JudikaturDSB

K120.872/009-DSK/2003 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
14. November 2003

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 14. November 2003 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Über die Beschwerde des T (Beschwerdeführer) in Z, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Z, vom 1. Juli 2003 gegen das Fernmeldebüro Y (belangtes Organ) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung von personenbezogenen Daten durch Anführung des Namens und des Geburtsdatums sowie der Adresse des Beschwerdeführers in dem an den Anzeigeleger gerichteten Auskunftsersuchen vom 18. Juli 2002 im Zuge eines gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahrens nach § 104 Abs. 3 Z 24 und § 104 Abs. 1 Z 5 des Telekommunikationsgesetzes, wird gemäß § 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr.165/1999 idF BGBl I Nr. 136/2001, wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 1 iVm 8 Abs. 1 Z. 4 und Abs. 2 DSG 2000, abgewiesen.

Begründung:

In seiner am 1. Juli 2003 erhobenen Beschwerde, auftragsgemäß verbessert mit Schriftsatz vom 4. August 2003, machte der Beschwerdeführer geltend, das belangte Organ habe in dem gegen ihn im Jahr 2002 nach dem Telekommunikationsgesetz durchgeführten Strafverfahren mit dem Anzeiger X regen Telefonkontakt unterhalten und diesem am 18. Juli 2002 in einem Schreiben mit der GZ. bbb/02 seine Daten bekannt gegeben.

Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird angenommen:

Der Beschwerdeführer ist nach außen vertretungsbefugtes Organ der W Limited, einer Gesellschaft nach maltesischem Recht. Gegen ihn wurde vom belangten Organ auf Grund einer Anzeige vom 25. Mai 2002 ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 104 Abs. 3 Z 24 iVm § 101 Abs. 1 Z 5 TKG (Tätigung eines Anrufes bzw. Zusendung einer elektronischen Post zu Werbezwecken ohne vorherige Zustimmung des Empfängers) sowie § 104 Abs. 1 Z 5 iVm § 75 Abs. 1 Z 2 TKG (missbräuchliche Verwendung eines Endgerätes), jeweils iVm § 9 Abs. 1 VStG, durchgeführt. Herr X hatte in dieser Anzeige ausgeführt, er habe ohne seine Zustimmung SMS-Werbebotschaften mit einer kostenpflichtigen Rückrufnummer erhalten.

Die Sachbearbeiterin des belangten Organs ersuchte Herrn X daraufhin am 3. Juni 2002 telefonisch um Mitteilung des genauen Wortlautes dieser Nachrichten. Diesem Wunsch kam Herr X am selben Tag mittels eines Telefax nach.

Am 18. Juli 2002 sendete das belangte Organ an Herrn X ein Schreiben, das den Betreff: 'T, geb. 13.10.1967 (Fa. W Ltd.), C-Gasse 3, Z' trug. In diesem Schreiben wurde Herrn X mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer zu seiner Rechtfertigung angegeben habe, ihm sei die Handy-Nummer von Herrn X am 27.4.2002 telefonisch durchgegeben worden. Es sei ausdrücklich die Genehmigung zur Zusendung von SMS-Nachrichten erteilt worden. Es sei ohne Rufnummernunterdrückung beim Beschwerdeführer angerufen worden. Eine Mitarbeiterin des Beschwerdeführers habe die Rufnummer am Display ablesen können. Herr X wurde daher ersucht, auf Grund einer aktiven Rufdatenerfassung bei seinem Mobilnetzbetreiber zu überprüfen, ob am 27.4.2002 von seinem Handy-Anschluss aus eine Mehrwertnummer angerufen und die Erlaubnis zur Übermittlung von SMS-Nachrichten erteilt worden sei.

Herr X teilte daraufhin dem belangten Organ in einem Schreiben vom 23. Juli 2002 mit, er habe zwar beim Mehrwertdienst des vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmens angerufen, aber niemals die Genehmigung zur Zusendung von Werbe-SMS erteilt. Mit Straferkenntnis des belangten Organs vom 9. Oktober 2002 wurde der Beschwerdeführer schließlich der ihm als vertretungsbefugtes Organ der W Ltd. vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt. Gegen das Straferkenntnis hat er Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land P erhoben.

Der Beschwerdeführer ist unter seinem Namen ins elektronische Telefonbuch eingetragen, wo auch seine Adresse (identisch mit der Adresse der W Ltd.) aufscheint. Die W Ltd. ist in Österreich ins Firmenbuch eingetragen. In der Rubrik 'Personen' scheint dort als Geschäftsführer sowie ständiger Vertreter der Beschwerdeführer mit seinem Geburtsdatum auf. Im Firmenbuch ist auch eine Suche mit dem Namen einer 'Person', die in einem eingetragenen Rechtsträger eine Funktion ausübt, möglich.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf den Beschwerdebehauptungen und den damit übereinstimmenden, zusammen mit der Beschwerde vorgelegten, Aktenkopien des belangten Organs bzw. des Unabhängigen Verwaltungssenats für das Land P aus dem gegen den Beschwerdeführer durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren nach dem TKG, in denen auch ein Firmenbuchauszug der W Ltd. enthalten ist, weiters auf einer Abfrage des elektronischen Telefonbuches nach seinem Namen sowie einer Information auf der Website des Bundesministeriums für Justiz zur Firmenbuchabfrage. Die beiden letztgenannten Beweismittel wurden dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vorgehalten. Er hat ihre sachliche Richtigkeit nicht bestritten.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind. Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

Nach § 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000 sind schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nicht sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern. Gemäß § 8 Abs. 2 DSG 2000 gelten bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt.

Gemäß § 19 Abs. 2 AVG hat die Behörde in einer Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. Diese Bestimmung ist gemäß § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991 (VStG), auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2002 hat das belangte Fernmeldebüro Herrn X aufgefordert, eine aktive Rufdatenerfassung durchzuführen und das Ergebnis schriftlich vorzulegen. Auch wenn es sich bei diesem Schreiben um keine Ladung sondern lediglich um eine Aufforderung zur Urkundenvorlage handelt, war für das Fernmeldebüro die Anführung des Namens des Beschwerdeführers als Gegenstand der Amtshandlung nach der Lage des Falles zumindest zulässig wenn nicht sogar geboten, ist doch die Bekanntgabe des Grundes für das behördliche Tätigwerdens an die Person, an die die Behörde herantritt, Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens. Als Maßstab für den Umfang der Bekanntgabe des Verfahrensgegenstandes ist auch für Aufträge zur Urkundenvorlage § 19 Abs. 2 AVG heranzuziehen (vgl. zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 AVG zum Zweck von Urkundenvorlagen Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7 (1999), Rz. 337).

Eine bloße Angabe der angezeigten Mehrwertnummer, welche nach Auffassung des Beschwerdeführers dem X zur Orientierung hätte genügen müssen, kann nicht als ausreichende Bezeichnung des 'Gegenstandes der Amtshandlung' im Sinn von § 19 Abs. 2 AVG angesehen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient diese Vorschrift nämlich dazu, den Adressaten darüber in eindeutiger Weise in Kenntnis zu setzen, sodass er nicht darauf angewiesen ist, auf Grund anderer Angaben im behördlichen Schreiben Vermutungen darüber anzustellen oder gar Erhebungen dazu zu führen, was Gegenstand der Amtshandlung sein könnte (vgl. das Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2002/11/0336). Dies wäre durch die bloße Nennung einer Telefonnummer keinesfalls gewährleistet. Vielmehr muss deutlich zum Ausdruck kommen, dass es sich um ein Verwaltungsstrafverfahren handelt, und ist es in einem solchen zwecks Eindeutigkeit auch als erforderlich anzusehen, den Namen des Beschuldigten zu nennen.

Somit steht die Nennung des Namens des Beschwerdeführers im Schreiben vom 18. Juli 2002 an Herrn X mit den verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften im Einklang. Auch wenn mangels ausdrücklicher Bezugnahme des § 19 Abs. 2 AVG auf bloße Aufträge zur Urkundenvorlage vom Vorliegen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung oder Verpflichtung (§ 8 Abs. 1 Z 1 DSG 2000) nicht ausgegangen werden kann, so ist doch auf Grund der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden Verpflichtung der Behörde zur umfassenden Information des Adressaten, auch wenn es sich 'nur' um einen Auftrag zur Urkundenvorlage handelt, jedenfalls von überwiegenden berechtigten Interessen der Behörde (an einer effizienten Strafverfolgung) sowie des Adressaten (an der Kenntnis der Ursache für das behördliche Herantreten an ihn) auszugehen, sodass nach § 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000 ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Beschwerdeführers dadurch nicht verletzt worden ist.

Erkennt man aber die Anführung des Namens als rechtmäßig, so kann im vorliegenden Fall auch durch die Nennung von Geburtsdatum und Adresse im Schreiben vom 18. Juli 2002 eine Rechtsverletzung nicht eingetreten sein. Diese Daten sind nämlich bei Kenntnis des Namens des Beschwerdeführers dem elektronischen Telefonbuch (einheitliches Gesamtverzeichnis: §§ 19, 26, 92 Abs. 1 Z 3 und 96 des im beschwerderelevanten Zeitraum noch geltenden Telekommunikationsgesetzes, BGBl I Nr. 100/1997) bzw. dem Firmenbuch (vgl. § 34 Abs. 1 des Firmenbuchgesetzes, BGBl Nr. 10/1991) zu entnehmen, und somit als allgemein zugänglich anzusehen, sodass ein schutzwürdiges Interesse an einer Geheimhaltung dieser Daten nach dem zweiten Satz des § 1 Abs. 1 DSG 2000 iVm § 8 Abs. 2 DSG 2000 ausgeschlossen ist. Daran vermag auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei alleine durch eine Telefonbuchabfrage nicht eindeutig identifizierbar bzw. ein Abfragen des Firmenbuches sei nicht zu erwarten gewesen, nichts zu ändern. Im Übrigen sei auch noch auf § 6 Abs. 1 Z 2 des E-Commerce-Gesetzes (ECG), BGBl I Nr. 152/2001, hingewiesen, wonach ein Diensteanbieter dafür zu sorgen hat, dass eine kommerzielle Kommunikation, die Bestandteil eines Dienstes der Informationsgesellschaft ist oder einen solchen Dienst darstellt, die natürliche oder juristische Person, die die kommerzielle Kommunikation in Auftrag gegeben hat, erkennen lässt.

Jedenfalls im Wege des Firmenbuches hätte Herr X, dem durch diese Bestimmung ein Anspruch auf Bekanntgabe der W Ltd. als Auftraggeber von an ihn adressierter elektronischer Kommunikation eingeräumt wird, den Beschwerdeführer als einziges nach außen vertretungsbefugtes Organ dieser Gesellschaft und damit als einzigen in Betracht kommenden Beschuldigten des vom belangten Auftraggeber geführten Verwaltungsstrafverfahrens zulässigerweise ermitteln können. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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