K121.258/0003-DSK/2007 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. STAUDIGL, Dr. BLAHA, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 21. März 2007 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde der in der Anlage 1 dieses Bescheides angeführten Personen und des Anlegerschutzvereines für Y***- und Z***-Anleger [Anmerkung Bearbeiter: es handelt sich bei Y*** und Z*** um insolvente Finanzdienstleistungs- bzw. Anlagegesellschaften] in verschiedenen europäischen Staaten (Beschwerdeführer),vertreten durch P*** Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, vom 11. Oktober 2006 gegen die C***-Prozessfinanzierung AG in Wien (Beschwerdegegnerin), vertreten durch Q*** in Wien, wegen Verletzung im Recht auf Auskunft wird gemäß § 1 Abs. 3 Z 1, § 6 Abs. 1 Z 1, § 26 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, entschieden:
1. Die Beschwerde des Anlegerschutzvereines für Y***- und Z***-Anleger in verschiedenen europäischen Staaten wird abgewiesen.
2. Der Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer wird stattgegeben und der Beschwerdegegnerin bei sonstiger Exekution aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Wochen den Beschwerdeführern mitzuteilen, aus welchen Gründen sie vom Nicht-Vorliegen eines ordnungsgemäßen Auskunftsbegehrens ausgeht.
B e g r ü n d u n g :
A. Vorbringen der Parteien
Die Beschwerdeführer behaupten, rechtsanwaltlich vertreten, eine Verletzung im Recht auf Auskunft dadurch, dass die Beschwerdegegnerin auf ihr Auskunftsbegehren vom 27. Juli 2006 nicht reagiert habe. Zuvor sei an alle Beschwerdeführer ein Schreiben der Beschwerdegegnerin ergangen.
Die damit konfrontierte Beschwerdegegnerin bestätigte, ebenfalls rechtsanwaltlich vertreten, dass die Rechtsvertretung der Beschwerdeführer Auskunft gemäß § 26 DSG 2000 gefordert und auf die beiliegende Liste der Auskunftswerber verwiesen hätte, sah sich jedoch nicht zur Auskunftserteilung oder zur Reaktion verpflichtet, da die Rechtsvertretung nicht Betroffener im Sinn des DSG 2000 sei. Sie habe sich in ihrem Auskunftsschreiben nicht auf die erteilte Vollmacht berufen – die im Übrigen nur vor Gericht und Behörden wirksam sei.
In dem dazu gewährten Parteiengehör brachten die Beschwerdeführer, wiederum rechtsanwaltlich vertreten, vor das Auskunftsrecht gemäß § 26 DSG 2000 sei verletzt worden, da sich „jemand durch einen zur Rechtsvertretung befugten Rechtsvertreter ... vertreten“ lassen kann, was auch aus dem Schreiben vom 27. Juli 2006 hervorgehe. Die Beschwerdegegnerin habe auch keinen Nachweis einer Vollmacht verlangt.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführer ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Rechtmäßigkeit der Nichterteilung einer Auskunft aufgrund des Begehrens vom 27. Juli 2006 sowie das Unterlassen jeglicher Reaktion an die Auskunftswerber ist.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Die Beschwerdegegnerin richtete an sämtliche Beschwerdeführer (mit Ausnahme des Anlegerschutzvereines für Y***- und Z***- Anleger) ein (undatiertes) Schreiben, um zum Anschluss an eine Sammelklage aufzurufen.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen ergeben sich aus diesem, der Beschwerde beiliegendem Schreiben selbst, welches von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten wurde.
Die in der Anlage 1 dieses Bescheides angeführten Beschwerdeführer richteten am 27. Juli 2006 durch Ihren Rechtsanwalt folgendes Auskunftsbegehren an die Beschwerdegegnerin:
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Eingangs setze ich Sie davon in Kenntnis, dass ich 949 Y***- und Z***-Anleger gemäß beiliegender Liste, sowie den Anlegerschutzverein für Y***- und Z***-Anleger ständig rechtsfreundlich vertrete.
Sie haben ganz offensichtlich sämtliche von mir vertretenen Mandanten mittels beiliegendem Schreiben angeschrieben. Namens und auftrags der von mir vertretenen Mandanten gemäß beiliegender Liste, fordere ich Sie auf, gemäß § 26 DSG Auskunft zu erteilen.
In diesem Zusammenhang halte ich ausdrücklich fest, dass die von mir vertretenen Mandanten Ihnen untersagen, die Daten gemäß beiliegender Liste zu einem anderen Zweck zu verwenden als zur Auskunftserteilung gemäß § 26 DSG.“
Der Anlegerschutzverein für Y***- und Z***-Anleger scheint in der diesem Auskunftsbegehren angeschlossenen Liste nicht auf.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen ergeben sich aus dem der Beschwerde beiliegendem Auskunftsersuchen selbst und wurden von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten.
Auf dieses Auskunftsbegehren reagierte die Beschwerdegegnerin überhaupt nicht.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen ergeben sich aus dem übereinstimmenden Vorbringen der Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin. Letztere sah sich zur Reaktion nicht verpflichtet.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden.
§ 26 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Auskunft über eigene Daten. Gemäß § 26 Abs. 1. DSG 2000 hat der Auftraggeber dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 DSG 2000 dürfen Daten nur „nach Treu und Glauben“ verwendet werden.
Gemäß § 4 Z 4 DSG 2000 sind Auftraggeber natürliche oder juristische Personen, Personengemeinschaften oder Organe einer Gebietskörperschaft beziehungsweise die Geschäftsapparate solcher Organe, wenn sie allein oder gemeinsam mit anderen die Entscheidung getroffen haben, Daten für einen bestimmten Zweck zu verarbeiten (Z 9), und zwar unabhängig davon, ob sie die Verarbeitung selbst durchführen oder hiezu einen anderen heranziehen.
2. rechtliche Schlussfolgerungen
a) Voraussetzung für die Verpflichtung zur Auskunftserteilung ist das Vorliegen eines entsprechenden Begehrens durch den Betroffenen beim Auftraggeber.
Für den Anlegerschutzverein für Y***- und Z***-Anleger ist aber bei der Beschwerdegegnerin gar kein Auskunftsbegehren eingebracht worden. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Auskunftsbegehrens vom 27. Juli 2006 hatte dieses die Auskunftserteilung gemäß § 26 DSG „Namens und auftrags der von mir vertretenen Mandanten laut beiliegender Liste“ zum Gegenstand. Da der Anlegerschutzverein für Y***- und Z***- Anleger in dieser Liste nicht aufscheint, ist für ihn gar kein Auskunftsbegehren an die Beschwerdegegnerin gestellt worden, so dass schon aus diesem Grund seine Beschwerde gemäß Punkt 1 des Spruches abzuweisen war.
b) Voraussetzung für die Pflicht auf Verlangen Auskunft zu erteilen ist weiters der Nachweis der Echtheit des Auskunftsbegehrens, d.h. dass eine in ihrer Identität eindeutig bestimmte Person tatsächlich – und nicht etwa ein Dritter unter dem Namen des Betroffenen – Auskunft nach § 26 DSG 2000 verlangt.
Im vorliegenden Fall wurde für keine der im Auskunftsersuchen genannten Personen ein Identitätsnachweis erbracht. Falls keine sonstigen Umstände vorliegen, aus welchen der um Auskunft Ersuchte die Identität der Auskunftswerber kennen musste, kommt schon aus dem Grund des mangelnden Identitätsnachweises eine sofortige Auskunftserteilung nicht in Frage. Doch verlangt der in § 6 Abs. 1 DSG 2000 verankerte Grundsatz von Treu und Glauben, dass auch mangelhafte Auskunftsbegehren nicht völlig unbeantwortet bleiben, sondern dem Auskunftswerber vielmehr die Möglichkeit gegeben wird darzulegen, wieso sein Anbringen gar nicht mangelhaft war bzw. ihm Gelegenheit zur Verbesserung seines Anbringens eingeräumt wird. Dies setzt eine (regelmäßig: schriftliche) Reaktion des um Auskunft Ersuchten unter Anführung der behaupteten Mängel voraus. (so auch der Bescheid der Datenschutzkommission vom 02. Feber 2007, GZ K121.225/0001-DSK/2007, abrufbar im RIS unter http://www.ris.bka.gv.at/dsk/).
c) Das Verlangen auf Auskunft kann auch von einem Vertreter gestellt werden, doch muss an den Nachweis des Vorliegens der Bevollmächtigung deshalb ein besonders strenger Maßstab angelegt werden, weil das Auskunftsrecht ein höchstpersönliches Recht ist (vgl. AB zu § 26 der Regierungsvorlage des DSG 2000, 2028 Beil XX. GP).
Im vorliegenden Fall hat sich der Einschreiter gegenüber dem um Auskunft Ersuchten auf das Bestehen seines anwaltlichen Vertretungsrechtes berufen und keine Vollmacht vorgelegt. Abgesehen davon, dass die bloße Behauptung des Bestehens der anwaltlichen Vertretungsberechtigung nur gegenüber Behörden (Gerichten und Verwaltungsbehörden) zur Annahme der Vertretungsberechtigung führt, müssen an den Inhalt einer allenfalls erteilten Vollmacht angesichts der Rechtsnatur des Auskunftsrechts als höchstpersönliches Recht besondere Ansprüche gestellt werden: Es muss nämlich glaubhaft sein, dass die erteilte Vollmacht tatsächlich (auch) auf ein Auskunftsbegehren gerichtet war.
Diese Voraussetzung wird nicht nur durch eine ausdrückliche Erwähnung von „Auskunftsbegehren nach § 26 DSG 2000“ in der Vollmacht erfüllbar sein, es muss jedoch aus dem Gesamtzusammenhang erkennbar sein, dass die Stellung eines Auskunftsbegehrens auch von einer allgemein formulierten Vertretungsvollmacht tatsächlich und konkret mit umfasst war.
d) Da die unter b) und c) dargelegten Bedenken gegen die Ordnungsgemäßheit des Auskunftsbegehrens auch bei der Datenschutzkommission bestehen, konnte der Beschwerdegegnerin die Erteilung einer Auskunft aufgrund des vorliegenden Ersuchens der Beschwerdeführer nicht aufgetragen werden.
Da die um Auskunft ersuchte Beschwerdegegnerin jedoch keinerlei Reaktion auf das Auskunftsbegehren gezeigt hat, waren die Beschwerdeführer auch nicht in der Lage, allfällige Gegenargumente im Auskunftsverfahren vorzubringen, welche die Ordungsgemäßheit ihres Begehrens allenfalls dennoch dargetan hätten.
Die bloße Nicht-Beachtung eines Auskunftsbegehrens ohne dem Auskunftswerber darzulegen, warum man sein Begehren für mangelhaft und daher nicht erfüllbar hält, verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, der gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 DSG 2000 sämtliche Datenverwendung beherrscht. Es war daher der Beschwerdegegnerin aufzutragen, diese Mitteilung an die Auskunftswerber nachzuholen, zumal diese wegen des von der Beschwerdegegnerin an sie gerichteten Briefes von deren Auftraggebereigenschaft ausgehen konnten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.