZ: 0**/*3/20- II/BVT/1/07, erteilte der Beschwerdegegner, ausgehend vom BVT, eine weitere (ergänzende) datenschutzrechtliche Auskunft :

Die Auskunftsergänzungen vom 2. August und 15. Oktober 2007 wurden dem Beschwerdeführer zugestellt.

In keinem der beiden Auskunftsschreiben aus dem Jahre 2007 hat sich der Beschwerdegegner der – gesetzlich an sich vorgesehenen – verschleiernden Formel, dass im Übrigen „keine der Auskunft unterliegenden Daten“ vorlägen, bedient und hat sich konsequenterweise auch nicht auf § 26 Abs. 2 bzw. Abs. 5 DSG 2000 berufen.

Zur Frage, ob die in den seinerzeitigen Auskunftsschreiben des Jahres 1999 mehrfach verwendete Formel, dass „keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten“ verarbeitet würden, so zu verstehen sei, dass damals vorhandene Daten aus besonderen sicherheitspolizeilichen Gründen nicht beauskunftet wurden, hat der Beschwerdegegner in einem internen Schriftstück v. 3. August 2007 festgehalten, dass es keinen Hinweis darauf gebe , dass im Jahre 1999 seitens der Gruppe C (Staatspolizei) Gründe einer uneingeschränkten Beauskunftung entgegen standen. „Ein Mangel in der damaligen Beauskunftung – soweit derzeit noch nachvollziehbar – wird allenfalls darin gesehen, dass wie z.B. die Protokolldaten in der ggst. Hilfsdatei zur Briefbombencausa nicht detailliert angeführt waren, sondern nur ein Hinweis auf deren Existenz.“ Der Grund für die seinerzeitige Nichtanführung video- und phototechnischer Aufnahmen könnte nach Auffassung des BMI (geäußert im zitierten internen Schreiben) darin gelegen gewesen sein, dass sie nicht als personenbezogene Daten angesehen wurden, da auf ihnen nur (Einrichtungs)Gegenstände aus Wohnräumen des Beschwerdeführers abgebildet waren.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den zitierten, der Datenschutzkommission zumindest in Kopie vorliegenden Aktenstücken, Ausdrucken und sonstigen Dokumenten. Angesichts der im ergänzenden Ermittlungsverfahren von Seiten des Beschwerdegegners erkennbar unternommenen Anstrengungen, den Umfang der den Beschwerdeführer betreffenden Datenverwendung umfassend zu erheben und Auskunft zu erteilen (vgl. das Fristverlängerungsersuchen vom 20. Juli 2007, GZ: BMI-LR3***/0074-III/3/b/2007, sowie die noch im Oktober erfolgte ergänzende Auskunft [an den Beschwerdeführer] bzw. Stellungnahme [an die Datenschutzkommission]) haben die Datenschutzkommission davon überzeugt, dass die Auskunftserteilung im Rahmen des im Zuge des unregelmäßigen Verfahrensganges Möglichen richtig und vollständig war (von der Erlassung des ersten Bescheids im Jahr 2000 bis zur teilweisen Aufhebung diese Bescheids Mitte 2007 durch den Verwaltungsgerichtshof galt keine Löschungssperre gemäß § 26 Abs. 7 DSG 2000, sodass der Beschwerdegegner rund sieben Jahre lang rechtlich nicht daran gehindert war, den Datenbestand zu verändern, insbesondere den Beschwerdeführer betreffende Daten zu löschen – dies erfolgte etwa nachweislich bei der den Beschwerdeführer betreffenden KPA-Vormerkung auf Löschungsbegehren des Beschwerdeführers hin). Beachtung verdient vor allem auch die Aussage des Beschwerdegegners in BMI GZ 8/2**/6-II/BVT/2/2007, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der seinerzeitigen Auskunftserteilung bestimmte Daten aus besonderen Gründen nicht beauskunftet worden wären.

Die Feststellungen zu den Dateien im EKIS beruhen auf jeweils vorliegenden Speicherauszügen (für 1999, Stand 22. September, ersichtlich aus den Beilagen zu GZ: BMI-LR12**/0002- III/3/b/2007). Betreffend EDIS/sonstige Stapodateien liegt aus den Beilagen zur erwähnten GZ lediglich eine Mitteilung vor, wonach im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien (Abteilung I = damaliges staatspolizeiliches Büro), demnach bei einem anderen Auftraggeber, 1999 noch eine Karteikarte mit den Beschwerdeführer betreffenden Vormerkungen aufgefunden wurde, jedoch keine EDIS-Eintragung beim Beschwerdegegner. Für die Vormerkkarte der BPD Wien ist an der angegebenen Stelle eine Weisung (wenn auch als „Einladung“ bezeichnet) zu Zl. 8/1*/5-II/C/a/99 an die BPD Wien nachgewiesen, diese Vormerkkarte „im Sinne der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen“ zu vernichten. Wenn somit auch einer Unterbehörde die Einhaltung der Grundsätze der Datenverwendung aufgetragen worden ist, scheint der Datenschutzkommission das Vorbringen, dass keine EDIS-Vormerkungen auffindbar waren, glaubwürdig. Was das anfängliche Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, er sei vielfach optisch und akustisch beobachtet, abgehört und bespitzelt worden, so wurde davon nur substantiiert, dass anlässlich einer gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung beim Beschwerdeführer am 2. März 1999 Foto- und Videoaufnahmen erfolgten. Dass solche – auf eigene Initiative der Sicherheitsbehörde, also ohne ausdrückliche richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung – erfolgten ist unbestritten und glaubwürdig. Jedoch existiert dieses Material nach glaubwürdiger Darstellung des Beschwerdegegners nicht mehr, sodass nach heutigem Wissensstand nicht einmal eine Feststellung möglich ist, ob und in wie weit hier auskunftspflichtige, das heißt auf den Beschwerdeführer bezogene Daten vorlagen.

Die Feststellungen zur Zustellung der Auskunftsergänzung vom 2. August 2007 beruhen auf dem sinngemäßen Anerkenntnis dieser Tatsache im Anbringen des Beschwerdeführers vom 19. September 2007 (E-mail, OZ 0007/2007 in diesem Akt). Für die Ergänzung vom 15. Oktober 2007 konnte vom Beschwerdegegner wegen der Dringlichkeit kein Zustellnachweis vorgelegt werden, doch ist der Beschwerdeführer dieser Tatsache im ihm gewährten Parteiengehör auch nicht entgegengetreten.

Es ist ausdrücklich festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im neuerlich gewährten Parteiengehör überhaupt kein inhaltliches Vorbringen gemacht hat.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

§ 26 Abs. 1 bis 5 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Auskunftsrecht“:

§ 26 . (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.

(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit

(3) Der Betroffene hat am Auskunftsverfahren über Befragung in dem ihm zumutbaren Ausmaß mitzuwirken, um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden.

(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Betroffene am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.

(5) In jenen Bereichen der Vollziehung, die mit der Wahrnehmung der in Abs. 2 Z 1 bis 5 bezeichneten Aufgaben betraut sind, ist, soweit dies zum Schutz jener öffentlichen Interessen notwendig ist, die eine Auskunftsverweigerung erfordert, folgendermaßen vorzugehen: Es ist in allen Fällen, in welchen keine Auskunft erteilt wird - also auch weil tatsächlich keine Daten verwendet werden -, anstelle einer inhaltlichen Begründung der Hinweis zu geben, daß keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten über den Betroffenen verwendet werden. Die Zulässigkeit dieser Vorgangsweise unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission nach § 31 Abs. 4.“

§ 31 Abs. 1 und 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Beschwerde an die Datenschutzkommission“:

§ 31 . (1) Die Datenschutzkommission erkennt auf Antrag des Betroffenen über behauptete Verletzungen des Rechtes auf Auskunft gemäß § 26 durch den Auftraggeber einer Datenanwendung, soweit sich das Auskunftsbegehren nicht auf die Verwendung von Daten für Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.

(2) [...]

(3) [...]

(4) Beruft sich ein Auftraggeber des öffentlichen Bereichs bei einer Beschwerde wegen Verletzung des Auskunfts-, Richtigstellungs- oder Löschungsrechts gegenüber der Datenschutzkommission auf die §§ 26 Abs. 5 oder 27 Abs. 5, so hat diese nach Überprüfung der Notwendigkeit der Geheimhaltung die geschützten öffentlichen Interessen in ihrem Verfahren zu wahren. Kommt sie zur Auffassung, daß die Geheimhaltung von verarbeiteten Daten gegenüber dem Betroffenen nicht gerechtfertigt war, ist die Offenlegung der Daten mit Bescheid aufzutragen. Gegen diese Entscheidung der Datenschutzkommission kann die belangte Behörde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Wurde keine derartige Beschwerde eingebracht und wird dem Bescheid der Datenschutzkommission binnen acht Wochen nicht entsprochen, so hat die Datenschutzkommission die Offenlegung der Daten gegenüber dem Betroffenen selbst vorzunehmen und ihm die verlangte Auskunft zu erteilen oder ihm mitzuteilen, welche Daten bereits berichtigt oder gelöscht wurden.“

§ 61 Abs. 3 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Übergangsbestimmungen“:

§ 61 . (1) [...]

(3) Datenschutzverletzungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes stattgefunden haben, sind, soweit es sich um die Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Sachverhalts handelt, nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhalts zu beurteilen; soweit es sich um die Verpflichtung zu einer Leistung oder Unterlassung handelt, ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung in erster Instanz zugrundezulegen. Ein strafbarer Tatbestand ist nach jener Rechtslage zu beurteilen, die für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung günstiger ist; dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren.“

§ 90 SPG idF BGBl. I Nr. 194/2002 lautet unter der Überschrift „Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über den Datenschutz“:

§ 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

2.1. Das subjektive Recht auf Auskunft über eigene Daten gemäß § 26 Abs. 1 DSG 2000 umfasst den Anspruch, eine vollständige und richtige Auskunft im vom Gesetz umschriebenen Umfang über eigene Daten, die der Auftraggeber verarbeitet, vom Auftraggeber zu erhalten (ständige Spruchpraxis der Datenschutzkommission seit dem Bescheid vom 23. August 2002, GZ: K120.819/003-DSK/2002, RIS).

2.2. Gemäß § 61 Abs. 3 DSG 2000 ist – wie auch der VwGH in seinem aufhebenden Erkenntnis festgestellt hat – der Entscheidung das nunmehr geltende Recht zugrunde zu legen, d. h. die §§ 26 und 31 DSG 2000 und nicht mehr etwa § 11 DSG und § 62 SPG. Dies deshalb, weil die Beschwerde einen Anspruch auf Leistung (Auskunftserteilung) zum Gegenstand hat.

2.3. Der Beschwerdegegner hat sich in dieser Sache, auch im ergänzten Ermittlungsverfahren, gegenüber der Datenschutzkommission nie auf § 26 Abs. 2 oder 5 DSG 2000 berufen, demnach keine Gründe vorgebracht, warum eine Geheimhaltung von Daten vor dem Betroffenen im öffentlichen Interesse notwendig gewesen wäre. Es war daher kein Verfahren gemäß § 31 Abs. 4 DSG 2000 durchzuführen (arg:

Beruft sich ein Auftraggeber des öffentlichen Bereichs bei einer Beschwerde wegen Verletzung des Auskunfts-, Richtigstellungs- oder Löschungsrechts gegenüber der Datenschutzkommission....“). Der Beschwerdegegner hat im fortgesetzten Ermittlungsverfahren vielmehr ausdrücklich festgehalten, dass kein Hinweis darauf besteht, dass im Jahre 1999 aus besonderen Gründen nur eine beschränkte Auskunftserteilung beabsichtigt gewesen sei – die dem Gesetz entsprechende Formulierung wurde daher nicht in einem verbergenden Sinn verwendet.

Wenn der Beschwerdegegner sich im überprüfenden Auskunftsbeschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission nicht auf § 26 Abs. 5 DSG 2000 beruft (und daher das Verfahren nicht nach den besonderen Vorschriften des § 31 Abs. 4 DSG 2000 zu führen ist), darf die Datenschutzkommission davon ausgehen, dass der Beschwerdegegner, wenn er die Formulierung verwendet, dass „(im Übrigen) keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten verwendet werden“, dies nur deshalb tut, weil diese Verschleierung „nach außen“ gesetzlich im Interesse v.a. der Strafrechtspflege generell so vorgesehen ist; dass er in Wahrheit aber nach bestem Wissen und Gewissen, das heißt nach Treu und Glauben im Sinne von § 6 DSG 2000, vollständige Auskunft über die von ihm verwendeten Daten gegeben hat. Dies gilt insbesondere auch für Daten, die polizeiliche Sondereinheiten aus dem zentralen Ressortbereich des BMI als oberster Sicherheitsbehörde (vgl. § 4 Abs. 1 und § 6 SPG), die im Dienste der Strafjustiz tätig geworden sind (wie die ehemalige EBT bzw. die Soko BB in der „Causa Briefbomben“), im Zuge ihrer Ermittlungen auf eigene Initiative hin verarbeitet haben (zur Zuständigkeit der Datenschutzkommission für diese Datenverwendung siehe u.a. den Bescheid der Datenschutzkommission vom 17. Jänner 2006, GZ: K121.052/0002-DSK/2006, RIS. Dass eine Datenverwendung im gerichtlichen oder staatsanwaltschaftlichen Auftrag erfolgt sei, wurde nie behauptet und ist auch im Zuge des Verfahrens nicht hervorgekommen).

2.4. Die Datenschutzkommission hat sich im fortgesetzten Ermittlungsverfahren davon überzeugt, dass der Beschwerdegegner, entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen, nach Treu und Glauben richtig und vollständig die vom Beschwerdeführer begehrte datenschutzrechtliche Auskunft letztendlich erteilt hat. Auch der Beschwerdeführer hat keine Unvollständigkeit gerügt. Die Tatsache, dass die ursprünglich erteilte Auskunft im Lichte der späteren Ergänzungen unvollständig war, schadet dem Beschwerdegegner dabei im Ergebnis nicht. Nach ständiger Rechtsprechung der Datenschutzkommission wird der Auskunftsanspruch eines Betroffenen auch dann erfüllt, wenn die Auskunft nach Ablauf der achtwöchigen Frist des § 26 Abs. 4 DSG 2000 erteilt wird. Die bloße Nichteinhaltung der Frist stellt zwar eine Rechtsverletzung dar, die aber durch Nachholung der Auskunft sanierbar ist und daher für sich alleine nicht nach § 31 Abs. 1 DSG 2000 vor der Datenschutzkommission geltend gemacht werden kann (z.B. Bescheid vom 7. Juni 2005, GZ K120.912/0008- DSK/2005, RIS). Bei dieser Schlussfolgerung ist auch, wie ebenfalls bereits erwähnt, in Rechnung zu stellen, dass die Datenschutzkommission aus rechtlichen Gründen (Wegfall der Löschungssperre gemäß § 26 Abs. 7 DSG 2000 während des annähernd sieben Jahre dauernden Verfahrens vor dem VwGH) ex post nicht vollständig verlässlich beurteilen kann, welche Daten im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens tatsächlich vom Beschwerdegegner verarbeitet wurden.

2.5. Da keine Anhaltspunkte für die Unvollständigkeit der erteilten Auskunft in ihrer nunmehr ergänzten Form gefunden werden konnten und auch der Beschwerdeführer diese nicht mehr behauptet hat, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Rückverweise