K120.956/0003-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
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[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. Maier und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. Blaha, Dr. Duschanek, Dr. Kotschy, Dr. Staudigl und Mag. Zimmer, sowie des Schriftführers Mag. Suda in ihrer Sitzung vom 20. Mai 2005 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die datenschutzrechtliche Beschwerde des Ing. Herbert Q*** aus Wien vom 24. März 2004 gegen 1. den Magistrat der Stadt Wien (Erstbeschwerdegegner), 2. die Bundespolizeidirektion Wien (Zweitbeschwerdegegnerin) und 3. den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (Drittbeschwerdegegner) wegen Verletzung im Grundrecht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch Führung unzulässiger 'Strafkarteien' über Verwaltungsstrafen, unzulässige Verwendung von Daten betreffend Verwaltungsstrafverfahren in einem Gewerberechtsverfahren und Übermittlung unrichtiger Daten in ebendiesem Verfahren wird gemäß § 31 Abs 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 13/2005 auf Grund § 1 Abs 1, 6 Abs 4 Z 4, 7 Abs 2 und 3, 8 Abs 4 Z 2 und 3 DSG 2000, §§ 95 Abs 1 und 336a Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 111/2002, §§ 19 und 55 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 137/2001 wie folgt entschieden:
B e g r ü n d u n g:
A) Vorbringen der Beteiligten
Mit Anbringen (Beschwerde) vom 24. März 2004 brachte der Beschwerdeführer vor, der Erstbeschwerdegegner (Magistratsabteilung 67) führe eine gesetzwidrige 'Datensammlung der Parkometerübertretungen' und verwende diese für Zwecke unangemessener und überhöhter Strafbemessung. Weiters würden auch die Magistratischen Bezirksämter Datensammlungen über Übertretungen des Tierhaltegesetzes führen und Daten daraus an die Gewerbebehörde übermitteln, die diese für Zwecke einer gewerberechtlichen Verlässlichkeitsprüfung verwendet und den Beschwerdeführer dadurch in seinem beruflichen Fortkommen geschädigt habe.
Von der Datenschutzkommission mit Erledigung vom 6. April 2004, GZ: K120.956/0002-DSK/2004, zur Behebung von Inhaltsmängeln aufgefordert, brachte der Beschwerdeführer (unter Angabe näherer Aktenzahlen, etc.) mit Schreiben vom 10. Mai 2004 vor, es sei gesetzwidrig, Daten zu Verwaltungsstrafen wegen Übertretung des Wiener Parkometergesetzes zu verarbeiten und diese Daten als 'Vorstrafen' im Sinne des VStG in späteren Verfahren bei der Strafbemessung erschwerend zu werten – letzteres sei durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien geschehen. Weiters habe die Zweitbeschwerdegegnerin Daten aus einem (unrichtigen) Speicherauszug betreffend Verkehrsstrafen im Rahmen einer gewerberechtlichen Verlässlichkeitsprüfung an den Erstbeschwerdegegner (als Gewerbebehörde) übermittelt, was dem Gesetz, nämlich § 365a GewO 1994, widerspreche, das die zulässigen Datenabfragen für diesen Zweck genau regle. Dadurch sei eine Verschleppung seines Gewerberechtsverfahrens eingetreten und ihm ein Schaden von etwa Euro 400.000,-- entstanden. Dies alles verletze das Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten und stelle seiner Ansicht nach keinen Einzelfall dar.
Der Erstbeschwerdegegner (Magistrat der Stadt Wien), von der Datenschutzkommission mit Erledigung vom 14. Juli 2004, GZ: K120.956/0006-DSK/2004, zur Stellungnahme aufgefordert, brachte mit Stellungnahme vom 4. August 2004, Zl. MA 62- II/32***/04, vor, der Erstbeschwerdegegner erfülle als Bezirksverwaltungsbehörde auch die Agenden der Gewerbebehörde und der allgemeinen Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz. Auf Grund der Vorschriften des VStG sei es in Verwaltungsstrafverfahren notwendig, Erschwerungs- und Milderungsgründe von Amts wegen zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen, wobei die noch nicht getilgten, einschlägigen Vorstrafen erschwerend, aber nur die vollständige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit mildernd wirke. Der Erstbeschwerdegegner sei deshalb berechtigt, entsprechende Daten zu einschlägigen Bestrafungen automationsunterstützt zu verarbeiten. Dies geschehe aber getrennt für die MA 67 (Parkometergesetz, Abgabenstrafverfahren) und die Magistratischen Bezirksämter (allgemeine Verwaltungsstrafverfahren, etwa wegen Übertretungen des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes).
Die Zweitbeschwerdegegnerin (Bundespolizeidirektion Wien) brachte mit Stellungnahme vom 22. Juli 2004, AZ: P 3***2/r/04, vor, sie sei gemäß § 336a GewO 1994 verpflichtet, bei den in § 95 GewO 1994 angeführten Gewerben bei der vorgeschriebenen Zuverlässigkeitsprüfung des Anmelders mitzuwirken. Diese Bestimmung umfasse auch eine Ermächtigung zur Ermittlung und Übermittlung entsprechender Daten. Der Beschwerdeführer habe die Ausübung des Baumeistergewerbes, das unter § 95 GewO 1994 falle, angestrebt, die Gewerbebehörde habe daher um entsprechende Überprüfung ersucht. Zahlreiche Verwaltungsübertretungen könnten wegen der daraus abzulesenden Einstellung zu den allgemein anerkennten Regeln des Zusammenlebens ein Indiz für mangelnde gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Anmelders sein. Daher habe die Zweitbeschwerdegegnerin Daten zu noch ungetilgten, rechtskräftigen oder noch anhängigen Verwaltungsstrafverfahren, die sie verarbeite, an den Magistrat der Stadt Wien als Gewerbebehörde übermittelt. Im Übrigen wäre auch die Heranziehung bereits getilgter Vorstrafen in einem gewerberechtlichen Verfahren zulässig gewesen, da das Verbot nach § 55 Abs 2 VStG sich nur auf Verwaltungsstrafverfahren beziehe (Hinweis auf VwGH Erkenntnis Zl. 97/03/0374 vom 30. Juni 1999). Die Zweitbeschwerdegegnerin habe der Gewerbebehörde lediglich Daten als Entscheidungsgrundlage zu übermitteln, die Bedenken an der Zuverlässigkeit eines Betroffenen begründen könnten. § 365a GewO 1994, den der Beschwerdeführer zitiere, betreffe Datenverwendung für Zwecke des durch die Bezirksverwaltungsbehörde zu führenden Gewerberegisters, sei auf die Zuverlässigkeitsprüfung aber nicht anzuwenden. Der Beschwerdeführer befinde sich hinsichtlich Übermittlung von Daten betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes im Irrtum. Es müsse sich um Daten des Magistrats der Stadt Wien handeln, da die Zweitbeschwerdegegnerin dafür (ebenso wie in Fragen des Wiener Parkometergesetzes) sachlich als Verwaltungsstrafbehörde nicht zuständig sei.
Der Drittbeschwerdegegner (Unabhängiger Verwaltungssenat Wien) brachte mit Stellungnahme vom 27.Juli 2004, Zl. UVS-PR 6***3/2004, vor, er verarbeite selbst keine Daten im Sinne einer Evidenz der Verwaltungsübertretungen sondern lasse die Frage einschlägiger Vorstrafen bzw. der Unbescholtenheit nur im Zuge eines Berufungsverfahrens von den Erstbehörden überprüfen und aktenmäßig dokumentieren. Sonst gebe es nur die Protokollierung der Verfahren des Drittbeschwerdegegners, in denen Daten des Beschwerdeführers als mehrfachem Berufungswerber zu finden wären.
Der Beschwerdeführer, dem zu den Stellungnahmen seiner Beschwerdegegner und den vorgelegten Unterlagen (Datenausdrucken) mit Erledigung vom 5. Oktober 2004, GZ: K120.956/0012-DSK/2004, durch die Datenschutzkommission Parteiengehör gewährt wurde, brachte in seiner Stellungnahme vom 24. Oktober 2004 vor, die Gewerbebehörde habe zur Beurteilung seiner Zuverlässigkeit auch nicht rechtskräftige und inzwischen im Berufungswege eingestellte Verwaltungsstrafverfahren herangezogen. Er vertrete weiter den Standpunkt, § 365a Abs 5 GewO 1994 lege die für Zwecke einer gewerberechtlichen Verlässlichkeitsprüfung zulässigen Datenabfragen abschließend fest, die Ermittlung von Daten zu Verwaltungsstrafverfahren sei dort nicht vorgesehen, daher unzulässig, überhaupt seien 'Strafkarteien' zum Zwecke der Evidenthaltung von Verwaltungsstrafen gesetzwidrig. Weiters seien verschiedene der bei den Beschwerdegegnern verarbeiteten Daten fehlerhaft, manche Verfahren inzwischen eingestellt und Daten auf sein Verlangen hin gelöscht worden. Es blieben insgesamt zwei Vormerkungen von insgesamt sechs bei der Zweitbeschwerdegegnerin übrig, die minimale Verkehrsübertretungen betreffen würden. Da diese keine Übertretungen im Sinne von §§ 81 bis 84 SPG betreffen würden, dürften sie auch nicht in die gemäß § 60 SPG zu führende Verwaltungsstrafevidenz aufgenommen werden. Überdies würden von allen Beschwerdegegnern, insbesondere der Erst- und Zweitbeschwerdegegnerin, Daten übermäßig lange und damit gesetzwidrig verarbeitet. Daten betreffend getilgte Verwaltungsübertretungen dürften nicht für Zwecke gewerberechtlicher Verlässlichkeitsprüfungen herangezogen werden.
Weiteres Vorbringen des Beschwerdeführers beschäftigt sich weitschweifig mit Fragen der Strafbemessung durch den Drittbeschwerdegegner (UVS Wien), der Wertung von Erschwerungs- und Milderungsgründen und der Vereinbarkeit des Wiener Parkometergesetzes mit bundesrechtlichen Gebührenvorschriften, und ist für das vorliegende datenschutzrechtliche Beschwerdeverfahren ohne Bedeutung.
B) Ermittlungsverfahren und verwendete Beweismittel
Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer (Beschwerde vom 24. März 2004 und Stellungnahme vom 24. Oktober 2004) vorgelegten Unterlagen und Urkundenkopien, in die von den Beschwerdegegnern vorgelegten Unterlagen (Datenausdrucke) und Urkundenkopien, sowie durch Einholung der unter Punkt A) bereits zitierten Stellungnahmen der Beschwerdegegner.
Dem Beschwerdeführer wurde zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, so weit sie nicht von ihm selbst stammen, Parteiengehör eingeräumt; er hat dazu die ebenfalls unter A) bereits zitierte Stellungnahme vom 24. Oktober 2004 abgegeben.
C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung
Für die Datenschutzkommission steht folgender Sachverhalt fest:
Betreffend den Beschwerdeführer wurde im Zuge einer von ihm Ende 2002 eingebrachten Gewerbeanmeldung des reglementierten Baumeistergewerbes (eingeschränkt auf Maurermeistertätigkeit) durch den Magistrat der Stadt Wien als Bezirksverwaltungsbehörde eine Verlässlichkeitsprüfung gemäß § 95 GewO 1994 durchgeführt. Die Bundespolizeidirektion wurde um Mitwirkung ersucht. Mit Erledigung vom 14. März 2003, AZ: Rh 6***/03, teilte das Polizeikommissariat O*** der Magistratsabteilung 63 unter Anführung der Aktenzahlen, der übertretenen Strafnormen (allesamt aus der StVO und dem KFG), der Strafhöhe und des Verfahrensstands, mit, es bestünden sechs 'Vormerkungen im Verwaltungsstrafregister', diese 'könnten' die 'zur Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit in Zweifel ziehen'. Eine der an den Erstbeschwerdegegner übermittelten Vormerkungen (Zl. S34***/D/98 betreffend Übertretung der StVO und des KFG) betraf ein Verfahren, das hinsichtlich des Beschwerdeführers bereits im Frühjahr 1997 eingestellt worden war (gegen seinen namensgleichen und an der selben Adresse lebenden Sohn aber bis zur Einstellung durch den UVS weiter geführt wurde). Diese Vormerkung wurde nach schriftlichem Löschungsbegehren des Beschwerdeführers vom 27. Juni 2003 durch die Zweitbeschwerdegegnerin vor dem 24. Juli 2003 gelöscht. Eine weitere Vormerkung, nämlich S 11***/Mg/02, betraf ein Verwaltungsstrafverfahren, das am 11. Jänner 2003 vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien im Berufungswege eingestellt wurde. Diese Vormerkung wurde nach schriftlichem Löschungsbegehren des Beschwerdeführers vom 1. August 2003 durch die Zweitbeschwerdegegnerin vor dem 5. September 2003 gelöscht.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen gründen sich auf eigenes Vorbringen des Beschwerdeführers sowie auf die vom Beschwerdeführer als Beilage zum Schreiben vom 10. Mai 2004 vorgelegte Kopie der zitierten Erledigung der Zweitbeschwerdegegnerin. Die Feststellung betreffend die Einstellung des Verfahrens S34***/D/98 stützen sich auf die vom Beschwerdeführer als Beilagen zu Stellungnahme vom 14 Oktober 2004 vorgelegten Unterlagen und Urkundenkopien, insbesondere sein eigenes, unwidersprochen gebliebenes Vorbringen und die Löschungsmitteilungen der Zweitbeschwerdegegnerin vom 24. Juli und 5. September 2003, jeweils AZ: P 40***1/r/03.
Eine weitere Vormerkung aus der 'Datei für verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen der Bundespolizeidirektion Wien', DVR: 0003506, die nicht an die Gewerbebehörde übermittelt wurde, wurde auf Grund des Löschungsbegehrens des Beschwerdeführers vom 1. August 2003 laut Mitteilung der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. September 2003, AZ: P 40***1/r/03, wegen erfolgter Tilgung gelöscht (Aktenzahl: S80***/B/97).
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf das zitierte Schreiben der Zweitbeschwerdegegnerin, vorgelegt vom Beschwerdeführer als Beilage zu seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2004.
Der Magistrat der Stadt Wien verarbeitet unter DVR: 0000191 als Bezirksverwaltungsbehörde und damit (allgemeine) Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz Daten betreffend Strafverfahren und erfolgte Bestrafungen des Beschwerdeführers nach dem Parkometergesetz, LGBl Nr 47/1974 idF LGBl Nr 28/2000, iVm der Parkometerabgabeverordnung, LGBl Nr 53/1995 idF LGBl Nr 17/2001, und nach dem Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz, LGBl Nr 39/1987 idF LGBl Nr 32/2002. Intern nach der Geschäftseinteilung des Magistrates der Stadt Wien ist zuständig für Strafverfahren betreffend Parkometerabgabe die Magistratsabteilung 67 (Parkraumüberwachung), für Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der tierhalterechtlichen Vorschriften das örtlich zuständige Magistratische Bezirksamt.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf die vom Erstbeschwerdegegner als Beilagen zur Stellungnahme vom 4. August 2004, Zl. MA 62-II/32***/04, vorgelegten Datenausdrucke sowie auf die mit Amtsblatt der Stadt Wien 2004/29A kundgemachte Geschäftseinteilung für den Magistrat der Stadt Wien vom 15. Juni 2004.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ermittelt und verwendet Daten betreffend Verwaltungsstrafen des Beschwerdeführers nur im Rahmen der Sachverhaltsermittlung für Zwecke der vom Beschwerdeführer anhängig gemachten Berufungsverfahren. Selbst verarbeitet der Drittbeschwerdegegner nur Protokolldaten zur Aktenführung und Aktenverwaltung solcher Berufungsverfahren.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf die glaubwürdige Darstellung des Drittbeschwerdegegners.
D) rechtliche Beurteilung
1. anzuwendende Rechtsvorschriften :
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift 'Grundrecht auf Datenschutz':
'§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.'
§ 6 Abs 1 Z 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift 'Grundsätze':
'§ 6. (1) Daten dürfen nur
[..]
4. so verwendet werden, daß sie im Hinblick auf den Verwendungszweck im Ergebnis sachlich richtig und, wenn nötig, auf den neuesten Stand gebracht sind;'
§ 7 Abs 2 und 3 DSG 2000 lauten unter der Überschrift 'Zulässigkeit der Verwendung von Daten':
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.'
§ 8 Abs 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift 'Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten':
'(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
§ 19 VStG lautet unter der Überschrift 'Strafbemessung':
'§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen
hat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.'
§ 33 Z 1 und 2 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl Nr 60/1974 idF BGBl Nr 762/1996, lauten unter der Überschrift 'Besondere Erschwerungsgründe':
§ 33. Ein Erschwerungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter
§ 55 VStG lautet unter der Überschrift 'Tilgung der Strafe'
'§ 55. (1) Ein wegen einer Verwaltungsübertretung verhängtes Straferkenntnis zieht, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, keinerlei Straffolgen nach sich und gilt nach Ablauf von fünf Jahren nach Fällung des Straferkenntnisses als getilgt.
(2) Getilgte Verwaltungsstrafen dürfen in amtlichen Leumundszeugnissen oder Auskünften für Zwecke eines Strafverfahrens nicht erwähnt und bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren nicht berücksichtigt werden.'
§ 95 Abs 1 GewO 1994 idF BGBl I Nr 111/2002 lautet unter der Überschrift 'Überprüfung der Zuverlässigkeit':
§ 95. (1) Bei den im § 94 Z 5 [Anmerkung: betrifft das Baumeistergewerbe], 10, 16, 18, 25, 32, 36, 56, 62, 65, 75, 80 und 82 angeführten Gewerben ist von der Behörde zu überprüfen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechts um die Gewerbeberechtigung bewirbt, die im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit (§ 87 Abs. 1 Z 3) besitzen. Mit der Gewerbeausübung darf der Anmelder erst mit der Rechtskraft des Bescheides gemäß § 340 beginnen.'
§ 336a GewO 1994 idF BGBl I Nr 111/2002 lautet:
'§ 336a. (1) Die Bezirksverwaltungsbehörden, in Orten, in denen Bundespolizeidirektionen bestehen, diese, haben als Sicherheitsbehörden bei den im § 95 angeführten Gewerben bei der in dieser Bestimmung vorgeschriebenen Überprüfung der Zuverlässigkeit mitzuwirken. In Fällen, in denen dieses Bundesgesetz eine Mitwirkung des Bundesministers für Inneres oder der Sicherheitsdirektion im Verfahren zur Erlangung einer Gewerbeberechtigung vorsieht (§§ 107 Abs. 5, 132 Abs. 1, 141 Abs. 1 und 148), obliegt diesen Behörden auch die Mitwirkung an der Feststellung der erforderlichen Zuverlässigkeit.
(2) Die Behörden gemäß Abs. 1, die auf Grund dieses Bundesgesetzes die Zuverlässigkeit einer Person sicherheitspolizeilich zu überprüfen haben, sind ermächtigt, die personenbezogenen Daten, die sie bei der Vollziehung von Bundes- oder Landesgesetzen über diese Person ermittelt haben, zu verarbeiten und Daten, die Bedenken an der Zuverlässigkeit des Betroffenen begründen, in den Fällen des Abs. 1 der Gewerbebehörde mitzuteilen.'
2. Anwendung auf den Beschwerdefall :
a) Allgemeines, keine 'Allzuständigkeit' der DSK unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes
Die Datenschutzkommission verweist zunächst auf ihre Entscheidungspraxis (vgl. insbesondere den Bescheid vom 28. Februar 2003, GZ: K120.806/002-DSK/2003; veröffentlicht, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/), wonach datenschutzrechtliche Beschwerden nicht geeignet sind, in der Sache vor andere Behörden gehörende Rechtsfragen (wie die Zulässigkeit einer Bestrafung oder die Frage der Wertung der Ergebnisse eines Verwaltungsverfahrens durch andere Behörden) neuerlich prüfen zu lassen. Die Datenschutzkommission vertrat im oben zitierten Bescheid zu dieser Frage (Gegenstand war die Frage, welche Auskünfte eine Behörde im Zuge eines Ermittlungsverfahrens betreffend Vertrauenswürdigkeit vom Betroffenen verlangen darf) folgende Rechtsansicht:
'Die Datenschutzkommission ist nicht zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Vertrauensprüfung berufen. Das Beschwerdebegehren, der zuständigen
Behörde die Ermittlung von Daten oder Verwendung von Beweismitteln zu verbieten, die sie zur Feststellung eines von ihr zu ermittelnden Sachverhalts zu benötigen glaubt, würde bewirken, dass die Datenschutzkommission - zumindest teilweise - an die Stelle der sachlich zuständigen Behörde tritt und im Umwege über den Abspruch über die Zulässigkeit von Sachverhaltsermittlungen eine sachliche Allzuständigkeit arrogiert.
Dass dies angesichts des Grundsatzes der festen Zuständigkeitsverteilung zwischen staatlichen Organen und dem Grundrecht auf ein Verfahren vor dem
gesetzlichen Richter nicht zulässig sein kann, ist evident.
Die Datenschutzkommission geht daher davon aus, dass ihre Zuständigkeit zur Beurteilung der Zulässigkeit der Datenermittlung in Verwaltungsverfahren auf das Übermaßverbot beschränkt ist: Wenn es denkmöglich ist, dass die von einer in der Sache zuständigen Behörde ermittelten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind, ist die Zulässigkeit der Ermittlung aus datenschutzrechtlicher Sicht gegeben. Die Inanspruchnahme einer tiefergehenden Beurteilung der Eignung der von der sachlich zuständigen Behörde
gewählten Ermittlungsschritte würde einen Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der ermittelnden Behörde bewirken, der gegen das aus dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter abzuleitende Prinzip der präzisen Abgrenzung der Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien (VfSlg 3156, 8349), in exakter (VfSlg 9937, 10.311) und eindeutigen Weise
(VfSlg 11.288, 13.029, 13.816) verstößt.'
Eine Überprüfung der Verwendung von Daten betreffend ein (Verwaltungs ) Strafverfahren durch die Datenschutzkommission dahin gehend, dass die Datenschutzkommission über die Richtigkeit der Daten im Sinne der Rechtmäßigkeit der erfolgten Bestrafung entscheiden soll, ist ebenso ausgeschlossen. Auch in der Frage der Notwendigkeit der Ermittlung bestimmter Daten für Zwecke eines bestimmten verwaltungsbehördlichen Verfahrens muss sich die Datenschutzkommission an die oben ausgedrückten Grundsätze halten. Sollte etwa eine Verwaltungsstrafbehörde in Folge unrichtig verarbeiteter Daten zu einschlägigen Vorstrafen rechtsirrig auf das Vorliegen eines Erschwerungsgrundes geschlossen haben, so muss dies im Wege der Berufung gegen das Straferkenntnis und letztlich im Wege einer höchstgerichtlichen Beschwerde geltend gemacht werden. Zwar kann die Löschung oder Richtigstellung in einer Datei verarbeiteter Daten in dem Verfahren gemäß §§ 27 und 31 Abs 2 DSG 2000 durch die Datenschutzkommission durchgesetzt werden, doch hat dies nur eine indirekte und keinesfalls unmittelbare und zwingende Wirkung auf ein Verwaltungsstrafverfahren. Nur im Sinne der Entscheidungspraxis (vgl. etwa den Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. September 2001, GZ: K120.705/010-DSK/2001; veröffentlicht, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/) eindeutig überschießende, weil für den Zweck des durchgeführten Verfahrens (hier: gewerberechtliche Zuverlässigkeitsprüfung) keinesfalls wesentliche sowie unrichtige Daten (siehe unten D) 2.d) am Ende) dürfen nicht ermittelt bzw. der sachlich zuständigen Behörde nicht übermittelt werden, da dies in das Grundrecht auf Geheimhaltung eingreifen würde.
b) Allgemeines, Führung von behördlichen Verwaltungsstrafevidenzen, Zulässigkeit
Insoweit der Beschwerdeführer die Zulässigkeit der Führung von 'Strafkarteien' durch die Verwaltungsstrafbehörden grundsätzlich in Frage stellt, trifft seine Ansicht nicht zu. Zwar fehlt, ausgenommen in Teilbereichen, wie der durch § 60 SPG geregelten Evidenz verschiedener sicherheitspolizeilicher Verwaltungsübertretungen, eine ausdrückliche und detaillierte Regelung über die Führung solcher Dateien. Doch aus der Vorschrift des § 19 Abs 2 VStG, wonach die Strafbemessungsregeln der §§ 32 bis 35 StGB, insbesondere § 33 Z 2 StGB, im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß anzuwenden sind, ergibt sich, dass jede einschlägige Vorstrafe als Erschwerungsgrund, Unbescholtenheit hingegen als Milderungsgrund zu werten ist. Dies setzt die Ermittlung von Daten zu einschlägigen Vorstrafen aus Evidenzen, die dem (gerichtlichen) Strafregister gemäß § 1 Strafregistergesetz 1968, BGBl Nr 277/1968 idF BGBl I Nr 151/2004, an Inhalt und Zuverlässigkeit gleichkommen müssen, zwingend voraus. Datenschutzrechtlich ergibt sich die Zulässigkeit der Verwendung solcher Daten aus § 8 Abs 4 Z 2 und 3 DSG 2000. Die Verwaltungsstrafbehörden erster Instanz sind daher grundsätzlich – und auch über § 60 SPG hinaus – berechtigt, Daten zu rechtskräftigen Verwaltungsstrafen selbst zu verarbeiten und solche Daten für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens aus den Dateien anderer Verwaltungsstrafbehörden zu ermitteln, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt wird.
Die Führung von Verwaltungsstrafevidenzen durch die Erst- und Zweitbeschwerdegegner (Parkometergesetz, Straßenverkehrsrecht, Tierhalterecht) ist somit dem Grunde nach zulässig und der Beschwerdeführer dadurch in keinem Recht nach dem DSG 2000 verletzt.
c) Unrichtigkeit von Verwaltungsstrafevidenzen, Anwendbarkeit des Löschungsrechts
Der Beschwerdeführer hat dargelegt, dass die Zweitbeschwerdegegnerin (Bundespolizeidirektion Wien) von März 2003 bis September 2003 unrichtige Daten zu gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahren verarbeitet hat. Dies wurde durch Löschungsbegehren gemäß § 27 Abs 1 Z 2 DSG 2000 vom Beschwerdeführer auch erfolgreich geltend gemacht und war daher nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.
d) Verwendung von Daten betreffend Verwaltungsstrafverfahren im Rahmen einer Verlässlichkeitsprüfung :
Aus § 336a Abs 2 GewO 1994 ergibt sich, dass die Zweitbeschwerdegegnerin (Bundespolizeidirektion Wien) auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung im Sinne von § 8 Abs 4 Z 2 DSG 2000 grundsätzlich berechtigt war, an den Erstbeschwerdegegner im Zuge einer gewerberechtlichen Verlässlichkeitsprüfung Daten betreffend Verwaltungsstrafverfahren des Beschwerdeführers zu übermitteln.
Keine der Verwaltungsstrafen, die in der Erledigung der Zweitbeschwerdegegnerin AZ: Rh 60***/03 vom 14. März 2003 angeführt sind, war in diesem Zeitpunkt bereits getilgt, worauf die Zweitbeschwerdegegnerin auch zutreffend hinweist.
Gegen die Übermittlung von Daten betreffend anhängige Verwaltungsstrafverfahren bestehen im Zusammenhang mit einer gewerberechtlichen Verlässlichkeitsprüfung also keine grundsätzlichen Bedenken, doch ist darauf hinzuweisen, dass dies in jedem Fall eine Pflicht nach sich zieht, jede Änderung der Sachlage (z.B. Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens durch den UVS, kassatorische Behebung eines Straferkenntnisses) unverzüglich an den Empfänger der Mitteilung gemäß § 336a Abs 2 GewO 1994 zu übermitteln, um diesem stets ein vollständiges und richtiges Bild der für die Verlässlichkeitsprüfung entscheidenden Tatsachen zu vermitteln. Diese Pflicht ergibt sich aus § 6 Abs 1 Z 4 DSG 2000.
Im Beschwerdefall waren aus genau diesem Grund zwei der Datensätze zum Zeitpunkt der Übermittlung (14. März 2003) unrichtig bzw. unvollständig. Wie festgestellt, waren die Strafverfahren Zlen S34***/D/98 und S 11***/Mg/02 zu diesem Zeitpunkt bereits eingestellt. Durch die Übermittlung von Daten über bereits eingestellte Verfahren an den Erstbeschwerdegegner als Gewerbebehörde hat die Zweitbeschwerdegegnerin gegen § 6 Abs 1 Z 4 DSG 2000 – das Gebot, Daten stets sachlich richtig und auf dem neuesten Stand zu verwenden – verstoßen, die Datenverwendung war daher gemäß § 7 Abs 3 DSG 2000 unzulässig, und es wurde der Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt, da Grundsätze der Datenverwendung bei einem – ansonsten zulässigen – Eingriff missachtet wurden.
e) kein begründetes Vorbringen hinsichtlich UVS Wien
Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Drittbeschwerdegegners (UVS Wien) ist ganz allgemein eine Unzufriedenheit mit dessen Entscheidungen abzulesen. Für solche 'Beschwerden' ist die Datenschutzkommission aber nicht zuständig. Wie festgestellt, führt der Drittbeschwerdegegner keine eigene Evidenz der verhängten Verwaltungsstrafen, sondern werden solche Evidenzen nur von den Erstbehörden geführt. Gegen die Verarbeitung von Daten zu anhängigen Berufungsverfahren des Beschwerdeführers bestehen keine Bedenken.
f) Resümee
Die Beschwerde erweist sich somit hinsichtlich der Zweitbeschwerdegegnerin als teilweise berechtigt, im Übrigen war sie aber, insbesondere auch hinsichtlich Erst- und Drittbeschwerdegegner, als unbegründet abzuweisen.
Mit Erkenntnis vom 12. Oktober 2010, Zl. 2008/05/0048-5, hat der VwGH die gegen diesen Bescheid (Spruchpunkt 2.) erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen .
Aus den Entscheidungsgründen des VwGH:
Nach Darstellung des Verfahrensgangs vor der Datenschutzkommission und des Inhalts des angefochtenen Bescheids hat der VwGH erwogen:
„Zu der von der belangten Behörde abgelehnten “Allzuständigkeit“ bringt der Beschwerdeführer vor, eine Einschränkung der Prüfungskompetenz sei im DSG nicht enthalten; die belangte Behörde dürfe ihre Prüfungskompetenz nicht aus Praktikabilitätsgründen einschränken. Aus den §§ 1, 31, 34 und 35 DSG ergebe sich eine Allzuständigkeit der belangten Behörde.
§ 1 Abs. 2 DSG verpflichte die belangte Behörde zu prüfen, ob die auftragende Behörde die Daten wirklich benötigt, weil nur so die Zulässigkeit des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK beurteilt werden könne. Der Beschwerdeführer habe mit seiner Datenschutzbeschwerde nicht die Abänderung von Entscheidungen anderer Behörden erreichen wollen, sondern lediglich Rechtsschutz gegen Verstöße gegen das DSG angestrebt.
Daten über gerichtliche oder verwaltungsbehördlich strafbare Daten seien besonders schutzwürdig und dürften nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 DSG verwendet werden, wobei der zweite Satz des § 1 Abs. 2 DSG zusätzliche Voraussetzungen nenne. § 19 VStG stelle keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Führung einer Verwaltungsstrafevidenz dar. Da im Gegensatz zu gerichtlich strafbaren Handlungen durch das Strafregistergesetz hier keine ausdrückliche gesetzliche Regelung bestehe, habe der Gesetzgeber eine Sammlung und Registrierung von Entscheidungen über Verwaltungsdelikte bewusst nicht zugelassen. Auch die in § 57 SPG taxativ aufgezählten Voraussetzungen seien beim Beschwerdeführer nicht erfüllt.
Zur Verlässlichkeitsprüfung nach § 95 Gewerbeordnung führt der Beschwerdeführer aus, die Mitwirkungspflicht der Sicherheitsbehörde beziehe sich lediglich auf Tatsachen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von Bedeutung sein können. Die Zuverlässigkeit sei anhand der Entziehungsgründe zu beurteilen; dafür kämen bestimmte schwer wiegende Verstöße, aber auch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften in Betracht. Davon seien Übertretungen nach der StVO und dem KFG nicht erfasst; sie stünden in keinem Zusammenhang mit dem Baumeistergewerbe. Indem die belangte Behörde trotzdem die Übermittlung solcher Daten zugelassen habe, habe sie den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt. Auch bezüglich der Datenübermittlung durch den Magistrat wegen Übertretung nach dem Wiener Tierhaltegesetz fehle jegliche gesetzliche Grundlage.
Hinsichtlich der Datenverwendung durch den UVS rügt der Beschwerdeführer, dass die MA 67 zur Übermittlung von Daten betreffend Übertretungen nach dem Parkometergesetz nicht berechtigt gewesen sei, weil es dafür an einer Rechtsgrundlage mangle. Weiters beanstandet der Beschwerdeführer eine Datenverwendung durch den UVS infolge Datenübermittlung durch andere Abteilungen des UVS. Der UVS lasse “Entscheidungen in die Beweiswürdigung anderer Verfahren einfließen, die noch nicht rechtskräftig abgeschlossen wurden“. Diese Weitergabe erfolge ohne gesetzliche Ermächtigung; die belangte Behörde hätte festzustellen gehabt, dass diese Daten zu löschen seien und keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung hätten. Dies sei nicht erfolgt; weshalb auch insofern eine Verletzung des Beschwerdeführers im Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten bestehe.
Gemäß § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
§ 1 Abs. 2 DSG lautet:
“(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“
Die Daten, um die es hier geht, sind keine “sensiblen Daten“ (“besonders schutzwürdige Daten“) im Sinne des § 4 Z. 2 DSG (das wären Daten natürlicher Personen über ihre rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, Gewerkschaftszugehörigkeit, religiöse oder philosophische Überzeugung, Gesundheit oder ihr Sexualleben). In § 4 DSG werden u. a. folgende Begriffe definiert:
“8. ‘Verwenden von Daten‘: jede Art der Handhabung von Daten einer Datenanwendung, also sowohl das Verarbeiten (Z 9) als auch das Übermitteln (Z 12) von Daten;
9. ‘Verarbeiten von Daten‘: das Ermitteln, Erfassen, Speichern, Aufbewahren, Ordnen, Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, Vervielfältigen, Abfragen, Ausgeben, Benützen, Überlassen (Z 11), Sperren, Löschen, Vernichten oder jede andere Art der Handhabung von Daten einer Datenanwendung durch den Auftraggeber oder Dienstleister mit Ausnahme des Übermittelns (Z 12) von Daten;
10. ‘Ermitteln von Daten‘: das Erheben von Daten in der Absicht, sie in einer Datenanwendung zu verwenden;
11. ‘Überlassen von Daten‘: die Weitergabe von Daten vom Auftraggeber an einen Dienstleister;
12. ‘Übermitteln von Daten‘: die Weitergabe von Daten einer Datenanwendung an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen solcher Daten; darüber hinaus auch die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers;
Die Zulässigkeit der Verwendung von Daten richtet sich nach § 7 DSG; diese Bestimmung lautet:
"§ 7.
(1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, dass die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfugung stehenden Mitteln erfolgen und dass die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.
§ 8 DSG, der die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nicht-sensibler Daten bestimmt, lautet auszugsweise:
“(1) Gemäß § 1 Abs. 1 bestehende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn
(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
§ 31 DSG regelt die hier erhobene Beschwerde an die Datenschutzkommission. Dessen Absätze 1 und 2 lauten:
“(1) Die Datenschutzkommission erkennt auf Antrag des Betroffenen über behauptete Verletzungen des Rechtes auf Auskunft gemäß § 26 durch den Auftraggeber einer Datenanwendung, soweit sich das Auskunftsbegehren nicht auf die Verwendung von Daten für Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.“
Der Beschwerdeführer hat seine Administrativbeschwerde gegen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs gerichtet, die nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig sind, nämlich gegen den Magistrat der Stadt Wien, die Bundespolizeidirektion Wien und den UVS Wien. Die belangte Behörde hatte zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung in Bezug auf die hier gegenständlichen, allesamt “personenbezogenen“ Daten verletzt ist.
§ 8 DSG nennt die Voraussetzungen, unter denen bei nichtsensiblen Daten eine Verletzung schutzwürdiger Interessen nicht anzunehmen ist. Nach dessen Abs. 4 liegt eine solche Verletzung nur dann nicht vor, wenn für die Verwendung von Daten über verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung solcher Daten besteht (Z. 1) oder die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber des öffentlichen Bereiches eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe ist (Z. 2). Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er, wie offenbar der Beschwerdeführer meint, den Ausschluss nach § 8 Abs. 4 Z. 2 DSG durch § 1 Abs. 2 erster Satz DSG unter einem außer Kraft setzen wollte. Vielmehr ist bei Vorliegen der in den § 7 ff genannten Umstände, also auch nach § 8 Abs. 4 Z. 2 DSG, keine Verletzung von schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen im Sinne des § 1 Abs. 1 DSG gegeben, sodass sich die Frage des Eingriffsvorbehalts nach § 1 Abs. 2 DSG gar nicht stellt.
Die hier erfolgte Verarbeitung von Daten durch den Magistrat der Stadt Wien und die Bundespolizeidirektion Wien wird mit § 19 VStG im Zusammenhang mit § 8 Abs. 4 Z. 1 und 2 DSG gerechtfertigt. § 19 VStG beinhaltet zwar keine ausdrückliche Ermächtigung im Sinne des § 8 Abs. 4 Z. 1 VStG [Anmerkung Bearbeiter: gemeint wohl: DSG 2000], die Datensammlung zur Ermittlung der Strafzumessungsgründe ist aber eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung der den Verwaltungsstrafbehörden gesetzlich übertragenen Aufgaben (Z. 2 leg. cit.). Nur durch die Sammlung solcher Daten ist in rechtsstaatlich gesicherter Form die Wahrnehmung der diesbezüglichen Aufgaben der Strafzumessung möglich. Da somit die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen (§ 8 Abs. 4 DSG) des Beschwerdeführers nicht verletzt wurden und Zweck und Inhalt der Datenanwendung von der gesetzlichen Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gedeckt war, ist die Verarbeitung dieser Daten auch im Sinne des § 7 Abs. 1 DSG zulässig.
Die belangte Behörde stützt die Zulässigkeit der Verwendung der hier noch gegenständlichen Daten der Bundespolizeidirektion Wien im Sinne des § 8 Abs. 4 Z. 1 DSG auf die ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung in § 336a GewO.
Diese Bestimmung lautet:
“§ 336a.
(1) Die Bezirksverwaltungsbehörden in Orten, in denen Bundespolizeidirektionen bestehen, diese, haben als Sicherheitsbehörden bei den im § 95 angeführten Gewerben bei der in dieser Bestimmung vorgeschriebenen Überprüfung der Zuverlässigkeit mitzuwirken. In Fällen, in denen dieses Bundesgesetz eine Mitwirkung des Bundesministers für Inneres oder der Sicherheitsdirektion im Verfahren zur Erlangung einer Gewerbeberechtigung vorsieht (§§ 107 Abs. 5, 132 Abs. 1, 141 Abs. 1 und 148), obliegt diesen Behörden auch die Mitwirkung an der Feststellung der erforderlichen Zuverlässigkeit.
(2) Die Behörden gemäß Abs. 1, die auf Grund dieses Bundesgesetzes die Zuverlässigkeit einer Person sicherheitspolizeilich zu überprüfen haben, sind ermächtigt, die personenbezogenen Daten, die sie bei der Vollziehung von Bundes- oder Landesgesetzen über diese Person ermittelt haben, zu verarbeiten und Daten, die Bedenken an der Zuverlässigkeit des Betroffenen begründen, in den Fällen des Abs. 1 der Gewerbebehörde mitzuteilen.“
Es ist jener Aufgabenteilung zu folgen, wie sie Grabler-Stolzlechner-Wendl , Kommentar zur GewO, 2. Aufl, Randzahl 5 zu § 336a, vornehmen: Den Sicherheitsbehörden obliegen die Erhebung und Überprüfung von Tatsachen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der jeweiligen Person von Bedeutung sein können; hingegen obliegt die Beurteilung selbst, ob die erhobenen Tatsachen solche sind, die als schwer wiegende Verstöße im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO bewertet werden können und folglich die erforderliche Zuverlässigkeit ausschließen, der zuständigen Gewerbebehörde. Die Gewichtung der hier gegebenen Verstöße nach der StVO, dem KFG und dem Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz obliegt somit allein der Gewerbebehörde; im Allgemeinen sind begangene Verwaltungsübertretungen nicht ungeeignet, Bedenken an der Zuverlässigkeit des Betroffenen zu begründen, sodass im Sinne des § 336a Abs. 2 GewO die (noch gegenständlichen) Mitteilungen gerechtfertigt waren.
Da durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers nicht verletzt wurden, und durch § 336a GewO eine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit des Empfängers der Daten
fest steht, war auch die Übermittlung der Daten an die Gewerbebehörde im Sinne des § 7 Abs. 2 GewO zulässig.
Durch die Führung eines Einlaufprotokolls verarbeitet der UVS Wien Daten; dass er Daten auch übermitteln würde, ist nicht hervorgekommen. Neu ist die Behauptung des Beschwerdeführers, es erfolge eine “Datenübermittlung durch andere Abteilungen des UVS“; diesbezüglich ist der Beschwerdeführer auf das aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot zu verweisen. Da die Berücksichtigung von Aktenstücken unter den in § 51 i VStG genannten Voraussetzungen im Berufungsverfahren vorgesehen ist, besteht gegen die Verarbeitung der von anderen Behörden (zu Recht, s. o.) übermittelten Daten über Vorstrafen keine Bedenken. Eine Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung durch den UVS Wien liegt somit nicht vor.
Somit wurde im noch gegenständlichen Umfang in das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Recht auf Geheimhaltung nicht eingegriffen; die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.“
[Begründung des Kostenpunkts nicht wiedergegeben]