K121.047/0006-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. HEISSENBERGER, Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 2. August 2005 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die datenschutzrechtliche Beschwerde des Dr. Arthur Otto D*** (Beschwerdeführer), Rechtsanwalt aus C***, vertreten durch die D*** Rechtsanwalt Ges.m.b.H. in ***0 C***, ***straße **, gegen die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (Beschwerdegegnerin), vom 23. Juni 2003 (vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (UVS Vbg) zuständigkeitshalber gemäß § 6 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 10/2004, an die Datenschutzkommission weitergeleitet am 23. Mai 2005 (Posteingang)) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch Erteilung einer Auskunft aus der Kfz-Zulassungsevidenz an das Rechtsamt der Stadt Friedrichshafen, Deutschland, zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2003, wird gemäß §§ 1 Abs 1 und 2, 7 Abs 2 Z 2 und 3, 8 Abs 1 Z 1 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 13/2005 iVm § 47 Abs 2 und 2a Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) BGBl Nr 267/1967 idF BGBl I Nr 132/2002 und Art 5 Abs 1 Z 3 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen (kurz [laut Normenliste VwGH]: RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen), BGBl Nr 526/1990, und § 74 Abs 1 und 2 AVG wie folgt entschieden:
B e g r ü n d u n g:
A) Vorbringen der Beteiligten und Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein in C*** praktizierender Rechtsanwalt, richtete am 23. Juni 2003 eine Beschwerde wegen 'rechtsgrundloser Übermittlung von Zulassungsdaten im Rechtshilfeweg' an den UVS Vbg und brachte vor, die Beschwerdegegnerin habe, für ihn erkennbar geworden am 12. Mai 2003, ungeprüft ein Rechtshilfeersuchen der Stadt Friedrichshafen, Deutschland, beantwortet und seine Daten als des Zulassungsbesitzers eines nicht näher bezeichneten Kraftfahrzeugs an die dortigen städtischen Behörden für Zwecke eines deutschen Verwaltungsstrafverfahrens wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet übermittelt. Man habe ihm überdies die Einsicht in die Akten dieses Rechtshilfeverfahrens verweigert, weil es keine Akten gäbe, und solche Ersuchen stets ungeprüft beantwortet würden. Art 9 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen sehe aber eine Bagatellgrenze von ehemals ATS 350,-- vor. Da über ihn nur ein Verwarnungsgeld in Höhe von Euro 15,-- verhängt worden sei, hätte für einen solchen Betrag gar keine Amts- oder Rechtshilfe geleistet werden dürfen. Der Beschwerdeführer beantragte, der UVS Vbg möge die Auskunftserteilung für rechtswidrig erklären und seine Verletzung im Grundrecht auf Datenschutz feststellen. Weiters wurde die Durchführung einer öffentlich-mündlichen Verhandlung vor dem UVS Vbg und der Zuspruch von Kosten in Höhe von Euro 1701,87 (inkl. USt und 'vorprozessualen Kosten') beantragt.
Der UVS Vbg leitete mit Verfügung vom 24. Juni 2003, Azl. 3-*****/03/E2, das Ermittlungsverfahren ein und beraumte am 11. Juli 2003 für den 28. Juli 2003 die mündliche Verhandlung an.
Mit Gegenschrift vom 8. Juli 2003, Zl. BHBR-III-***0- 2003/0003, bestritt die Beschwerdegegnerin das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht hinsichtlich der Tatsachen, machte jedoch prozessual die Unzuständigkeit des UVS Vbg und die Zuständigkeit der Datenschutzkommission für die Sache geltend. In der Sache brachte sie vor, gemäß Art 5 Abs 1 Z 3 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen sei die Beschwerdegegnerin zur Amts- und Rechtshilfe 'durch Erteilung von Auskünften einschließlich solcher aus dem Strafregister' gegenüber deutschen Verwaltungsbehörden verpflichtet. Ein solches Ersuchen um Auskunft ('Halterauskunft') betreffend den Zulassungsbesitzer eines bestimmten Kfz sei aus Friedrichshafen übermittelt worden, man habe die entsprechenden Daten in der Zulassungsevidenz abgefragt und die ausgedruckte Auskunft schriftlich nach Friedrichshafen gesendet. Dies geschehe im kurzen Wege und ohne Protokollierung eines Aktes – es könne auch keiner vorgelegt werden, nur zwei Musterschreiben für den Datenaustausch im Rechtshilfeverkehr ohne Bezug zum Anlassfall -, da solche Auskünfte ein häufiger Routinefall seien (ca. 200 pro Tag). Art 9 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen, den der Beschwerdeführer anspreche, sei hier nicht anwendbar, da er nur von einer Wertgrenze für die Vollstreckung von öffentlichrechtlichen Geldforderungen spreche. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und den Zuspruch von Aufwandersatz in Höhe von Euro 244,-- (in der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2003 um weitere Euro 254,-- für Verhandlungsaufwand erhöht)
In einem vorbereitenden Schriftsatz zur mündlichen 'Berufungsverhandlung' (sic!) am 28. Juli 2003 behauptete der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 103 Abs 2 KFG 1967 (Lenkerauskunft durch den Zulassungsbesitzer), die Rechtshilfe durch Übermittlung von Daten ohne nähere Prüfung sei unzulässig, es sei 'hoch an der Zeit, dieser rechtswidrigen Vorgangsweise, die offensichtlich gängige Praxis sei, einen Riegel vorzuschieben.'
Der UVS Vbg führte am 28. Juli 2003 eine öffentlichmündliche Verhandlung durch und erörterte den Sachverhalt mit den Parteien. Mit Erkenntnis (Bescheid) vom 30. Juli 2003, Azl. 3-*****/03/E2, gab er der Beschwerde gemäß § 67c Abs 3 AVG keine Folge und sprach der belangten Behörde bzw. dem Bund Kosten in Höhe von Euro 457,-- zu.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Sache aber mit Beschluss vom 16. März 2005, Zl. B **36/03-05, ablehnte. Mit Bescheid vom 19. Mai 2005, Azl. 3-*****/03/E2, hob der UVS Vbg sein Erkenntnis vom 30. Juli 2003 gemäß § 68 Abs 2 AVG auf und leitete die Sache anschließend zuständigkeitshalber unter Vorlage der Akten an die Datenschutzkommission weiter.
Die Datenschutzkommission gewährte dem Beschwerdeführer zu den bereits vorliegenden Verfahrensergebnissen, aus denen sich ein hinreichend klarer Sachverhalt ergebe, nochmals Parteiengehör und hielt ihm Art 5 Abs 1 Z 3 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen, § 47 Abs 2 und 2a KFG 1967 idF BGBl I Nr 60/2003 und §§ 1 Abs 2 und 8 Abs 1 Z 1 DSG 2000 als mögliche Eingriffsnormen für die Übermittlung seiner Daten vor. Der Beschwerdeführer brachte dazu vor, im Falle des § 47 KFG 1967 müsse diese Bestimmung in ihrer Fassung vor BGBl I Nr 60/2003 zur Anwendung kommen. Der RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen sei bis heute nicht auf Eurobeträge umgestellt worden, außerdem sei er der Ansicht, dass zentral Art 9 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen anzuwenden wäre. Die Wertgrenze für Bagatellfälle wäre daher zu beachten gewesen. Der Staatsbürger könne sich, wenn solche Übermittlungsvorgänge nicht einmal dokumentiert würden, womit gegen ein 'absolutes Grundprinzip des Datenschutzes' verstoßen werde, kaum gegen diesen Eingriff in seine Rechte wehren, insbesondere da der Rechtschutz in anderen Ländern nicht dem österreichischen gleich komme. Hier hätte die Datenübermittlung nur mit Zustimmung oder zumindest Wissen des Betroffenen erfolgen dürfen. Der Beschwerdeführer wiederholte seinen Antrag, die 'Datenschutzverletzungen festzustellen'.
B) Ermittlungsverfahren und verwendete Beweismittel
Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einsicht in den Akt Aktenzahl 3-*****/03/E2 des UVS Vbg. Dem Beschwerdeführer wurde in oben angeführter Weise Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens gewährt.
C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung
Für die Datenschutzkommission steht folgender Sachverhalt fest:
Das Rechtsamt der Stadt Friedrichshafen, Deutschland, verdächtigte im Frühjahr 2003 den Lenker eines nicht näher bekannten, auf den Beschwerdeführer zugelassenen Pkw einer Verwaltungsübertretung (Überschreitung der örtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 10 km/h). Es sandte eine schriftliche Anfrage mit der Bitte um eine 'Halterauskunft' (Name und Adresse des Fahrzeughalters) an die Beschwerdegegnerin als verantwortliche kraftfahrrechtliche Zulassungsbehörde. Die Beschwerdegegnerin ließ die Daten aus der zu DVR 00058777 geführten Datenanwendung (Informationsverbundsystem) 'Zulassungsevidenz' abfragen und eine standardisierte 'Auskunft aus der Zulassungsevidenz' ausfüllen, die folgende Daten des Beschwerdeführers als 'zustellungsbevollmächtigter Zulassungsbesitzer' umfasste: Familienname, akademischer Grad, Vorname, Anschrift und Geburtsdatum. Diese Auskunft wurde per Fax oder Brief an die Stadt Friedrichshafen übermittelt. Über diesen Vorgang wurde kein Verwaltungsakt angelegt und ist kein Schriftverkehr dokumentiert.
Beweiswürdigung : Da, wie festgestellt, keine Akten vorliegen, stützt sich die Sachverhaltsfeststellung auf das glaubwürdige Vorbringen der Parteien vor dem UVS Vbg und die vorliegenden Muster für Ersuchen um Halterauskunft und Auskunft aus der Zulassungsevidenz, demnach auf den Akteninhalt zu Azl 3-*****/03/E2 des UVS Vbg. Auch das genaue Datum des Vorgangs kann bei dieser Beweislage ohne unzumutbaren Aufwand nicht mehr festgestellt werden, da dazu nur das glaubwürdige Vorbringen des Beschwerdeführers vorliegt, am 12. Mai 2003 (vermutlich nach Zustellung einer Entscheidung der Stadt Friedrichshafen, mit der über ihn ein 'Verwarnungsgeld' in Höhe von Euro 15,-- verhängt wurde) von dem Vorgang Kenntnis erlangt zu haben. Sie muss daher in den Monaten davor, also im Frühjahr 2003 stattgefunden haben.
D) rechtliche Beurteilung
1. anzuwendende Rechtsvorschriften :
Die Verfassungsbestimmungen § 1 Abs 1 und 2 DSG 2000 lauten unter der Überschrift 'Grundrecht auf Datenschutz':
'§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.'
§ 7 Abs 2 und 3 DSG 2000 lauten unter Überschrift 'Zulässigkeit der Verwendung von Daten':
'(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.'
§ 8 Abs 1 Z 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift 'Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten':
§ 8. (1) Gemäß § 1 Abs. 1 bestehende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn
1. eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung
oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten
besteht [...]'
Art 5 und Artikel 9 Abs 1 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen lauten:
'Artikel 5
(1) Die Vertragsstaaten leisten einander Amts- und Rechtshilfe durch
(2) Die Vertragsstaaten leisten einander ferner Amts- und Rechtshilfe durch die Erteilung von Auskünften und die Übersendung von Schriftstücken aus gerichtlichen Straf- und Bußgeldverfahren.'
'Artikel 9
(1) Die Vertragsstaaten leisten einander Amtshilfe durch Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen - einschließlich der in österreichischen verwaltungsbehördlichen Straferkenntnissen oder Strafverfügungen rechtskräftig verhängten Geldstrafen von mindestens dreihundertfünfzig Schilling und der von deutschen Verwaltungsbehörden rechtskräftig festgesetzten Geldbußen von mindestens fünfzig Deutsche Mark sowie der Nebenfolgen vermögensrechtlicher Art - , ferner bei der Einziehung von Urkunden, die vom ersuchenden Staat ausgestellt sind. Für die Vollstreckung gilt das Recht des ersuchten Staates. Freiheitsentzug als Strafmittel ist ausgeschlossen.'
§ 47 Abs 1, 2 und 2a KFG 1967 idF BGBl I Nr 132/2002 lauten unter der Überschrift 'Zulassungsevidenz':
'§ 47. (1) Die Behörde hat, sofern die Zulassung nicht durch Zulassungsstellen vorgenommen wird, eine Evidenz über die in ihrem örtlichen Wirkungsbereich zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeuge und Anhänger zu führen. In diese Evidenz hat sie das zugewiesene Kennzeichen, das Datum der Anmeldung, der Abmeldung, der Hinterlegung des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln, der Aufhebung oder des Erlöschens der Zulassung, bei natürlichen Personen den Namen des Zulassungsbesitzers, den akademischen Grad, das Geburtsdatum, das Geschlecht, den Beruf und die Anschrift, bei juristischen Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes den Namen oder die Firma, die Art des Betriebes und die Anschrift, im Falle einer Miete des Fahrzeuges aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch die Daten des Mieters, außerdem andere mit der Zulassung und der Beschaffenheit des Fahrzeuges zusammenhängende Daten, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben als Zulassungsbehörde erforderlich ist, aufzunehmen. Die Daten sind nach sieben Jahren ab Abmeldung, Aufhebung oder Erlöschen der Zulassung des Fahrzeuges zu löschen. Die Behörde muss die Zulassungsdaten der in ihrem örtlichen Wirkungsbereich zugelassenen oder zuzulassenden Fahrzeuge in der von der Gemeinschaftseinrichtung der zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung berechtigten Versicherer geführten Zulassungsevidenz für die Erfüllung ihrer Aufgaben als Zulassungsbehörde verwenden können.
[...]
(2) Die Behörde hat unter Berücksichtigung ihrer technischen und organisatorischen Möglichkeiten aus der im Abs. 1 angeführten Evidenz auf Anfrage bei Angabe eines diesen Möglichkeiten entsprechenden Suchkriteriums den Organen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der gesetzlichen Interessenvertretungen Auskünfte zu erteilen, soweit diese zur Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.
(2a) Die Behörde hat Privatpersonen auf Anfrage, in der das Kennzeichen, die Motornummer oder die Fahrgestellnummer angegeben und ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird, nach Maßgabe der technischen und organisatorischen Auswertungsmöglichkeiten Namen und Anschrift des Zulassungsbesitzers bekanntzugeben.'
2. Anwendung auf den Beschwerdefall :
Die Beschwerde ist zulässig, die Zuständigkeit der Datenschutzkommission gemäß §§ 1 Abs 5 und 31 Abs 2 DSG 2000 gegeben.
Artikel 9 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen findet auf den zu prüfenden Sachverhalt keine Anwendung. Der Wortlaut dieser Bestimmung spricht unmissverständlich von der Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen. Hier aber ist Grund der Übermittlung nicht die Vollstreckung einer bereits bestehenden Geld forderung – wofür zuvor irgendeine Art von öffentlich-rechtlichem Titel hätte geschaffen werden müssen – sondern ein grenzüberschreitendes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer in Deutschland begangenen Verwaltungsübertretung. Da es der Natur eines solchen Ermittlungsverfahrens entspricht, dass sein Ausgang in Bezug auf das Ob und Wie, insbesondere die Höhe einer zu verhängenden Geldstrafe – die dann eine öffentlichrechtliche Geldforderung im Sinne von Art 9 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen wäre – noch offen ist, kann hier gar keine Wertgrenze zur Anwendung kommen. Die Sache war daher nach Art 5 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen zu beurteilen.
Auch die Judikatur des VwGH zu § 103 Abs 2 KFG 1967 (Lenkerauskunft) passt auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht, da nicht einmal behauptet wurde, die Beschwerdegegnerin habe versucht, für Zwecke einer ausländischen Behörde eine Lenkererhebung – das ist die Ermittlung, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich ein Fahrzeug gelenkt hat - durchzuführen. Hier ist vielmehr eine Auskunft aus der Zulassungsevidenz gemäß § 47 KFG 1967 Gegenstand der Sache.
§ 47 Abs 2 KFG 1967 (in der, wie der Beschwerdeführer richtig angemerkt hat, im Frühjahr 2003 anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 132/2002) ermächtigt die Zulassungsbehörden – zu diesen zählt gemäß § 123 Abs 1 KFG 1967 die Beschwerdegegnerin –, Daten aus der örtlichen Zulassungsevidenz sowie – im Rahmen eines Informationsverbundsystems - Daten zu den von den in ihrem Amtssprengel tätigen, gemäß § 40a KFG 1967 beliehenen Zulassungsstellen zugelassenen Fahrzeugen in Form von Auskünften an Organe des Bundes, der Länder, Gemeinden und gesetzlichen Interessenvertretungen zu übermitteln, soweit diese Daten eine wesentliche Voraussetzung für den letzteren übertragene Aufgaben bilden. Diese Bestimmung ist eine besondere Ausformung und Erweiterung der in Art 22 B-VG grundsätzlich festgelegten Amtshilfepflicht. Im Anwendungsbereich des RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen ist deutschen Staatsorganen, die zum direkten Amts- und Rechtshilfeverkehr mit österreichischen Behörden berechtigt sind, gemäß Art 5 Abs 1 Z 3 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen in gleicher Weise gegen Glaubhaftmachung der Wesentlichkeit der Datenermittlung Auskunft aus der Zulassungsevidenz zu erteilen. Die Notwendigkeit, deutsche Behörden bei der Lenkerauskunft [Anmerkung Bearbeiter: vermutlich Redaktionsversehen, gemeint sein dürfte eine Auskunft über den Zulassungsbesitzer] österreichischen gleichzustellen, ergibt sich nicht zuletzt auch aus einem Größenschluss: Wenn bei Bescheinigung der Wesentlichkeit sogar Privatpersonen (im In- wie Ausland) gemäß § 47 Abs 2a KFG 1967 bestimmte Daten aus der Zulassungsevidenz zu übermitteln sind, können den durch RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen privilegierten deutschen Staatsorganen entsprechende Datenübermittlungen nicht verweigert werden. Die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens (Ermittlung möglicher Verdächtiger, Auskunftspersonen oder Zeugen) bildet einen tauglichen Zweck, um eine Datenübermittlung iSv § 47 Abs 2 KFG 1967 iVm Art. 5 Abs. 1 RechtshilfeAbk BRD 1990 Verwaltungssachen durchzuführen.
Die Vorgehensweise der Beschwerdegegnerin entsprach daher materiell dem Gesetz.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen. Ein Kostenersatz findet im Verfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 74 Abs 1 und 2 AVG mangels einer besonderen Anspruchsgrundlage nicht statt; der Antrag der Beschwerdegegnerin auf Zuspruch von Aufwandersatz war daher abzuweisen.
Der VwGH hat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten, Einholung einer (ausdrücklich aufgetragenen) Stellungnahme der Datenschutzkommission und Durchführung einer öffentlichmündlichen Verhandlung in dieser Sache am 27. September 2007 mit Erkenntnis vom gleichen Tag, Zl. 2006/06/0136-15, als unbegründet abgewiesen
Aus den Entscheidungsgründen des VwGH:
Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens der Datenschutzkommission, des Inhalts des angefochtenen Bescheids und des Gangs des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, führt der VwGH aus:
„Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat nach mündlicher öffentlicher Verhandlung erwogen:
Soweit die Beschwerdeausführungen dahin zu verstehen sein sollten, dass der Beschwerdeführer auch die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht, wäre hiezu der Verfassungsgerichtshof und nicht der Verwaltungsgerichtshof zuständig; im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist hierauf nicht weiter einzugehen.
Die vom Beschwerdeführer angesprochene gemeinschaftsrechtliche Problematik wurde eingehend in dem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/06/0322, das eine weitere Beschwerde des Beschwerdeführers in einer vergleichbaren Angelegenheit (behauptet rechtswidrige Übermittlung von Zulassungsdaten an eine Schweizer Behörde) zum Gegenstand hat, behandelt. Auf dieses Erkenntnis kann daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden.
In der Sache selbst hat sich die belangte Behörde unter anderem auf § 47 KFG 1967 in der Fassung gemäß BGBI. I Nr. 132/2002 gestützt. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:
“Zulassungsevidenz
§ 47. (1) Die Behörde hat, sofern die Zulassung nicht durch Zulassungsstellen vorgenommen wird, eine Evidenz über die in ihrem örtlichen Wirkungsbereich zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeuge und Anhänger zu führen. In diese Evidenz hat sie das zugewiesene Kennzeichen, das Datum der Anmeldung, der Abmeldung, der Hinterlegung des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln, der Aufhebung oder des Erlöschens der Zulassung, bei natürlichen Personen den Namen des Zulassungsbesitzers den akademischen Grad, das Geburtsdatum, das Geschlecht, den Beruf und die Anschrift, bei juristischen Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes den Namen oder die Firma, die Art des Betriebes und die Anschrift, im Falle einer Miete des Fahrzeuges aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch die Daten des Mieters, außerdem andere mit der Zulassung und der Beschaffenheit des Fahrzeuges zusammenhängende Daten, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben als Zulassungsbehörde erforderlich ist, aufzunehmen. Die Daten sind nach sieben Jahren ab Abmeldung, Aufhebung oder Erlöschen der Zulassung des Fahrzeuges zu löschen. Die Behörde muss die Zulassungsdaten der in ihrem örtlichem Wirkungsbereich zugelassenen oder zuzulassenden Fahrzeuge in der von der Gemeinschaftseinrichtung der zum Betrieb der Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung berechtigten Versicherer geführten Zulassungsevidenz für die Erfüllung ihrer Aufgaben als Zulassungsbehörde verwenden können.
(la)...
(2) Die Behörde hat unter Berücksichtigung ihrer technischen und organisatorischen Möglichkeiten aus der im Abs. 1 angeführten Evidenz auf Anfrage bei Angabe eines diesen Möglichkeiten entsprechenden Suchkriteriums den Organen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der gesetzlichen Interessenvertretungen Auskünfte zu erteilen, soweit diese zur Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.
(2a) Die Behörde hat Privatpersonen auf Anfrage, in der das Kennzeichen, die Motornummer oder die Fahrgestellnummer angegeben und ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird, nach Maßgabe der technischen und organisatorischen Auswertungsmöglichkeiten Namen und Anschrift des Zulassungsbesitzers bekanntzugeben.
(3)...
§ 86 KFG 1967 (idF BGBI. I Nr. 121/1997) lautet:
“Aberkennung des Rechtes. Kraftfahrzeuge und Anhänger
auf Grund ausländischer Zulassungsscheine zu
verwenden
§ 86. (1) Das Recht, von einem ausländischen Zulassungsschein (§ 82) Gebrauch zu machen, kann aberkannt werden, wenn
(2) Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Besitzer des Zulassungsscheines seinen Aufenthalt hat. Sie hat den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln nach der Aberkennung abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten und die Aberkennung in den Zulassungsschein einzutragen.
(3) Den Behörden der Vertragsstaaten des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 289/1982, des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 222/1955, und des Pariser Übereinkommens über den Verkehr von Kraftfahrzeugen, BGBl. Nr. 304/1930, sind auf Verlangen die notwendigen Auskünfte zur Ermittlung von Lenkern zu geben, wenn sich diese Personen wegen Übertretungen von Verkehrsvorschriften strafbar gemacht haben.“
Neben Österreich ist unter anderem auch die Bundesrepublik Deutschland Vertragsstaat des Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 289/1982 (siehe dazu BGBl. Nr. 289/1982 und BGBl. III Nr. 24/1998).
Die im Beschwerdefall insbesondere relevanten Bestimmungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, lauten:
“Artikel 1
(1) Die Vertragsstaaten leisten in öffentlich-rechtlichen Verfahren ihrer Verwaltungsbehörden, in österreichischen Verwaltungsstraf- und in deutschen Bußgeldverfahren, soweit sie nicht bei einer Justizbehörde anhängig sind, ferner in Verfahren vor den österreichischen Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den deutschen Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Maßgabe dieses Vertrags Amts- und Rechtshilfe.
(2) Amts- und Rechtshilfe nach Absatz 1 wird nicht geleistet in
(3) Bestehende Vereinbarungen der Vertragsstaaten über die Leistung von Amts- und Rechtshilfe bleiben unberührt.“
“Artikel 5
(1) Die Vertragsstaaten leisten einander Amts- und Rechtshilfe durch
(2) Die Vertragsstaaten leisten einander ferner Amts- und Rechtshilfe durch die Erteilung von Auskünften und die Übersendung von Schriftstücken aus gerichtlichen Straf- und Bußgeldverfahren.“
“Artikel 6
Ersuchen nach Artikel 5 müssen Gegenstand und Zweck des Verfahrens, in dem Amts- oder Rechtshilfe geleistet werden soll, bezeichnen und die zur Erledigung erforderlichen Angaben enthalten.“
“Artikel 9
(1) Die Vertragsstaaten leisten einander Amtshilfe durch Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen - einschließlich der in österreichischen verwaltungsbehördlichen Straferkenntnissen oder Strafverfügungen rechtskräftig verhängten Geldstrafen von mindestens dreihundertfünfzig Schilling und der von deutschen Verwaltungsbehörden rechtskräftig festgesetzten Geldbußen von mindestens fünfzig Deutsche Mark sowie der Nebenfolgen vermögensrechtlicher Art - ‚ ferner bei der Einziehung von Urkunden, die vom ersuchenden Staat ausgestellt sind. Für die Vollstreckung gilt das Recht des ersuchten Staates. Freiheitsentzug als Strafmittel ist ausgeschlossen.“
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers trifft die Beurteilung der belangten Behörde zu, dass Art. 9 Abs. 1 des Abkommens im Beschwerdefall unanwendbar ist, weil es ja nicht um die Vollstreckung eines Titels geht, sondern um die Gewährung von Rechtshilfe in einem Verwaltungsstrafverfahren. Welche Ergebnisse ein solches Verwaltungsstrafverfahren möglicherweise bringen wird, ist ja zu Beginn noch offen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang meint, es sei unvorstellbar, dass eine Behörde zunächst Rechtshilfe leiste, um eine Bestrafung zu ermöglichen, um dann anschließend bei der Vollstreckung zu erklären, für die Vollstreckung werde “aber dann keine Rechtshilfe mehr geleistet“, und es sei denkunmöglich, dem Rechtshilfeabkommen einen solchen Inhalt zu unterstellen, ist er nicht im Recht. Einerseits stellt die Erledigung eines Vollstreckungsersuchens für die ersuchte Behörde im anderen Staat einen gewissen Aufwand dar, sodass verfahrensökonomische Aspekte nicht zu vernachlässigen sind, andererseits kann der öffentlichrechtliche Titel ja auch im Inland vollstreckt werden. Der vom Beschwerdeführer behauptete logische Widerspruch ist daher nicht gegeben.
Folgerichtig sieht daher Art. 5 des Abkommens keine Wertschwelle als Zulässigkeitserfordernis für die Leistung von Rechtshilfe vor.
Art. 5 des Abkommens ist daher eine taugliche Rechtsgrundlage für die erfolgte Übermittlung von Zulassungsdaten an die ausländische Behörde, wie auch § 86 Abs. 3 KFG 1967. Dazu kann auch hier auf die näheren Ausführungen bereits im zuvor genannten Erkenntnis Zl. 2006/06/0322 zu einer vergleichbaren Problematik (Übermittlung von Zulassungsdaten an eine Schweizer Behörde) verwiesen werden, die sich sinngemäß auch auf diesen Beschwerdefall übertragen lassen. Die Bestimmung des § 103 KFG ist im Beschwerdefall nicht maßgeblich.
Soweit der Beschwerdeführer eine Datenschutzverletzung in Vernachlässigung der Aufzeichnungspflicht darin erblickt, dass die fragliche Auskunftserteilung bei der BH überhaupt nicht dokumentiert werde, ist er darauf zu verweisen, dass er in seiner zugrundeliegenden Beschwerde im Verwaltungsverfahren kein derartiges Begehren gestellt und die belangte Behörde hierüber auch nicht entschieden hat. Daher ist hierauf im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht weiter einzugehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.“
[Begründung des Kostenpunkts nicht wiedergegeben]
Am 30. Oktober 2012 stellte der Beschwerdeführer beim VwGH den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (in dieser und einer weiteren Sache).
Dieser Antrag wurde vom VwGH mit Beschluss vom 21. Dezember 2012, Zlen. 2012/17/0465 und 0466-4, zurückgewiesen .
Aus den Entscheidungsgründen des VwGH:
„1.5. Unter Berufung auf das eben erwähnte Urteil des EuGH vom 16. Oktober 2012 [Anmerkung Bearbeiter: in der Rechtssache C-614/10, Kommission gegen Österreich] begehrt der Beschwerdeführer (Antragsteller) mit seinen am 30. Oktober 2012 zur Post gegebenen, in einem Schriftsatz zusammengefassten Anträgen die Wiederaufnahme der mit den erwähnten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 2007 abgeschlossenen Beschwerdeverfahren. Nach Wiedergabe seines in den Beschwerdeverfahren erstatteten Vorbringens, einschließlich seiner Anregung der Einholung einer Vorabentscheidung, führt der Beschwerdeführer betreffend die Wiederaufnahme aus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH Unionsrecht auch die Rechtskraft von nationalen Entscheidungen durchbreche. Dies sei umso mehr dort der Fall, wo - wie in den vorliegenden Fällen - kein durch die Entscheidung begünstigter privater Rechtsträger existiere, dessen Vertrauen auf die Rechtskraft innerstaatlicher Entscheidungen zu schützen wäre. So entscheide der EuGH in seiner Rechtsprechung von Fall zu Fall, in welchen Fällen Rückwirkung in der Form eintrete, dass durch den Wegfall der anzuwenden Norm des nationalen Rechts Rückwirkung in dem Sinne eintrete, dass auch die Rechtsfolgen der seinerzeitigen Entscheidung zu beseitigen seien. Nach dem bereits erwähnten Gesichtspunkt, ob von der Entscheidung begünstigte private Rechtsträger existierten, stelle der EuGH fallweise darauf ab, ob der jeweils Betroffene seinerseits die Rechtsverletzung selbst geltend gemacht habe oder nicht. Er, der Beschwerdeführer (Antragsteller), habe in beiden Fällen vor dem Verwaltungsgerichtshof umfangreich die offenkundige Unvereinbarkeit der Organisation der Datenschutzkommission mit der Datenschutzrichtlinie geltend gemacht und jeweils eine Vorabentscheidung des EuGH beantragt. Wären diese offenkundig gebotenen Vorabentscheidungen eingeholt worden, wäre es nicht zu den Entscheidungen des "Verfassungsgerichtshofes" gekommen.
Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens "aus jedem in Betracht kommenden Rechtsgrund, allenfalls angespannt um unionsrechtlich gebotene Analogien und analoge Rechtsanwendungen, in eventu, auf Neudurchführung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wegen Wegfalls der seinerzeitigen Entscheidungsgrundlage in Folge unionsrechtlicher Verdrängung".
2.0. Die Anträge auf Wiederaufnahme erweisen sich als unzulässig.
2.1. Die Wiederaufnahme eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof wird näher in § 45 VwGG wie folgt geregelt:
"Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder
3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder
4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte oder
5. das Verfahren vor dem Gerichtshofwegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlaßten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.
(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.
(3) Über den Antrag ist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zu entscheiden.
(4) Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entschieden hatte, gilt für die Wiederaufnahme § 69 AVG sinngemäß.
(5) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist in Angelegenheiten der Verfahrenshilfe (§ 61) nicht zulässig."
Zunächst ergibt sich aus den vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichtshofes, dass die beiden, das jeweilige Verfahren beendenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes dem Beschwerdeführer (Antragsteller) jeweils am 25. Oktober 2007 zugestellt wurden. Damit erweisen sich die vorliegenden Anträge auf Wiederaufnahme im Hinblick auf die Dreijahresfrist des § 45 Abs. 2 VwGG als verspätet und waren daher zurückzuweisen.
2.2. Der Beschwerdeführer (Antragsteller) beruft sich betreffend seine Anträge auf Wiederaufnahme (zumindest auch) auf Unionsrecht. Aber auch dieses gebietet - entgegen dem vom Beschwerdeführer vertretenen Standpunkt – keine andere Beurteilung. Der EuGH hat in einer Reihe von Entscheidungen die Bedeutung der Rechtskraft betont. Entsprechend dem Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt das Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) nicht, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen, die nach Ablauf angemessener Fristen oder durch Erschöpfung des Rechtsweges bestandskräftig geworden ist (vgl. das Urteil des EuGH vom 13. Januar 2004, Rs C-453/00 Kühne Heitz, Slg. 2004, I-837, Randnr. 24). Der Gerichtshof hat jedoch anerkannt, dass in bestimmten Fällen eine Schranke für diesen Grundsatz bestehen kann. Im erwähnten Urteil Kühne Heitz hat er entschieden, dass die für den Erlass einer Verwaltungsentscheidung zuständige Behörde nach dem in Art. 10 EG verankerten Grundsatz der Zusammenarbeit verpflichtet ist, ihre Entscheidung jedenfalls dann zu überprüfen und eventuell zurückzunehmen, wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind:
1. die Behörde ist nach nationalem Recht befugt, diese Entscheidung zurückzunehmen,
2. die Entscheidung ist infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichtsbestands rechtskräftig geworden,
3. das Urteil beruht, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Abs. 3 EG erfüllt war,
4. der Betroffene hat sich, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofes erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt (vgl. auch das Urteil vom 19. September 2006 in den verbundenen Rechtssachen C-392/04 und C-422/04, i-21 Germany und Arcor, Slg. 2006, I- 8559, Randnr. 52).
Der EuGH hat in einer Reihe von weiteren Entscheidungen die Bedeutung der Rechtskraft betont. Zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege sollen nach Ausschöpfung des Rechtsweges und nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfrist unanfechtbar gewordene Entscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden. Nach dem Urteil vom 16. März 2006 in der Rechtssache C-234/04, Kapferer, Slg. 2006 I-02585, Randnr. 23 verpflichtet das Unionsrecht ein nationales Gericht nicht, von der Anwendung von Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts abzusehen und eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung zu überprüfen und aufzuheben, wenn es sich erweist, dass durch diese Entscheidung das Unionsrecht verletzt wurde.
Auch im Schrifttum wird betont, dass der EuGH den hohen Rang des Instituts der Rechtskraft bestätigt und ihr für die konkret zu entscheidende Fallgestaltung den Vorrang gegenüber der Unionsrechtskonformität nationaler Gerichtsentscheidungen zumisst. Er habe überdies außer Zweifel gestellt, dass eine unionsrechtliche Verpflichtung der nationalen Gerichte und Behörden zur Durchbrechung der Rechtskraft gerichtlicher wie auch der Bestandskraft verwaltungsbehördlicher Entscheidungen von einer ausdrücklichen Regelung in der nationalen Rechtsordnung abhängig sei (Ludwigs, Der Schutz der Rechtskraft im Gemeinschaftsrecht, ZfRV 2006/28; vgl. zum Ganzen auch den Beschluss des OGH vom 12. Juni 2012, 4 Ob 831/12b).
Aus den dargelegten Erwägungen war daher den Anträgen auf Wiederaufnahme der verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht stattzugeben.