K121.311/0011-DSK/2007 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. ZIMMER und Dr. STAUDIGL sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 16. November 2007 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Herrn Friedrich F*** in **** B*** (Beschwerdeführer), vom 30. Mai 2007 gegen die Staatsanwaltschaft Wien in 1080 Wien (Beschwerdegegnerin), wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten wird gemäß § 1 Abs. 1, 2 und 5, § 4 Z 12 und § 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, entschieden:
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten dadurch, dass, nachdem er eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien erstattet habe, diese mit Schreiben vom 1. Dezember 2006, AZ 1* St 23*/06x – 6 (2.AZ), seinen vollständigen Namen sowie seine vollständige Adresse zumindest an Herrn Stefan A***, D***straße 67/20, **** B*** und an Herrn Arthur T***, A***straße 7, **** C***, weitergeleitet habe. Da diese beiden Personen mit dem von ihm beantragten Strafverfahren überhaupt nichts zu tun haben, verletze die Bekanntgabe seines Namens und seiner Adresse sein berechtigtes Interesse an einer Nichtweitergabe dieser Daten an Dritte und stelle daher einen Verstoß gegen die Bestimmungen des DSG 2000 dar.
Die Beschwerdegegnerin verwies diesbezüglich in ihrem Schreiben vom 19. Juni 2007 auf ihre Stellungnahme vom 15. Juni 2007 im vorangegangen Verfahren gemäß § 30 DSG 2000, zur Zahl K210.576/0002-DSK/2007. Darin wurde ausgeführt, dass bei der Benachrichtigung des Beschwerdeführers vom 1. Dezember 2006 von der Zurücklegung der Strafanzeige das hierfür vorgesehene, vom Bundesministerium für Justiz entworfene bzw. approbierte Formular S5, verwendet worden sei, wobei eine Abänderung dieses Formulars durch den zuständigen Staatsanwalt oder die abfertigende Kanzleikraft nicht möglich sei.
Im Zuge einer telefonischen Anfrage der Datenschutzkommission am 6. November 2007 bei der Beschwerdegegnerin wurde angegeben, dass mittlerweile die Justizverwaltung mittels „VJ-Info“ (Anm. interne Dienstanweisung) angewiesen worden sei, die jeweiligen Anzeigenleger gesondert von einander zu verständigen, sodass künftig keine Verständigung, wie im konkreten Beschwerdefall, an mehrere Anzeigenleger mehr ergehen dürfe.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer dadurch in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 verletzt hat, indem sie seinen Namen und Adresse sowie die Tatsache, dass er Anzeige gegen eine bestimmte Person wegen „§§ 302 Strafgesetzbuch, 3 Verbotsgesetz 1947“ erhoben hat, an Dritte übermittelt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Am 2. Oktober 2006 hat der Beschwerdeführer bei der Staatsanwaltschaft Wien Anzeige gegen Frau Elisa N*** wegen §§ 302 Strafgesetzbuch, 3 Verbotsgesetz 1947 erstattet.
Seitens der Staatsanwaltschaft Wien wurde die erstattete Anzeige zurückgelegt bzw. das eingeleitete Verfahren gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt.
Mit Schreiben vom 1. Dezember 2006 erfolgte seitens der Staatsanwaltschaft Wien die „Benachrichtigung von der Zurücklegung der Strafanzeige oder von der Einstellung des Verfahrens“, wobei darin die folgenden personenbezogenen Daten enthalten waren:
Name: Elisa N*** unb. Geburtsdatum
Anzeige durch: Stefan A***
D***straße. **/**
**** B***
Zahl:
vom: 02.10.2006
Anzeige durch: Friedrich F***
K***straße **/**
**** B***
Zahl:
vom: 02.11.2006
Anzeige durch: Arthur T***
A***straße **
**** C***
Zahl:
vom: 20.10.2006
Name: Michael O*** unb. Geburtsdatum
Anzeige durch: Stefan A***
D***straße. **/**
**** B***
Zahl:
vom: 02.10.2006
Anzeige durch: Friedrich F***
K***straße **/**
**** B***
Zahl:
vom: 02.11.2006
Anzeige durch: Arthur T***
A***straße 7
**** C***
Zahl:
vom: 20.10.2006
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der urkundlichen Bescheinigung durch die Kopie der Erledigung der Staatsanwaltschaft Wien vom 1. Dezember 2006, AZ 1* St 23*/06x – 6 (2.AZ). Im Übrigen wurde der Sachverhalt auch von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmungen des § 1 Abs. 1, 2 und 5 DSG 2000 lauten unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:
„ § 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
[...]
(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.“
§ 4 Z 12 DSG 2000 definiert das „Übermitteln von Daten“ wie folgt:
„„Übermitteln von Daten“: die Weitergabe von Daten einer Datenanwendung an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen solcher Daten; darüber hinaus auch die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers;“
§ 6 Abs. 1 Z 3 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Verwendung von Daten, Grundsätze“:
„ § 6. (1) Daten dürfen nur
§ 7 Abs. 2 und 3 DSG 2000 lauten unter der Überschrift „Zulässigkeit der Verwendung von Daten“:
„§ 7. (1) [...]
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, dass die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und dass die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Bei den im Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 1. Dezember 2006 angeführten Daten des Beschwerdeführers, nämlich bei dessen Namen und Adresse, aber auch beim Umstand, dass er Strafanzeige gegen die angeführten Personen erstattet hat, handelt es sich zweifelsfrei um personenbezogene Daten im Sinne des § 4 Z 1 DSG 2000, an denen gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse besteht.
Diese Daten wurden mit dem genannten Schreiben auch den darin angeführten Personen, welche ebenfalls Strafanzeige erstattet haben, bekanntgegeben, sodass insofern eine Übermittlung von Daten im Sinne des § 4 Z 12 vorliegt, welche nur unter den Voraussetzungen der §§ 6 und 7 Abs. 2 DSG 2000 zulässig ist.
Die „Benachrichtigung von der Zurücklegung der Strafanzeige oder von der Einstellung des Verfahrens“ dient offensichtlich der Information des jeweiligen Anzeigenlegers darüber, dass die von ihm erstattete Anzeige zurückgelegt bzw. das daraufhin eingeleitete Verfahren eingestellt wurde. Sie soll somit demjenigen, der eine Anzeige erstattet hat, darüber in Kenntnis setzen, in welcher Weise mit seiner Anzeige verfahren wurde.
Es ist in diesem Zusammenhang daher unerheblich, ob auch noch andere Personen wegen der gleichen strafbaren Handlung eine Anzeige erstattet haben.
Somit ist die Übermittlung der Daten an alle anderen Personen, welche ebenfalls Anzeige erstattet haben, im Sinne des § 6 Abs.1 Z 3 DSG 2000 nicht wesentlich.
Ebenso wenig haben Personen, welche Anzeige wegen einer strafbaren Handlung gegen eine bestimmte Person erstattet haben, ein Recht auf Information darauf, wer sonst noch gegen diese Person Anzeige erstattet hat.
Die Beschwerdegegnerin selbst hat die Rechtmäßigkeit dieser Übermittlung in keiner Weise behauptet, sondern lediglich ausgeführt, dass diese durch das vom Bundesministerium für Justiz entworfene bzw. approbierte Formular S5, welches weder vom zuständigen Staatsanwalt noch von der abfertigenden Kanzleikraft abgeändert werden könne, bedingt war. Damit lässt sich jedoch ein Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz (siehe oben § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000) keinesfalls rechtfertigen. Die Existenz eines, den vorliegenden Eingriff in das Grundrecht gestattenden Gesetzes im Sinn des § 1 Abs. 2 DSG 2000 wurde von der Staatsanwaltschaft Wien nicht behauptet und ist ein solches Gesetz der erkennenden Behörde auch nicht bekannt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.