K120.857/0010-DSK/2006 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS, und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. STAUDIGL, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 9. August 2006 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Dr. Rudolf N*** aus Wien (Beschwerdeführer), vertreten durch Dr. Michael M***, Rechtsanwalt in **** E***, ****straße ****, gegen die Bezirkshauptmannschaft D*** (Beschwerdegegner) vom 9. März 2003, wegen Verletzung im Recht auf Löschung ihn betreffender Daten durch Nichtvornahme der Löschung der auf die gegen den Beschwerdeführer erstattete Strafanzeige bezogenen Eintragung in der Indexkartei des Gendarmeriepostens bzw. der nunmehrigen Polizeiinspektion E*** wird, soweit über sie nicht schon mit Bescheid vom 12. Dezember 2003 entschieden wurde, gemäß §§ 27 Abs 1 und 31 Abs 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 13/2005, wie folgt entschieden:
- Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
B e g r ü n d u n g:
A) Verfahrensgang und Vorbringen der Beteiligten
Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2002 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft D*** (Beschwerdegegner) die Löschung sämtlicher zur seiner Personen automationsunterstützt oder konventionell im Zusammenhang mit § 209 StGB verarbeiteten Daten insbesondere auch aus der zentralen Informationssammlung gemäß § 57 SPG. Von dieser Löschung sollten die Empfänger dieser Daten und auch der Beschwerdeführer selbst verständigt werden.
Mit Stellungnahme vom 5. Februar 2003 teilte der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer mit, dass in seinem Auftrag hinsichtlich des Beschwerdeführers keine automationsunterstützt oder konventionell verarbeiteten Daten gespeichert würden.
Der Beschwerdeführer bezweifelte die Richtigkeit der Mitteilung des Beschwerdegegners und erhob daher (unter anderem) wegen Verletzung im Recht auf Löschung durch die Bezirkshauptmannschaft D*** Beschwerde vor der Datenschutzkommission.
Die Datenschutzkommission leitete ein Ermittlungsverfahren ein, forderte den Beschwerdegegner sowie den Gendarmerieposten E*** zur Stellungnahme auf und gewährte dem Beschwerdeführer Parteiengehör.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2003, GZ: K120.857/015- DSK/2003, hat die Datenschutzkommission die Beschwerde gegenüber der Bezirkshauptmannschaft D*** als Beschwerdegegner in der Frage der Indexkartei mit der Begründung abgewiesen, die Indexkartei des Gendarmeriepostens E*** sei eine Datei für Zwecke des „inneren Dienstes“ gemäß §§ 10 Abs. 2 und 13 SPG in der Stammfassung, die Bezirkshauptmannschaft als Sicherheitsbehörde daher für die darin verarbeiteten Daten nicht der verantwortliche datenschutzrechtliche Auftraggeber.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer parallel Beschwerden beim Verwaltungs- wie beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Während der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) die Beschwerde mit Erkenntnis vom 13. Dezember 2004, Zl. 2004/06/0018-6, als unbegründet abgewiesen hat, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, Zl. B 200/04-6, den Bescheid im Spruchpunkt 1.a) aufgehoben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch diesen Teil des Spruchs im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden ist. Die Annahme, es liege eine Datei für Zwecke des „inneren Dienstes“ der Gendarmerie vor, sei dort unzulässig, wo durch Verarbeitung etwa des konkreten Namens einer Person für Zwecke der kriminalpolizeilichen Aktenverwaltung in „subjektive Rechtspositionen“ des Betroffenen eingegriffen werde. In diesem Fall sei daher die Sicherheitsbehörde, also die Bezirkshauptmannschaft D***, datenschutzrechtlicher Auftraggeber. Dies verkannt zu haben, belaste den Bescheid der Datenschutzkommission in diesem Punkt mit gleichheitswidriger Willkür.
Damit befand sich das Beschwerdeverfahren in der Frage, ob die Bezirkshauptmannschaft D*** zur Löschung der Eintragungen in der den Beschwerdeführer betreffenden Karte der Indexkartei des ehemaligen Gendarmeriepostens bzw. nunmehr der Polizeiinspektion E*** verpflichtet sei, wieder im Stadium des Ermittlungsverfahrens.
Die Datenschutzkommission hat den Beschwerdegegner mit Erledigung vom 12. Juni 2006, GZ: K120.857/0001-DSK/2006, zur Stellungnahme und Mitteilung der mittlerweile eingetretenen Sachlage aufgefordert. Der Beschwerdegegner hat mit Stellungnahme vom 27. Juni 2006, Kz. ***3-V-069/003, mitgeteilt, dass die Indexkartei des früheren Gendarmeriepostens E*** nicht mehr existiere, daher auch die den Beschwerdeführer betreffende Karte nicht mehr vorhanden sei. Die Polizeiinspektion E*** brachte in einer ergänzenden Meldung vom 12. Juli 2006 vor, dass im Übrigen auch die – noch vorhandene – Protokollbucheintragung betreffend den Beschwerdeführer auf Weisung des Landespolizeikommandos durch Schwärzung des Namens des Beschwerdeführers „unkenntlich gemacht“ worden sei.
Dem Beschwerdeführer wurde zu den Ergebnissen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt.
B) Ermittlungsverfahren und verwendete Beweismittel
Die Datenschutzkommission stützt sich auf die aus dem ersten Rechtsgang vorliegenden und dem Beschwerdeführer bereits bekannten Ermittlungsergebnisse, dokumentiert in den Verwaltungsakten zu Zl. K120.857. Weiters wurde das Ermittlungsverfahren ergänzt durch Einholung der Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 27. Juni 2006, Kz. ***3-V-069/003, sowie die Mitteilung der Polizeiinspektion E*** vom 12. Juli 2006 (ohne Zl.).
Dem Beschwerdeführer wurde zu den Ergebnissen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt.
C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung
Für die Datenschutzkommission steht folgender Sachverhalt fest:
Gegen den Beschwerdeführer wurde in der ersten Jahreshälfte 2001 vom Gendarmerieposten E*** zur Grundzahl P **7/01 Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz wegen Verdachts der 'Gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren' nach dem damals noch in Geltung stehenden § 209 StGB idF vor BGBl I Nr. 134/2002 geführt. Die betreffende Grundzahl wurde am 14. Februar 2001 ins Protokollbuch des Gendarmeriepostens eingetragen (Beginn des Verfahrens). Am 23. Mai 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien erstattet.
Eine auf den Beschwerdeführer bezogenen Karteikarte mit Dateneintragungen existiert nicht mehr, da die Indexkartei des ehemaligen Gendarmeriepostens E*** im Zuge der Umstellung der Aktenverwaltung der nunmehrigen Polizeiinspektion E*** auf automationsunterstützte Datenverarbeitung vernichtet worden ist.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen gründen sich auf den Inhalt der zitierten Urkunden (Protokollbucheintragung und Kopienakt, einliegend im Akt Zl. K120.969 der Datenschutzkommission und dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs dort zur Kenntnis gebracht). Die 'Stellungsanzeige' bezieht sich offenkundig auf eine nicht mehr im Akt einliegende vorläufige Anzeige anlässlich der Einlieferung des in Verwahrungshaft genommenen Beschwerdeführers ins Landesgericht N***, die Erledigung vom 23. Mai 2001 auf die Strafanzeige (auch 'Vollanzeige'), gerichtet laut Akt an die Staatsanwaltschaft N***. Die Feststellungen zur Vernichtung der Indexkarteikarte des Beschwerdeführers stützen sich auf die Mitteilung des Beschwerdegegners vom 27. Juni 2006, Kz. ***3-V-069/003.
D) rechtliche Beurteilung
1. anzuwendende Rechtsvorschriften :
Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell - d.h. ohne Automationsunterstützung - geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.
Gemäß § 4 Z 6 DSG 2000 ist eine Datei eine strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sind.
§ 58 DSG 2000 bestimmt, dass manuelle Dateien für Zwecke solcher Angelegenheiten, in denen die Zuständigkeit zur Gesetzgebung Bundessache ist, als Datenanwendungen im Sinne von § 4 Z 7 DSG 2000 gelten.
§ 27 DSG 2000 enthält einfachgesetzliche Bestimmungen über das Richtigstellungs- und Löschungsrecht. § 27 Abs. 1 Z 2 zufolge hat jeder Auftraggeber unrichtige oder entgegen den Bestimmungen des DSG 2000 verarbeitete Daten richtig zu stellen oder zu löschen, sobald der Betroffene dies mit begründetem Antrag begehrt. Die Unvollständigkeit von aufgezeichneten Daten bewirkt dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt (§ 27 Abs. 1, dritter Satz, DSG 2000). Das Recht auf Richtigstellung oder Löschung von Daten ist ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zulässt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken (§ 27 Abs 3 DSG 2000).
§ 31 Abs.2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Beschwerde an die Datenschutzkommission“:
„ § 31 . (1) [...]
(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.“
2. in rechtlicher Hinsicht folgt daraus für den Beschwerdefall :
Im vorliegenden Beschwerdefall ist lediglich eine von vier denkbaren Komponenten der Datenverwendung betreffend die erstattete Strafanzeige (EKIS-KPA, Kopienakt, Indexkartei, Protokollbuch) gegenständlich, nämlich die Indexkartei.
Diesbezüglich wurde im Ermittlungsverfahren festgestellt, dass die betreffende Datei nicht mehr existiert, daher keine Daten betreffend den Beschwerdeführer mehr darin verarbeitet sein können. Von diesem Umstand hat der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs Kenntnis erlangt.
Das in § 27 Abs. 4 DSG 2000 eingeräumte Recht auf Löschung bzw. auf Mitteilung über die erfolgte Löschung oder auf die Mitteilung der Gründe, warum keine Löschung stattfindet, ist auf die Erbringung einer Leistung der jeweiligen Behörde gegenüber dem Rechtsunterworfenen ausgerichtet. Aus § 31 Abs. 2 DSG 2000 ist abzuleiten, dass sich diese Bestimmung nur auf aufrechte Verletzungen u.a. des Rechtes auf Löschung von Daten (bzw. Mitteilung darüber) bezieht und nicht auf Verletzungen, die sich in der Vergangenheit abgespielt haben und bereits beseitigt wurden. Sobald der begehrte Zustand, u.a. die Löschung der in Frage stehenden Daten bzw. die Mitteilung über ihre Löschung, hergestellt wurde, liegt eine Verletzung laut § 31 Abs. 2 DSG 2000 nicht mehr vor. Eine meritorische Entscheidung der Datenschutzkommission über eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 wegen Verletzung im Recht auf Löschung kommt nur dann und nur so lange in Betracht, als die vom Beschwerdeführer angestrebte Löschung noch nicht durchgeführt bzw. veranlasst wurde; das selbe gilt für das Recht auf Mitteilung hierüber (vgl. VwGH Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl. 2004/06/0125, mit Hinweis auf Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, VwGH Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2004/06/0167). Gemäß der zitierten VwGH-Rechtsprechung sind dennoch erhobene oder aufrecht erhaltene Beschwerden mangels Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen.
Da im vorliegenden Beschwerdefall der begehrte Zustand der Löschung bereits eingetreten ist, kann der Beschwerdegegner (oder auch ein anderer datenschutzrechtlicher Auftraggeber) keine Leistung mehr erbringen, um die rechtliche Position des Beschwerdeführers zu verbessern.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.