K121.129/0016-DSK/2006 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. HEISSENBERGER, Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 28. Juni 2006 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Wilhelm A*** (Beschwerdeführer) aus I***, vertreten durch Dr. Bernhard J***, Rechtsanwalt in **** N***, K***straße *3, gegen die Bezirkshauptmannschaft N*** (Beschwerdegegner) als Sicherheitsbehörde 1. Instanz, wegen Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten durch Weigerung, die KPA-Daten des Beschwerdeführers zu löschen, wird gemäß § 1 Abs.3 Z.2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr.165/1999 idF BGBl. I Nr.13/2005 iVm §§ 58 Abs.1 Z.6, 63 und 90 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr.158/2005 wie folgt entschieden:
B e g r ü n d u n g:
A) Vorbringen der Beteiligten
Mit Schriftsatz vom 15. Jänner 2006 erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer gemäß § 90 SPG und § 31 Abs.2 DSG 2000 Beschwerde gegen die Bezirkshauptmannschaft N*** als Sicherheitsbehörde erster Instanz wegen Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten und brachte vor: Gegen ihn seien seit Oktober 1991 durch Organe der Sicherheitsbehörde insgesamt sechs Strafanzeigen erstattet worden, die als Eintragungen in der Datei gemäß § 57 Abs.1 Z.6 SPG (kriminalpolizeilicher Aktenindex – KPA) in der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörde verarbeitet würden. Nur in einem Fall sei er strafgerichtlich verurteilt worden, alle anderen Verfahren hätten durch Zurücklegung der Anzeige durch den Öffentlichen Ankläger oder durch außergerichtlichen Tatausgleich geendet. Er habe daher am 16. Mai 2005 schriftlich die Löschung dieser Daten verlangt. Der Beschwerdegegner habe dies, nach einem ersten Rechtsgang, in dem irrtümlich ein Bescheid über dieses Anbringen ergangen sei (Hinweis: vgl. den Akt Zl. K121.091 der Datenschutzkommission), am 14. November 2005 in Form einer Mitteilung abgelehnt. Eine grundrechtskonforme Überprüfung der Notwendigkeit der Datenverwendung, gegebenenfalls unter Durchführung einer Interessenabwägung, gemäß § 63 SPG (Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 16. März 2001, G 94/00) hätte jedoch ergeben müssen, dass die Verarbeitung dieser Daten für Zwecke der Strafrechtspflege nicht mehr erforderlich sei, da es sich hauptsächlich um Verdachtslagen, wie sie für Jugendstraftaten typisch seien, gehandelt habe, die überdies mehrheitlich mehr als zehn Jahre zurück lägen. Die ihm aus der Verarbeitung dieser Daten erwachsenden Nachteile (Ablehnung einer Beschäftigung im Sicherheitsgewerbe) würden die Interessen der Sicherheitspolizei und der Strafrechtspflege an der Verarbeitung dieser Daten jedenfalls überwiegen. Die Entscheidung des Beschwerdegegners, die Löschung der Daten abzulehnen, verletze ihn daher im Recht auf Löschung. Der Beschwerdeführer beantragte daher, dem Beschwerdegegner durch Bescheid aufzutragen , die verlangte Löschung durchzuführen .
Die Bezirkshauptmannschaft N*** als Beschwerdegegner, brachte, von der Datenschutzkommission mit Erledigung vom 19. Jänner 2006, GZ: K121.129/0002-DSK/2006, zur Stellungnahme aufgefordert, ohne auf die einzelnen Verfahren näher einzugehen, unter Vorlage eines KPA-Auszugs betreffend den Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 26. Jänner 2006, GZ: 1f-SICH25-***2/11, vor, angesichts der zunehmenden Zahl von „vereinfachten Verfahrenserledigungen bei Gericht“ gewinne die Frage, ob ein Betroffener erstmals bei einer strafbaren Handlung einer bestimmten Art betreten worden sei, zunehmend an Bedeutung. Die Verarbeitung solcher Daten sei daher „ungeachtet des Strafregisters zweckdienlich“. Der Beschwerdeführer sein immer wieder einschlägig in Erscheinung getreten, daher sei die Entscheidung getroffen worden, die Löschung nicht vornehmen zu lassen.
B) Ermittlungsverfahren und verwendete Beweismittel
Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die Original-Strafakten Aktenzeichen 31 Vr 3***/91 (31 Ur 4**/91) des Landesgerichts N***, 3 U 2**/95, 14 U 2***/99b, 3 U 3***/02g und 3 U 2*/04m des Bezirksgerichts S***, Einholung einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft N*** (AZ: 2 St 5***/91 vom 17. Februar 2006), Einsichtnahme in den Akt Zl. K121.091 der Datenschutzkommission sowie Einholung einer Stellungnahme des Beschwerdegegners (vom 26. Jänner 2006, GZ: 1f-SICH25-***2/11) und Einsichtnahme in die vom Beschwerdegegner vorgelegten Strafregister- und KPA-Auszüge betreffend den Beschwerdeführers vom 24. Jänner bzw. 10. Februar 2006. Dem Beschwerdeführer wurde zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt.
C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung
Für die Datenschutzkommission steht folgender Sachverhalt fest:
Gegen den Beschwerdeführer wurden seit 1991 folgende Verfahren wegen des Verdachts gerichtlich strafbarer Handlungen geführt:
1. Verfahren beim Landesgericht N***
AZ: 31 Vr 3***/91 (Gendarmerieposten B***, Zl. P 1***/91)
Der damals jugendliche Beschwerdeführer wurde am 20. November 1991 zu Zl. P 1***/91 vom Gendarmerieposten B*** wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung und der gefährlichen Drohung bei der Staatsanwaltschaft N*** zur Anzeige gebracht. Er soll laut Anzeige den Rudi T*** im Zuge eines Streits mit einem Hockeyschläger geschlagen, ihm dabei den linken Daumen gebrochen und ihm mit weiteren Verletzungen gedroht haben. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft führte das Landesgericht N*** zu AZ: 31 Vr 3***/91 gerichtliche Vorerhebungen durch, die sich im Wesentlichen auf die Einvernahme des Beschwerdeführers durch den Untersuchungsrichter am 28. Jänner 1992 (GZ: 31 Vr 3***/91-7) beschränkten. Der Beschwerdeführer war dabei hinsichtlich des Tathergangs, der zur Verletzung führte, geständig, bestritt aber einen Verletzungs- oder Drohungsvorsatz. Nach Durchführung eines freiwilligen außergerichtlichen Tatausgleichs (Vereinbarung über Schmerzengeldzahlung an das Tatopfer Rudi T*** über Vermittlung des Vereins für Bewährungshilfe und soziale Arbeit) wurde das Verfahren mit Beschluss des Landesgerichts N*** vom 11. Juni 1992 gemäß § 90 Abs.1 StPO eingestellt, nachdem die Staatsanwaltschaft gemäß § 6 Abs.1 JGG idF BGBl. Nr. 599/1988 von der Verfolgung abgesehen hatte.
Die Anzeige liegt der KPA-Vormerkung LNr.2, Dasta-Zahl T33***/91 zu Grunde.
2. Verfahren beim Bezirksgericht S***
a) AZ: 3 U 2**/95 (Gendarmerieposten B***, Zl. P- 9***/95)
Der im Zeitpunkt der Tat noch jugendliche Beschwerdeführer (geboren am 21. Mai 1976) wurde am 5. Juni 1995 zu Zl. P- 9***/95 vom Gendarmerieposten B*** wegen des Verdachts der (einfachen) Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft N***, Bezirksanwalt beim Bezirksgericht S***, zur Anzeige gebracht. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts S*** vom 16. November 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, dadurch dass er am 13. Mai 1995 in B*** dem Rudi T*** einen Schlag mit der Faust ins Gesicht versetzte, worauf dieser zu Boden stürzte, und in dem er den am Boden liegenden am Hals fasste und mehrmals dessen Kopf gegen den Boden schlug und ihm noch weitere Fußtritte versetzte, wobei T*** ein blaues Auge, Abschürfungen am Ohr und am Kopf und eine Absplitterung eines Schneidezahns erlitt, diesen am Körper verletzt und das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à ATS 150,-- (somit insgesamt ATS 4.500,--), im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen, verhängt, deren Vollzug gemäß § 43 Abs.1 StGB für eine Probezeit von zwei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Diese Verurteilung scheint als getilgt nicht mehr im Strafregister auf.
Die Anzeige liegt der KPA-Vormerkung LNr.3, Dasta-Zahl T19***/95, zu Grunde.
b) AZ: 14 U 2****/99b (Gendarmerieposten S***, Zl. P- 2***/99)
Der Beschwerdeführer wurde am 5. Juli 1999 zu Zl. P-2***/99 vom Gendarmerieposten S*** wegen des Verdachts des Betruges und der fahrlässigen Krida (§ 159 StGB idF BGBl. Nr. 205/1982) bei der Staatsanwaltschaft N***, Bezirksanwalt beim Bezirksgericht S***, zur Anzeige gebracht. Er soll im Zuge des Kaufs- bzw. der Miete von Pkws im April 1998 seinen Vertragspartner, die E*** GmbH Co KG („E***-Auto“), über seine Zahlungsfähigkeit bzw. Zahlungswilligkeit (für Kaufpreis, Selbstbehalt bei Unfallschaden) getäuscht haben, wodurch ein Schaden von ungefähr ATS 50.000,-- entstanden sei. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft führte das Bezirksgericht S*** zu AZ: 14 U 2***/99b gerichtliche Vorerhebungen durch. Dazu wurde die Zeugin Andrea G***, Angestellte der Fa. E***- Auto, am 24. August 1999 gerichtlich einvernommen (GZ: 14 U 2***/99b-4). Der Beschwerdeführer wurde als Beschuldigter zur Vernehmung geladen und am 30. September 1999 dem Gericht vorgeführt, bekannte sich nicht schuldig und verweigerte im Übrigen zur Sache die Aussage (GZ: 14 U 2***/99b-6), wie er dies auch schon vor der Gendarmerie getan hatte. Weiters wurde Einsicht in Bezug habende Exekutionsakten und das ADV-E-Register genommen. Nach Vorlage der Verfahrensergebnisse teilte die Staatsanwaltschaft am 1. Oktober 1999 mit, keinen Grund zur Verfolgung des Beschwerdeführers zu finden; das Bezirksgericht S*** stellte darauf das Verfahren mit Beschluss vom 5. Oktober 1999 gemäß § 90 StPO ein.
Die Anzeige liegt der KPA-Vormerkung LNr.4, Dasta-Zahl T28***/99, zu Grunde.
c) AZ: 3 U 3***/02g (Gendarmerieposten S***, Zl. B/6***/2001)
Der Beschwerdeführer wurde am 7. Jänner 2002 zu Zl. B/6***/2001 vom Gendarmerieposten S*** wegen des Verdachts der Urkundenfälschung bei der Staatsanwaltschaft N***, Bezirksanwalt beim Bezirksgericht S***, zur Anzeige gebracht. Er soll am 1. Oktober 2001 als Paketbote für den O***- Kurierdienst ein an den urlaubsbedingt abwesenden Michael L*** adressiertes Paket vor dessen Wohnungstüre deponiert und die Unterschrift des Adressaten auf der Empfangsbestätigung gefälscht haben. Das Paket im Wert von ungefähr ATS 2.000,-- wurde von Unbekannten in Abwesenheit des Adressaten entwendet. Auf Grundlage der Vorerhebungen der Gendarmerie, insbesondere der Aussage des Beschwerdeführers selbst, der nicht das Unterschreiben mit falschem Namen sondern nur den Vorsatz auf Ausstellung einer falschen Urkunden leugnete, stellte die Staatsanwaltschaft am 8. Februar 2002 zu AZ: 7** BAZ ***31/02s beim Bezirksgericht S*** Strafantrag gegen den Beschwerdeführer wegen Urkundenfälschung (§ 223 Abs.1 StGB). Das Bezirksgericht S*** führte am 13. März und 8. April 2002 in der Sache die Hauptverhandlung durch. Dabei nahm der Beschwerdeführer als Beschuldigter, in der Sache selbst geständig, das Angebot gemäß § 90c StPO auf Zahlung einer Geldbuße in Höhe von insgesamt EUR 250,--, zahlbar in fünf monatlichen Raten ab 10. Mai 2002, an. Die Hauptverhandlung wurde darauf auf unbestimmte Zeit vertagt. Durch die im Antrags- und Verfügungsbogen (samt Zahlungsbestätigung) beurkundete Zahlung der Geldbuße per 29. April 2002, die Einstellungsverfügung des Gerichts vom selben Tag sowie durch den Rechtsmittelverzicht des öffentlichen Anklägers vom 2. Mai 2002 steht somit fest, dass der Staatsanwalt gemäß § 90c Abs.5 StPO von der Verfolgung zurückgetreten ist und das Gericht das Strafverfahren eingestellt hat.
Die Anzeige liegt der KPA-Vormerkung LNr.5, Dasta-Zahl T1***/02, zu Grunde.
3. Sonstiges
Zur KPA-Eintragung mit der LNr.1, Dasta-Zahlen T28***/91 (N =
Neueintragung) und T62***/05 (B = Berichtigung, Ergänzung)
liegt kein Gerichtsakt vor, die Akten der Staatsanwaltschaft (AZ: 7** BAZ 1***/91) wurden skartiert, das Ergebnis der Verfahrens (Einstellung gemäß § 4 Abs.2 JGG) anscheinend vorher dem Beschwerdegegner zwecks Aktualisierung der KPA-Vormerkung gemäß § 59 Abs.1 4. Satz SPG (per 1. August 2005 erfolgt) mitgeteilt.
Der Akt AZ: 3 U 2***/04m des Bezirksgerichts S*** betrifft ein für Zwecke der Datei gemäß § 57 Abs1 Z.6 SPG nicht relevantes Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung (Fahrlässigkeitsdelikte stellen keine gefährlichen Angriffe (§ 16 Abs.2 SPG) dar und dürfen daher gemäß § 53 Abs.1 SPG nicht für sicherheitspolizeiliche Zwecke verarbeitet werden).
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich zum dargestellten Verlauf der Strafverfahren auf den Inhalt der zitierten gerichtlichen Strafakten, die der Datenschutzkommission im Original zur Einsichtnahme vorgelegen sind. Weiters auf den KPA-Auszug vom 10. Februar 2002 sowie den Strafregisterauszug vom 24. Jänner 2006 betreffend den Beschwerdeführer, vorgelegt vom Beschwerdegegner mit der Stellungnahme vom 26. Jänner 2006, GZ: 1f-SICH25-***2/11. Die Feststellungen zur Skartierung der erwähnten staatsanwaltlichen Akten stützen sich auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft N*** vom 17. Februar 2006, AZ: 2 St 5***/91. Der Sachverhalt war und ist im Wesentlichen unbestritten, sodass nähere Erwägungen und Überprüfungen nicht geboten waren.
Der Beschwerdegegner (Bezirkshauptmannschaft N***) verarbeitet als datenschutzrechtlicher Auftraggeber mit Stichtag 10. Februar 2006 folgende Daten über den Beschwerdeführer (EDV-Zahl 31;***.**1) in der Datei gemäß § 57 Abs.1 Z.6 SPG (Bezeichnung: kriminalpolizeilicher Aktenindex – KPA) im vom Bundesministerium für Inneres betriebenen Informationsverbundsystem „Zentrale Informationssammlung“ der Sicherheitsbehörden (Bestandteil der Datenanwendungen mit der Sammelbezeichnung EKIS - elektronisches kriminalpolizeiliches Informationssystem):
1) GP B*** (BH N***)
06.10.1991 P 15**/91
KOERPERVERLETZUNG (STRASSE/PARKPLATZ)
Tatzeit: 06.09.1991
Tatort: GP B*** [Anmerkung: gemeint ist „im
Sprengel/Rayon des GP B***“]
Zusatz: MITTEILUNG DER BA S*** VOM 01082005,
ZL:7**BAZ 1****/91: EINSTELLUNG GEM PAR 4 ABS 2 JGG
Dastazahlen: T28***/91(N), T62***/05(B)
2) GP B*** (BH N***)
20.11.1991 P 1***/91
SCHWERE KOERPERVERLETZUNG (ABHAENGIGE UNMUENDIGE)
GEFAEHRLICHE DROHUNG
Tatzeit: 09.11.1991
Tatort: GP B*** [Anmerkung: wie oben]
Dastazahlen: T33***/91(N)
3) GP B*** (BH N***)
05.06.1995 P 9***/95
KOERPERVERLETZUNG (STRASSE/PARKPLATZ)
Tatzeit: 13.05.1995
Tatort: GP B*** [Anmerkung: wie oben]
Dastazahlen: T19***/95(N)
4) GP S*** (BH N***)
05.07.1999 P 2***/99
BETRUG (KRAFTFAHRZEUG)
Tatzeit: 03.04.1998 bis 29.04.1998
Tatort: GP S*** [Anmerkung: sinngemäß wie oben]
Dastazahlen: T28***/99(N)
5) GP S*** (BH N***)
03.01.2002 B/6***/01
URKUNDENFAELSCHUNG
Tatzeit: 01.10.2001
Tatort: GP S*** [Anmerkung: sinngemäß wie oben]
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf den KPA-Auszug vom 10. Februar 2002 betreffend den Beschwerdeführer, vorgelegt vom Beschwerdegegner mit der Stellungnahme vom 26. Jänner 2006, GZ: 1f-SICH25-***2/11.
Der bereits anwaltlich vertretene Beschwerdeführer wandte sich am 16. Mai 2005 an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol und stellte den Antrag, jene aufrechten KPA-Eintragungen, „die nicht zu einer gerichtlichen Verurteilung geführt haben“, zu löschen. Dieser Antrag wurde zuständigkeitshalber an den Beschwerdegegner weitergeleitet und von diesem zunächst irrtümlich durch Bescheid (GZ: 1f-SICH25-***2/1 vom 13. Juli 2005) abweisend erledigt. Dieser Bescheid wurde (nach kurzzeitiger erstmaliger Befassung der Datenschutzkommission) von der Sicherheitsdirektion in Ausübung ihres Aufsichtsrechts gemäß § 68 Abs.2 AVG kassiert, worauf die geforderte Löschung am 14. November 2005 in Form einer Mitteilung abgelehnt wurde.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und den Akt Zl. K121.091 der Datenschutzkommission.
D) rechtliche Beurteilung
1. anzuwendende Rechtsvorschriften :
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs.3 Z.2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:
„(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen
§ 57 Abs.1 Z.6 und Abs.3 SPG lauten unter der Überschrift „Zentrale Informationssammlung; Zulässigkeit der Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung“:
„ § 57. (1) Die Sicherheitsbehörden dürfen Namen, Geschlecht, frühere Namen, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnanschrift, Namen der Eltern und Aliasdaten eines Menschen ermitteln und im Rahmen einer Zentralen Informationssammlung samt dem für die Speicherung maßgeblichen Grund, einer allenfalls vorhandenen Beschreibung des Aussehens eines Menschen und seiner Kleidung und einem allenfalls erforderlichen Hinweis auf das gebotene Einschreiten für Auskünfte auch an andere Behörden verarbeiten, wenn
[...]
(2) [...]
(3) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, die von ihnen in der Zentralen Informationssammlung gespeicherten Daten zu benützen. Übermittlungen der gemäß Abs. 1 und Abs. 2 verarbeiteten Daten sind an Behörden für Zwecke der Sicherheitsverwaltung und der Strafrechtspflege zulässig und Übermittlungen der gemäß Abs. 1 verarbeiteten Daten sind an Behörden in Angelegenheiten der Verleihung (Zusicherung) der Staatsbürgerschaft zulässig. Im Übrigen sind Übermittlungen nur zulässig, wenn hiefür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung besteht.“
§ 58 Abs.1 Z.6 SPG lautet unter der Überschrift „Zentrale Informationssammlung; Sperren des Zugriffes und Löschen:“ „ § 58. (1) Personenbezogene Daten, die gemäß § 57 Abs. 1 evident gehalten werden, sind für Zugriffe der Sicherheitsbehörden als Auftraggeber zu sperren
[...]
6. in den Fällen der Z 6, wenn gegen den Betroffenen kein Verdacht mehr besteht, eine strafbare Handlung begangen zu haben, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Aufnahme in die Zentrale Informationssammlung, im Falle mehrerer Speicherungen gemäß Z 6 fünf Jahre nach der letzten;
[...].
Nach Ablauf von zwei weiteren Jahren sind die Daten auch physisch zu löschen. Während dieser Zeit kann die Sperre für Zwecke der Kontrolle der Richtigkeit einer beabsichtigten anderen Speicherung gemäß Abs. 1 aufgehoben werden.“
2. Anwendung auf diesen Beschwerdefall :
a) Pflicht zur Löschung von KPA-Daten :
KPA-Daten, die aus den Gründen des § 57 Abs. 1 Z. 6 SPG in den KPA aufgenommen wurden, sind gemäß § 58 Abs.1 Z.6 DSG 2000 idF BGBl. I Nr. 104/2002, zu löschen „wenn gegen den Betroffenen kein Verdacht mehr besteht, eine strafbare Handlung begangen zu haben“. Diese Bestimmung ist als Teil einer Novelle zum SPG ergangen, die eine Reaktion des Gesetzgebers auf das Erkenntnis des VfGH vom 16. März 2001, VfSlg 16.150, darstellt, auf das in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich mehrmals Bezug genommen wird.
Für die Frage, wie lange ein solcher Verdacht bei der Sicherheitsbehörde berechtigterweise weiter bestehen darf, obwohl z.B. bereits ein verfahrensbeendender Akt des zuständigen Staatsanwaltes oder Gerichtes gesetzt wurde, ergibt sich aus den Erläuterungen zur RV Folgendes:
„Zu den §§ 58 Abs. 1 Z 6 und 59:
§ 58 Abs. 1 Z 6 regelt die Speicherdauer und Löschung personenbezogener Daten, die gemäß § 57 Abs. 1 Z 6 im sogenannten kriminalpolizeilichen Aktenindex verarbeitet werden. Die Verarbeitungsermächtigung betrifft die Information, ob gegen einen Menschen (Betroffenen) Ermittlungen im Dienste der Strafrechtspflege eingeleitet worden sind. Die bisher geltende Löschungsregelung sieht eine Speicherdauer von fünf Jahren (nach der letzten Speicherung) vor, es sei denn, die Sicherheitsbehörde hat zu löschen, weil sie keine Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet. Diese Bestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip (vgl. die §§ 51 und 29) und die allgemeine Löschungsregel des § 63 derart interpretiert, dass bereits eine frühere Löschung geboten sei, wenn die Daten vor Ablauf dieser Frist nicht mehr benötigt werden (vgl. VfGH vom 16. 3. 2001, Zl. G94/00). Dieser Umstand könnte etwa vorliegen, wenn im Strafverfahren festgestellt wird, dass der Betroffene die Tat nicht begangen hat. Legt die Staatsanwaltschaft eine Anzeige zB nach Durchführung einer diversionellen Maßnahme zurück oder wird der Betroffene mangels Zurechnungsfähigkeit im Tatzeitpunkt freigesprochen, wird der Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung nicht entkräftet . In diesen Fällen sollen den Sicherheitsbehörden die Informationen aus dem kriminalpolizeilichen Aktenindex weiter für die Erfüllung sicherheits- oder kriminalpolizeilicher Aufgaben zur Verfügung stehen. Es soll ihnen daher ermöglicht werden, die Daten sowohl bei später auftauchenden Anhaltspunkten für weitere Ermittlungen in derselben Sache oder auch im Hinblick auf Verbindungen zu anderen Straftaten des Betroffenen oder anderen Tatverdächtigen als auch für die sicherheitspolizeiliche Beurteilung, ob jemand in Zukunft einen gefährlichen Angriff begehen oder ausführen werde (vgl. § 38a), zu verwenden.“
Hiedurch wird klargestellt, dass der „Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung“ im Sinne des § 58 Abs. 1 Z.6 SPG zwar selbstverständlich durch ein Urteil endgültig beseitigt wird, in welchem festgestellt wird, dass der Beschuldigte die Tat nicht begangen hat , nicht aber, wenn trotz festgestellter Begehung der Tat , also Verwirklichung der äußeren Tatseite, die Bestrafung aus besonderen Gründen unterblieb. In diesen letzteren Fällen wird somit in Hinkunft die Speicherung von KPA-Daten auch nach Verfahrensbeendigung grundsätzlich zulässig sein.
In Fällen, in welchen ein Verfahren beendet wurde, ohne dass eine klare Feststellung über das Begehen oder Nicht-Begehen der Tat vorliegt, wird nach dem einzelnen Beendigungstyp zu entscheiden sein, ob die Unschuldsvermutung die Aufrechterhaltung des Verdachtes verbietet: Dies wird etwa dann der Fall sein, wenn die Sicherheitsbehörde innerhalb vernünftiger Frist keine Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet hat (siehe so auch den ursprünglichen Wortlaut des § 58 Abs. 1 Z.6 SPG) oder wenn der Staatsanwalt eine Anzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurücklegt, da dies voraussetzt, dass offenbar keine genügenden Gründe zur Einleitung eines Strafverfahrens gefunden wurden.
Zweifelhaft scheint es hingegen, ob auch im Falle der Verurteilung wegen der Begehung einer strafbaren Handlung die diesbezüglichen KPA-Daten gespeichert bleiben dürfen, obwohl nach Rechtskraft des Urteils kein „Verdacht“, sondern Gewissheit vorliegt. Gegen die Zulässigkeit der weiteren Speicherung könnte ins Treffen geführt werden, dass sich die Informationen über Verurteilungen ohnehin aus dem Strafregister ablesen lassen. Für die Zulässigkeit der Weiterspeicherung spricht der Zweck des KPA, der den Sicherheitsbehörden eine rasche und möglichst vollständige Übersicht über die Involvierung einer Person in die Begehung von strafbaren Handlungen – unter entsprechender Berücksichtigung der Unschuldsvermutung und bereits festgestellter Unschuld – bieten soll.
Die Neuregelung des § 58 Abs. 1 Z.6 SPG ermöglicht nach Auffassung der Datenschutzkommission die im Erk. des VfGH, VfSlg 16.150, aufgetragene Interessensabwägung:
Abzuwägen ist zwischen dem öffentlichen Interesse an der rasch und umfassenden Verfügbarkeit von relevanten Informationen für die Sicherheitsbehörden über die Frage, ob eine auffällig gewordene Person schon bisher in strafrechtliche Sachverhalte involviert war, und den berechtigten Interessen des Betroffenen, dass Informationen, die sich nach ihrer Eintragung in den KPA als irrelevant herausgestellt haben, dort nicht mehr aufscheinen. Das aus den Erläuterungen hervorgehende Verständnis von einem zu recht weiter bestehenden Verdacht bewirkt, dass überholte Informationen aus dem KPA jeweils zu löschen sind.
Die grundsätzliche Aufbewahrungsdauer relevanter Informationen für fünf Jahre nach der letzten Eintragung ist eine mit der Lebenserfahrung korrelierende Regelung, wonach die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit, ob eine Person in strafrechtlich relevante Sachverhalte involviert ist, einen gewissen Betrachtungs-Zeitraum ihres Verhaltens voraussetzt.
Auch diesbezüglich ist jedoch noch eine Feinabstimmung zugunsten der Berücksichtigung außergewöhnlicher Konstellationen möglich, da in § 58 Abs. 1 Z 6 SPG die Pflicht zur Löschung „ spätestens nach 5 Jahren“ besteht. Sohin wäre in außergewöhnlichen Fällen, in welchen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Eingetragene weder in der gleichen Weise noch in anderer Weise strafrechtlich auffällig werden wird, ebenfalls eine Löschungsverpflichtung vor dem Ablauf von 5 Jahren anzunehmen, da diesfalls die Daten für die Zwecke des KPA nicht mehr benötigt werden.
b) Anwendung auf die einzelnen KPA-Eintragungen des Beschwerdeführers :
Für die einzelnen KPA-Vormerkungen (im Folgenden wiedeB*** zitiert als KPA laufende Nr. – KPA-LNr.) bedeutet dies:
KPA-LNr. 1 (Strafanzeige zu Zl. P 15**/91 des ehemaligen Gendarmeriepostens B***)
Für diesen Verdachtsfall (laut KPA-Daten: Körperverletzung) konnten keine Akten des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft eingesehen werden. Ein näheres Vorbringen des Beschwerdegegners, warum die Verarbeitung dieser Daten für Zwecke der Verbrechensprävention und der Strafrechtspflege weiterhin notwendig ist, liegt nicht vor. Bekannt ist allerdings (aus der ergänzten KPA-Eintragung), dass die Strafsache aus dem Grund des § 4 Abs.2 JGG eingestellt wurde.
§ 4 JGG steht unter der Überschrift „Straflosigkeit von Unmündigen und Jugendlichen“, Abs.2 leg.cit. regelt Spezialfälle mangelnder Strafbarkeit bei Jugendlichen. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Strafbarkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben war, der Beschwerdeführer aber die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat, der Verdacht daher nicht im Sinne von § 58 Abs.1 Z.6 SPG entkräftet worden ist. Durch die Verweigerung der begehrten Löschung wäre der Beschwerdeführer daher grundsätzlich im Lichte der obigen Ausführungen nicht im Recht auf Löschung verletzt ( siehe aber unten Punkt c ).
KPA-LNr.2 (Strafanzeige zu Zl. P 1***/91 des ehemaligen Gendarmeriepostens B***)
Für diesen Verdachtsfall (Körperverletzung) steht fest, dass die Staatsanwaltschaft N*** von der Verfolgung des damals jugendlichen Beschwerdeführers abgesehen hat, nachdem sich dieser freiwillig einem außergerichtlichen Tatausgleich unterworfen und er (bzw. sein Vater) zur Wiedergutmachung eine Entschädigung an den Verletzten gezahlt hatte. Die formelle Beendigung erfolgte aus dem Grund des § 6 Abs.1 JGG idF BGBl. Nr. 599/1988 durch Einstellungsbeschluss des Landesgerichts N*** (vom 11.Juni 1992, AS 6 des Antrags- und Verfügungsbogens zu AZ: 31 Vr 3***/91). Hier liegt demnach ein Fall vor, in dem schon vor Inkrafttreten des IXa. Hauptstücks der StPO eine diversionelle Erledigung nach den damaligen Spezialvorschriften des JGG getroffen wurde, wofür die gleichen Erwägungen wie für die Diversion gemäß StPO idF BGBl. I Nr. 55/1999 zu gelten haben. Durch diese Einstellung wurde der vorliegende Tatverdacht daher nicht entkräftet. Dies ergibt, dass die weitere Verarbeitung dieser KPA-Eintragung grundsätzlich im Lichte der obigen Ausführungen zulässig wäre (siehe aber unten Punkt c ).
KPA-LNr.3 (Strafanzeige zu Zl. P 9***/95 des ehemaligen Gendarmeriepostens B***)
In dieser Sache wurde der Beschwerdeführer im Hauptverfahren vom Bezirksgericht S*** des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs.1 StGB für schuldig befunden und zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt. Durch diese Verurteilung wurde der vorliegende Tatverdacht daher nicht entkräftet, sondern vielmehr bestätigt. Da somit der Verdacht einer Straftat weiter besteht, wäre auch die Speicherung dieser Daten im KPA grundsätzlich im Lichte der obigen Ausführungen zulässig (siehe aber unten Punkt c ).
KPA-LNr.4 (Strafanzeige zu Zl. P 2***/99 des ehemaligen Gendarmeriepostens S***)
In dieser Sache (Verdacht des Betrugs und der fahrlässigen Krida) wurde das Strafverfahren nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft N***, gemäß § 90 StPO keinen Grund zur (weiteren) Verfolgung des Beschwerdeführers zu finden, vom Bezirksgericht S*** mit Beschluss eingestellt (am 5. Oktober 1999, AS 4 des Antrags- und Verfügungsbogens zu AZ: 14 U 2***/99b). Es ist daher davon auszugehen, dass eine Strafbarkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben war, und es ist daher von der Geltung der Unschuldsvermutung und damit von der Beseitigung der Verdachtslage im Sinne von § 58 Abs.1 Z.6 SPG auszugehen. Diese Vormerkung wäre daher ab dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens dieser Tatsache beim datenschutzrechtlichen Auftraggeber pflichtgemäß unverzüglich zu löschen. Jedenfalls hätte dies nach Einlangen des Löschungsbegehrens des Beschwerdeführers erfolgen müssen. Durch die Verweigerung der begehrten Löschung wurde der Beschwerdeführer daher im Recht auf Löschung verletzt.
KPA-LNr.5 (Strafanzeige zu Zl. B/6***/01 des ehemaligen Gendarmeriepostens S***)
In dieser Sache wurde das Strafverfahren durch diversionelle Erledigung gemäß § 90c StPO (Zahlung einer Geldbuße von Euro 250,--) beendet. Eine formelle Einstellung (durch das Bezirksgericht S***, da die Diversionsvoraussetzungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung nachgewiesen wurden, AS 2 des Antrags- und Verfügungsbogens zu AZ: 3 U 3***/02g, Beschluss vom 29. April 2002, dort als „Verfügung“ bezeichnet) ist aktenkundig. Durch diese Einstellung wurde der vorliegende Tatverdacht daher nicht entkräftet, die weitere Verarbeitung dieser Daten erfolgt daher rechtmäßig.
c) Folgen der Löschungsverpflichtung von KPA-LNr. 4 :
Die Verpflichtung zur Löschung der gemäß § 57 Abs. 1 Z.6 SPG gespeicherten Daten, „wenn die Speicherung als im Dienste der Strafrechtspflege nicht mehr erforderlich anzusehen ist“ (VfSlg 16.150), hat sich nach Auffassung des VfGH aufgrund von verfassungskonformer Interpretation auch bereits aus der Rechtslage vor der letzten Novellierung des § 58 Abs. 1 Z.6 SPG ergeben. Die Pflicht zur Löschung der im vorliegenden Bescheid mit KPA-LNr. 4 bezeichneten Eintragung hatte daher bereits seit dem Zeitpunkt bestanden, in dem das Verfahren durch einen Beschluss des Staatsanwaltes zur Zurücklegung gemäß § 90 StPO beendet wurde.
Aus der Nicht-Erfüllung der Löschungsverpflichtung darf nun dem Betroffenen kein zusätzlicher Nachteil entstehen, sodass die Zeitdauer der zulässigen Speicherung der älteren KPA-Eintragungen durch die versäumte Löschung nicht zu Ungunsten des Betroffenen beeinflusst werden dürfen.
Wenn somit davon auszugehen ist, dass die Eintragung KPA-LNr 4 ab Oktober 1999 im KPA nicht mehr hätte aufscheinen dürfen, ergibt sich daraus, dass auch die Eintragungen Nr. 1 bis 3 bereits im Juni 2000, also fünf Jahre nach der 3. Eintragung vom 5.6.1995, hätten gelöscht werden müssen, da in diesem Zeitpunkt die letzte Eintragung bereits fünf Jahre zurücklag, ohne dass eine weitere Eintragung erfolgt wäre.
Daher war festzustellen, dass auch die Nicht-Löschung der Eintragungen KPA-LNr. 1 – 3 den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung ihn betreffender Daten verletzt.
d) Vorliegen von Umständen, die infolge von Unverhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs durch Speicherung eine Löschung der KPA-Vormerkung KPA-LNr. 5 vor Ablauf von fünf Jahren seit ihrer Eintragung erfordern:
Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde wegen Verletzung seines Rechtes auf Löschung nur darauf gestützt, dass von insgesamt 5 Strafanzeigen nur eine zu einer Verurteilung geführt habe. Die Novelle 2002 zum SPG betr. § 58 Abs. 1 Z.6 SPG hat, wie die oben wiedergegebenen Erläuterungen zeigen, die Zulässigkeit der Speicherung von KPA-Vormerkungen jedoch nicht ausschließlich davon abhängig gemacht, ob eine Verurteilung erfolgt ist, sondern knüpft auch an andere Arten der Verfahrensbeendigung die Folge, dass KPA-Vormerkungen weiter gespeichert werden dürfen, weil der Verdacht - gerechtfertigtermaßen - weiter bestehen bleibt, dass der Betroffene eine strafbare Handlung begangen hat. Diese Rechtfertigung für die Speicherung der KPA-LNr. 5 liegt, wie oben mit näherer Begründung ausgeführt wurde, vor. Besondere Gründe, warum dennoch die Speicherung der KPA-LNr. 5 bis zum Ablauf der 5-Jahresfrist unverhältnismäßig wäre, hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und haben sich auch nach Würdigung des gesamten Sachverhalts, nach dem immerhin fünfmal Anlass zur Eintragung des Beschwerdeführers in den KPA gegeben waren, durch die DSK nicht ergeben.
e) kein Löschungsauftrag durch die Datenschutzkommission :
Der Beschwerde war daher nur teilweise stattzugeben und es war die spruchgemäße Feststellung zu treffen, inwieweit eine Löschungspflicht besteht. Nach neuester Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (Erkenntnis vom 27. März 2006, Zl. 2004/06/0125) umfasst die Entscheidungsbefugnis der Datenschutzkommission in Beschwerdefällen wegen Verletzung des Löschungsrechts gemäß § 31 Abs.2 DSG 2000 nur die Feststellung aktueller Rechtsverletzungen, wobei die „Vollstreckung“ der Entscheidung ex lege gemäß § 40 Abs.4 DSG 2000 durch den Auftraggeber zu erfolgen habe. Die Datenschutzkommission sieht dadurch ihre neuere Spruchpraxis als bestätigt. Aus dem (§ 87 Abs. 2 VfGG, § 63 Abs. 1 VwGG und § 67c Abs. 3 AVG vergleichbaren) § 40 Abs. 4 DSG 2000 ergibt sich, dass gegenüber Auftraggebern des öffentlichen Bereichs eine Rechtsverletzung lediglich festzustellen ist. Aus dieser Feststellung resultiert sodann eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung zur Herstellung des der Rechtanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustandes (Bescheid der Datenschutzkommission vom 22. April 2005, GZ: K121.010/0004- DSK/2005, Rechtssatz 1, veröffentlicht in der Entscheidungsdokumentation der Datenschutzkommission im RIS, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/). Der Antrag, dem Beschwerdegegner den Auftrag zur Löschung der Daten zu erteilen, war daher spruchgemäß abzuweisen .