JudikaturDSB

K120.867/0001-DSK/2004 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2004

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. DUSCHANEK, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 27. Februar 2004 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Über die Beschwerde des M in N (Beschwerdeführer), vertreten durch Dr. A/Dr. B/Mag. C/Dr. D, Rechtsanwälte in E, vom 9. Mai 2003 gegen den Landeshauptmann von Kärnten als verantwortliches Mitglied der Kärntner Landesregierung wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wird gemäß § 1 Abs. 5 des Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 136/2001, wie folgt entschieden:

1. Das Amt der Kärntner Landesregierung als Geschäftsapparat des Landeshauptmanns von Kärnten hat den Beschwerdeführer durch Veröffentlichung den Beschwerdeführer betreffender personenbezogener Daten aus dem vorläufigen Ergebnis der Überprüfung des Vereines F durch den Kärntner Landesrechnungshof, GZ LRH xy/2002, sowie der darauf gestützten Prüfung der disziplinarrechtlichen Relevanz der Vorgangsweise des Beschwerdeführers auf der Homepage www.ktn.gv.at/pqpqpq am 28. November 2002 im Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 iVm § 8 DSG 2000 verletzt.

2. Das weitere Beschwerdebegehren, die Datenschutzkommission möge feststellen, dass der belangte Auftraggeber die unter Punkt 1. umschriebene Rechtsverletzung schuldhaft begangen habe, wird wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

Begründung:

Aufgrund der Beschwerde vom 8. Mai 2003 und der Äußerung des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 26. August 2003 sowie des Büros des Landeshauptmannes von Kärnten vom 19. August 2003 sowie der Äußerung des Beschwerdeführers vom 13. Oktober 2003 wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Auf Verlangen des Kontrollausschusses des Kärntner Landtages hat der Kärntner Landesrechnungshof (LRH) den Verein F in Bezug auf Personalverwaltung und Finanzgebarung geprüft. Der Beschwerdeführer ist Obmann dieses Vereins.

Mitte November 2002 wurde das vorläufige Ergebnis der Überprüfung unter anderem der Kärntner Landesregierung übermittelt. Am 28. November 2002 wurde vom Sekretariat des Landeshauptmannes der Auftrag an den Landespressedienst zur Erstellung und Aussendung einer Pressemitteilung mit dem Inhalt erteilt, 'dass der Herr Landeshauptmann die Landesamtsdirektion ersucht habe, die disziplinäre Relevanz der im Rechnungshofbericht kritisierten Vorgangsweise von M einer genauen Prüfung zu unterziehen und die daraus resultierenden Schritte, wie die Einleitung eines Disziplinarverfahrens unverzüglich zu veranlassen'. Daraufhin publizierte der Landespressedienst am 28. November 2002 auf der Homepage www.ktn.gv.at/pqpqpq folgenden für jedermann zugänglichen Bericht:

'POLITIK

Landesrechnungshof ortet zahlreiche Mängel bei Verein F

Donnerstag, 28.November 2002

LH Haider lässt Vereinsführung von Obmann M durch die Landesamtsdirektion auf 'disziplinäre Relevanz' prüfen

Der Landesrechnungshof (LRH) Kärnten hat in seinem jüngsten Prüfbericht zum Teil gravierende Mängel beim Verein F festgestellt. Kritik gibt es an den Ämterverschachtelungen von Obmann und LKH-Primarius M ebenso wie an Honorar- und Spesenabrechnungen sowie Bauvergaben durch den Verein. Landeshauptmann Jörg Haider hat auf Grund des Rechnungshofberichtes nunmehr die Landesamtsdirektion schriftlich ersucht, 'die disziplinäre Relevanz der dort aufgezeigten Vorgangsweise von Prim. M einer genauen Prüfung zu unterziehen und die daraus resultierenden Schritte, wie die Einleitung eines Disziplinarverfahrens, unverzüglich zu veranlassen.'

Im LRH-Bericht werden die Nebenbeschäftigungen von M als Leiter des Zentrums für Seelische Gesundheit (ZfSG) am LKH aufgelistet: Führung einer Privatordination, Gastprofessur an der Uni R, Obmann des Vereins F und Geschäftsführer im Bereich Strategisches Management, Mitarbeit im Psychiatrischen Not- und Krisendienst sowie Konsiliartätigkeit in der Psychotherapeutischen Ambulanz. Der LRH kommt zum Schluss:

'Angesichts der Vielzahl ausgeübter Nebenbeschäftigungen empfiehlt der LRH dem LKH zu prüfen, ob diese in zeitlicher Hinsicht mit den Aufgabestellungen als Vorstand der ZfSG noch in Einklang zu bringen sind.' Auch geht aus dem LRH-Bericht hervor, dass M als Obmann von F und die kaufmännische Geschäftsführerin des Vereins an einer Privatklinik von F, der 'T-Klink GmbH', beteiligt sind.

Weiters wird kritisiert, dass in der Nebenbeschäftigungsmeldung die geleisteten 'Überdienste' des Obmannes beim Psychiatrischen Not- und Krisendienst, die beim Verein F verrechnet wurden, nicht erwähnt seien. Der LRH stellte bezüglich Reisespesen fest, 'dass für den Obmann einerseits vom LKH Dienstreisen genehmigt und andererseits dafür Spesen über das Vereinsbudget abgerechnet wurden.'

Unstimmigkeiten gibt es für den LRH auch bei der Tätigkeit von M innerhalb der Psychiatrischen Ambulanz. Hier wurde eine Einsatzstunde verrechnet, obwohl 'für diesen Tag beim Dienstgeber LKH eine Krankmeldung vorlag', so der LRH, der auch den hohen Kostenaufwand für Bereitschaftstätigkeiten im Rahmen des Psychiatrischen Not- und Krisendienstes kritisierte, 'nachdem vereinzelt festzustellen war, dass die Dienst habende Person sich in anderen Bundesländern auf Dienstreise befand.'

Schwere Mängel listet der LRH-Bericht auch bei der Vergabe von Planungs- und Bauleistungen durch den Verein F auf. Hier seien Generalplanerleistungen zum Teil 'ohne Wettbewerb freihändig' oder mit mangelnder Transparenz vergeben worden.

Rückfragehinweis: Büro LH Haider

Redaktion: U'

Der Server www.ktn.gv.at wird vom Landespressedienst (auch als Landespressebüro bezeichnet), einer Untergliederung der Abteilung 1 – Landesamtsdirektion des Amtes der Kärntner Landesregierung betreut.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf den unbestritten gebliebenen Beschwerdebehauptungen, der Stellungnahme des Büros des Landeshauptmannes vom 19. August 2003, LH-rrr/2003, sowie einer Einschau in die Internetseiten von www.ktn.gv.at.

Schon vor dieser Aussendung hatte es in verschiedenen Medien Berichte gegeben, die sich mit dieser Prüfung durch den Landesrechungshof beschäftigten. Darin war über die Tatsache, dass eine Prüfung durch den LRH stattfindet und die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe, die den politischen Ausschlag für die Einleitung einer Überprüfung gegeben hatten, nicht aber über das vorläufige Ergebnis der Überprüfung sowie den Auftrag zur disziplinarrechtlichen Prüfung berichtet worden.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf den vom belangten Auftraggeber vorgelegten Urkunden (Medienberichten).

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 DSG 2000 hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind nach Abs. 2 leg. cit. Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

§ 1 Abs. 5 DSG 2000 bestimmt, dass gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.

Gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.

§ 15 des Kärntner Landesrechnungshofgesetzes 1996 (K-LRHG), LGBl Nr. 91/1996, lautet:

'§ 15

Stellungnahmen zu den vorläufigen Überprüfungsergebnissen

(1) Der Landesrechnungshof hat das vorläufige Ergebnis einer durchgeführten Überprüfung, ausgenommen bei Überprüfungen nach den §§ 10 und 11, dem Kontrollausschuß des Landtages zur Kenntnis zu bringen; weiters ist es jedenfalls der Landesregierung, gegebenenfalls auch den nach außen vertretungsbefugten Organen der überprüften Unternehmung oder sonstigen Einrichtung, deren Gebarung den Gegenstand der Überprüfungen gebildet hat, mit der Aufforderung bekanntzugeben, dazu innerhalb einer Frist von acht Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Werden in früheren Berichten aufgezeigte Mängel vom Landesrechnungshof neuerlich festgestellt, ist in der Stellungnahme zu begründen, warum diese Mängel nicht behoben worden sind.

(2) Das vorläufige Ergebnis einer durchgeführten Überprüfung ist vertraulich zu behandeln.

(3) Der Landesrechnungshof hat rechtzeitig abgegebene Stellungnahmen bei der Erstellung des endgültigen Berichtes über eine Überprüfung zu berücksichtigen. Von einer Stellungnahme abweichende Auffassungen des Landesrechnungshofes sind im endgültigen Bericht zu begründen. Die abgegebenen Stellungnahmen sind dem endgültigen Bericht anzuschließen.'

Gemäß § 20 Abs. 3 B-VG sind alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.

Eine Bestimmung gleichen Inhalts findet sich in Art. 58 Abs. 2 und 3 K-LVG.

2. Rechtliche Schlussfolgerungen

a. Zurechenbarkeit der Veröffentlichung zum belangten Auftraggeber, Beschwerdegegner

Der gegenständliche Bericht vom 28. November 2002 wurde auf der Internetseite des Amtes der Kärntner Landesregierung veröffentlicht, die vom 'Landespressedienst' betreut wird, worunter nach der Geschäftseinteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung, LGBl. Nr. 64/2001, ein Teil der Abteilung 1 Landesamtsdirektion des Amtes der Kärntner Landesregierung zu verstehen ist. Nach der auf dieser Homepage vorhandenen Darstellung plant, koordiniert und realisiert der Landespressedienst den Auftritt des Amtes der Kärntner Landesregierung in der Öffentlichkeit. Als Aufgaben des Landespressedienstes sind u.a. die Verfassung von Presseaussendungen über Aktivitäten der Regierungsmitglieder und der Landesverwaltung sowie die Betreuung und Koordination der Kärnten-homepage (www.kaernten.gv.at) angeführt. Damit ergibt sich, dass die homepage vom Amt der Kärntner Landesregierung als Auftraggeber betrieben wird, weshalb auch die Aufnahme des beschwerdegegenständlichen Berichts dem Amt der Landesregierung als Beschwerdegegner zuzurechnen ist. Konkret ist dieser Bericht auch durch den Landespressedienst gezeichnet ('Redaktion: U').

Die Verbreitung von Pressemeldungen, welche die Landesverwaltung und damit die auch die Tätigkeit der Mitglieder der Landesregierung betreffen, ist - sei es auf Grund des Art. 15 Abs. 1 oder des Art. 17 B-VG - jedenfalls der Landesverwaltung zuzurechnen.

Die Beschwerde nennt ausschließlich 'Dr. Jörg HAIDER, Landeshauptmann für Kärnten' als Beschwerdegegner. Der beschwerdegegenständliche Bericht wurde auf der homepage des Amtes der Kärntner Landesregierung veröffentlicht. Das Ermittlungsverfahren hat nicht ergeben, dass der tatsächliche Inhalt des Berichts vom Landeshauptmann angeordnet oder beauftragt wurde. Lediglich vom Büro des Landeshauptmannes wurde der Landespressedienst ersucht, eine Presseaussendung bezüglich des Prüfungsauftrages über die disziplinarrechtliche Relevanz des Verhaltens des Beschwerdeführers an die Landesamtsdirektion vorzunehmen. Da das Amt der Kärntner Landesregierung Auftraggeber der homepage ist und die inhaltliche Gestaltung des Berichts durch den Landespressedienst erfolgte, kommt die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Publikation dieses Berichts – anders als die nach den organisationsrechtlichen Vorschriften sich dafür ergebende politische Verantwortung – auch dem Amt der Kärntner Landesregierung zu.

b. Zuständigkeit der Datenschutzkommission

Gemäß § 48 Abs. 1 DSG 2000 sind von den einfachgesetzlichen Bestimmungen des DSG 2000 nur die §§ 4 bis 6, 10, 11, 14 und 15 anzuwenden, soweit Medienunternehmen, Mediendienste oder ihre Mitarbeiter Daten unmittelbar für ihre publizistische Tätigkeit im Sinne des Mediengesetzes verwenden.

Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob der Landespressedienst des Amtes der Kärntner Landesregierung ein Mediendienst im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 7 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981 idF BGBl. I Nr. 75/2000 ist. Mediendienste sind demnach Unternehmen, die Medienunternehmen wiederkehrend mit Beiträgen in Wort, Schrift, Ton oder Bild versorgen. Wesentlich ist für die Qualifikation als Mediendienst die Unternehmereigenschaft und damit die Selbständigkeit, weshalb bloße Pressestellen oder Öffentlichkeitsabteilungen einer Behörde oder eines Wirtschaftsunternehmens nicht als Mediendienst im Sinne des Mediengesetzes angesehen werden können (Rz. 28 zu § 1 Abs. 1 Z. 7 Mediengesetz;

Berka/Höhne/Noll/Polley – Mediengesetz ...). Der Landespressedienst stellt demnach keinen Mediendienst dar, als ihm als Untergliederung einer Abteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung die selbständige Unternehmereigenschaft fehlt. Für den vorliegenden Fall greift die im § 48 DSG 2000 normierte Ausnahme für publizistische Tätigkeit daher nicht.

Selbst wenn der Landespressedienst als Mediendienst nach § 1 Abs. 1 Z. 7 Mediengesetz zu qualifizieren wäre, würde sich aber dennoch unmittelbar aus der - durch § 48 Abs. 1 DSG 2000 ausdrücklich nicht berührten - Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 5 DSG 2000, eine durch einfaches Gesetz nicht beschränkbare Zuständigkeit der Datenschutzkommission ('in allen übrigen Fällen') ergeben. Wollte man die Anordnung des § 48 Abs. 1 DSG 2000 so verstehen, dass er durch Ausschluss der Geltung von § 31 DSG 2000 die Zuständigkeit der Datenschutzkommission ausschließt, würde man § 48 Abs. 1 DSG 2000 unzulässigerweise einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen.

Selbst Medienunternehmen und Mediendienste haben daher immer das Grundrecht auf Datenschutz zu beachten (FN12 zu § 48, Dohr/Pollierer/Weiss, DSG, 2. Auflage, Manz). § 1 Abs. 5 DSG 2000 gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 48 DSG 2000 auch für die publizistische Tätigkeit.

§ 1 Abs. 5 DSG 2000 enthält allerdings lediglich eine Kompetenz der Datenschutzkommission, über die 'Geltendmachung' des Grundrechts auf Datenschutz zu erkennen, worunter jegliche Behauptung einer subjektiven Rechtsverletzung, nicht nur einer verschuldeten, zu verstehen ist. Verschulden ist nicht Voraussetzung für eine Verletzung im Grundrecht auf Datenschutz. Aus der Datenschutzrechtsverletzung resultierende Rechtsfolgen und -ansprüche wie Strafbarkeit bzw. Schadenersatzpflicht (vgl. die - im vorliegenden Fall nicht anwendbaren - §§ 33, 51 und 52 DSG 2000 iVm mit den einschlägigen Bestimmungen im ABGB, StGB und VStG), für die das Verschulden eine Tatbestandsvoraussetzung darstellt, sind von § 1 Abs. 5 DSG 2000 nicht umfasst.

Eine inhaltliche Behandlung der vorliegenden Beschwerde konnte daher nur hinsichtlich des objektiven Vorliegens einer Verletzung im Recht auf Geheimhaltung erfolgen, soweit darüber hinaus ein Verschuldensausspruch begehrt wurde, war dieses Begehren wegen Unzuständigkeit der Datenschutzkommission zurückzuweisen (Spruchpunkt 2).

c. inhaltliche Beurteilung

Durch den beschwerdegegenständlichen Bericht vom 28. November 2002 hat der belangte Auftraggeber Angaben über den Beschwerdeführer, also personenbezogene Daten (§ 4 Z 1 DSG 2000) über das Internet veröffentlicht.

Der europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 6. November 2003 in der Rechtssache C-101/01 (Lindqvist; abrufbar auf der Homepage des EuGH www.curia.eu.int, Link 'Rechtsprechung') ausgesprochen, dass die Handlung, die darin besteht, auf einer Internetseite auf verschiedene Personen hinzuweisen und diese entweder durch ihren Namen oder auf andere Weise [...] erkennbar zu machen, eine ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (DS-RL) darstellt.

Der Richtlinienbegriff 'Verarbeitung personenbezogener Daten' (Art. 2 lit. b DS-RL) beinhaltet auch die Weitergabe durch Übermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, entspricht also im Wesentlichen dem Begriff 'Verwenden von Daten' in § 4 Z 8 DSG 2000 (vgl. Mayer-Schönberger/Brandl, Datenschutzgesetz 2000 (1999), S 18, Fn. 25). Eine Übertragung des EuGH-Urteils in die Terminologie des DSG 2000, das die DS-RL in Österreich umsetzt, liefert also das Ergebnis, dass eine Veröffentlichung von Daten im Wege des Internet ein Verwenden von Daten darstellt, wobei im vorliegenden Fall wegen der Zugänglichkeit des Artikels für jedermann von einer Übermittlung von Daten durch Veröffentlichung iSd § 4 Z 12 DSG 2000 auszugehen ist. Der belangte Auftraggeber behauptet, schon vor Herausgabe des Berichts sei in zahlreichen Zeitungen über die den Inhalt des Berichts darstellenden, gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe berichtet worden, weshalb auf Grund der allgemeinen Verfügbarkeit der Daten ein schutzwürdiges Interesse im Sinne des § 1 Abs. 1 DSG 2000 gar nicht vorliege. Diesem Vorbringen steht entgegen, dass zwar über die Vorwürfe an sich tatsächlich in zahlreichen Medien berichtet wurde, jedoch die gegenständliche Aussendung sich dadurch wesentlich von diesen früheren Medienberichten unterscheidet, als darin erstmals auf Inhalte des vorläufigen Überprüfungsergebnisses der Landesrechnungshofüberprüfung Bezug genommen und somit gänzlich neue, von den bloßen Vorwürfen zu unterscheidende Daten preisgegeben werden. Zeitungsberichte mit derartigem Inhalt sind allesamt erst nach dem Bericht des Landespressedienstes - ob auf dessen Grundlage vermag dahingestellt bleiben - erschienen. Von der allgemeinen Verfügbarkeit dieser im beschwerdegegenständlichen Bericht enthaltenen Informationen vor dem 28. November 2002 kann schon wegen der Beschränkung des Adressatenkreises nach § 15 Abs. 1 K-LRHG sowie der ausdrücklichen Geheimhaltungsverpflichtung nach § 15 Abs. 2 leg. cit. keinesfalls ausgegangen werden. Nach § 1 Abs. 2 DSG 2000 ist Grundvoraussetzung für den Eingriff in das Grundrecht auf Geheimhaltung durch eine staatliche Behörde eine gesetzliche Grundlage. Eine solche ist aber im vorliegenden Fall weder im DSG 2000 noch in sonstigen Vorschriften zu erkennen. Eine solche wurde auch vom belangten Auftraggeber nicht angegeben. Vielmehr ist gerade für vorläufige Überprüfungsergebnisse des Landesrechnungshofes, welche nur einem in § 15 Abs. 1 K-LRHG abschließend benannten Personenkreis zur Kenntnis zu bringen sind, durch Abs. 2 leg. cit. eine unmissverständliche Geheimhaltungspflicht durch die Verpflichtung zur vertraulichen Behandlung auch einfachgesetzlich normiert.

Diese hat der belangte Auftraggeber im vorliegenden Fall durch die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten aus dem Bericht des Landesrechnungshofes am 28. November 2003 nicht beachtet. Ebenso hat er sich über die auf Grund eindeutig erkennbarer Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers (der Begriff 'Partei' in Art 20 Abs. 3 B-VG ist im weitesten Sinn zu verstehen; er umfasst nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1992, Zl. 91/01/0201, alle Personen, die aus irgendeinem Anlass mit Behörden in Berührung kommen) bestehende bundes- und landesverfassungsrechtliche Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit hinweg gesetzt.

Gleiches gilt für die Information über die vom Landeshauptmann verlangte disziplinarrechtliche Prüfung der im Landesrechnungshofbericht aufgezeigten Vorgangsweise des Beschwerdeführers. Zu diesem Zeitpunkt waren diese Tatsachen der Öffentlichkeit nicht bekannt, sodass für sie die Geheimhaltungspflicht des § 1 Abs. 1 DSG 2000 und des Art. 20 Abs. 3 B-VG gegolten hat. Angesichts des vorläufigen Charakters der Überprüfungsergebnisse steht diese Geheimhaltungsverpflichtung auch nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 2 Z 6 DSG 2000. Das Ermittlungsverfahren hat darüber hinaus auch keinen Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 8 DSG 2000 ergeben.

Damit hat der belangte Auftraggeber mangels einer gesetzlichen Grundlage für sein Vorgehen den Beschwerdeführer im Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 DSG 2000 verletzt. Die vom belangten Auftraggeber vorgebrachten Argumente wie 'ein legitimes Interesse der Öffentlichkeit an Information über allfällige Unregelmäßigkeiten beziehungsweise eingeleitete Maßnahmen der verantwortlichen Stellen (Aufsicht – Innerer Dienst) zur Aufklärung derselben', da der vom Beschwerdeführer geleitete Verein zu einem großen Teil mit öffentlichen Geldern finanziert werde, die allenfalls im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung Beachtung finden könnten, sind daher im vorliegenden Fall ohne Relevanz.

Diese Verletzung war daher dem Beschwerdebegehren folgend festzustellen.

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