K121.293/0013-DSK/2007 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Dr. HEISSENBERGER, Mag. ZIMMER und Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 29. Juni 2007 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Franz E*** (Beschwerdeführer) aus J*** als Inhaber des im Firmenbuch nicht protokollierten Unternehmens mit der Bezeichnung „D***-Hubschraubertransporte“ sowie namens der „D***-Hubschraubertransporte“ selbst, vom 22. Jänner 2007 gegen das Landespolizeikommando Oberösterreich, Landeskriminalamt (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung, wird gemäß § 1 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 4 Z 1 und § 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, sowie hinsichtlich des Spruchpunktes 1 iVm § 17 Unternehmensgesetzbuch (UGB), dRGBl S 219/1897 idF BGBl I Nr. 120/2005, entschieden:
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet (im Zuge des ha. zu Zl. K121.261 geführten Verfahrens auch namens der Firma „D***- Hubschraubertransporte Franz E***“, eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass das dem Beschwerdegegner unterstehende Landeskriminalamt (Umweltgruppe) gegen ihn und sein Unternehmen wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach dem Luftfahrtgesetz im Zuge eines am 28. Juli 2006 von der „D***-Hubschraubertransporte“ durchgeführten Lastentransports im O***berggebiet Daten ermittelt habe. Dies sei wegen der örtlichen Unzuständigkeit des Beschwerdegegners (der am 28. Juli 2006 erfolgte Lastentransport habe sich auf der steirischen Seite des O***bergmassivs ereignet) ohne rechtmäßige Grundlage erfolgt.
Der Beschwerdegegner brachte in der Stellungnahme vom 25. April 2007 vor, bei ihm sei telefonisch eine Meldung eines Mitarbeiters der Austro Control Ges.m.b.H. (ACG) eingegangen, der Beschwerdeführer plane am 28. Juli 2006 die Durchführung von Hubschraubertransportflügen im O***berggebiet, für die keine Genehmigungen vorlägen. An Hand der angegebenen Örtlichkeiten (K*** am O***berg, liegt auf der steirischen Seite des O***bergmassivs) habe man die Sache noch am selben Tag aus Gründen der örtlichen behördlichen Zuständigkeit telefonisch an das LPK Steiermark, nämlich die unter dessen Verantwortung arbeitende PI K***, abgetreten. Eigene Ermittlungen in dieser Sache seien nicht durchgeführt worden.
Der Beschwerdeführer brachte darauf nach gewährtem Parteiengehör in seiner Stellungnahme vom 15. Juni 2007 vor, aus den Ermittlungsergebnissen in der Sache K121.261, genauer:
dem Bericht der PI K*** vom 28. Juli 2006 an den Beschwerdegegner, ergebe sich, dass ein „Erhebungsersuchen“ des Beschwerdegegners vorgelegen sei. Daher sei eine – unrechtmäßige – Datenermittlung durch den Beschwerdegegner erfolgt.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer durch Ermittlungshandlungen (im weiteren Sinn) wegen des Verdachts einer luftfahrtrechtlichen Verwaltungsübertretung im Zusammenhang mit Hubschrauberflügen über das O***bergmassiv am 28. Juli 2006 im Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 DSG 2000 verletzt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Die Polizeiinspektion K*** am O***berg (im Folgenden auch kurz: PI) im Bundesland Steiermark erhielt am 27. Juli 2006 vom Beschwerdegegner (Umweltreferat) die Mitteilung über angeblich geplante Materialtransporte von K*** auf das O***bergplateau durch einen Hubschrauber der „D***- Hubschraubertransporte“ („Firma E***“), wobei auf das (vermutete) Fehlen der dafür die notwendigen Genehmigungen hingewiesen wurde. Beim Beschwerdegegner war nämlich telefonisch von einem Mitarbeiter der ACG eine entsprechende Meldung eingegangen. Man kam beim Beschwerdegegner aber nach kurzer Prüfung zu dem Schluss, dass die geplanten Hubschrauberflüge mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der steirischen Seite des O***bergs stattfinden würden, und eine dabei begangene Übertretung des Luftfahrtgesetzes daher in die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Q*** fallen würde. Daher wurde die Meldung, wie dargestellt, weitergeleitet.
Tatsächlich führte das Unternehmen des Beschwerdeführers am 28. Juli 2006 zwischen 10:20 und 13:10 Uhr mit einem Hubschrauber drei Transportflüge mit je einer Kabeltrommel von ca. 2,1 Tonnen Masse als Außenlast vom Parkplatz eines Hotels in K*** zur O***bergsüdwandhütte durch.
Beamte der PI K*** führten vor, während und nach diesen Flügen Ermittlungen durch, erhoben die Personalien beteiligter Personen (des Beschwerdeführers als verantwortlichem Unternehmer, der Piloten und Flughelfer) und ermittelten durch Befragen der beteiligten Personen, Einsichtnahme in vorliegende Urkunden (Bescheide) sowie durch Anfragen bei der ACG und beim Beschwerdeführer die Sachlage im Hinblick auf das Vorhandensein der für die Transporte notwendigen Genehmigungen. Noch am selben Tag wurde zu GZ: E1/123**/2006, ein als „Sachverhaltsbericht“ bzw. „Sachverhaltsdarstellung“ bezeichneter Bericht, direkt aus dem PAD elektronisch an den Beschwerdegegner übermittelt.
Das Textdokument enthält eine Sachverhaltsdarstellung, die Daten weiterer Personen (insbesondere der beiden Piloten Ron M*** und Vasili B*** sowie der Flughelfer N*** und H*** sowie des Auftraggebers des Lastentransports, Michael Z***) sowie die Ankündigung, dass gegen den Beschwerdeführer auf Grund telefonischer Rücksprache mit der ACG sowie der BH Anzeige wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach dem Luftfahrtgesetz erstattet wird.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Stand des Datenverarbeitungsregisters und den vom Landespolizeikommando Steiermark mit der Stellungnahme vom 8. Jänner 2007 (in der Sache Zl. K121.261) vorgelegten Ausdrucken und Kopien aus den Akten und den Applikationen PAD und VSTV sowie auf der Stellungnahme selbst, weiters auf der Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 25. April 2007.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:
„ § 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“
§ 8 Abs. 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten“:
„ § 8 . (1) [...]
(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
§ 169 Abs. 1 Z 4 letzter Satz LFG lautet unter der Überschrift „Strafbestimmungen“:
„ § 169. (1) [...]
Die § 25 Abs. 1, § 27 Abs. 1 und 2 sowie § 28 VStG lauten:
„ § 25 . (1) Verwaltungsübertretungen sind mit Ausnahme des Falles des § 56 von Amts wegen zu verfolgen.
[...]
§ 27 . (1) Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.
(2) Ist danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiß, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen hat.
[...]
§ 28 . Die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, ist zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs. 1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet.“
§ 6 Abs. 1 AVG lautet:
„ § 6 . (1) Die Behörde hat ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Der Beschwerdeführer trat, auch noch in seiner Stellungnahme vom 22. Jänner 2007, unter der Bezeichnung (laut Stampiglie zur Unterschrift) „D***-Hubschraubertransporte Franz E***“ auf und machte geltend, Franz E*** und die „Firma D***- Hubschraubertransporte Franz E***“ seien in ihren Rechten verletzt worden.
Ein im Firmenbuch eingetragener Einzelunternehmer dieses Namens – eine Firma gemäß § 17 Abs. 1 UGB – scheint nicht auf. Deshalb musste die Beschwerde insoweit zurückgewiesen werden.
Wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen ergibt, hat der Beschwerdegegner nicht aus Eigenem darauf hingewirkt, Daten des Beschwerdeführers zu erlangen, sondern lediglich eine Meldung betreffend eine vermutete bevorstehende Verwaltungsübertretung telefonisch weitergeleitet und eine Nachricht des LPK Steiermark (gesendet durch die PI K***) empfangen.
Die Weiterleitung einer Meldung betreffend eine möglicherweise geplante rechtswidrige Handlung an eine örtlich zuständige Behörde oder Polizeidienststelle (durch § 169 Abs. 1 Z 4 LFG ist ausdrücklich festgelegt, dass Polizeidienststellen an der Verfolgung solcher Übertretungen selbständig, das heißt auch ohne vorangehende Anordnung der Verwaltungsstrafbehörde, mitzuwirken haben), ist grundsätzlich durch § 6 Abs. 1 AVG erlaubt bzw. sogar geboten und stellt somit gemäß § 8 Abs. 4 Z 1 DSG 2000 einen durch eine gesetzliche Verpflichtung gedeckten Eingriff in das Recht auf Geheimhaltung dar (vgl. hiezu auch Walter-Thienel Verwaltungsverfahren (14. Aufl.), Anm. 1 zu § 28 VStG).
Die Übermittlung der an die BH Q*** erstatteten Anzeige auch an den Beschwerdegegner kann dem Beschwerdegegner nicht zugerechnet werden. Der bloße Empfang einer Nachricht stellt keine Datenermittlung (weder im Sinn des § 4 Z 10 noch des § 1 Abs. 1 DSG 2000) und damit keinen dem Empfänger zurechenbaren Eingriff in das Recht auf Geheimhaltung dar, wenn, wie im vorliegenden Fall, dem Empfang keinerlei darauf gerichtetes aktives Handeln des Empfängers vorangeht. Somit steht fest, dass der Beschwerdegegner nicht rechtswidrig in das Geheimhaltungsrecht des Beschwerdeführers eingriffen hat. Die Beschwerde war daher im Übrigen (Spruchpunkt 2.) abzuweisen.