K120.817/0005-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. DUSCHANEK, Dr. HEISSENBERGER, Dr. KOTSCHY und Mag. ZIMMER sowie der Schriftführer Dr. KÖNIG und Fr. HAAS in ihrer Sitzung vom 1. März 2005 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
Über die Beschwerde von Univ. Prof. Dr.med. Gottfried C*** aus A*** (Beschwerdeführer), vertreten durch H***, N*** E***, Rechtsanwälte in A*** und T***, ***0 A***, P***straße *4*, vom 15. Mai 2002 gegen die Universität A*** (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch Übermittlung der Höhe des von ihm für Nutzung der Universitätseinrichtungen für private Nebentätigkeiten im Jahr 2000 geleisteten Entgelts an die H*** Zeitschriften und Verlags Ges.m.b.H. an einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt zwischen 16. Jänner 2001 und 25. April 2002 wird gemäß §§ 1 Abs 1, 7 Abs 2, 8 Abs 3 Z 6 und 31 Abs 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001, wie folgt entschieden:
Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass die Universität A*** Herrn Univ. Prof. Dr.med. Gottfried C*** dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt hat, dass zwischen dem 16. Jänner und dem 25. April 2002 personenbezogene Daten des Beschwerdeführers nämlich
A) Vorbringen der Beteiligten
In seiner am 15. Mai 2002 eingebrachten Beschwerde behauptete der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer, durch Handlungen von zwei namentlich bezeichneten Organwaltern der Beschwerdegegnerin, nämlich der beiden damals amtierenden Vizerektoren Otto D*** und Anton R***, in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt worden zu sein. Die beiden genannten Vizerektoren hätten in Interviews mit der Zeitschrift 'H***' den Betrag von ATS 810.000,05 (entspricht Euro 58.865,00) [Anmerkung Bearbeiter:
ATS-Betrag geändert] offen gelegt, den der Beschwerdeführer im Jahr 2000 für die Inanspruchnahme von Bundesmitteln und Bundespersonal an die Beschwerdegegnerin abgeführt habe. Dieser Betrag sei auch unter Nennung des Namens des Beschwerdeführers in der Ausgabe vom 25. April 2002 der Zeitschrift 'H***' veröffentlicht worden. Dabei handle es sich um schutzwürdige personenbezogene Daten im Sinne des § 1 DSG 2000, und die Übermittlung sei unrechtmäßig und ohne sachlichen Grund erfolgt. Der Beschwerdeführer beantragte die Feststellung dieser Rechtsverletzung durch die Datenschutzkommission.
Diese Beschwerde ist – ausgehend vom Zeitpunkt der möglichen Kenntnisnahme des Beschwerdegegenstandes durch den Beschwerdeführer (Ausgabe der Zeitschrift vom 25.4.2002) rechtzeitig eingebracht worden (§ 34 Abs. 1 DSG 2000).
Die Beschwerdegegnerin bestritt nach Aufforderung durch die Datenschutzkommission in der schriftlichen Stellungnahme vom 15. Juli 2002, GZ *4**4/*3-02, das Beschwerdevorbringen und brachte Folgendes vor: Es sei richtig, dass die beiden Vizerektoren Stellungnahmen gegenüber der Zeitschrift 'H***' abgegeben hätten. Die in der entsprechenden Ausgabe als Ausschnitt wiedergegebene Tabelle mit den Daten (unter anderem) des Beschwerdeführers könnte dem Augenschein nach allerdings (nur) aus einer Sitzungsunterlage stammen, die sämtlichen Mitgliedern des Senates, des Beirats sowie etlichen Verwaltungsbediensteten der Beschwerdegegnerin übermittelt worden bzw. zugänglich gewesen sei. Hingegen hätten die angesprochenen Vizerektoren schriftlich versichert, keine konkreten Daten an den Verlag der Zeitschrift 'H***' oder an für dieses Medium tätige Journalisten übermittelt zu haben. Der Kreis der möglichen Urheber der Datenübermittlung sei nämlich deutlich größer. Wie dies geschehen sei, und ob dabei Daten aus Datenanwendungen der Beschwerdegegnerin (DVR Nr 0***9*7) verwendet worden seien, sei aus der Sicht der Beschwerdegegnerin nicht nachzuvollziehen, aber dies sei gegebenenfalls nicht durch Organe der Beschwerdegegnerin geschehen. Es liege daher keine Rechtsverletzung seitens der Beschwerdegegnerin vor.
B) verwendete Beweismittel
Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer und von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Urkunden(kopien) und sonstigen Unterlagen, insbesondere die Kopie des Artikels 'Nebenjob Professor' aus der Zeitschrift 'H***', Ausgabe 05/2002, die schriftlichen Stellungnahmen des Vizerektors Univ. Prof. Anton R*** und des Vizerektors Univ. Prof. Dr. Otto D*** , beide vom 20. Juni 2002, die schriftliche Stellungnahme der H*** Zeitschriften und Verlags Ges.m.b.H. vom 20. Juni 2002, die schriftliche Stellungnahme des Vizerektors Univ. Prof. Dr. Rudolf T*** vom 20. Juni 2002 den Bericht des Vizerektors für Budget und Ressourcen an den Senat vom 16. Jänner 2001 (zur Sitzung am 25. Jänner 2001) samt Beilage 'Kostenersatz-Einzahler Jahr 2000', die schriftliche Stellungnahme des Senatsvorsitzenden Univ. Prof. Dr. Friedrich B*** vom 27. Juni 2002, GZ SE **/*8- 02 und den E-Mailwechsel zwischen dem Sachbearbeiter der Datenschutzkommission, Mag. Andreas E***, und Mag. Erwin W*** am 23. Juli 2002, Blg. zu GZ: K120.817/006-DSK/2002, weiters durch Einsichtnahme in das Datenverarbeitungsregister (DVR: 0***9*7) sowie durch die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 15. Juli 2002, GZ *4**4/*3-02.
Dem Beschwerdeführer wurde, soweit die Beweismittel nicht von ihm selbst stammen, zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt. Er hat zu den Verfahrensergebnissen keine Stellungnahme abgegeben.
C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung
Die Datenschutzkommission stellt folgenden Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer war im Beschwerdezeitpunkt als Universitätsprofessor und Vorstand des Instituts für **** der medizinischen Fakultät der Universität A*** tätig (nunmehr nach Ausgliederung der medizinischen Fakultät tätig als Bereichsleiter *** am 'Institut für *** der medizinischen Universität A***').
Die Monatszeitschrift 'H***', verlegt bei der H*** Zeitschriften und Verlags Ges.m.b.H. in A***, veröffentlichte in der am 25. April 2002 erschienenen Ausgabe 05/2002 auf Seite 84ff einen von Dr. Oskar S*** verfassten Artikel mit dem Titel 'Nebenjob Professor', der sich kritisch mit den außerunversitären Nebentätigkeiten von Universitätslehrern und der Nutzung universitärer Einrichtungen für private Tätigkeiten (etwa Sachverständigengutachten) auseinandersetzt. Neben anderen Angehörigen des Lehrkörpers der Beschwerdegegnerin wurde im Text (Seite 85) und in einer Tabelle (Seite 86) auch der Beschwerdeführer erwähnt. Dies unter Angabe seines Familiennamens, seiner Stellung an der Universität und Angabe eines Betrags von ATS 810.000,05 (wörtlich im Text: 'knapp 59.000 Euro') [Anmerkung Bearbeiter:
ATS-Betrag geändert], den der Beschwerdeführer im Jahr 2000 an die Beschwerdeführerin als Entgelt für die Benützung ihrer Einrichtungen und ihres Personals für private Aufgaben geleistet haben soll.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen gründen sich auf glaubwürdige Angaben des Beschwerdeführers selbst, allgemein bekannte Tatsachen (berufliche Stellung des Beschwerdeführers) und den zitierten Zeitschriftenartikel, vom Beschwerdeführer in Kopie vorgelegt als Beilage zu seiner Beschwerde vom 15. Mai 2002.
Der auf Seite 86 abgedruckte Ausschnitt aus einer Tabelle mit der bereits erwähnten Zahl '810.000,05' stammt aus der Beilage zum '11. Bericht des Vizerektors für Budget und Ressourcen an den Senat', erstellt am 16. Jänner 2001 von Mag. Erwin W*** für Univ. Prof. Dr. Rudolf T***, Vizerektor für Budget und Ressourcen der Universität A***, und verteilt vor der Senatssitzung am 25. Jänner 2001 an die Mitglieder und Ersatzmitglieder dieses Gremiums (Postversand sowie Tischvorlage). Die für diese Tabelle verwendeten Daten stammen aus der Datenanwendung 'Finanzbuchführung des Bundes, Neben- und Hilfsverrechnung sowie Betriebsverrechnung', laufende Nr. C.5. zu DVR: 0***9*7 (Auftraggeber laut DVR: Universität A*** – Universitätsdirektion).
Beweiswürdigung: Die Schlussfolgerung, dass es sich bei den in der Zeitschrift 'H***' wiedergegebenen Daten um eine Faksimile-Abbildung der fraglichen Tabelle handelt, wurde nach einem sorgfältigen Augenscheinsvergleich gezogen. Sowohl Inhalt (Namen und Daten) wie Aussehen, Schriftbild und Layout (etwa die Zentrierung der Zahlen in der entsprechenden Spalte der Tabelle) lassen jeden anderen Schluss als völlig unwahrscheinlich erscheinen. Die Angaben zur Herkunft der Daten stützen sich auf die Angaben des Erstellers der Beilage zum Bericht des Vizerektors, Mag. Erwin W*** (E-Mailwechsel mit dem Sachbearbeiter der Datenschutzkommission, Beilage zu
GZ: K120.817/006-DSK/2002) sowie auf das Datenverarbeitungsregister (Stand: 23. Juli 2002, Registerauszug als Beilage zu K120.817/006-DSK/2002 beim Akt). Die Angaben zu Erstellung und Verteilung der Datentabelle stützen sich auch auf die Stellungnahme von Univ. Prof. Dr. Rudolf T*** vom 20. Juni 2002, Beilage zu GZ: K120.817/006- DSK/2002.
Der Verursacher der Datenübermittlung kann nicht mehr festgestellt werden. Die Daten waren in der übermittelten Form (Tabelle) ab dem 17. Jänner 2001 allen Mitgliedern des Senats der Universität A***, den Mitgliedern des Beirats des Vizerektors für Budget und Ressourcen sowie etlichen Bediensteten der Universitätsverwaltung zugänglich, insgesamt mehr als fünfzig aber weniger als hundert Personen. Es steht aber fest, dass die Daten aus diesem Personenkreis an den Verlag der Zeitschrift 'H***' übermittelt worden sind.
Beweiswürdigung: Diese Feststellung folgt der schriftlichen Darstellung von Univ. Prof. Dr. Otto D***, im Beschwerdezeitpunkt Vizerektor für Evaluation der Universität A***, an den Rektor vom 20. Juni 2002, Beilage zu GZ: K120.817/006-DSK/2002. Der von der Beschwerdegegnerin ebenfalls um Stellungnahme ersuchte Verfasser des fraglichen Artikels, Dr. Oskar S***, bestritt in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 20. Juni 2002, ebenfalls vorliegende als
Beilage zu GZ: K120.817/006-DSK/2002, gleichlautend, dass die veröffentlichten Daten von Prof. Otto D*** oder Prof. Anton R*** stammten, berief sich aber zur Herkunft der Daten auf das Redaktionsgeheimnis gemäß § 31 Mediengesetz, sodass etwa eine Ladung dieses Journalisten als Zeuge als aussichtslos unterbleiben konnte. Im fraglichen Artikel wird die Sache zwar so dargestellt, als würde Prof. D*** auf die Zahlen dieser Tabelle reagieren, doch kann dies nur so verstanden werden, dass sie ihm von Dr. S*** als bereits vorliegendes Material vorgehalten und er dazu als Mitglied des so genannten 'Rektorenteams' befragt wurde. Das im ersten Halbjahr 2002 geltende Universitäts-Organisationsgesetz 1993 (UOG 1993), BGBl Nr 805/1993 idF BGB I Nr 13/2001, überließ die Festsetzung der genauen Zahl von Kollegialorgansmitgliedern den Universitäten zur autonomen Regelung in der Satzung (§ 7 Abs 2 Z 3 UOG 1993). Der Senat einer Universität besteht derzeit gemäß § 25 Abs 2 Universitätsgesetz 2002, BGBl I Nr 120/2002, aus höchstens 24 Mitgliedern plus Ersatzmitgliedern. Wenn man weiters in Rechnung stellt, dass noch die Mitglieder beratender Gremien und Universitätsmitarbeiter aus der Verwaltung Zugang zu den Daten hatten, scheint die von Prof. D*** angegebene Zahl von 'knapp an die 100 Personen' nicht als zu hoch gegriffen und plausibel. Fest steht aber, dass eine große Zahl von Universitätsangehörigen verschiedener Funktionen Zugang zu diesen Daten hatte.
D) rechtliche Beurteilung
1. anzuwendende Rechtsvorschriften:
Die Verfassungsbestimmungen § 1 Abs 1 und 2 DSG 2000 lauten unter der Überschrift 'Grundrecht auf Datenschutz':
'§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.'
§ 7 Abs 2 und 3 DSG 2000 lauten unter der Überschrift 'Zulässigkeit der Verwendung von Daten':
'(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und
2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und
3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.'
§ 8 Abs 1 bis 3 DSG 2000 lauten unter der Überschrift 'Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten':
'§ 8. (1) Gemäß § 1 Abs. 1 bestehende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn
1. eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten besteht oder
2. der Betroffene der Verwendung seiner Daten zugestimmt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten bewirkt, oder
3. lebenswichtige Interessen des Betroffenen die Verwendung erfordern oder
4. überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern.
(2) Bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten gelten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt. Das Recht, gegen die Verwendung solcher Daten gemäß § 28 Widerspruch zu erheben, bleibt unberührt.
(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten
1. für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder
2. durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Erfüllung der Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht oder
3. zur Wahrung lebenswichtiger Interessen eines Dritten erforderlich ist oder
4. zur Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zwischen Auftraggeber und Betroffenem erforderlich ist oder
5. zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen des Auftraggebers vor einer Behörde notwendig ist und die Daten rechtmäßig ermittelt wurden oder
6. ausschließlich die Ausübung einer öffentlichen Funktion durch den Betroffenen zum Gegenstand hat.'
2. Anwendung dieser Bestimmungen im Beschwerdefall:
a) Der Beschwerdegegnerin zuzurechnender Eingriff
Im Beschwerdefall wurde festgestellt, dass automationsunterstützt von der Beschwerdegegnerin als Auftraggeberin verarbeitete Daten des Beschwerdeführers (wenn auch in veränderter Formatierung und Zusammenstellung) an ein Medienunternehmen bzw. dessen journalistischen Mitarbeiter übermittelt worden sind. Es finden daher alle Bestimmungen des DSG 2000 im Beschwerdefall Anwendung. Wie bereits in der Beweiswürdigung angeschnitten, kommt es dabei nicht darauf an, wer den Eingriff in das Geheimhaltungsrecht des Beschwerdeführers wann genau bewirkt hat, es genügt die Feststellung, dass dies durch jemanden geschehen sein muss, dessen Handeln der Beschwerdegegnerin zuzurechnen ist. Wenn die Zurechnung zu einem Auftraggeber im Sinne des DSG 2000, einem Rechtsträger oder Organ, einer Behörde oder einem Geschäftsapparat, gegeben ist, bedarf es keiner Zurechnung zu einer individuell bestimmbaren Person (vgl. dazu etwa die Ausführungen im Bescheid der Datenschutzkommission vom 16. November 2004, GZ: K120.951/0008-DSK/2004; enthalten in der Entscheidungsdatenbank der Datenschutzkommission im RIS, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/). Auch ein Nachweis oder Ausschluss eigenmächtigen oder rechtswidrigen Handelns ist nicht erforderlich.
Die Datenschutzkommission knüpft hier an eine frühere Linie ihrer Entscheidungspraxis an. Im Bescheid vom 14. April 1999, GZ 120.552/36-DSK/99 (bisher nicht veröffentlicht, zitiert aber im Datenschutzbericht 2001, 43f, Download:
http://www.dsk.gv.at/berichte.htm), musste die Datenschutzkommission die Frage beantworten, ob eine Indiskretion gegenüber einer Zeitung über den Ausgang eines Disziplinarverfahrens, deren Urheber nicht festzustellen war, dem in Frage kommenden Auftraggeber (Amt der Landesregierung) zuzurechnen ist. Die Datenschutzkommission führte dazu aus:
'steht die Datenschutzkommission ... auf dem Standpunkt, dass die Feststellung der unzulässigen und zweifelsfrei vorliegenden Datenübermittlung an sich genügt, ohne dass festgestellt werden muss, welcher Bedienstete der Behörde die rechtswidrige Datenübermittlung vorgenommen hat.' Ähnliches war hier der Fall. Würde man in Fällen wie dem vorliegenden fordern, dass ein dem Auftraggeber zuzurechnendes Verhalten in dem Sinne erwiesen sein muss, dass ein bestimmter verantwortlicher Organwalter auf eigenen Entschluss namens des Auftraggebers oder auf Weisung eines Verantwortlichen gehandelt hat, und ausgeschlossen sein muss, dass der Betreffende aus eigenem Entschluss, im eigenen Namen und eventuell sogar weisungs- oder sonst rechtswidrig tätig wurde, wäre bei einer derart hohen Zahl von in Frage kommenden 'Übermittlern' das Beweisverfahren aussichtslos, da nicht einmal sicher feststeht, wie viele Exemplare des Berichts vervielfältigt und an wen verteilt worden sind. Es kann daher nach menschlichem Ermessen nie mit beweiskräftiger Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Einzelperson aus dem fraglichen Kreis den Bericht mit rechtswidrigem Vorsatz dem Medienunternehmen 'zugespielt' hat. Die Konsequenz der – abzulehnenden – strengen Zurechnungsregel wäre, dass der Auftraggeber für eine zweifelsfrei stattgefundene objektive Datenschutzverletzung in seinem Wirkungskreis nicht verantwortlich gemacht werden kann. Damit wäre der durch das DSG 2000 eingeräumte Rechtschutz aber schwer beeinträchtigt. Überdies begründet allein die Verpflichtung des Auftraggebers zur Ergreifung der gebotenen Datensicherheitsmaßnahmen (§ 14 Abs. 1 DSG 2000) die Notwendigkeit ausreichender Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit des Datenmaterials. Die Datenschutzkommission kommt daher zu dem Schluss, dass das Handeln des unbekannten Übermittlers, der aus dem Kreis der Organwalter (insbesondere der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Senats) oder der Bediensteten stammen muss, der Beschwerdegegnerin zuzurechnen ist.
Im Zeitpunkt des Eingriffs (der Datenübermittlung) galt das UOG 1993 und die Beschwerdegegnerin war als teilrechtsfähige Bundeseinrichtung Organ und datenschutzrechtlicher Auftraggeber gemäß § 4 Z 4 4. Fall DSG 2000. Nach nunmehr geltendem Universitätsgesetz 2002 ist die Beschwerdegegnerin gemäß § 4 leg.cit. eine Körperschaft öffentlichen Rechts, somit Auftraggeberin als juristische Person im Sinne von § 4 Z 4 2. Fall DSG 2000. Gemäß § 136 Abs 2 Universitätsgesetz 2002 ist die neu geschaffene Medizinische Universität A*** nur Gesamtrechtsnachfolgerin der Medizinischen Fakultät (einschließlich ihrer teilrechtsfähigen Organisationseinheiten) der Universität A***. Da die Beschwerdegegnerin, wenn auch in geänderter Rechtsform, weiter besteht und das in Beschwerde gezogenen Verhalten keinem Organ oder Organwalter der ehemaligen Medizinischen Fakultät zugerechnet werden kann, ist der Bescheid gegenüber der nunmehrigen Körperschaft öffentlichen Rechts 'Universität A***' (§ 6 Z * iVm § 4 Universitätsgesetz 2002) als Beschwerdegegnerin zu erlassen.
b) Datenübermittlung nicht gerechtfertigt
Um die stattgefundene Datenübermittlung zu rechtfertigen, müsste sie, bei hier gegebenen Voraussetzungen gemäß § 7 Abs 2 DSG 2000 (die rechtliche Befugnis [§ 7 Abs 2 Z 2 DSG 2000] eines Medienunternehmens oder Medienmitarbeiters, solche Daten zu empfangen und für publizistische Zwecke zu verwenden, ergibt sich dabei direkt aus Art 13 StGG und Art 10 Abs 1 EMRK [Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit]) unter den Tatbestand einer Eingriffsnorm fallen, die das gegebene schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse des Beschwerdeführers überwiegt. Daten betreffend vom Beschwerdeführer geleistete Kostenersätze der fraglichen Art betreffen seine finanziellen Verhältnisse und sind schutzwürdig, insbesondere da sie nicht öffentlich zugänglich sind und – wenn auch nur grobe – Rückschlüsse auf Teile des Einkommens und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers ermöglichen.
Die übermittelten Daten betrafen zwar nicht den Kern des Privatlebens des Beschwerdeführers aber seine berufliche Tätigkeit außerhalb seiner universitären Lehr- und Forschungsverpflichtung. § 8 Abs 3 Z 6 DSG 2000 (Daten, die ausschließlich die Ausübung einer öffentlichen Funktion durch den Betroffenen zum Gegenstand haben) kann daher nicht zur Anwendung kommen.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer der Beschwerdegegnerin gesetzlich übertragenen Aufgabe gemäß § 8 Abs 3 Z 4 DSG 2000 liegt nicht vor, wenn schutzwürdige Daten an ein Medienunternehmen oder dessen Mitarbeiter übermittelt werden. In einer früheren Entscheidung (Bescheid vom 31. August 2000, GZ: 120.532/22-DSK/00, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/) hat die Datenschutzkommission beispielsweise betreffend die Datenübermittlung durch eine Ortsgemeinde an ein Medienunternehmen ausgesprochen, es sei 'kein taugliches Mittel zur Wahrung oder Durchsetzung der Aufgaben einer Gebietskörperschaft ', 'jemanden in einer für den Betroffenen unvorteilhaften Weise "in die Zeitung zu bringen".' 'Zusätzlich musste das belangte Organ erkannt haben, dass schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers durch eine Datenübermittlung an ein Medienunternehmen oder dessen Mitarbeiter (§ 1 Abs 1 Z 6 und 11 MedienG) in besonderem Maße gefährdet wurden, da das wirtschaftliche und berufliche Interesse dieser Empfänger im Allgemeinen genau auf das Gegenteil von Geheimhaltung gerichtet ist'. In Übereinstimmung mit dieser Entscheidung und mangels eines überzeugenden gegenteiligen Vorbringens ist auch hier zu sagen, dass eine Interessenabwägung gemäß § 8 Abs 1 Z 4 DSG 2000 ein Überwiegen des Geheimhaltungsinteresses des Beschwerdeführers ergibt. Begründet wird dies auch damit, dass den Universitätsorganen andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um behauptete oder vermutete Missstände im Bereich der Amtsführung von Universitätsprofessoren zu bekämpfen (z.B. die Einleitung von Disziplinarmaßnamen nach §§ 109ff BDG), und somit der Grundrechtseingriff nicht mit den gelindesten Mitteln im Sinne von § 7 Abs 3 DSG 2000 erfolgt ist.
Weitere Rechtsvorschriften im Sinne von §§ 1 Abs 2, 8 Abs 1 Z 2 DSG 2000, die die stattgefundene Datenübermittlung rechtfertigen könnten, waren nicht aufzufinden.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben und die Rechtsverletzung festzustellen.