K120.884/0003-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. Maier und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. Staudigl, Mag. Hutterer, Dr. Kotschy, Dr. Rosenmayr-Klemenz und Mag. Zimmer, sowie des Schriftführers Mag. Suda in ihrer Sitzung vom 22. April 2005 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
Über die Beschwerde des August L*** (Beschwerdeführer) aus M*** vom 4. August 2003 gegen das Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch Anführung des Namens und des Geburtsdatums sowie der Adresse des Beschwerdeführers in dem an die Anzeigelegerin Rosalie B*** gerichteten Schreiben vom 18. Juli 2002 im Zuge eines gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahrens nach § 104 Abs. 3 Z 24 und § 104 Abs. 1 Z 5 des Telekommunikationsgesetzes (TKG), wird gemäß §§ 1 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z. 4 und Abs. 2, und 31 Abs. 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr.165/1999 idF BGBl I Nr. 136/2001, wie folgt entschieden:
- Die Beschwerde wird abgewiesen.
A) Vorbringen der Beteiligten
Mit Eingabe vom 4. August 2003 brachte der Beschwerdeführer vor, der Beschwerdegegner, das Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten, habe im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen ihn wegen Übertretung des § 101 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl I Nr 100/1997 idF BGBl I Nr 32/2002, der Anzeigelegerin rechtswidrig schriftlich auf ihn als Beschuldigten des Verwaltungsstrafverfahrens bezogene Daten übermittelt und dadurch sein Recht auf Geheimhaltung verletzt.
Von der Datenschutzkommission zur Stellungnahme aufgefordert, bestritt der Beschwerdegegner nicht, im Verwaltungsstrafverfahren Zl. 1***26-JD/02 ein Schreiben an die Anzeigenlegerin, Frau Rosalie B***, gesendet zu haben, in dessen Betreff Name, Geburtsdatum, das vom Beschwerdeführer geleitete und vertretene Unternehmen sowie dessen Geschäftsadresse angeführt wurden. Dies sei allerdings im Zuge einer Aufforderung zur Vorlage weiterer Beweismittel (aktive Rufdatenerfassung) geschehen. Darüber hinaus sei es auch notwendig gewesen, die Anzeigerin mit der Rechtfertigung des Beschwerdeführers zu konfrontieren, um ihr die Überprüfung des Sachverhalts (behauptete Abgabe einer Zustimmungserklärung zum Empfang von SMS-Werbung) zu ermöglichen. Im Übrigen seien Daten wie Name, Geschäftsadresse und Geburtsdatum des Beschwerdeführers auch über die RTR Ges.m.b.H. als Regulierungsbehörde bzw. aus dem Firmenbuch zu erfahren und daher nicht schutzwürdig.
B) Ermittlungsverfahren und Beweismittel :
Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer und vom Beschwerdegegner vorgelegten Urkundenkopien (insbesondere Kopien aus dem Akt Zl 1***26- JD/02 des Beschwerdegegners). Dem Beschwerdeführer wurde zu den nicht von ihm selbst stammenden Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt (GZ: K120.884/004-DSK/2003 vom 16. Oktober 2003). Er hat dazu keine weitere Stellungnahme abgegeben.
C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung :
Es wird folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der zu FN *8**27a handelsgerichtlich protokollierten Zweigniederlassung der Gesellschaft 'Inter*** Callcentre Ltd.' mit Sitz in Malta. Sein Name, sein Geburtsdatum sowie seine Funktion als Geschäftsführer sind dem Firmenbuch zu entnehmen. Gegenstand des von dieser Gesellschaft in Österreich betriebenen Unternehmens ist die 'Erbringung von Telefondienstleistungen'.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den vom Beschwerdeführer selbst als Beilage zur Beschwerde vom 4. August 2003 vorgelegten Aktenkopien zu Zl. 1***26-JD/02, darin enthalten ein Ausdruck mit Firmenbuchdaten.
Der Beschwerdeführer wurde verdächtigt, als Geschäftsführer für Übertretungen von § 101 TKG (unverlangt zugesendete Werbung per SMS für die Dienste seines Unternehmens) verantwortlich zu sein. So erstattete am 17. Mai 2002 Frau Rosalie B***, Anzeige beim Beschwerdegegner wegen mehrfachen Erhalts von SMS, in denen sie zu Anrufen bei Mehrwertrufnummern der Inter*** Callcentre Ltd. aufgefordert wurde.
Der Beschwerdegegner leitete als zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung von §§ 75 Abs 1 Z 2, 101 TKG ein und ermittelte zunächst von der UTA Telekom AG die Inter*** Callcentre Ltd. als Inhaberin der fraglichen Mehrwertrufnummern und forderte sodann den Beschwerdeführer als Verantwortlichen der Zweigniederlassung der Inter*** Callcentre Ltd. mit Erledigung vom 26. Juni 2002, Zl 10**95- JD/02, zur Rechtfertigung auf. Der Beschwerdeführer rechtfertigte sich im Schreiben vom 8. Juli 2002 damit, dass die Empfängernummern der fraglichen SMS in einer internen Liste von Rufnummern verzeichnet wären, deren Nutzer die Dienste der Inter*** Callcentre Ltd. bereits in Anspruch genommen und ausdrücklich ihr Einverständnis zum Erhalt von Nachrichten per SMS erklärt hätten. Dies sei am 20. März 2002 geschehen.
Der Beschwerdegegner ersuchte darauf hin mit Erledigung vom 18. Juli 2002, GZ 1***26-JD/02, die Anzeigelegerin auf, durch eine aktive Rufdatenerfassung zu überprüfen, ob von dem fraglichen Mobilfunkanschluss aus am 20. März 2002 bei Mehrwertnummern angerufen worden sei, und das Ergebnis mitzuteilen. Im Betreff dieses Schreibens der Beschwerdegegnerin werden folgende Daten des Beschwerdeführers genannt:
'L*** August, geb. *1.*.19** (Fa. Inter*** Callcentre Ltd.) ***gasse **, **** M***'.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der vom Beschwerdeführer als Beilage zur Beschwerde vom 4. August 2003 vorgelegten Kopien aus dem Verwaltungsstrafakt des Beschwerdegegners, insbesondere die speziell zitierten Aktenstücke.
D) Rechtliche Beurteilung :
Gemäß § 1 Abs 1 DSG 2000 hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind. Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind gemäß § 1 Abs 2 DSG 2000 Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art 8 Abs 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
Nach § 8 Abs 1 Z 4 DSG 2000 sind schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nicht sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern. Gemäß § 8 Abs 2 DSG 2000 gelten bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt.
Gemäß § 8 Abs 3 Z 1 DSG 2000 sind schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen aus dem Grunde des § 8 Abs 1 Z 4 DSG 2000 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist.
Gemäß § 8 Abs 4 Z 2 DSG 2000 verstößt die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinterssen des Betroffenen, wenn die Verwendung derartiger Daten für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist.
Gemäß § 19 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 117/2003, hat die Behörde in einer Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind.
Diese Bestimmung ist gemäß § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 117/2003, auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.
D) 1. zur Frage des Namens des Beschwerdeführers :
Mit Erledigung vom 18. Juli 2002 hat der Beschwerdegegner im Zuge des Ermittlungsverfahrens Frau B*** als Anzeigelegerin ersucht, eine aktive Rufdatenerfassung zum Nachweis über ein von ihrem Anschluss geführtes Telefongespräch zu einer Mehrwertnummer des Inter*** Callcentre Ltd. und der dabei erteilten Zustimmung zur Zusendung der den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens bildenden SMS-Nachrichten durchführen zu lassen und das Ergebnis schriftlich vorzulegen.
Auch wenn es sich bei diesem Schreiben um keine Ladung sondern lediglich um eine Aufforderung zur Urkundenvorlage handelt, war für das Fernmeldebüro die Anführung des Namens des Beschwerdeführers als Gegenstand der Amtshandlung nach der Lage des Falles zumindest zulässig, wenn nicht sogar geboten, ist doch die Bekanntgabe des Grundes für das behördliche Tätigwerden an die Person, an die die Behörde herantritt, Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens. Als Maßstab für den Umfang der Bekanntgabe des Verfahrensgegenstandes ist auch für Aufträge zur Urkundenvorlage § 19 Abs. 2 AVG heranzuziehen (vgl. zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 19 Abs 2 AVG zum Zweck von Urkundenvorlagen Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht 7. Aufl (1999), Rz 337). Ein anderes Vorgehen, etwa die bloße Angabe der von der Inter*** Callcentre Ltd. verwendeten Mehrwertrufnummern kann nicht als ausreichende Bezeichnung des 'Gegenstandes der Amtshandlung' im Sinn von § 19 Abs 2 AVG angesehen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient diese Vorschrift nämlich dazu, den Adressaten darüber in eindeutiger Weise in Kenntnis zu setzen, sodass er nicht darauf angewiesen ist, auf Grund anderer Angaben im behördlichen Schreiben Vermutungen darüber anzustellen oder gar Erhebungen dazu zu führen, was Gegenstand der Amtshandlung sein könnte (vgl. das Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2002/11/0336). Dies wäre durch die bloße Nennung einer Telefonnummer keinesfalls gewährleistet. Vielmehr muss deutlich zum Ausdruck kommen, dass es sich um ein Verwaltungsstrafverfahren handelt, und ist es in einem solchen zwecks eindeutiger Bezeichnung des Verfahrensgegenstandes auch als erforderlich anzusehen, den Namen des Beschuldigten zu nennen.
Somit steht die Nennung des Namens des Beschwerdeführers im Schreiben vom 18. Juli 2002 an Frau B*** mit den verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften im Einklang.
Auch wenn mangels ausdrücklicher Bezugnahme des § 19 Abs 2 AVG auf bloße Aufträge zur Urkundenvorlage vom Vorliegen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung oder Verpflichtung (§ 8 Abs 1 Z 1 DSG 2000) nicht ausgegangen werden kann, so ist doch auf Grund der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden Verpflichtung der Behörde zur umfassenden Information des Adressaten, auch wenn es sich 'nur' um einen Auftrag zur Urkundenvorlage handelt, jedenfalls von überwiegenden berechtigten Interessen der Behörde (gesetzlicher Auftrag zur effizienten Strafverfolgung) sowie des Adressaten (an der Kenntnis der Ursache für das behördliche Herantreten an ihn) auszugehen, sodass gemäß § 8 Abs 1 Z 4 iVm Abs 3 Z 1 und Abs 4 Z 2 DSG 2000 die Verwendung dieser Daten für den Beschwerdegegner eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe war, und ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Beschwerdeführers dadurch nicht verletzt worden ist.
Dazu kommt, dass die Notwendigkeit dieses Ermittlungsschritts auch vom Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen das Straferkenntnis des Beschwerdegegners ausdrücklich bestätigt wurde.
D) 2. zu den weiteren Daten des Beschwerdeführers :
Erkennt man aber die Anführung des Namens als rechtmäßig, so kann im vorliegenden Fall auch durch die Nennung von Geburtsdatum und Adresse in der Erledigung vom 18. Juli 2002 eine Rechtsverletzung nicht erblickt werden, da diese Daten ebenfalls zur eindeutigen Bezeichnung des Verfahrensgegenstandes dienen. Dazu kommt, dass diese Daten nämlich bei Kenntnis des Namens des Beschwerdeführers dem elektronischen Telefonbuch (einheitliches Gesamtverzeichnis:
§§ 19, 26, 92 Abs 1 Z 3 und 96 des im beschwerderelevanten Zeitraum noch geltenden Telekommunikationsgesetzes, BGBl I Nr 100/1997) bzw. dem Firmenbuch (vgl. § 34 Abs 1 Firmenbuchgesetz, BGBl Nr 10/1991) zu entnehmen, und somit als allgemein zugänglich anzusehen sind, sodass ein schutzwürdiges Interesse an einer Geheimhaltung dieser Daten nach dem zweiten Satz des § 1 Abs 1 DSG 2000 iVm § 8 Abs 2 DSG 2000 nicht gegeben ist.
Die angegebene Firma und die Firmenadresse stellen nicht ausschließlich Daten des Beschwerdeführers da, sondern bezeichnen das durch ihn als Geschäftsführer vertretene Unternehmen und dessen Firmenadresse.
Im Übrigen sei auch noch auf § 6 Abs. 1 Z 2 des E-Commerce-Gesetzes (ECG), BGBl I Nr. 152/2001, hingewiesen, wonach ein Diensteanbieter – im Beschwerdefall also die Inter*** Callcentre Ltd. - dafür zu sorgen hat, dass eine kommerzielle Kommunikation, die Bestandteil eines Dienstes der Informationsgesellschaft ist oder einen solchen Dienst darstellt, die natürliche oder juristische Personen, die die kommerzielle Kommunikation in Auftrag gegeben hat, erkennen lässt. Bei Einhaltung dieser Vorschrift hätte daher der Anzeiger schon auf diese Weise über die Inter*** Callcentre Ltd. und das Firmenbuch den Namen und das Geburtsdatum des Beschwerdeführers als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlichen Person ermitteln können.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.