JudikaturDSB

K211.593/0011-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
29. November 2005

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

E M P F E H L U N G

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Mag. PREISS und Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ sowie des Schriftführers Mag. FLENDROVSKY in ihrer Sitzung vom 29. November 2005 folgenden Beschluss gefasst:

Auf Grund der Eingabe des T in L (Einschreiter) vom 19. August 2004, gerichtet gegen den Verein H in Ö , wegen Verletzung im Recht auf Löschung bzw. Widerspruch ergeht gemäß § 30 Abs. 6 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, die folgende Empfehlung:

Der Verein H möge innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung dieser Empfehlung im Falle einer Anfrage an seine M-Datenbank nicht mehr mitteilen, dass die Auskunftserteilung über Bonitätsdaten auf Wunsch des Einschreiters unterbleibt.

B e g r ü n d u n g:

Der Einschreiter behauptet in seiner (durch Schreiben vom 25. Oktober sowie vom 21. Dezember 2004 konkretisierten) Eingabe (unter anderem) eine Verletzung im Recht auf Löschung dadurch, dass der Verein H Personen, welche über den Einschreiter in der M-Datenbank Bonitätsinformationen einholen möchten, sogenannte „Nullauskünfte“ mit dem Wortlaut „Die Firma wünscht, dass wir keine Auskünfte über sie erteilen. Aufgrund dieser Tatsache kann nicht unmittelbar auf eine verschlechterte Bonitätslage geschlossen werden.“ erteile. Diese seien jedermann für ein Entgelt von EUR 25,-- zugänglich. Der Aufforderung, den Wortlaut des Vermerks zu ändern („Es sind keine Daten vorhanden.“), habe der Verein H nicht entsprochen.

Der Verein H bestreitet diese Vorgangsweise nicht, hält sie jedoch für rechtmäßig.

Der folgende Sachverhalt wird als Grundlage der Empfehlung angenommen:

Der Verein H ist ein Verein, welcher über eine Gewerbeberechtigung als Kreditauskunftei verfügt. Er betreibt unter anderem die „M**-Datenbank“, in der sich zu zahlreichen österreichischen Unternehmen, so auch zum Einschreiter, Informationen finden. Neben der Firma und der Adresse („Firmenbasisinformation“) zählt dazu auch eine vom Verein H nach von ihm entwickelten Kriterien erstellte Bonitätsbewertung. Diese kann in verschiedener Detailliertheit von jedermann gegen Zahlung einer Gebühr abgefragt werden, wobei Voraussetzung hiefür ein „Login“ als registrierter Benutzer ist.

Der Einschreiter betreibt ein Einzelunternehmen im Finanzdienstleistungsbereich. Da er das Ergebnis seiner Bonitätsbewertung als unvollständig bzw. unrichtig erachtete, insbesondere da zwei in seinem Eigentum befindliche Eigentumswohnungen nicht eingearbeitet worden seien, forderte er den Verein H zu einer Richtigstellung auf. Da offenbar das Ergebnis nicht seinen Vorstellungen entsprach, untersagte er am 13. September 2003 dem Verein H, die über ihn in der M**-Datenbank gespeicherten Bonitätsdaten an Dritte weiterzugeben. Ein ausdrückliches Löschungsbegehren hat der Einschreiter nicht an den Verein H gerichtet.

Der Verein H kam diesem Wunsch zwar nach, seither erhalten Interessenten jedoch folgende Mitteilung: „Die Firma wünscht, dass wir keine Auskünfte über sie erteilen. Aufgrund dieser Tatsache kann nicht unmittelbar auf eine verschlechterte Bonitätslage geschlossen werden.“

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen des Einschreiters in seiner Eingabe samt Ergänzungen sowie dem Vorbringen des Vereins H in dessen Stellungnahme vom 25. April 2005.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.

§ 27 DSG 2000 gestaltet das Recht auf Löschung auf einfachgesetzlicher Ebene aus. Nach dessen Abs. 4 ist innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird.

Einen speziellen Fall des verfassungsrechtlichen Löschungsanspruches nach § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 stellt das Widerspruchsrecht des § 28 DSG 2000 dar: Abs. 2 bestimmt, dass der Betroffene gegen eine nicht gesetzlich angeordnete Aufnahme in eine öffentlich zugängliche Datei jederzeit auch ohne Begründung seines Begehrens Widerspruch erheben kann. Die Daten sind binnen acht Wochen zu löschen.

Gemäß § 30 Abs. 1 DSG kann sich jedermann wegen einer behaupteten Verletzung seiner Rechte oder ihn betreffender Pflichten eines Auftraggebers oder Dienstleisters nach diesem Bundesgesetz mit einer Eingabe an die Datenschutzkommission wenden.

Gemäß § 30 Abs. 6 DSG 2000 kann die Datenschutzkommission zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes Empfehlungen aussprechen, für deren Befolgung erforderlichenfalls eine angemessene Frist zu setzen ist. Wird einer solchen Empfehlung innerhalb der gesetzten Frist nicht entsprochen, so kann die Datenschutzkommission je nach der Art des Verstoßes von Amts wegen insbesondere

1. ein Verfahren zur Überprüfung der Registrierung gemäß § 22 Abs. 4 einleiten, oder

2. Strafanzeige nach §§ 51 oder 52 erstatten, oder

3. bei schwerwiegenden Verstößen durch Auftraggeber des privaten Bereichs Klage vor dem zuständigen Gericht gemäß § 32 Abs. 5 erheben, [...].

Die M**-Datenbank ist eine öffentlich zugängliche Datei (§ 4 Z 6 DSG 2000). Das bloße Bestehen einer Kostenpflicht für eine Abfrage sowie das Erfordernis, sich zum Nachweis der entrichteten Entgelte zu identifizieren, vermögen diese Eigenschaft nicht aufzuheben. Dies zeigt schon der Umstand, dass auch die Abfrage aus dem Grundbuch, dem Musterbeispiel einer öffentlich zugänglichen Datei (§ 7 GBG, § 6 Abs. 1 GUG), kostenpflichtig ist (vgl. TP 9 lit. d. GGG und die Anm. 15 dazu). Für die Aufnahme in die M**-Datenbank des Vereins H existiert keine gesetzliche Anordnung.

Dem Einschreiter kommt daher hinsichtlich seiner Eintragung in die M**-Datenbank das Widerspruchsrecht nach § 28 Abs. 2 DSG 2000 zu. Die vom Einschreiter begehrte „Auskunftssperre“ für seine Daten stellt gegenüber dem Löschungsanspruch ein Minus dar und steht ihm daher ebenfalls zu. Hat ein Betroffener von seinem Widerspruchsrecht nach § 28 Abs. 2 DSG 2000 zu Recht Gebrauch gemacht, hat der Auftraggeber die vom Widerspruch umfassten Daten zur Gänze zu löschen (bzw. im vorliegenden Fall zu sperren). Die „ersatzweise“ Verarbeitung und Übermittlung des Hinweises auf den Widerspruch („Wunsch“) des Betroffenen ist gesetzlich nicht vorgesehen und stellt eine Aushöhlung des auf volle Löschung (oder entsprechend dem Antrag des Betroffenen auf eine Sperrung) gerichteten Widerspruchsrechts dar. Sie ist daher nach Auffassung der Datenschutzkommission rechtswidrig. Daher war entsprechend § 30 Abs. 6 DSG 2000 dem Verein H die vorliegende Empfehlung zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes zu erteilen. Eine Frist von zwei Wochen ist angesichts des lediglich geringfügigen Änderungsbedarfs bei der Eintragung des Einschreiters für die Umsetzung angemessen. Auf die oben zitierten Rechtsfolgen des § 30 Abs. 6 DSG 2000 für den Fall der Nichtbefolgung dieser Empfehlung wird aufmerksam gemacht.

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