JudikaturDSB

K121.222/0017-DSK/2006 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
17. November 2006

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. HUTTERER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 17. November 2006 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Philipp F*** (Beschwerdeführer) aus N***, vertreten durch Dr. Arnold J***, Rechtsanwalt in **** N***, ****gasse ****, vom 3. Juni 2006, eingeschränkt mit Schreiben vom 17. Juli 2006, gegen die Bundespolizeidirektion Wien (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten, wird gemäß §§ 27 Abs. 1 und 3, 40 Abs. 4 und 58 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr.13/2005, und § 13 Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 151/2004, wie folgt entschieden:

B e g r ü n d u n g:

A) Vorbringen der Beteiligten

Mit Beschwerde vom 3. Juni 2006 (bei der Datenschutzkommission per Fax eingegangen am 5. Juni 2006) brachte der von Beginn an rechtsfreundliche vertretene Beschwerdeführer unter Vorlage zweier Urkundenkopien vor, in Folge Erledigung seines Löschungsbegehrens vom 8. Mai 2006 durch die Beschwerdegegnerin in seinem Recht auf Löschung eigener Daten verletzt worden zu sein. Gegen ihn seien in den Jahren 1999 bis 2001 von verschiedenen Dienststellen der Beschwerdegegnerin drei durch die Aktenzahlen (Kr 6**-**/99 Koat A***, Kr 1**-**/99 Koat B*** und Kr 8**/**/01 Koat C***) bezeichnete Ermittlungsverfahren im Dienste der Strafjustiz wegen des Verdachts der Straftat nach dem früheren § 209 StGB (weiters wegen §§ 207 und 207a StGB) geführt worden. Er sei in diesen Fällen teils freigesprochen, teils wegen § 209 StGB gerichtlich verurteilt worden. Diese Bestimmung des StGB, die verfassungswidrig gewesen sei, sei allerdings inzwischen außer Kraft getreten und vom VfGH für verfassungswidrig erkannt worden. Sämtliche Daten, die sich auf diese Verfahren beziehen sollten, würden daher für Zwecke der Sicherheitspolizei nicht mehr benötigt und wären zu löschen. Die Beschwerdegegnerin habe dies aber hinsichtlich der Kopienakte abgelehnt, hinsichtlich der Protokolleintragungen der ermittelnden Dienststellen habe sie lediglich die Ergänzung anbringen lassen, dass die Tat nach § 209 seit 14. August 2002 nicht mehr strafbar sei.

Die Beschwerdegegnerin brachte, von der Datenschutzkommission entsprechend aufgefordert, in ihrer Stellungnahme vom 12. Juli 2007 unter Vorlage mehrere Urkundenkopien vor, man habe entsprechend der inzwischen ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur nunmehr sämtliche Hinweise auf den als verfassungswidrig aufgehobenen § 209 StGB aus den vorliegenden manuellen Dateien gelöscht , nämlich durch Schwärzen unleserlich gemacht, aus den Protokollbucheintragungen sei auch der Name und die Anschrift des Beschwerdeführers gelöscht worden. Eine Vernichtung („Löschung“) der Kopienakten lehne man aber weiterhin ab, da diese nicht unter den Dateibegriff des DSG 2000 fielen. Der Beschwerdeführer sei von der ergänzend erfolgten Löschung schriftlich verständigt worden und damit nicht mehr in seinen Rechten verletzt.

Der Beschwerdeführer replizierte darauf mit Stellungnahme vom 17. Juli 2006. Er wandte ein, im Protokollbuch des Kommissariats A***, Zl. Kr 6**-**/99, sei sein Name nicht gelöscht worden, wie aus den vorgelegten Urkundenkopien hervorgehe. Hinsichtlich der Kopienakten zu den drei Ermittlungsverfahren hielt er sein Löschungsbegehren aufrecht und stützte es auf Art 8 EMRK. Er schränkte sein Begehren auf die Frage der Erhebungs-/Ermittlungs-/Kopienakten und die Eintragung zu Zl. Kr 6**-**/99 im Protokollbuch des Kommissariates A*** ein. Dazu beantragte er, diese Rechtsverletzung festzustellen (Antragspunkt b.), sowie diese Gesetzmäßigkeit des Handelns der Beschwerdegegnerin zu überprüfen (Antragspunkt a.) und ihr die Löschung mit Bescheid aufzutragen (Antragspunkt c.). Zu allen drei Antragspunkten wird ausdrücklich ein bescheidmäßiger Abspruch begehrt.

B) Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens ist Beschwerdegegenstand die Frage, ob die Beschwerdegegnerin rechtmäßig die Löschung personenbezogener Daten des Beschwerdeführers aus den Akten mit den Aktenzahlen Kr 6**-**/99 (Kommissariat A***), Kr 1**- **/99 Kommissariat B***) und Kr 8**/**/01 (Kommissariat C***) verweigert bzw. die Löschung von personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers aus der manuellen Datei „Protokollbuch für das Jahr 1999“ des Kommissariats A*** nicht durchgeführt hat, oder ob der Beschwerdeführer durch diese faktischen Amtshandlungen in seinem Recht auf Löschung personenbezogener Daten verletzt ist.

C) Sachverhaltsfeststellungen

Das damalige Bezirkspolizeikommissariat A***, eine der Beschwerdegegnerin unterstehende Dienststelle, führte im Jahr 1999 Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz gegen den Beschwerdeführer wegen eines Vorfalls am 19. und 20. März 1999 durch. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen Kr 6**/**/99 geführt und behandelte den Verdacht der Kindesentziehung (Vergehen nach § 195 StGB), des Sexuellen Missbrauchs von Unmündigen (Verbrechen nach § 207 StGB) sowie der Gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren (Vergehen nach § 209 StGB idF vor BGBl. I Nr. 134/2002). Die darüber angelegten Verwaltungsakten (der so genannte Kopienakt, der nach Erstattung einer Strafanzeige an Staatsanwaltschaft oder Gericht bei der ermittelnden Polizeidienststelle verbleibt) bestehen aus einer Sammlung schriftlicher Verfahrensergebnisse und werden weiter aufbewahrt.

Im Protokollbuch für das Jahr 1999 des Bezirkspolizeikommissariats A*** besteht folgende Eintragung (handschriftlich in vorgedruckten Spalten):

| | Philipp | |lt Kopie StA Wien P F***|

| | F*** | |gem § 195, 207 XXX StGB|

|XXX| **.10.** | |angez + eingeliefert |

| | 3.) **********g. **/** | | |

|6**|19.-20.3.99. 10, ******* | | |

| |-------------------------| | |

| | *., Hotel **** | | |

| |Verd. d. Kindesentführung| | |

| | XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX | | |

[Anmerkung Bearbeiter: annähernde Wiedergabe, Ortsangaben und Geburtsdatum durch *** ersetzt]

Bei weiteren, hier nicht wiedergegebenen Eintragungen handelt es sich um Daten, die sich eindeutig auf andere Personen (insbesondere Tatopfer, Zeugen) beziehen bzw. um die Datierung einzelner Verwaltungsakte sowie die Kürzel/Paraphen beteiligter Beamter. Die durch Balken („XXXX“)

markierten Stellen wurden im Original geschwärzt und dürften Bezugnahmen auf § 209 StGB enthalten haben.

In der Index- bzw. Steckzettelkartei des Bezirkspolizeikommissariats A***, die seit der Umstellung auf automationsunterstützte Aktenverwaltung nicht mehr weitergeführt wird aber der Auffindung älterer Akten dient, findet sich zwar eine Eintragung mit Name, Geburtsdatum und einer Wohnanschrift des Beschwerdeführers, für eine (lesbare) Indizierung des oben angeführten Verfahrens werden aber keine Daten verarbeitet.

Das damalige Bezirkspolizeikommissariat B*** (Wachzimmer ***gasse), eine der Beschwerdegegnerin unterstehende Dienststelle, führte im Jahr 1999 Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz gegen den Beschwerdeführer wegen eines Vorfalls am 27. Juli 1999 durch. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen Kr 1**/**/99 geführt und behandelte den Verdacht des Sexuellen Missbrauchs von Unmündigen (Verbrechen nach § 207 StGB) sowie der Gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren (Vergehen nach § 209 StGB idF vor BGBl. I Nr. 134/2002), der Betreff lautete „Verdacht der Unzucht mit Unmündigen“. Die darüber angelegten Verwaltungsakten (der so genannte Kopienakt, der nach Erstattung einer Strafanzeige an Staatsanwaltschaft oder Gericht bei der ermittelnden Polizeidienststelle verbleibt) bestehen aus einer Sammlung schriftlicher Verfahrensergebnisse und werden weiter aufbewahrt

Das damalige Bezirkspolizeikommissariat C***, eine der Beschwerdegegnerin unterstehende Dienststelle, führte im Jahr 2001 Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz gegen den Beschwerdeführer wegen eines Vorfalls am 20. Jänner 2001 durch. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen Kr 8**/**/01 geführt und behandelte den Verdacht Pornographischer Darstellungen mit Unmündigen (Vergehen nach § 207a StGB) sowie der Gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren (Vergehen nach § 209 StGB idF vor BGBl. I Nr. 134/2002), der Betreff lautete „Verdacht des Besitzes und der Weitergabe von pornografischen Darstellungen mit Unmündigen, Verdacht der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren“. Die darüber angelegten Verwaltungsakten (der so genannte Kopienakt, der nach Erstattung einer Strafanzeige an Staatsanwaltschaft oder Gericht bei der ermittelnden Polizeidienststelle verbleibt) bestehen aus einer Sammlung schriftlicher Verfahrensergebnisse und werden weiter aufbewahrt

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer richtete am 8. Mai 2005 ein Löschungsbegehren an die Beschwerdegegnerin. Es enthält die „Anträge, sämtliche zur Person des A (automationsunterstützt oder nicht automationsunterstützt) da. als Auftraggeber im Zusammenhang mit § 209 StGB, insb. – aber nicht nur – zu den o.a. Vorfällen bzw. den sicherheitsbehördlichen Ermittlungen und den Anzeigen an die StA, verarbeitete Daten, insb. im Protokoll(buch) (zB Schwärzung), in der Indexkartei, im AVNT (= Aktenverwaltung unter Windows NT) und im PAD (= Protokollieren-Anzeigen-Daten) und in den entsprechenden Erhebungsakten (zB Skartierung), zu löschen und den A, zu Handen des ausgewiesenen Vertreters, hievon zu verständigen.“

Am 31. Mai 2005 lehnte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben zu AZ: P 3**/23/r/06 dieses Löschungsbegehren ab und begründete dies wie folgt: automationsunterstützt verarbeitete Daten (etwa KPA-Eintragungen oder Aktenprotokollierungen mit Hilfe des Systems „PAD-light“) zu diesen Vorfällen gäbe es nicht mehr bzw. wären solche wegen des zeitlichen Verlaufs (Einführungszeitpunkt von „PAD-light“ im Jahr 2003) auszuschließen. Daten auf Steckzetteln und in Protokollbucheintragungen würden zur Aktenverwaltung, Verfahrensdokumentation und Auffindbarmachung der Kopienakten weiter benötigt. Die Kopienakten selbst als unstrukturierte Informations-Sammlungen seien keine Datenanwendungen oder Dateien und würden daher bis zum vorgesehenen Skartierungstermin (20 Jahre nach dem Eingang) aufbewahrt. Allerdings haben man gemäß § 61 SPG von der Ermächtigung zur Aktualisierung Gebrauch gemacht und die Protokollbucheintragungen um den Hinweis „§ 209 StGB ab 14.08.2002 nicht mehr strafbar“ ergänzt.

Am 3. Juni (Eingangsdatum 5. Juni) 2006 erhob der Beschwerdeführer wie unter A) dargestellt Beschwerde an die Datenschutzkommission.

Nach Aufforderung zur Stellungnahme durch die Datenschutzkommission (Erledigung vom 20. Juni 2006, GZ: K121.222/0002-DSK/2006) ließ die Beschwerdegegnerin vor dem 12. Juli 2006 sämtliche Bezüge zum früheren § 209 StGB, einschließlich der zwischen dem 8. und dem 31. Mai 2006 verarbeiteten ergänzenden Anmerkungen, aus den manuellen Dateien, nämlich den Steckzettelkarteien (der früheren Bezirkspolizeikommissariate B***, A*** und C***) und Protokollbüchern (der früheren Bezirkspolizeikommissariate B***, A*** und C***) löschen (schwärzen). Der Beschwerdeführer wurde davon zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters mit Schreiben vom selben Tag verständigt.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 12. Juli 2006, GZ: P 3**/23/r/06, sowie die von beiden Seiten vorgelegten Kopien von Urkunden und Datenträgern, insbesondere die Kopien der auf die verfahrensrelevanten Ermittlungsakten bezogenen Dateieintragungen der damit befassen (ehemaligen) Wiener Polizeidienststellen. Dissens bestand zum Sachverhalt nur in dem Punkt, ob die Eintragung betreffend das Verfahren AZ: Kr 6**/**/99 im Protokollbuch 1999 des Bezirkspolizeikommissariats A*** durch Schwärzen des Namens des Beschwerdeführers anonymisiert worden ist. Hier unterliegt die Beschwerdegegnerin in ihrer Darstellung offenkundig einem Irrtum, da die von ihr selbst vorgelegten Kopien aus dieser manuellen Datei ganz eindeutig die zum Dateninhalt gemachten Feststellungen ergeben. In dieser Frage war demnach der Darstellung des Beschwerdeführers zu folgen. Zur Frage, ob die Kopienakten eine besondere Strukturierung der Daten aufweisen (Voraussetzungen einer manuellen Datei, „Dateiqualität“), ist zu sagen, dass dies weder behauptet wurde noch im Ermittlungsverfahren irgendwelche Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind. Daher konnte der Darstellung der Beschwerdegegnerin gefolgt werden.

D) in rechtlicher Hinsicht folgt daraus

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“ (Unterstreichung durch die Datenschutzkommission):

§ 1 . [...]

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind , nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

§ 4 Z 6 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Definitionen“:

§ 4 . Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

§ 27 Abs. 1 und 3 DSG 2000 lauten unter der Überschrift „Recht auf Richtigstellung oder Löschung“:

§ 27 . (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar

(2) [...]

(3) Eine Richtigstellung oder Löschung von Daten ist ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zuläßt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken.“

§ 40 Abs. 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Wirkung von Bescheiden der Datenschutzkommission und des geschäftsführenden Mitglieds“:

§ 40 . [...]

„(4) Wenn die Datenschutzkommission eine Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs festgestellt hat, so hat dieser mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustand herzustellen.“

§ 13 SPG idF BGBl. I Nr. 151/2004 lautet unter der Überschrift „Kanzleiordnung“:

§ 13 . (1) Die formale Behandlung der von den Sicherheitsdirektionen, den Bundespolizeidirektionen und den Polizeikommanden (§ 10) zu besorgenden Geschäfte ist vom Bundesminister für Inneres jeweils in einer einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen. Für die Bundespolizeidirektion Wien können, soweit dies wegen der Größe dieser Behörde erforderlich ist, Abweichungen von der sonst für die Bundespolizeidirektionen geltenden Kanzleiordnung vorgesehen werden.

(2) Der Bundesminister für Inneres, die Sicherheitsdirektionen, Bundespolizeidirektionen und Polizeikommanden sind ermächtigt, sich bei der Wahrnehmung gesetzlich übertragener Aufgaben für die Dokumentation von Amtshandlungen und die Verwaltung von Dienststücken der automationsunterstützten Datenverarbeitung zu bedienen. Zu diesen Zwecken dürfen sie Daten über natürliche und juristische Personen sowie Sachen verwenden, auf die sich der zu protokollierende Vorgang bezieht, wie insbesondere Datum, Zeit und Ort, Fahrzeugdaten, Betreff und Aktenzeichen samt Bearbeitungs- und Ablagevermerken sowie Namen, Rolle des Betroffenen, Geschlecht, frühere Namen, Aliasdaten, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnanschrift und andere zur Erreichbarkeit des Menschen dienende Daten. Soweit es erforderlich ist, dürfen auch sensible Daten (§ 4 Z 2 DSG 2000) sowie Daten im Sinne des § 8 Abs. 4 DSG 2000 verwendet werden. Die Auswählbarkeit von Daten aus der Gesamtmenge der gespeicherten Daten nur nach dem Namen und nach sensiblen Daten darf nicht vorgesehen sein, vielmehr ist für die Auswahl ein auf den protokollierten Sachverhalt bezogenes weiteres Datum anzugeben.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) Frage der Kopienakten

Die Frage, ob Kopienakten (herkömmliche Papierakten, die aus einem Konvolut schriftlicher Unterlagen bestehen), die nicht besondere Dateiqualität aufweisen, dem datenschutzrechtlichen subjektiven Recht auf Löschung unterliegen (§§ 1 Abs. 3 Z 2, 27 DSG 2000), wurde inzwischen von beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts beantwortet. Laut Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/06/0086) wie Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 15. Dezember 2005, Zl. B 1590/03) genügt ein Akt oder Aktenkonvolut bzw. ein nicht personenbezogen strukturierter Papierakt den gesetzlichen Anforderungen an eine Datei gemäß § 4 Z 6 DSG 2000 nicht und kann daher auf Grundlage datenschutzrechtlicher Bestimmungen, insbesondere des § 27 DSG 2000, keine „Löschung“ des Aktes oder darin enthaltener Angaben zu Personen verlangt werden. Wenn der Beschwerdeführer sein Begehren nunmehr unmittelbar auf Art 8 EMRK stützt, so ist ihm zu erwidern, dass ebendieses Vorbringen in der Beschwerdesache B 1590/03 den Verfassungsgerichtshof nicht zu überzeugen vermochte (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 2005, im RIS abrufbar).

Da die Sachverhaltsfeststellungen zu der klaren Schlussfolgerung führen, dass die drei von der Beschwerde umfassten Papierakten keine Dateiqualität aufweisen, war die Beschwerde betreffend die begehrte Feststellung, die Beschwerdegegnerin hätte seine Daten aus diesen Akten zu löschen gehabt oder die Akten skartieren müssen, und habe durch Nichtentsprechen das Recht des Beschwerdeführers auf Löschung personenbezogener Daten verletzt, als unbegründet abzuweisen.

b) Protokollbucheintrag zum Akt Kr 6**/**/99

Der Eintrag im Protokollbuch des ehemaligen Bezirkspolizeikommissariates A*** stellt eine Datenverarbeitung in einer manuellen Datei für die Zwecke gemäß § 13 Abs. 2 SPG idF BGBl. I Nr. 151/2004 dar. Im Bescheid vom 9. Juni 2006, GZ: K121.127/0009-DSK/2006 (alle zitierten Bescheide der Datenschutzkommission abrufbar in der RIS-Entscheidungsdokumentation der Datenschutzkommission, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/) kam die Datenschutzkommission im Hinblick auf die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2005, Zl. 2005/06/0140, weiters zu dem Schluss, dass der Dokumentationszweck einer solchen Datei die vollständige Löschung zwar ausschließt, aber eine berichtigende Anmerkung mit Bezugnahme auf § 209 StGB in diesem Spezialfall einer ehemaligen, verfassungswidrigen und – in der Diktion des Beschwerdeführers – „stigmatisierenden“ Strafnorm nicht mit den gesetzmäßigen Zwecken nach § 13 Abs. 2 SPG im Einklang steht. Im Gegensatz zum zitierten wurde im vorliegenden Beschwerdefall der Bezug zu diesem ehemaligen Straftatbestand, der bei anderen Delikten, einschließlich sensibler Daten, einen dokumentierbaren Grund („Betreff“ im Sinne von § 13 Abs. 2 SPG) für das durchgeführte Ermittlungsverfahren darstellen könnte, bereits entfernt.

Da somit keine sensiblen Daten des Beschwerdeführers mit Bezug zu § 209 StGB mehr verarbeitet werden, überwiegt hier das durch § 13 Abs. 2 SPG festgelegte gesetzmäßige öffentliche Interesse an der Dokumentation von Amtshandlungen der Beschwerdegegnerin das berechtigte Interesse des Beschwerdeführers an der vollständigen Löschung seiner Daten. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer daher dadurch, dass sie diesen Daten (im Gegensatz zu ihrer Ankündigung) nicht hat löschen lassen, nicht in seinem Recht auf Löschung verletzt. Die Beschwerde war in Bezug auf das Begehren, die behauptete Rechtsverletzung festzustellen, als unbegründet abzuweisen. (Antragspunkte a. und b.)

c) weitere Anträge unzulässig

Aus § 40 Abs. 4 DSG 2000 ergibt sich, dass gegenüber Auftraggebern des öffentlichen Bereichs eine Rechtsverletzung lediglich festzustellen ist, wobei diese Feststellung eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung zur Herstellung des der Rechtanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustandes bewirkt. (Bescheid vom 22. April 2005, GZ: K121.010/0004-DSK/2005, Rechtssatz 1). Diese Ansicht der Datenschutzkommission wurde vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2005/06/0366, bestätigt.

Daher ist ein separates, auf dem Feststellungsbegehren aufbauendes Leistungsbegehren unzulässig.

Der Antrag, die Gesetzmäßigkeit der Löschungsverweigerung zu überprüfen, wurde bereits faktisch durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren und die Erlassung dieses Bescheids erledigt .

Da der Beschwerdeführer jedoch ausdrücklich beantragt hat , über „sämtliche Anträge (a. bis c.) bescheidmäßig abzusprechen“, war der Antragspunkt c als unzulässig zurückzuweisen.

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