K121.131/0014-DSK/2006 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. KOTSCHY, Mag. PREISS, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Dr. STAUDIGL sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 9. Juni 2006 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des M in S(Beschwerdeführer) vom 22. Jänner 2006 gegen das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Wien (Beschwerdegegner) wegen Verletzung in den Rechten auf Löschung und Richtigstellung wird gemäß den §§ 1 Abs. 5, 27 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, entschieden:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B e g r ü n d u n g:
Der Beschwerdeführer behauptete eine Verletzung in den Rechten auf Löschung und Richtigstellung dadurch, dass der Beschwerdegegner das Löschungs- bzw. Richtigstellungsersuchen des Beschwerdeführers vom 15. August 2005 betreffend auf ihn bezogene Daten im Zusammenhang mit einem Verfahren vor der Volksanwaltschaft mit Schreiben vom 3. Oktober 2005 abgelehnt habe.
Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, die Löschung bzw. Richtigstellung zu Recht abgelehnt zu haben. Er verweist auf das entsprechende an den Beschwerdeführer gerichtete Schreiben vom 3. Oktober 2005 und bringt ergänzend vor, dass der Dokumentationszweck des Aktes, welcher nicht nur das Verfahren vor der Volksanwaltschaft sondern auch einen vom Beschwerdeführer geltend gemachten Amtshaftungsanspruch betreffe, eine Richtigstellung oder Löschung nicht zulasse. Die Einwendungen des Beschwerdeführers seien in gleicher Weise dokumentiert wie die beanstandeten Daten und als Vor-, Nachzahlen oder Bezugszahlen gespeichert.
Der folgende Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer stand bis September 2003 in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund als Vertragslehrer an der HTL A. Sein Dienstverhältnis wurde damals einvernehmlich aufgelöst. Diese einvernehmliche Auflösung wurde mittlerweile beim Landesgericht Linz im Klagsweg angefochten. Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Beschwerdeführers hat dieser auch Beschwerde gegen den Landesschulrat für Oberösterreich bei der Volksanwaltschaft sowie einen Amtshaftungsanspruch geltend gemacht. Die Volksanwaltschaft befasste auch den Beschwerdegegner mit den vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfen.
Dazu wurden vom Beschwerdegegner Akten angelegt. Darin befindet sich unter anderem eine dem Beschwerdegegner vom Landesschulrat für Oberösterreich übermittelte Liste mit allen Schülern einer Klasse der HTL A, die die Ergebnisse eines Tests samt Kommentaren des Beschwerdeführers enthält (im Folgenden nur „Liste“). Diese stammt ursprünglich von der passwortgesicherten Homepage des Beschwerdeführers, wurde jedoch von einem zugriffsberechtigten Schüler dem Landesschulrat für Oberösterreich zugeleitet.
Weiters aktenmäßig erfasst ist ein Schreiben des Beschwerdegegners an die Volksanwaltschaft vom 29. Dezember 2004, welches sich mit den vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfen auseinandersetzt und dementsprechend zahlreiche Aussagen im Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Dienstverhältnis des Beschwerdeführers aus Sicht des Beschwerdegegners enthält.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem unbestrittenen Vorbringen in der Beschwerde bzw. der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 17. April 2006 (zur mittlerweile erfolgten Klagserhebung.
Beide Schriftstücke sind beim Beschwerdegegner (auch) in elektronischer Form gespeichert.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruht auf der diesbezüglich vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 13. März 2006.
Mit seinem Löschungs- und Richtigstellungsbegehren an den Beschwerdegegner vom 15. August 2005 begehrt der Beschwerdeführer die Löschung der Liste – im Wesentlichen mit der Begründung, ihre Weitergabe durch den Schüler sei unrechtmäßig gewesen - sowie die Richtigstellung zahlreicher auf ihn bezogener Aussagen im Schreiben vom 29. Dezember 2004, deren Unrichtigkeit er mit umfangreicher Argumentation und Beweismitteln zu untermauern versuchte.
Mit Schreiben vom 3. Oktober 2005 lehnte der Beschwerdegegner dieses Begehren des Beschwerdeführers zur Gänze ab. Hinsichtlich der begehrten Löschung führte er aus, die Liste sei lediglich als Beweismittel vom Landesschulrat für Oberösterreich aufbewahrt und dem Beschwerdegegner in Kopie übermittelt worden, welcher sie für die Bearbeitung der Beschwerde bei der Volksanwaltschaft sowie der Amtshaftungssache benötige.
Hinsichtlich der Richtigstellung ging der Beschwerdegegner auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente und Beweismittel ein, und versuchte erneut darzulegen, warum diese an der ursprünglich gegenüber der Volksanwaltschaft geäußerten Einschätzung nichts zu ändern vermögen.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen von Beschwerdeführer und –gegner sowie den mit der Beschwerde in Kopie vorgelegten Urkunden (Löschungs- und Richtigstellungsbegehren vom 15. August 2005, Ablehnung desselben vom 3. Oktober 2005).
Das Vorbringen bzw. die Einwendungen des Beschwerdeführers in der Amtshaftungssache bzw. im Verfahren vor der Volksanwaltschaft sind in gleicher Weise dokumentiert wie die beanstandeten Daten und als Vor-, Nach- oder Bezugszahlen gespeichert.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruht auf dem unbestrittenen Vorbringen des Beschwerdegegners in der Stellungnahme vom 13. März 2006.
Das Verfahren vor der Volksanwaltschaft wurde mittlerweile ohne Erlassung einer Entscheidung eingestellt.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruht auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 1. April 2006.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.
§ 27 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für die individuellen Rechte auf Löschung und Richtigstellung. Gemäß § 27 Abs. 1 Z 2 DSG 2000 hat der Auftraggeber auf begründeten Antrag des Betroffenen unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen.
Nach § 27 Abs. 3 DSG 2000 ist eine Richtigstellung oder Löschung von Daten ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zulässt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken.
Gemäß § 27 Abs. 4 leg. cit. ist innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird.
Im vorliegenden Fall ist zunächst der Dokumentationszweck aller beschwerdegegenständlichen elektronischen Akten, die der Beschwerdegegner führt, evident, dienen sie doch unbestritten ausschließlich der Dokumentation einzelner Verfahrensschritte in einem vom Beschwerdeführer angestrengten Verfahren vor der Volksanwaltschaft sowie der Dokumentation im Zusammenhang mit einem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Amtshaftungsanspruch. Jeder von der Ergreifung derartiger Rechtsbehelfe betroffenen Behörde – das ist der Beschwerdegegner im vorliegenden Fall nach Art. 148b und Art. 148c B VG bzw. Art. 23 Abs. 1 iVm Art. 104 Abs. 2 B VG - muss es zugestanden werden, das damit im Zusammenhang stehende Geschehen auch zu dokumentieren, insbesondere im Hinblick auf die Gebarungskontrolle nach dem 5. Hauptstück des B VG, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. November 2005, Zl. 2004/06/0169, ausdrücklich als einen solchen Zweck begründend anerkannt hat. Eine gleichartige Wertung liegt im Übrigen auch § 8 Abs. 3 Z 5 DSG 2000 zu Grunde, wonach Träger von Rechtsansprüchen Daten zur Verteidigung ihrer Rechtsposition zulässigerweise verwenden dürfen. Ebenso muss es im Hinblick auf die vorzitierten Bestimmungen als zulässig angesehen werden, wenn ein oberstes Organ des Bundes Daten einer nachgeordneten Behörde, im vorliegenden Fall die beim Landesschulrat für Oberösterreich befindliche Liste, als Beweismittel anfordert und elektronisch dokumentiert. Sensible Daten (§ 4 Z 2 DSG 2000), die nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes eine weitere Interessenabwägung erforderlich machen würden, werden im vorliegenden Fall nicht verarbeitet. Somit ist nach § 27 Abs. 3 DSG 2000 eine Löschung und Richtigstellung dieser Daten ausgeschlossen. Zu prüfen bleibt jedoch noch, ob im Sinne dieser Bestimmung Richtigstellungen durch zusätzliche Anmerkungen erforderlich sind.
Die Datenschutzkommission hat wiederholt ausgesprochen, dass datenschutzrechtliche Beschwerden nicht geeignet sind, in der Sache vor andere Behörden gehörende Rechtsfragen neuerlich prüfen zu lassen. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der festen Zuständigkeitsverteilung zwischen staatlichen Organen und dem Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Bescheid der Datenschutzkommission vom 16. Dezember 2005, GZ: K121.040/0018-DSK/2005 mwH, veröffentlicht im Rechtsinformationssystem des Bundes - RIS unter http://www.ris.bka.gv.at/dsk/) und gilt auch für die Wahrnehmung von Handlungen eines obersten Organs im Amtshaftungsverfahren oder als von der Volksanwaltschaft gemäß Art. 148b Abs. 1 B VG zur Stellungnahme aufgefordertes Organ. Die Beurteilung der Richtigkeit derartiger Ausführungen obliegt alleine dem Amtshaftungsgericht bzw. der Volksanwaltschaft, denen auch die erforderlichen verfahrensrechtlichen Mittel zur Verfügung stehen. Auch wenn die Volksanwaltschaft ihr Verfahren – aus welchem Grund auch immer - ohne Feststellung eines Missstandes bzw. der Erlassung einer Empfehlung eingestellt hat, kann die Datenschutzkommission nicht an ihre Stelle treten.
Aus Sicht des datenschutzrechtlichen Richtigstellungsrechts ist es lediglich erforderlich, dass klar zum Ausdruck kommt, dass die Daten Äußerungen in einem kontradiktorischen Verfahren sind und damit der Wahrnehmung von Interessen dienen, sodass sie keinen Anspruch auf absolute Richtigkeit erheben können, sondern vielmehr erst der Prüfung der Richtigkeit durch ein anderes Organ unterliegen. Dies ist im vorliegenden Fall jedenfalls dadurch gewährleistet, dass Vorbringen und Einwendungen des Beschwerdeführers in gleicher Weise dokumentiert sind wie die von ihm beanstandeten Äußerungen. Somit sind weitere Anmerkungen nicht erforderlich.
Die Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.