JudikaturDSB

K121.235/0001-DSK/2007 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2007

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. FLENDROVSKY in ihrer Sitzung vom 22. Jänner 2007 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Michael S*** in T*** (Beschwerdeführer), vertreten durch Dr. Alfons E***, Rechtsanwalt in **** O***, ****straße ****, vom 17. Juli 2006 gegen die Bundespolizeidirektion Innsbruck (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Löschung durch „Unterlassung der Mitteilung gemäß § 27 (4) DSG 2000“ wird gemäß den §§ 1 Abs. 5, 27 Abs. 1 und 4 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005 entschieden:

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Beteiligten

Der Beschwerdeführer behauptet in der am 17. Juli 2006 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Löschung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin auf sein Löschungsbegehren vom 8. Mai 2006 nicht reagiert habe. Ihm sei keine Mitteilung gemäß § 27 Abs. 4 DSG 2000 zugestellt worden.

Die Beschwerdegegnerin brachte, von der Datenschutzkommission zur Stellungnahme aufgefordert, zunächst mit Schreiben vom 4. August 2006 vor, das Löschungsbegehren (den „Antrag“) des Beschwerdeführers nie erhalten zu haben. Laut dem Fax-Protokoll, das der Beschwerdeführer vorgelegt habe, sei das Schreiben an das Landespolizeikommando für Tirol übermittelt worden und von dort offenbar nie an die Bundespolizeidirektion weitergeleitet worden. Unter einem bescheinigte sie, dass dem Beschwerdeführer nach Kenntnisnahme vom gegenständlichen Löschungsbegehren durch Schreiben der Datenschutzkommission per 3. August 2006 sowohl dies als auch in der Sache selbst mitgeteilt worden sei, dass der (Kopien )Akt zu dem Ermittlungsverfahren, auf welches sich das Löschungsbegehren bezogen hatte, bereits skartiert worden sei. Die dazu gehörende Eintragung in der Indexkartei sei „gestrichen“ worden.

Auf entsprechenden Vorhalt der Datenschutzkommission, insbesondere was unter einer Streichung der Eintragung (Durchstreichung oder Unleserlichmachung) zu verstehen sei, legte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben (E-Mail) vom 12. September 2006 eine Kopie (Bildscan) der den Beschwerdeführer betreffenden Indexkarteikarte vor. Weiters brachte sie vor, der Akt sei ebenso wie die Protokollbucheintragung, die sich auf das Verfahren beziehe, im Juli 2005 (offenkundig im Gefolge organisatorischer Änderungen im Zuge der Polizeireform) dem neu gebildeten Stadtpolizeikommando Innsbruck übergeben worden und laut dortiger Mitteilung bereits skartiert.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdeführer durch das Unterbleiben einer Reaktion der Beschwerdegegnerin auf sein Löschungsbegehren vom 8. Mai 2006 im Recht auf Löschung verletzt ist.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer sendete, bereits vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E***, am 9. Mai 2006 um 15:24 Uhr ein Telefax an den Fernmeldanschluss +43-59-133-70-2409. Inhalt der an die „Bundespolizeidirektion Innsbruck“ adressierten Nachricht: das Begehren „sämtliche zur Person des A [= Antragsteller] (automationsunterstützt oder nicht automationsunterstützt) da. als Auftraggeber im Zusammenhang mit § 209 StGB, insb. – aber nicht nur – zu den o.a. Vorfällen bzw. den sicherheitsbehördlichen Ermittlungen und der Anzeige an die StA, verarbeitete Daten, insb. im Protokoll(buch) (zB Schwärzung), in der Indexkartei, im AVNT und im PAD und in den entsprechenden Erhebungsakten (zB Skartierung), zu löschen und den A, zu Handen des ausgewiesenen Vertreters, hievon zu verständigen.“ Als den einzigen entsprechenden Vorfall gibt der Beschwerdeführer an, gegen ihn sei im Mai 1982 nach Ermittlungen der kriminalpolizeilichen Abteilung der Beschwerdegegnerin zu GZ II-1***/1-82-1 ** Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen eines Verdachts nach § 209 StGB erstattet worden.

Fernmeldanschlüsse mit der Nummer +43-59-133 (= einheitliche Rufnummer für alle Polizeidienststellen)-70 –Durchwahl sind dem Landespolizeikommando für Tirol zugeordnet. Die Beschwerdegegnerin ist über die Nummer +43-512 (= örtliche Vorwahl für Innsbruck)-5900-Durchwahl zu erreichen. Das Telefax vom 9. Mai 2006 ist daher an das Landespolizeikommando gesendet worden.

Die zum Ermittlungsverfahren GZ II-1***/1-82-1 ** angelegten (Papier )Akten wurden im Juli 2005 dem Stadtpolizeikommando Innsbruck übergeben und bereits skartiert (aus dem Aktenbestand ausgereiht und vernichtet). Das Stadtpolizeikommando bewahrt noch eine den Beschwerdeführer betreffende Karteikarte der (vor Umstellung der Aktenverwaltung auf automationsunterstützte Datenverarbeitung) von der Beschwerdegegnerin geführten Indexkartei auf. Diese enthält Daten in folgender Gliederung:

| Michael

S***

geb: 13.**.19**

Beruf:

Wohnung: IBK, ****str.*; **** T***, ***str.**

Abt. II | Abt. I

XXXXXX | 13**/67

[weitere 6 Zeilen mit 7 weiteren, nicht verfahrensrelevanten Eintragungen, alle bis auf eine durchgestrichen] Name und Geburtsdatum in Maschinschrift, sonstige Eintragungen handschriftlich.

Die Karte weist im Detail lesbare, handschriftliche Eintragungen mit Aktenzahlen aus den Jahren 1991 bis 1998 auf, keine davon verweist auf das vom Beschwerdeführer angegebene Ermittlungsverfahren. Eine Eintragung einer Aktenzahl, nämlich offensichtlich die chronologisch älteste in der Spalte „Abteilung II“, wurde durch Schwärzung gelöscht [unleserlich gemacht, oben als „ XXXXXX “ dargestellt, diese dürfte das Verfahren Zl. II (= Abteilung II)-1***/82 ** (= Kürzel des Bearbeiters) betroffen haben].

Nach Kenntnisnahme vom Löschungsbegehren durch die Aufforderung zur Stellungnahme seitens der Datenschutzkommission vom 24. Juli 2006, GZ: K121.235/0002- DSK/2006 (Zustellung per E-Mail am selben Tag), wurde dem Beschwerdeführer zu Handen von Rechtsanwalt Dr. E*** das Auskunftsschreiben vom 3. August 2006, Zl. DS **/2006, zugestellt. Darin wird angeführt, dass der Akt Zl. II-1***/82 skartiert und die Karteieintragung betreffend dieses Verfahren gestrichen wurde. Weitere Daten zu diesem Verfahren würden von der Beschwerdegegnerin nicht verarbeitet, da das Geschehen lange vor Einführung automationsunterstützter Aktenverwaltungssysteme datiere.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der glaubwürdigen Darstellung des Sachverhalts durch die Beschwerdegegnerin und auf die von beiden Seiten vorgelegten Urkundenkopien (insbesondere der der Beschwerde vom 17. Juli 2006 angeschlossene Ausdruck eines Faxprotokolls), wobei hinsichtlich der Frage der Zustellung des Auskunftsbegehrens vom 9. Mai 2006 – die entsprechenden Feststellungen stehen im ausdrücklichen Widerspruch zum Vorbringen des Beschwerdeführers - der glaubwürdigeren (und zusätzlich durch Daten (Telefonnummern) aus öffentlich zugänglichen Dateien wie der Portalseite des BMI http://www.bundespolizei.gv.at gestützten) Darstellung der Beschwerdegegnerin gefolgt wird. Die Feststellungen zum Inhalt der Eintragungen auf der noch vorhandenen Indexkarteikarte stützen sich auf eine vorliegende Kopie (Bildscan) dieses Datenträgers. Der Beschwerdeführer hat sich zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens im Rahmen des Parteiengehörs nicht geäußert, das Sachverhaltsvorbringen der Beschwerdegegnerin demnach weder bestätigt noch bestritten.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

§ 27 Abs. 1 und 4 DSG 2000 lauten unter der Überschrift „Recht auf Richtigstellung oder Löschung“:

§ 27 . (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar

(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung ist dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) Feststellungsbegehren unbegründet

Das Beschwerdebegehren ist („Antrag“, Seite 3, Punkte 1.a. bis c.) ausdrücklich darauf gerichtet, die Verletzung im Recht auf Erhalt einer „Mitteilung gem § 27 (4) DSG 2000“ festzustellen bzw. der Beschwerdegegnerin diese Mitteilung aufzutragen.

Nach Kenntnisnahme vom Anbringen des Beschwerdeführers im Zuge des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdegegnerin diesen am 3. August 2006 schriftlich darüber informiert, wie mit seinem Löschungsbegehren verfahren worden ist: Sämtlichen Anträgen des Beschwerdeführers wurde entsprochen. Auch dem bloß auf Erhalt einer Mitteilung gerichteten Beschwerdebegehren wurde vollinhaltlich Rechnung getragen. Da die Datenschutzkommission nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 27. März 2006, Zl. 2004/06/0125) nur im Zeitpunkt ihrer Entscheidung noch aktuelle Rechtsverletzungen feststellen kann, erweist sich das Feststellungsbegehren (Antragspunkt 1.a und b. der Beschwerde vom 17. Juli 2006) als unbegründet. Der Antrag, die Gesetzmäßigkeit der Verweigerung der Mitteilung gemäß § 27 Abs. 4 DSG 2000 zu überprüfen, wurde dabei bereits faktisch durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren und die Erlassung dieses Bescheids erledigt .

b) Leistungsbegehren unzulässig

Aus § 40 Abs. 4 DSG 2000 ergibt sich, dass gegenüber Auftraggebern des öffentlichen Bereichs eine Rechtsverletzung lediglich festzustellen ist, wobei diese Feststellung eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung zur Herstellung des der Rechtanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustandes bewirkt. (Bescheid vom 22. April 2005, GZ: K121.010/0004-DSK/2005, Rechtssatz 1). Diese Ansicht der Datenschutzkommission wurde vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2005/06/0366, bestätigt. Daher ist ein separates, auf dem Feststellungsbegehren aufbauendes Leistungsbegehren (Antragspunkt 1.c. der Beschwerde vom 17. Juli 2006) jedenfalls unzulässig, weshalb dieses in Spruchpunkt 2. zurückzuweisen war.

Rückverweise