K121.230/0002-DSK/2007 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. FLENDROVSKY in ihrer Sitzung vom 22. Jänner 2007 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde der Leopoldine L*** (Beschwerdeführerin) aus T*** vom 6. Juli 2006 gegen die Bezirkshauptmannschaft G*** (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Löschung wird gemäß den §§ 27 Abs. 1 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, iVm §§ 63 und 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 56/2006, entschieden:
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Beteiligten
Die Beschwerdeführerin behauptet eine Verletzung im Recht auf Löschung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin Daten, die sie gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG im so genannten Kriminalpolizeilichen Aktenindex (KPA) verarbeite, entgegen ihrem Löschungsbegehren vom 10. August 2005 nicht gelöscht habe.
Die Beschwerdegegnerin teilte mit Stellungnahme vom 19. Juli 2006, Zl. ****-HV-1**2, mit, dass die Löschung sämtlicher KPA-Vormerkungen betreffend die Beschwerdeführerin inzwischen erfolgt sei, und wies dies durch Vorlage eines KPA-Auszugs vom 25. Juli 2006 auch nach. Die Beschwerdeführerin sei mit Schreiben vom 18. Juli 2006 entsprechend informiert worden.
Die Beschwerdeführerin erhielt zu diesem Stand des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör, hat die Beschwerde aber trotz eines entsprechenden Hinweises nicht zurückgezogen und auch sonst keine Stellungnahme abgegeben.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdeführerin durch die behauptete nicht erfolgte (eventuell objektiv verspätete) Löschung in ihrem Recht auf Löschung eigener Daten verletzt worden ist.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Die Beschwerdegegnerin hat vor dem 18. Juli 2006 Daten zu insgesamt 9 zwischen August 1989 und Mai 2005 gegen die Beschwerdeführerin in ihrem Amtssprengel (politischer Bezirk G***) durchgeführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren im KPA verarbeitet und damit in das Informationsverbundsystem EKIS (= elektronisches kriminalpolizeiliches Informationssystem) eingebracht.
Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 10. August 2005 begründet beantragt, diese Daten zu löschen bzw. richtig zu stellen.
Die Beschwerdegegnerin gab darauf zunächst eine negative Antwort: mit Schreiben vom 21. September 2005, Zl. ****-HV- 1**2, wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass eine Löschung „dzt. nicht möglich“ sei, da die Voraussetzungen der begehrten „Berichtigungen“ noch überprüft werden müssten, wofür u.a. noch eine Auskunft des Bezirksgerichts G*** ausstehe.
Am 6. Juli 2006 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an die Datenschutzkommission.
Zwischen dem 21. September 2005 und dem 18. Juli 2006 hat die Beschwerdegegnerin sämtliche die Beschwerdeführerin betreffenden KPA-Daten löschen lassen und die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18. Juli 2006, Zl. ****- III-**40, von der erfolgten Löschung verständigt.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den zitierten Schriftstücken sowie auf dem Ausdruck einer – negativen – KPA-Abfrage betreffend die Beschwerdeführerin vom 25. Juli 2006, der auf Ersuchen der Datenschutzkommission hergestellt wurde.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
§ 27 Abs 1 bis 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Recht auf Richtigstellung oder Löschung“:
„ § 27 . (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar
(2) Der Beweis der Richtigkeit der Daten obliegt - sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist - dem Auftraggeber, soweit die Daten nicht ausschließlich auf Grund von Angaben des Betroffenen ermittelt wurden.
(3) Eine Richtigstellung oder Löschung von Daten ist ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zuläßt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken.
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung ist dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird.“
§ 31 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Beschwerde an die Datenschutzkommission“:
„ § 31 . (1) Die Datenschutzkommission erkennt auf Antrag des Betroffenen über behauptete Verletzungen des Rechtes auf Auskunft gemäß § 26 durch den Auftraggeber einer Datenanwendung, soweit sich das Auskunftsbegehren nicht auf die Verwendung von Daten für Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.“
§ 57 Abs. 1 Z 6 SPG lautet unter der Überschrift „Zentrale Informationssammlung; Zulässigkeit der Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung“:
„ § 57 . (1) Die Sicherheitsbehörden dürfen Namen, Geschlecht, frühere Namen, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnanschrift, Namen der Eltern und Aliasdaten eines Menschen ermitteln und im Rahmen einer Zentralen Informationssammlung samt dem für die Speicherung maßgeblichen Grund, einer allenfalls vorhandenen Beschreibung des Aussehens eines Menschen und seiner Kleidung und einem allenfalls erforderlichen Hinweis auf das gebotene Einschreiten für Auskünfte auch an andere Behörden verarbeiten, wenn
[...]
§ 58 Abs. 1 Z 6 SPG lautet unter der Überschrift „Zentrale Informationssammlung; Sperren des Zugriffes und Löschen“:
„ § 58 . (1) Personenbezogene Daten, die gemäß § 57 Abs. 1 evident gehalten werden, sind für Zugriffe der Sicherheitsbehörden als Auftraggeber zu sperren
[...]
[...]
Nach Ablauf von zwei weiteren Jahren sind die Daten auch physisch zu löschen. Während dieser Zeit kann die Sperre für Zwecke der Kontrolle der Richtigkeit einer beabsichtigten anderen Speicherung gemäß Abs. 1 aufgehoben werden“
§ 63 SPG lautete unter der Überschrift „Pflicht zur Richtigstellung oder Löschung“:
„ § 63 . (1) Wird festgestellt, daß unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ermittelte Daten aufbewahrt werden, so ist unverzüglich eine Richtigstellung oder Löschung vorzunehmen. Desgleichen sind personenbezogene Daten zu löschen, sobald sie für die Erfüllung der Aufgabe, für die sie verwendet worden sind, nicht mehr benötigt werden, es sei denn, für ihre Löschung wäre eine besondere Regelung getroffen worden.
(2) Die Sicherheitsbehörden haben automationsunterstützt verarbeitete personenbezogene Daten, die sechs Jahre unverändert geblieben sind, daraufhin zu überprüfen, ob diese nicht gemäß Abs. 1 richtig zu stellen oder zu löschen sind. Für Daten, die in der Zentralen Informationssammlung verarbeitet werden, gelten die §§ 58 und 59.
§ 90 SPG lautet unter der Überschrift „Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über den Datenschutz“:
„ § 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Die Beschwerde fällt als Datenverwendung in einer Angelegenheit der Sicherheitsverwaltung in den Zuständigkeitsbereich der Datenschutzkommission gemäß § 90
SPG.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die Löschung der Daten in der Zwischenzeit erfolgte, und dies der Beschwerdeführerin mitgeteilt wurde.
Mit der Durchführung der Löschung wurde das Rechtsschutzziel dieses datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahrens zur Gänze erreicht. Wenn der Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 DSG 2000 von behaupteten Verletzungen u.a. des Rechtes auf Löschung von Daten spricht, weist diese Formulierung darauf hin, dass der Gesetzgeber damit aktuelle Verletzungen meint und nicht Verletzungen, die sich in der Vergangenheit abgespielt haben und der begehrte Zustand, u.a. die Löschung der in Frage stehenden Daten, mittlerweile eingetreten ist. Im Zusammenhalt mit dem verfassungsgesetzlich verankerten Recht auf Löschung in § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 und der in § 27 Abs. 1 DSG 2000 vorgesehenen Verpflichtung jedes Auftraggebers, unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtig zu stellen oder zu löschen, ergibt sich auch nach den Regelungen des DSG 2000, dass eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 wegen Verletzung des Rechtes auf Löschung nach den Intentionen des Gesetzgebers ausschließlich zum Ziel hat, dem Beschwerdeführer erforderlichenfalls durch eine Entscheidung der Datenschutzkommission und ihre "Vollstreckung" (siehe dazu § 40 Abs. 4 DSG 2000) zur Durchsetzung des Rechtes auf Löschung zu verhelfen.
Nach der Judikatur kommt eine meritorische Entscheidung der Datenschutzkommission über eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 wegen Verletzung im Recht auf Löschung nur dann und solange in Betracht, als die vom Beschwerdeführer angestrebte Löschung noch nicht durchgeführt bzw. veranlasst wurde (Erkenntnis des VwGH vom 27. März 2006, Zl. 2004/06/0125).
Die Beschwerde war in diesem Fall jedoch abzuweisen, weil die Beschwerdeführerin (anders als in jenem Fall, der dem vorzitierten Erkenntnis des VwGH zu Grunde liegt) ihre ursprüngliche Beschwerdebehauptung (auch implizit) nicht verändert hat und daher entgegenstehende bzw. ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen waren (dh. ausgehend von der aufrechten Beschwerdebehauptung war ein Rechtsschutzinteresse gegeben). Aufbauend auf deren Ergebnis, wonach das Löschungsbegehren mittlerweile zur Gänze erfüllt wurde, war die Beschwerde jedoch ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der nicht mehr aktuellen Verweigerung der Löschung (Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 21. September 2005) spruchgemäß abzuweisen.