JudikaturDSB

K120.856/011-DSK/2003 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2003

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 12. Dezember 2003 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde des R. (in der Folge: Beschwerdeführer) gegen die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (in der Folge: Beschwerdegegner) vom 27. Jänner 2003, im Büro der Datenschutzkommission eingelangt am 5. März 2003, wegen Verletzung in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr. 165/1999 idgF (DSG 2000) wird gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Sachverhalt:

Ein der Datenschutzkommission namentlich bekannter Gendarmeriebeamter des Gendarmeriepostens W. versah am 4. April 2002 im Ortszentrum von W., Kreuzung H-straße/L-gasse, Schulwegsicherungsdienst.

Um 7.43 Uhr nahm der Gendarmeriebeamte den PKW des ihm persönlich bekannten Beschwerdeführers wahr und erkannte den Beschwerdeführer als Lenker, als dieser sich auf der Hauptstraße dem Standort des Beamten näherte. Der Gendarmeriebeamte erkannte im Verhalten des Beschwerdeführers den Verdacht einer Verwaltungsübertretung, nämlich den Verstoß gegen § 29a Abs. 1 StVO. Demnach hat der Lenker eines Fahrzeuges, wenn er zu erkennen vermag, dass Kinder die Fahrbahn einzeln oder in Gruppen, sei es beaufsichtigt oder unbeaufsichtigt, überqueren oder überqueren wollen, ihnen das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen und zu diesem Zwecke erforderlichenfalls auch anzuhalten.

Daraufhin erstattete der Gendarmeriebeamte Anzeige gegen den Beschwerdeführer und gab dabei folgende Daten des Beschwerdeführers an: 'Vor- und Familienname, Geburtsdatum und Geburtsort, Adresse, Führerscheinarten sowie ausstellende Behörde und Ausstellungsdatum des selben.'

Der Beschwerdeführer erachtete sich durch diese seiner Meinung nach titellose Verwendung seiner personenbezogenen Daten in seinem Grundrecht auf Datenschutz verletzt und erhob daher Beschwerde vor der Datenschutzkommission.

Diese forderte die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung, für welche der namentlich genannte Gendarmeriebeamte als Organ der Schulwegsicherung tätig war, zur Stellungnahme auf.

Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2003 legte die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung eine Stellungnahme des Gendarmeriebeamten vor, in welcher dieser ausführte, dass ihm der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1995 auf Grund von zahlreichen Amtshandlungen persönlich bekannt sei. Da er anlässlich der gegenständlichen dienstlichen Wahrnehmung, welche zur Erstattung der Verwaltungsanzeige geführt habe, eindeutig den Beschwerdeführer als Lenker des roten VW-Golfes mit dem näher angeführten Kennzeichen erkennen habe können, habe er in der VStG-Anzeige neben dem Kennzeichen und der Beschreibung des Fahrzeuges auch die persönlichen Daten des Fahrzeuglenkers angeführt.

Diese Daten entstammten seinem dienstlichen Notizbuch und wären schon bei früheren Amtshandlungen, welche zu näher erwähnten Anzeigen geführt hätten, aufgenommen und vermerkt worden. Keinesfalls stammten diese Daten aus EKIS-Auskünften oder anderen unzulässigen Quellen.

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen stützen sich auf die Vorbringen der Verfahrensparteien sowie auf die von diesen vorgelegten Urkunden.

Die Angaben des Gendarmeriebeamten sind insbesondere deshalb als glaubwürdig anzusehen, als der Gendarmeriebeamte schon mehrfach Verwaltungsstrafanzeigen gegen den Beschwerdeführer erstattet hatte und es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass Notizen eines Gendarmeriebeamten - besonders nach mehrmaliger dienstlicher Verwendung - verlässlich sind.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, sich zu der Stellungnahme des Beschwerdegegners zu äußern, wovon dieser auch Gebrauch machte.

Die Datenschutzkommission hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere in Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, hat.

Gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) genannten Gründen notwendig sind.

Im gegenständlichen Zusammenhang kommt als den Anspruch auf Geheimhaltung iSd § 1 Abs. 1 DSG 2000 zulässigerweise beschränkende Bestimmung insbes. § 25 Abs .1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) in Frage:

Gemäß § 25 Abs. 1 VStG sind Verwaltungsübertretungen (mit Ausnahme des Falles des § 56) von Amts wegen zu verfolgen. Der Verdacht einer Verwaltungsübertretung (§ 29a Abs. 1 iVm § 99 Abs. 3 lit.j Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO) war hier gegeben.

Somit sind Polizei- und Gendarmeriebeamte in ihrer Rolle als Exekutivorgane der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde dienstlich verpflichtet, wenn sie in Ausübung ihres Dienstes Verwaltungsübertretungen wahrnehmen, diese zur Anzeige zu bringen.

Für eine derartige Anzeigenerstattung Daten zu verwenden, die einem Polizei- oder Gendarmeriebeamten aus vorangegangenen Amtshandlungen bekannt sind oder die von diesem in einem dienstlichen Notizbuch geführt werden, ist rechtlich betrachtet unbedenklich.

Nach der Rechtsprechung der Datenschutzkommission ist die Erhebung von Daten dann zulässig, wenn die Datenverwendung denkmöglich notwendig ist.

Im vorliegenden Fall sind alle vom Gendarmeriebeamten angeführten Daten für eine Anzeigenerstattung denkmöglich erforderlich.

Daten aus dem Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystem EKIS wurden nicht verwendet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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