JudikaturDSB

K121.224/0011-DSK/2006 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
29. September 2006

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. HUTTERER, Dr. STAUDIGL, Dr. KOTSCHY und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 29. September 2006 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Z in K (Beschwerdeführer) vom 6. Juni 2006 gegen die Parlamentsdirektion in Wien (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Löschung wird gemäß den §§ 1 Abs. 5 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2004, sowie Art. 33 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl Nr. 1/1930, iVm § 21 Abs. 3 und § 22 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 (GOG-NR), BGBl Nr. 410/1975 idF BGBl I Nr. 29/2005, entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g:

Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Löschung (Widerspruch) dadurch, dass die Beschwerdegegnerin die auf der Homepage des österreichischen Parlaments veröffentlichte schriftliche Anfrage des Abgeordneten zum Nationalrat A, Kolleginnen und Kollegen, an die Bundesministerin für Justiz mit der Zahl xxx/J (XXII. GP) betreffend eine Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer auf Grund seines Löschungsbegehrens vom 6. bzw. 28. April 2006 zwar anonymisiert habe, diese aber in der Internetsuchmaschine T bei Eingabe seines Namens nach wie vor als Suchergebnis angezeigt werde.

Die Beschwerdegegnerin bestreitet zunächst die Entscheidungsbefugnis der Datenschutzkommission. Inhaltlich bestreitet sie das Beschwerdevorbringen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht, weist jedoch auf die bereits erfolgte Anonymisierung hin und bringt außerdem vor, dass sie - ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein - T um Entfernung der Seiten der Domains parlament.gv.at, parlinkom.gv.at und konvent.gv.at ersucht habe, die bei Eingabe des Namens des Beschwerdeführers angezeigt wurden.

Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, dass bei Eingabe seines Namens in die Suchmaschinen T und U noch immer (bzw. schon wieder) ein Link zu einer Seite des Parlaments erscheine, von wo aus auf die parlamentarische Anfrage zugegriffen werden könne.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Löschung wird in § 27 DSG 2000 einfachgesetzlich näher ausgeführt.

Gemäß § 1 Abs. 5 DSG 2000 ist gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, daß Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.

Gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 ist zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.

§ 23 GOG-NR enthält im Hinblick auf die Abgeordneten als Verhandlungsteilnehmer und unter Bedachtnahme auf die Öffentlichkeit der Verhandlungen des Nationalrates (vgl. Art. 32 B-VG) Bestimmungen, welche die Information der Abgeordneten und der Öffentlichkeit über die Gegenstände der Verhandlung gewährleisten sollen. In diesem Sinne normiert § 23 Abs. 1 leg. cit., dass der Präsident des Nationalrates u. a. nach Einlangen von schriftlichen Anfragen deren Vervielfältigung sowie Verteilung an die Abgeordneten zu verfügen hat. In der Regel – so wie auch im vorliegenden Fall – erfolgt die Vervielfältigung und Verteilung der Vorlagen an die Abgeordneten gleichzeitig mit deren Herausgabe als Beilagen zu den Stenografischen Protokollen im Sinn des § 52 Abs. 4 GOG-NR, die der Information an die Öffentlichkeit dient (vgl dazu auch Atzwanger-Zögernitz , NRGO, 3. Auflg., 1999, Anm. 1 und 3 zur § 23 GOG-NR).

§ 52 Abs. 1 GOG-NR normiert, dass über die öffentlichen Sitzungen des Nationalrates Stenografische Protokolle zu verfassen und gedruckt herauszugeben sind; diese haben die Verhandlungen vollständig wiederzugeben. Abs. 4 dieser Gesetzesbestimmung ergänzt, dass die schriftlichen Anfragen als Beilage zu den Stenografischen Protokollen herauszugeben sind.

Die im § 21 GOG-NR angeführten Gegenstände der Verhandlung mit Ausnahme der Petitionen und Bürgerinitiativen gelten als Bestandteile der Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Nationalrates (§ 22 erster Satz GOG-NR). Zu diesen Verhandlungsgegenständen zählen auch bloß schriftliche Vorlagen ohne mündlichen Vortrag ( Kopetzki , in Korinek/Holubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Bd. II, Rz. 23 zu Art. 33 B-VG).

Dem Stenografischen Protokoll über die 132. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich ist zu entnehmen, dass die verfahrensgegenständliche schriftliche Anfrage in der öffentlichen Sitzung des Nationalrates vom 7. Dezember 2005 eingebracht worden ist, womit deren weitere Behandlung im Sinne der obzit. Bestimmungen der GOG-NR durch den Präsidenten des Nationalrates bzw. die ihm unterstellte Parlamentsdirektion zu erfolgen hatte.

Zur Staatsfunktion „Gesetzgebung“ sind nach Adamovich/Funk/Holzinger , Österreichisches Staatsrecht, Band 2: Staatliche Organisation; Rz 26014, alle Verhaltensweisen von gesetzgebenden Organen zu verstehen. Dazu gehören Akte der parlamentarischen Versammlung selbst (zB Gesetzesbeschlüsse) und von Ausschüssen, aber auch von Organen (zB dem Präsidenten des Nationalrates und der Parlamentsdirektion) oder von Abgeordneten bei Ausübung ihres Berufes. Zur Gesetzgebung gehören insbesondere auch jene Tätigkeiten gesetzgebender Organe, die das B-VG unter dem Titel „Mitwirkung an der Vollziehung“ behandelt (Art. 50 bis 55 B-VG). Dem Bereich der Staatsfunktion Gesetzgebung sind auch die parlamentarischen Hilfsdienste zuzuordnen ( Adamovich/Funk/Holzinger , aaO, Rz 26015).

Es ist unbestritten, dass schriftlich eingebrachte Anfragen von Mitgliedern des Nationalrates an eine Bundesministerin zu jenen Angelegenheiten zählen, die der Mitwirkung des Nationalrates an der Vollziehung zugehören. Weiters steht außer Zweifel, dass die Verteilung von schriftlichen Anfragen an die Abgeordneten ebenso wie das Verfassen, Drucken lassen und Herausgeben der Stenografischen Protokolle zu den parlamentarischen Hilfsdiensten zählt.

Damit ist aber die verfahrensgegenständliche Angelegenheit als ein Akt der Gesetzgebung im Sinn des § 1 Abs. 5 DSG 2000 anzusehen, der von der Entscheidungsbefugnis der Datenschutzkommission ausgenommen ist.

Suchergebnisse in Internetsuchmaschinen können keinesfalls der Beschwerdegegnerin zugerechnet werden, weil diese vom Suchalgorithmus der Maschine erzeugt werden, sodass der Anbieter des Suchdienstes als Auftraggeber (§ 4 Z 4 DSG 2000) allfälliger personenbezogener Ergebnisse anzusehen ist. Die Rechtsträger von T und U sind aber dem privaten Bereich zuzurechnen und daher von der Zuständigkeit der Datenschutzkommission nach den §§ 1 Abs. 5 und 31 Abs. 2 DSG 2000 nicht umfasst, sodass eine Prüfung einer Verantwortung dieser Auftraggeber durch die Datenschutzkommission nicht möglich ist.

Die Beschwerde war somit spruchgemäß zurückzuweisen.

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