K120.975/0002-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. DUSCHANEK, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Dr. PREISS und Dr. STAUDIGL sowie der Schriftführer Mag. SUDA und Fr. HAAS in ihrer Sitzung vom 1. Februar 2005 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
Über die Beschwerde der A-GmbH in Wien (Beschwerdeführerin), vertreten durch die P Rechtsanwälte OEG ebendort, vom 15. Juni 2004 gegen E in Wien (Beschwerdegegner), vertreten durch Dr. Q, Rechtsanwalt ebendort, wegen Verletzung im Recht auf Auskunft wird gemäß den §§ 1 Abs. 5 und 31 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 136/2001, entschieden:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin [Anmerkung Bearbeiter: vermutlich Redaktionsversehen, hier doppelt: 'im Recht auf Auskunft'] dadurch, dass er auf ihr Auskunftsbegehren vom 16. April 2004 nicht reagiert hat, im Recht auf Auskunft nach § 26 DSG 2000 verletzt hat.
2. Dem Beschwerdegegner wird daher gemäß § 59 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr. 51/1991, aufgetragen, der Beschwerdeführerin innerhalb einer Frist von drei Wochen nach § 26 Abs. 1 DSG 2000 Auskunft über die zu ihrer Person verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger (oder Empfängerkreise) von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form zu erteilen und Name und Anschrift eines eventuell herangezogenen Dienstleisters anzugeben oder ihr mitzuteilen, warum diese Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt wird.
Begründung:
Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Beschwerde – neben in diesem Verfahren nicht gegenständlichen anderen Rechtsverletzungen nach dem DSG 2000 - eine Verletzung im Recht auf Auskunft dadurch, dass der Beschwerdegegner auf ein Auskunftsersuchen vom 16. April 2004 nicht reagiert habe. Der Beschwerdegegner hält dem entgegen, er selbst sei an die Beschwerdeführerin herangetreten und habe ihr sein Produkt 'F'– im Zusammenhang mit diesem vermutet die Beschwerdeführerin eine Verwendung ihrer Daten – dargelegt. Darauf habe die Beschwerdeführerin nicht reagiert, weshalb sie an der Auskunftserteilung nicht mitgewirkt habe. Das Schreiben vom 16. April 2004 habe lediglich dazu gedient ihm einen für seinen Betrieb unverhältnismäßig hohen Aufwand aufzubürden. Darüber hinaus sei es in dem von der Beschwerdeführerin eingeleiteten Verfahren 18 Cg aaa/04m des Handelsgerichtes Wien ohnehin bereits zu einer exakten Darlegung der Art und Weise, wie sein System funktioniere, und welche Daten zu welchem Zweck Verwendung finden sowie deren Weiterverarbeitung gekommen. Die Beschwerdeführerin sei daher bereits in Kenntnis sämtlicher begehrter Informationen.
Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdegegner ist Inhaber der Einzelfirma 'E' und bietet unter dieser Firma im Internet (www.eeee.at) Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ortung von Mobiltelefonen an. Das vom Beschwerdegegner angebotene Produkt trägt den Namen 'F'.
Die Beschwerdeführerin richtete am 16. April 2004 ein umfassendes Auskunftsbegehren an den Beschwerdegegner, auf das der Beschwerdegegner nicht reagiert hat.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem insoweit unbestrittenen Beschwerdevorbringen.
Dieser war bereits zuvor an die Beschwerdeführerin heran getreten, um ihr das von ihm betriebene elektronische Überwachungssystem 'F', das auf dem von der Beschwerdeführerin betriebenen Mobilfunknetz beruht, zu präsentieren.
Beweiswürdigung: Diese Feststellung beruht auf dem insoweit unbestrittenen Vorbringen des Beschwerdegegners.
Außerdem wurde die Funktionsweise dieses Systems sowie die Art und Weise der darin verarbeiteten Daten und deren Weiterverarbeitung in allgemeiner Form auch im Verfahren 18 Cg aaa/04m des Handelsgerichtes Wien erörtert, in welchem Beschwerdeführerin und Beschwerdegegner Parteien sind.
Beweiswürdigung: Diese Feststellung beruht hinsichtlich der Tatsache der Erörterung auf dem insoweit unbestrittenen Vorbringen des Beschwerdegegners. Hinsichtlich der bloß allgemeinen Erörterung war allerdings dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 29. September 2004 zu folgen. Eine konkrete Erörterung jedes einzelnen zur Person der Beschwerdeführerin verarbeiteten Datums scheint im Hinblick auf § 275 Abs. 2 ZPO unglaubwürdig, weil dies in einem Verfahren über Ansprüche nach dem UWG bzw. § 1041 ABGB nichts zur Sache tut.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden.
Gemäß § 1 Abs. 4 DSG 2000 sind Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig. § 1 Abs. 2 DSG 2000 bestimmt, dass Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig sind.
§ 26 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 ('nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen') Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Auskunft über eigene Daten. Gemäß § 26 Abs. 1. DSG 2000 hat der Auftraggeber dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Name und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
Gemäß § 26 Abs. 3 leg. cit. hat der Betroffene am Auskunftsverfahren über Befragung in dem ihm zumutbaren Ausmaß mitzuwirken, um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden.
Gemäß § 26 Abs. 4 leg. cit. ist die Auskunft innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird.
Auf Grund des Sachverhalts steht fest, dass innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Auskunftsbegehrens vom 16. April 2004 der Beschwerdegegner gegenüber der Beschwerdeführerin weder schriftlich Auskunft erteilt noch schriftlich begründet hat, warum die begehrte Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt wird.
Der Beschwerdegegner brachte erst im Verfahren vor der Datenschutzkommission Gründe vor, warum seiner Auffassung nach keine Verpflichtung der Auskunftserteilung bestehen soll. Dem Beschwerdeführer seien die Daten, deren Beauskunftung er begehrt, bereits bekannt, das Auskunftsbegehren diene daher dazu, ihm einen für seinen kleinen Betrieb unverhältnismäßigen Aufwand aufzubürden.
Dazu ist zunächst zu bemerken, dass auch das Vorliegen eines Grundes, der (möglicherweise) eine Verweigerung der Auskunft trotz Vorliegens eines Auskunftsbegehrens erlaubt, den Auftraggeber nicht von der Verpflichtung entbindet, auf das Auskunftsbegehren zu reagieren. Dies hat die Datenschutzkommission zum Fehlen eines Identitätsnachweises bzw. einer Vollmacht bereits mehrfach ausgesprochen (s. etwa die Bescheide vom 2. November 2004, K120.980/0008-DSK/2004, und vom 7. Dezember 2004, K120.928/0009-DSK/2004, beide abrufbar im Rechtsinformationssystem des Bundes unter www.ris.bka.gv.at) und gilt auch im Hinblick auf § 26 Abs. 3 und 4 DSG 2000 generell für alle Gründe einer Auskunftsverweigerung. Das Unterbleiben jeglicher Reaktion des datenschutzrechtlichen Auftraggebers auf ein Auskunftsbegehren verletzt den Betroffenen jedenfalls in seinem subjektiven Recht gemäß § 26 Abs. 1 und 4 DSG 2000 und damit implizit auch im Grundrecht auf Datenschutz (Auskunft) gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000. Festzuhalten ist, dass auch durch das Vorbringen des Beschwerdegegners im nunmehrigen Beschwerdeverfahren gegenüber der Behörde dieser Anspruch des Beschwerdeführers keinesfalls erfüllt wurde, da eine Auskunftserteilung nach § 26 Abs. 1 DSG 2000 oder Begründung nach § 26 Abs. 4 leg. cit. direkt gegenüber dem Betroffenen zu ergehen hat.
Darüber hinaus ist dieses Vorbringen des Beschwerdegegners nicht ausreichend substantiiert, weil eine Unverhältnismäßigkeit der (vollständigen) Auskunftserteilung (§ 1 Abs. 4 iVm Abs. 2 und § 26 Abs. 3 DSG 2000) lediglich pauschal behauptet und nicht konkret dargelegt wird. Dass der Beschwerdeführerin zumindest in Grundzügen die Struktur des vom Beschwerdegegner betriebenen Überwachungssystems bekannt ist, vermag eine Unverhältnismäßigkeit der Bekanntgabe der konkreten Daten der Beschwerdeführerin nicht zu begründen.
Generell stellt die Kenntnis des Inhaltes der Daten durch den Auskunftswerber keinen Grund für die Verweigerung der Auskunftserteilung dar. Das Auskunftsrecht zielt auf die Bekanntgabe der konkret in einer Datenanwendung zu einer Person verwendeten Daten durch den Auftraggeber an den Betroffenen ab, und dies unabhängig von der Kenntnis durch den Auskunftswerber, wie dies etwa bei den Datenarten Name, Anschrift und Geburtsdatum besonders deutlich wird.
Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 3 DSG 2000 kann aus einem Verhalten der Beschwerdeführerin, welches vor der Stellung des Auskunftsbegehrens gesetzt wurde, keinesfalls abgeleitet werden. Ebenso ist ohne Bedeutung, dass die Beschwerdeführerin auf das 'Angebot' des Beschwerdegegners zur Kooperation zunächst nicht reagiert hat.
Somit besteht ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Reaktion des Beschwerdegegners zu ihrem Auskunftsersuchen, sei es durch auf Auskunftserteilung im vollen Umfang des § 26 Abs. 1 DSG 2000, oder durch Mitteilung der Gründe für die Verweigerung der Auskunft nach § 26 Abs. 4 DSG 2000, sodass spruchgemäß ein entsprechender Leistungsauftrag zu erteilen war.