K202.039/0005-DSK/2004 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENGLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. DUSCHANEK, Mag. HEIßENBERGER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 18. Mai 2004 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
I) Über den Antrag des Vereins 'A***' (Institut 'B***')
(Antragsteller) vom 25. Februar 2004 betreffend Genehmigung der Datenverwendung für Zwecke der wissenschaftlichen Untersuchung 'Erweiterung der Unfalldatenbank' wird gemäß § 46 Abs 1 Z 3, Abs 2 und 3 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001 wie folgt entschieden:
II) Gemäß § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idF BGBl I Nr. 65/2002, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr. 24 idF. BGBl II Nr. 460/2002 (BVwAbgV), haben Sie eine Verwaltungsabgabe in Höhe von
Euro 6,50
zu entrichten. Dieser Betrag ist gemäß § 2 Abs. 1 BVwAbgV mit
Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides fällig.
Begründung:
A) Verfahrensgang
Der Antragsteller hat am 25. Februar 2004 bei der Datenschutzkommission um Genehmigung der Datenverwendung für Zwecke wissenschaftlicher Forschung und Statistik angesucht. Geplant sei die Erweiterung der bereits bestehenden 'Unfalldatenbank' des Instituts B*** um genauere Daten zu Verkehrsunfällen mit Lastkraftwagen.
Die Datenschutzkommission hat dem Antragsteller mit Erledigung vom 2. April 2004, GZ: K202.039/0002-DSK/2004, die vorläufige Einschätzung mitgeteilt, dass die geplante Datenverwendung nicht der Genehmigungspflicht nach § 46 Abs 2 Z 3 DSG 2000 unterliegt und verschiedene nähere Angaben zur geplanten Datenverwendung aufgetragen.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 13. April 2004 die aufgetragenen Angaben geliefert und im Hinblick auf die Haltung verschiedener Behörden und Exekutivdienststellen, deren Akten im Zuge der Datenermittlung eingesehen werden müssten, den Antrag ausdrücklich aufrecht gehalten.
B) Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung
Die Datenschutzkommission stellt folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt fest:
Der Antragsteller, der mit dem Institut B*** eine private wissenschaftliche Forschungseinrichtung für Verkehrswesen, Unfallanalyse und Verkehrsunfallursachenforschung betreibt, verwendet bereits jetzt Daten im Rahmen einer als 'Unfalldatenbank' bezeichneten Datenanwendung.
Verwendet werden folgende Datenarten:
Diese Datenanwendung soll nun (aus Anlass und für Zwecke einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie bestellten Studie zum Lkw-Unfallgeschehen) hinsichtlich unfallbeteiligter Lastkraftwagen und deren Lenker um folgende Datenarten erweitert werden:
Diese Daten sollen, wie schon bisher, von Mitarbeitern des Instituts B***, bei verschiedenen Behörden und Exekutivdienststellen aus Akten betreffend Verkehrsunfälle erhoben werden.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen Angaben des Antragstellers im Antrag und der ergänzenden Stellungnahme vom 13. April 2004.
C) rechtliche Beurteilung
1. Rechtsgrundlagen dieses Bescheids
Gemäß § 46 Abs 1 Z 3 DSG 2000 dürfen datenschutzrechtliche Auftraggeber für Zwecke wissenschaftlicher oder statistischer Untersuchungen, die keine personenbezogenen Ergebnisse zum Zweck haben, alle Daten verwenden, die für den Auftraggeber nur indirekt personenbezogen sind.
Gemäß § 46 Abs 2 DSG 2000 dürfen andere Daten in Datenanwendungen für Zwecke wissenschaftlicher Forschung oder Statistik nur gemäß besonderen gesetzlichen Vorschriften, mit Zustimmung des Betroffenen oder mit Genehmigung der Datenschutzkommission gemäß den besonderen Vorschriften des § 46 Abs 3 DSG 2000 verwendet werden.
§ 46 Abs 3 DSG 2000 ermächtigt die Datenschutzkommission zur Genehmigung der Datenverwendung (nicht-sensible Daten) für Zwecke wissenschaftlicher Forschung und Statistik wenn die Einholung einer Zustimmung der Betroffenen mangels ihrer Erreichbarkeit unmöglich oder sonst mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist (Z 1), ein öffentliches Interesse an der beantragten Verwendung besteht (Z 2) und die fachliche Eignung des Antragstellers glaubhaft gemacht wird (Z 3).
2. Anwendung auf den Genehmigungsfall
Der festgestellte Sachverhalt führt zu der Schlussfolgerung, dass ausschließlich in Bezug auf die Datenart 'Fahrzeugmarke' und 'Unfallursache' eine der Genehmigung nach § 46 Abs 3 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001, bedürfende Datenverwendung vorliegt.
Im Bescheid vom 4. Mai 2004, GZ: K202.033/0003-DSK/2004, hat die Datenschutzkommission Daten, die eine Identifikation der Hersteller der an einem Unfall beteiligten Automobile ermöglichen (wie z.B. die Fahrgestellnummer), als direkt personenbezogene Daten gewertet. Dies muss klarerweise auf Grund eines Größenschlusses ebenso für die Fahrzeugmarke gelten, insbesondere im Zusammenhang mit Daten über die Unfallursache, wie sie der Antragsteller verarbeiten möchte (z.B. die Angabe: Unfallursache: technischer Mangel des Fahrzeugs). Solche Daten sind personenbezogene Daten eines Fahrzeugherstellers. Die Datenschutzkommission sieht sich hier durch die von ihr einmal eingeschlagene Linie der Entscheidungsfindung gebunden, insbesondere da § 46 Abs 1 Z 3 DSG 2000 nur auf die Unterscheidung direkt personenbezogen – indirekt personenbezogen abstellt, die Frage des Grades der Schutzwürdigkeit dieser Daten aber ausklammert. Daher unterliegt auch eine Datenverwendung mit nur minimalem Eingriff in schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen (hier:
Daten technischen Charakters, die einer juristischen Person zugeordnet werden können) der Genehmigungspflicht.
Der Antragsteller beabsichtigt als datenschutzrechtlicher Auftraggeber die Verwendung solch personenbezogener Daten im Sinne des Ermittelns, Erfassens, Speicherns, Aufbewahrens, Verknüpfens, Übermittelns etc. (§ 4 Z 8f DSG 2000) für Zwecke der gegenständlichen wissenschaftlich-statistischen Untersuchung.
Mangels besonderer gesetzlicher Ermächtigung und auf Grund des zu erwarteten Aufwands bei der Einholung der Zustimmungserklärungen kommt eine Genehmigung durch die Datenschutzkommission in Betracht. Auf Grund der großen Zahl an Autoherstellern (Markeninhabern) weltweit und des enormen Aufwands, der mit der Einholung der Zustimmung jedes einzelnen Herstellers bzw. mit der Ermittlung des Verfügungsberechtigten verbunden sein kann, ist das Erfordernis des unverhältnismäßigen Aufwands gemäß § 46 Abs 3 Z 1 DSG 2000 erfüllt.
Die Datenschutzkommission ist, ohne dass dies gemäß § 58 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 10/2004, einer näheren Begründung bedarf, von der fachlichen Eignung des Antragstellers bzw. der von diesem eingesetzten Projektbeauftragten überzeugt. Das öffentliche Interesse an der vorgesehenen Untersuchung bzw. der dauernd einzurichtenden Datenbank ist einerseits durch einen konkreten Forschungsauftrag des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (vgl. zur Bescheinigung des öffentlichen Interesses durch öffentliche Forschungsaufträge etwa den Bescheid der Datenschutzkommission vom 24. April 2001, GZ: K202.010/002-DSK/2001, enthalten in der RIS-Datenbank der Datenschutzkommission, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/), andererseits durch das vom Auftraggeber statutengemäß verfolgte Ziel der Verbesserung der Verkehrssicherheit, das zweifelsfrei im öffentlichen Interesse liegt, bescheinigt.
Die Erteilung dieser Genehmigung ersetzt nicht die Erfüllung der Meldepflicht gemäß §§ 17 Abs 1 und 18 Abs 2 DSG 2000 für die Verarbeitung der Daten in einer Datenanwendung. Die Erfüllung der entsprechenden Pflichten sowie die Beschränkung der Datenverwendung auf den angegebenen Zweck, die Auferlegung der Pflicht zur Beseitigung des Personenbezuges bei Wegfall der Notwendigkeit seiner Verwendung sowie die Sicherstellung, der Verschwiegenheitspflicht der herangezogenen Mitarbeiter erfolgte durch Auflagen gemäß § 46 Abs 3 letzter Satz DSG 2000.
Im Übrigen, also hinsichtlich der übrigen Datenarten der Unfalldatenbank, die allesamt unter § 46 Abs 1 Z 3 DSG 2000 fallen, unterliegt die Datenverwendung nicht der Genehmigungspflicht nach § 46 Abs 2 Z 3 und 3 DSG 2000.
Spruchpunkt II (Festsetzung einer Verwaltungsabgabe) stützt sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen. Anträge auf Genehmigung nach § 46 Abs 3 DSG 2000 sind nicht von der sachlichen Gebührenbefreiung nach § 53 Abs 1 DSG 2000 umfasst.