JudikaturDSB

K120.761/0002-DSK/2004 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2004

Text

B e s c h e i d

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. DUSCHANEK, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie im Beisein des Schriftführers Mag. SUDA in

ihrer Sitzung vom 27. Februar 2004 folgenden Beschluss gefasst.

S p r u c h

Über die Beschwerde des D. in Wien (in der Folge: Beschwerdeführer), vertreten durch R., Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bundesminister für Inneres in Wien (in der Folge auch: BMI, Beschwerdegegner) wegen Verletzung des Rechtes auf Auskunft gemäß § 26 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr. 165/1999 in der Fassung BGBl I Nr. 136/2001 (DSG 2000) wird gemäß § 31 DSG 2000 wie folgt entschieden:

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Dem Bundesminister für Inneres wird aufgetragen, dem Beschwerdeführer binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides Auskunft über die hinsichtlich der DNA-Auswertung gespeicherten Daten zu erteilen: Es ist dem Beschwerdeführer die Auswertung der DNA-Untersuchung zu überlassen bzw. ein Gleichstück des dabei aufgenommenen Filmstreifens auszufolgen.

B e g r ü n d u n g

Sachverhalt:

Am 16. Dezember 1999 wurde von der Bundespolizeidirektion Wels beim Beschwerdeführer ein Mundhöhlenabstrich vorgenommen, um die DNA-Daten des Beschwerdeführers ermitteln zu können.

Bereits zu diesem Zeitpunkt beantragte der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Wels, ihm eine Auswertung der DNA-Analyse, d.h. ein 'Gleichstück des fotographischen Streifens', zu übermitteln.

Da dieser Antrag des Beschwerdeführers nicht fristgerecht einer Erledigung zugeführt wurde, stellte der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 AVG am 19. Juni 2000 einen Devolutionsantrag an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich.

Diese teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 2. August 2000 mit, dass in der zentralen Informationssammlung des Bundesministeriums für Inneres erkennungsdienstliche Daten (Person, Lichtbild, DNA-Profil und Fingerabdrücke) des Beschwerdeführers verarbeitet würden und dass gemäß § 62 Abs. 2 SPG 'im Übrigen keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten ermittelt und verarbeitet' worden seien.

Da den Beschwerdeführer diese Mitteilung nicht zufrieden stellte, brachte er am 7. Februar 2001 einen Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit an den Bundesminister für Inneres ein.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 gab das Bundesministerium für Inneres dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers statt, wies jedoch unter einem den Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Dezember 1999 auf Erhalt einer schriftlichen Ausfertigung des Ergebnisses der am Beschwerdeführer vorgenommenen DNA-Untersuchung gemäß § 79 Abs. 2 SPG ab. Begründend führte das Bundesministerium für Inneres aus, dass das Auskunftspflichtgesetz gemäß § 6 leg. cit. dann nicht anzuwenden wäre, wenn nach anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten bestünden. Derartige Auskunftspflichten wären im SPG insbesondere in den §§ 62 und 79 normiert, weshalb auf den vorliegenden Fall das Auskunftspflichtgesetz keine Anwendung finde.

Auch die einschlägigen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes fänden im Hinblick auf § 80 SPG keine Anwendung.

Für den Bereich 'Erkennungsdienst' werde in § 79 Abs. 2 SPG normiert, dass hinsichtlich der verarbeiteten erkennungsdienstlichen Daten außerhalb der in Abs. 1 genannten Verfahren (Löschung erkennungsdienstlicher Daten von amtswegen oder auf Antrag des Betroffenen) kein Recht auf Akteneinsicht bestünde.

Daraus ergebe sich, dass damit auch die vom Beschwerdeführer begehrten Übermittlungen einer schriftlichen Ausfertigung des seine Person betreffenden Untersuchungsergebnisses bzw. (die Ausfolgung) von Untersuchungsmaterial nicht zulässig wäre, weil dies im Gesetz u.a. hinsichtlich von DNA-Untersuchungen ausgeschlossen worden wäre.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2001 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an die Datenschutzkommission und stellte insbesondere den Antrag an die Datenschutzkommission, 'die Verletzung des Antragstellers im Recht auf Auskunftserteilung festzustellen, und zwar insbesondere dadurch, dass weder von der Bundespolizeidirektion Wels, noch vom Bundesminister für Inneres das Auskunftsbegehren innerhalb der in § 26 Abs. 4 DSG bestimmten Frist einer Erledigung zugeführt wurde, sowie dadurch, dass die beantragte Überlassung einer Auswertung der DNA-Untersuchung bzw. eines Gleichstücks des dabei aufgenommenen Filmstreifens nicht erfolgte'.

In einem ergänzenden Schriftsatz vom 17. Juli 2001 beantragte der Beschwerdeführer auch ausdrücklich die Hinwirkung seitens der Datenschutzkommission auf die beantragte Auskunftserteilung.

Das Bundesministerium erstattete seine Stellungnahme zu diesem Vorbringen mit Schreiben vom 4. September 2001.

Im Rahmen der Gewährung von Parteiengehör vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, dass er auf Grund von § 62 SPG Anspruch auf die Auskunftserteilung hinsichtlich der seine Person betreffenden Datenverarbeitungen gemäß § 57 Abs. 1 SPG habe, wozu auch die EDV-gestützte Verarbeitung seiner ausgewerteten DNA-Sequenz zähle.

Die Datenschutzkommission führte am 31. Jänner 2002 einen Lokalaugenschein in der EDV-Zentrale des Bundesministeriums für Inneres, Berggasse 43, 1090 Wien durch.

Im Rahmen dieses Augenscheines wurde erhoben, dass in die Informationssammlung nach § 57 SPG (2. Hauptstück) nur solche Daten aufgenommen würden, welche nicht auf Grund eines Verfahrens nach den §§ 65ff SPG ermittelt worden seien. Insoferne liege bei der Auskunftserteilung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich ein Irrtum vor; dies habe mittlerweile auch der Approbant der damaligen Amtshandlung bestätigt.

Daten, welche durch erkennungsdienstliche Behandlung (§§ 65ff SPG) erhoben worden seien, würden lediglich in der Informationssammlung nach § 75 SPG (3. Hauptstück) verarbeitet.

DNA-Profile würden durch erkennungsdienstliche Behandlung gewonnen.

In der Erkennungsdienstlichen Evidenz werde allerdings nur das Vorhandensein eines DNA-Profils vermerkt, das DNA-Profil selbst werde von zwei Dienstleistern, den Instituten für gerichtliche Medizin der Universitäten in Salzburg und Innsbruck, in einen Zahlencode übersetzt. Dieser Zahlencode werde zurück an das Bundesministerium für Inneres übermittelt und dezentral in einem Rechner der EDV-Zentrale des Bundesministeriums für Inneres gespeichert.

Weiters wurde im Laufe des Lokalaugenscheins neben anderen Ausdrucken aus der EKIS-Datei ein Speicherauszug aus der erkennungsdienstlichen Evidenz vorgelegt, aus welchem das Vorhandensein eines DNA-Profiles hervorging.

Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wies die Datenschutzkommission die Beschwerde mit Bescheid vom 15. März 2002 mit der Begründung ab, das DNA Profil habe keinen Eingang in der Informationssammlung nach § 37 SPG gefunden und eine Auskunftserteilung nach dem DSG sei bezüglich erkennungsdienstlicher Daten durch § 80 SPG ausdrücklich ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 25. August 2002 eine auf Art. 144 BVG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung – des § 80 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl Nr. 566/1991, (SPG) - behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wurde.

Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am 12. Dezember 2002 gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge '§ 11 und' in § 80 SPG von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom 29. September 2003, G 385/02, hat der Verfassungsgerichtsgerichtshof ausgesprochen, dass diese Wortfolge verfassungswidrig war.

(Anmerkung: der Verfassungsgerichtshof hatte nicht mit Aufhebung der als verfassungswidrig erkannten Wortfolge des SPG vorzugehen, sondern auszusprechen, dass diese Gesetzesstelle verfassungswidrig war. Sie gehörte nämlich nicht mehr dem geltenden Rechtsbestand an: mit Bundesgesetz BGBl I Nr. 104/2002, Sicherheitspolizeigesetznovelle 2002, wurde § 80 SPG zur Gänze neu gefasst. Diese Novelle trat mit 1. Oktober 2002 in Kraft.)

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen stützten sich übereinstimmend auf die Vorbringen des Beschwerdeführers und der belangten Behörde, auf die von diesen vorgelegten Urkunden, auf die Ergebnisse des Lokalaugenscheins der Datenschutzkommission in der EDV-Zentrale des Bundesministeriums für Inneres vom 31. Jänner 2002 sowie auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 2003, Zahl G 385/02, sowie vom 27. November 2003, Zahl B 813/02.

Daraus folgt in rechtlicher Hinsicht:

Gemäß § 26 Abs. 1 DSG 2000 hat der Auftraggeber dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. (...) Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung, sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen.

Der Anspruch auf Auskunft enthält also das Recht, Auskunft über 'die verarbeiteten Daten in allgemein verständlicher Form' zu erhalten. Dies bedeutet, dass der Betroffene nicht nur über die Art (Kategorien) der über ihn verarbeiteten Daten aufzuklären ist, sondern dass ihm auch der Inhalt derselben bekannt zu geben ist.

Es genügt daher nicht festzustellen, dass etwa eine DNA-Auswertung gespeichert sei, sondern es muss offengelegt werden, wie die tatsächlichen Eintragungen bei dieser Datenart lauten.

Da dem Beschwerdeführer keine diesen Grundsätzen entsprechende Auskunft vom Beschwerdegegner erteilt worden war, war spruchgemäß zu entscheiden.

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