K503.425-090/0003-DVR/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. DUSCHANEK, Dr. HEISSENBERGER, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY und Mag. PREISS sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 21. Juni 2005 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
Die Registrierung der mit Eingabe vom 28. Jänner 2005 vom Magistrat der Stadt Villach bei der Datenschutzkommission (Datenverarbeitungsregister) gemeldeten Datenanwendung „Videoüberwachung an öffentlichen Orten, an denen zu befürchten ist, dass es zu gefährlichen Angriffen gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum von Menschen kommen wird; Ermittlung personenbezogener Daten Anwesender mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe und Aufklärung strafrechtlich relevanter Sachverhalte“ wird gemäß § 20 Abs. 4 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000) abgewiesen.
Begründung
I. Mit Eingabe vom 28. Jänner 2005 wurde vom Magistrat der Stadt Villach die Datenanwendung „Videoüberwachung an öffentlichen Orten, an denen zu befürchten ist, dass es zu gefährlichen Angriffen gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum von Menschen kommen wird; Ermittlung personenbezogener Daten Anwesender mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe und Aufklärung strafrechtlich relevanter Sachverhalte“ zum Zweck der Registrierung im Datenverarbeitungsregister gemeldet.
Als „besondere Rechtsgrundlage“ führte der Magistrat der Stadt Villach die „Unterstützung der Sicherheitsbehörden bei der Vollziehung der §§ 53, 54 Abs. 5 und 6, 56 Abs. 1, 62a, 71 Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 i. d. g. F., bzw. der Verwaltungsstrafbehörden bei der Vollziehung des § 34 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 i. d. g. F., vor allem in der Funktion als Straßenverwaltung (§ 61 Kärntner Straßengesetz 1991 (K-StrG), LGBl. Nr. 72/1991 i. d. g. F.“ an.
Wie sich aus der Eingabe ergibt, ordnete der Magistrat der Stadt Villach die beabsichtigte Anwendung selbst dem „privaten Bereich“ zu. Zugleich wurde seitens des Magistrats der Stadt Villach davon ausgegangen, dass u.a. sensible und strafrechtlich relevante Daten Gegenstand der Anwendung sein würden. Weiterhin sollte die Datenanwendung automationsunterstützt erfolgen.
Als Personenkreis, der von der Datenverarbeitung im Rahmen der in Aussicht genommenen Anwendung betroffenen ist, nannte der Magistrat der Stadt Villach in der Eingabe „Personen, welche sich an einem öffentlichen Ort, der mittels Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten überwacht wird, aufgehalten haben
1. zu einem Zeitpunkt, an dem sich ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt ereignet hat, der eine Identifizierung der Personen auf der Bild- und Tonaufzeichnung notwendig macht oder
2. wenn für Zwecke der Fahndung eine Identifizierung der Personen auf der Bild- und Tonaufzeichnung notwendig ist“.
Als Datenarten, welche Gegenstand der gemeldeten Datenanwendung sein sollten, nannte der Magistrat der Stadt Villach neben „Öffentlichem Verhalten der Betroffenen, welches mittels Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten dokumentiert wird“, die „Bezeichnung des öffentlichen Ortes der Zusammenkunft zahlreicher Menschen (Postleitzahl, Gemeinde, Straße, Gasse, Platz, Nummer oder sonstige Benennung des Ortes) und das „Datum, Beginn und Ende der Bild- und Tonaufzeichnung“. Als geplante Übermittlungsempfänger führte der Meldungsleger „Sicherheitsbehörden“ (für Zwecke der Abwehr und Aufklärung gefährlicher Angriffe sowie der Fahndung nach § 24 SPG und der Strafrechtspflege), „den Rechtsschutzbeauftragten“ (für Zwecke des Rechtsschutzes gemäß § 62a SPG), „Staatsanwaltschaften“, „Gerichte“ sowie „Verwaltungsstrafbehörden“ an. Als Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung an letztere nannte der Magistrat der Stadt Villach die Bestimmung des § 57 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), in allen anderen Fällen sollte § 86 Strafprozessordnung 1975 (StPO) die gesetzliche Basis bilden.
Mittels Verbesserungsauftrag vom 10. März 2005, welcher dem Magistrat der Stadt Villach am 11. März 2005 per Telefax zugestellt wurde, wurde u. a. die Auftraggebereigenschaft des Magistrats der Stadt Villach in Bezug auf die gemeldete Datenanwendung in Frage gestellt sowie die Frage der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffes aufgeworfen. Weiters wurde der Magistrat der Stadt Villach aufgefordert, nähere Ausführungen zur technischen Durchführung der Videoüberwachung und zur Frage, welche Straßenzüge bzw. welche Plätze von der Videoüberwachung betroffen sein sollten, zu machen.
In der am 04. April 2005 im Datenverarbeitungsregister eingelangten Stellungnahme des Magistrats der Stadt Villach wurde nunmehr angeführt, dass die Videoüberwachung der öffentlichen Straßen und Plätze in Ausübung privatrechtlicher Befugnisse, welche sich aus Eigentum und Besitz ableiten, geschehe. Der Einsatz der Videoüberwachung werde als zulässiges Mittel zur Ausforschung von schadenersatzpflichtigen Verursacher/innen von Vermögensschäden (in Bezug auf Vandalenakte an Beleuchtungseinrichtungen, Bushaltestellen, Müllsammelbehältern, Kanaldeckeln oder dgl.) angesehen. In der Stellungnahme wurde außerdem erklärt, dass die gemeldete Datenanwendung doch zum öffentlichen Bereich gehöre. Weiters enthält die Stellungnahme die Beantwortung der im Verbesserungsauftrag gestellten Fragen bezüglich der technischen Umsetzung der Videoüberwachung sowie eine Liste der betroffenen Straßenzüge bzw. Plätze - einem verhältnismäßig großen Teil der Villacher Innenstadt.
II. Der Sachverhalt ergab sich aus den Angaben der vom Magistrat der Stadt Villach am 28. Jänner 2005 übermittelten Meldung, aufgrund des Verbesserungsauftrages der Datenschutzkommission (Datenverarbeitungsregister) vom 10. März 2005, sowie aufgrund der Stellungnahme des Magistrats der Stadt Villach vom 04. April 2005.
III. Dazu war rechtlich Folgendes zu erwägen:
1. Zuordnung der Datenanwendung zum „öffentlichen“ bzw. „privaten Bereich“
Gemäß § 5 Abs. 1 DSG 2000 sind Datenanwendungen dem öffentlichen Bereich im Sinne dieses Bundesgesetzes zuzurechnen, wenn sie für Zwecke eines
„Auftraggebers des öffentlichen Bereichs“ durchgeführt werden. Als letzteren definiert § 5 Abs. 2 DSG 2000 „alle Auftraggeber, 1. die in Formen des öffentlichen Rechts eingerichtet sind, insbesondere auch als Organ einer Gebietskörperschaft, oder 2. soweit sie trotz ihrer Einrichtung in Formen des Privatrechts in Vollziehung der Gesetze tätig sind.“ Alle übrigen Auftraggeber gelten demgegenüber als Auftraggeber des privaten Bereichs (§ 5 Abs. 3 DSG 2000). Die in § 5 DSG 2000 vorgenommene Abgrenzung stellt somit in allererster Linie auf die Rechtsform des Auftraggebers und nicht auf den Inhalt der Datenanwendung ab. Angesichts des Umstandes, dass der Magistrat der Stadt Villach Organ einer Gebietskörperschaft ist, sind Datenanwendungen, für die der Magistrat Auftraggeber sein will, dem öffentlichen Bereich zuzuordnen (vgl. hiezu § 4 Z 4 und § 5 DSG 2000).
2. Zur Vorfrage der Frage der Meldepflicht nach § 17 DSG 2000
2.1 Bild- und Tonaufzeichnung („Videoüberwachung“) an öffentlichen Orten als Datenanwendung im Sinne des § 4 Z 7 DSG 2000
Da in der Meldung nicht vom Einsatz von Bild übertragungs- sondern dezidiert von Bild- und Ton aufzeichnungsgeräten die Rede ist, und laut Magistrat der Stadt Villach eine Speicherung der Daten in der Dauer von ca. 2 bis 3 Wochen vorgesehen ist, wäre hier unzweifelhaft eine Ermittlung und Speicherung personenbezogener Daten und damit eine „Verarbeitung“ im Sinne des § 4 Z 9 DSG 2000 gegeben. Dass Bild- und Tonaufzeichnungen „Daten“ iSd DSG 2000 sein können, ergibt sich aus der Definition des § 4 Z 1 DSG 2000 und ausdrücklich aus Erwägungsgrund 16 der Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG.
Personenbezogene Daten liegen im Übrigen keineswegs erst dann vor, wenn es sich um Informationen handelt, die von jedermann unmittelbar einer bestimmten Person zugeordnet werden können, sondern schon dann, wenn die Betroffenen nachträglich bestimmbar sind (vgl. wieder § 4 Z 1 DSG 2000). Bestimmbarkeit bedeutet, dass ein Datum aufgrund eines oder mehrerer Merkmale letztlich einer bestimmten Person zugeordnet werden kann. Der Umstand, dass bei der Videoüberwachung mit Aufzeichnung der Daten nicht generell, sondern nur in ganz bestimmten Fällen die Identifizierung tatsächlich versucht wird, kann die Eigenschaft als „Verarbeitung mit personenbezogenen Daten“ nicht ausschließen: Die Daten sind – v.a. auch durch die zusätzlich gespeicherten Informationen „Zeitpunkt“ und „Ort“ – identifizierbar und fallen daher unter den Begriff „personenbezogen“.
2.2 Zur Anwendbarkeit von § 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 2 DSG 2000
Die Frage, ob eine Datenanwendung als solche an die Datenschutzkommission gemeldet werden muss, ist anhand der Vorschrift des § 17 DSG 2000 zu beurteilen. Danach sind alle Verarbeitungen personenbezogener Daten meldepflichtig, sofern sie nicht einem der in Abs. 2 und 3 des § 17 DSG 2000 angeführten Fälle (veröffentlichte, indirekt personenbezogene Daten usw.) zugeordnet werden können. Keiner dieser Fälle trifft auf die hier zu beurteilende Anwendung zu, weshalb Meldepflicht besteht. Zugleich liegt auch ein Fall des § 18 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 vor. Wie schon aus der Meldung hervorgeht, sollen mittels der Anwendung nämlich insbesondere „strafrechtlich relevante Sachverhalte” dokumentiert werden. Die Datenschutzkommission hatte daher im vorliegenden Fall ein Vorabkontrollverfahren gemäß § 18 Abs. 2 iVm § 20 DSG 2000 zu führen, für dessen Dauer die Aufnahme der Datenanwendung jedenfalls unzulässig war. Auf diesen Umstand wurde der Magistrat der Stadt Villach im Verbesserungsauftrag vom 10. März 2005 ausdrücklich hingewiesen.
3. Zu den Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 sind, soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
3.1. Geht man von dem in der Meldung bekannt gegebenen Zweck „ Unterstützung der Sicherheitsbehörden bei der Vollziehung der §§ 53, 54 Abs. 5 und 6, 56 Abs. 1, 62a, 71 Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 SPG “ aus, handelt es sich um behördliche Funktionen. Aus diesem Umstand ergibt sich in Verbindung mit den vorzitierten Anforderungen des § 1 Abs. 2 DSG 2000 das Erfordernis einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage für Aufnahme und Betrieb der zu prüfenden Datenanwendung.
Dazu ist festzuhalten, dass das SPG zwar an mehreren Stellen Gebietskörperschaften bestimmte „Unterstützungs“-Pflichten gegenüber dem Bundesministerium für Inneres auferlegt. So etwa im Zusammenhang mit der Ausstellung falscher Identitätsdokumente (vgl. § 54a),
im Kontext der Informationsgewinnung über Personen zwecks Abwehr gefährlicher Angriffe und für Zwecke der erweiterten Gefahrenerforschung (§ 53 Abs. 3), zur Vorbeugung und Abwehr gefährlicher Angriffe gegen die Umwelt (§ 53 Abs. 3b) oder für Zwecke der Überprüfung der Angaben eines Betroffenen in einer sog „Sicherheitserklärung“ (§ 55b Abs. 4). Genau betrachtet handelt es sich bei diesen Fällen lediglich um die Auferlegung von speziellen Auskunftspflichten gegenüber dem Bundesminister des Inneren bzw. den Sicherheitsbehörden im Einzelfall, worin letztlich eine Konkretisierung der allgemeinen Amtshilfeverpflichtung nach Art 22 B-VG gesehen werden kann. Eine permanente Zulieferung personenbezogener Daten durch eine Behörde an eine andere und dies noch dazu ohne Ersuchen ist freilich weder von Art 22 B-VG noch von den §§ 53 ff SPG gedeckt. In Ermangelung einer entsprechenden Rechtsgrundlage für die laufende Übermittlung von Daten für Zwecke der „Unterstützung“ der Sicherheitsbehörden bei der Vollziehung des SPG fehlt es daher dem Magistrat der Stadt Villach an einem legitimen Zweck für die Ermittlung der hier interessierenden Daten. Eine unmittelbare Stützung der in Aussicht genommenen Datenanwendung auf das SPG kommt nämlich schon aus Gründen der fehlenden Vollzugszuständigkeit des Magistrat der Stadt Villach nicht in Betracht (vgl. § 98 SPG). Dem Gedanken des Magistrats der Stadt Villach, eine personenbezogene Datenerhebung auf den Rechtsgrund „Unterstützung der Sicherheitsbehörden bei der Vollziehung des SPG“ stützen zu wollen, kann im Übrigen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gefolgt werden: Die Berufung von Gebietskörperschaften auf ihre „Unterstützungsfunktion“ beim Vollzug bestimmter Normen für andere Gebietskörperschaften nach dem Muster des Magistrats der Stadt Villach würde im Ergebnis nämlich zu einer willkürlichen Erweiterung der jeweils eigenen Vollzugszuständigkeiten führen. Dies wäre weder mit dem Legalitätsprinzip des Art 18 B-VG noch mit der allgemeinen Kompetenzverteilung nach den Art 10 ff B-VG vereinbar.
3.2. Neben dem Rechtsgrund der „Unterstützung der Sicherheitsbehörden bei der Vollziehung des SPG“ beruft sich der Magistrat der Stadt Villach auf jenen der „ Unterstützung der Verwaltungsstrafbehörden bei der Vollziehung des § 34 VStG “, vor allem in der Funktion als Straßenverwaltung im Sinne des § 61 Kärntner Straßengesetz 1991.
§ 34 VStG regelt die „Ausforschung“ von Verwaltungsstraftätern. Nach dieser Bestimmung hat die Verwaltungsstrafbehörde, sofern der Täter oder der Aufenthalt des Beschuldigten unbekannt ist, den Sachverhalt möglichst ins klare zu bringen und Nachforschungen nach dem Beschuldigten einzuleiten. Solche Erhebungen sind abzubrechen, sobald die weitere Verfolgung aussichtslos erscheint oder der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht.
Soweit die Vollziehung des § 34 VStG nicht der Stadt Villach als Statutarstadt und damit in ihrer Funktion als Verwaltungsstrafbehörde nach § 26 Abs. 1 VStG selbst zukommt, greifen die oben im Kontext des SPG angestellten Überlegungen zur Problematik der „Unterstützung“ anderer Behörden sinngemäß ein.
Aus dem Kärntner Straßengesetz, welches für den Fall einer Gemeindestraße von der Stadt Villach im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen ist, ergeben sich keine spezifischen Ermittlungsbefugnisse: Die Befugnis aus § 61 Abs. 1 Kärntner Straßengesetz 1991 beschränkt sich nämlich auf die Sorge für die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straßen, worunter die bauliche Errichtung, Reinigung, Reparatur, Vermietung etc sowie die Wahrnehmung und Vertretung des Straßeninteresses in Verwaltungsverfahren zu verstehen sind. Weitergehende Befugnisse können aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden. Eine Kompetenz zur „Unterstützung“ der Verwaltungsstrafbehörden (in dem oben beschriebenen permanenten Sinn) kann daher auf das Kärntner Straßengesetz nicht gestützt werden.
3.3. Als ergänzende Rechtsgrundlage dafür, dass dem Magistrat der Stadt Villach im vorliegenden Fall die Auftraggebereigenschaft im Sinne des § 4 Z 4 DSG 2000 zukommen soll, führt der Meldungsleger in seiner Stellungnahme § 24 StPO an. Darin wird bestimmt, dass die Sicherheitsbehörden, unter denen auch die Bürgermeister (Gemeindevorsteher) begriffen sind, allen Verbrechen und Vergehen, sofern sie nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten untersucht werden, nachzuforschen haben [..].
Laut § 1 SPG regelt das Sicherheitspolizeigesetz die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei. Die Besorgung der Sicherheitsverwaltung obliegt den Sicherheitsbehörden (vgl. § 2 SPG). Bürgermeister (Gemeindevorstände) können jedoch nach Auffassung der Datenschutzkommission nur dort als Sicherheitsbehörden tätig werden, wo nicht schon eine andere als Sicherheitspolizei tätige Behörde besteht (Stichwort: Kompetenzabgrenzung). Da für den Bereich der Stadt Villach die Bundespolizeidirektion Villach, nicht aber der Bürgermeister, die Aufgaben der Sicherheitsbehörde wahrzunehmen hat, kommt der Magistrat der Stadt Villach im gegebenen Fall nicht als Sicherheitsbehörde im Sinne des § 4 SPG in Betracht. Schon aus diesem Grund kann § 24 StPO hier ebenfalls nicht als geeignete Rechtsgrundlage angesehen werden.
3.4. Hinsichtlich der in der Meldung angesprochenen Datenübermittlungen an „Sicherheitsbehörden“, „den Rechtsschutzbeauftragten“, „Staatsanwaltschaften“, „Gerichte“ sowie „Verwaltungsstrafbehörden“ ist zunächst auf die Bestimmung des § 7 Abs. 2 DSG 2000 zu verweisen. Danach dürfen Daten nur übermittelt werden, wenn
1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und
2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und
3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.
Da es - wie oben dargelegt - dem Magistrat der Stadt Villach schon an der Befugnis zur Datenerhebung mittels Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten im hier interessierenden Sinne mangelt, ist das erste Kriterium des § 7 Abs. 2 DSG 2000 nicht erfüllt. Insofern bedürfte es gar keiner näheren Prüfung der in der Meldung angeführten Rechtsgrundlagen für die Übermittlung an Dritte mehr.
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass weder aus der seitens des Magistrats der Stadt Villach angeführten Bestimmung des § 57 VStG noch aus § 86 StPO eine auf den vorliegenden Fall anwendbare Übermittlungsermächtigung ableitbar ist.
§ 86 StPO berechtigt jedermann , der von einer strafbaren Handlung, die von Amts
wegen zu verfolgen ist, Kenntnis erlangt, sie anzuzeigen. Zur Annahme der Anzeige ist nicht bloß der Staatsanwalt, sondern es sind dazu auch der Untersuchungsrichter, das Bezirksgericht und die Sicherheitsbehörde verpflichtet. Aus dem systematischen Zusammenhang der Bestimmungen der StPO ergibt sich, dass diese Ermächtigung primär auf Privatpersonen anwendbar ist. Für Behörden gilt in erster Linie die speziellere Norm des § 84 StPO, wonach eine Behörde oder öffentliche Dienststelle, welcher der Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung bekannt wird, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, grundsätzlich zur Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde verpflichtet ist. Berechtigt ist ein Organwalter zusätzlich nach § 86, dies aber nur insoweit, als nicht das allfällige Interesse eines Klienten (etwa einem Opfer eines Sexualdelikts) bzw. einer Partei an der Nichtanzeige einer bestimmten strafbaren Handlung das allgemeine Strafverfolgungsinteresse überwiegt. Davon einmal abgesehen kann wiederum insbesondere im Lichte der Auslegung des Art 18 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof aus einer bloßen Anzeigeberechtigung oder Verpflichtung nicht auf eine Befugnis geschlossen werden, etwa Bild- und Tonaufzeichnungen, welche auch das Verhalten anderer Betroffener als das eines Verdächtigen beinhalten, wie dies typischerweise bei Aufzeichnungen einer Videoüberwachungsanlage im geplanten Sinne der Fall wäre, an Dritte weiterzugeben. Ebenso wenig können die zitierten Bestimmungen eine taugliche Grundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten Unbeteiligter für nicht näher determinierte „Fahndungszwecke“ bilden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für die Datenanwendung „Videoüberwachung an öffentlichen Orten, an denen zu befürchten ist, dass es zu gefährlichen Angriffen gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum von Menschen kommen wird; Ermittlung personenbezogener Daten Anwesender mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe und Aufklärung strafrechtlich relevanter Sachverhalte“ eine geeignete Rechtsgrundlage nicht namhaft gemacht werden konnte.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.