JudikaturDSB

K120.569/002-DSK/2003 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2003

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. FLENDROVSKY in ihrer Sitzung vom 11. Juli 2003 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Über die datenschutzrechtliche Beschwerde des D (Beschwerdeführer) vom 4. März 1997 (Eingangsdatum) gegen die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (belangtes Organ), wird gemäß § 61 Abs 3 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001 (DSG 2000), und §§ 1 Abs 1 und 2, 7 Abs 2 und 36 Abs. 1 Z 1 Datenschutzgesetz, BGBl. Nr. 565/1978 idF BGBl Nr 632/1994 (DSG), wie folgt entschieden:

Die Beschwerde mit dem Vorbringen, im Juni 1996 durch

1. Übermittlung einer Kopie des Bescheides (Erkenntnisses) des Unabhängigen Verwaltungssenats für Oberösterreich vom 3. April 1996, VwSen-XXXXX1/9/XXX/XX, an die Bundespolizeidirektion Linz (Dienstbehörde des Beschwerdeführers) und

2. durch Übermittlung einer Kopie des Berufungsbescheides des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 23. April 1996, Gz:

VerkR-XXX.9XX/6-1996/XXX an die Bundespolizeidirektion Linz (Dienstbehörde des Beschwerdeführers) im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs. 1 DSG verletzt worden zu sein,

sowie dem Antrag auf Feststellung dieser Rechtsverletzung wird hinsichtlich beider Punkte als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte dieser Beschwerde wird auf die Bescheide der Datenschutzkommission vom 19. Dezember 1996, GZ 120.516/12- DSK/96 und vom 6. Mai 1998, GZ 120.568/6-DSK/98, hingewiesen. Die vorliegende Beschwerde bezieht sich auf die Übermittlung eines Berufungsbescheides des Unabhängigen Verwaltungssenats für Oberösterreich (betreffend Verwaltungsstrafen) und eines Berufungsbescheides des Landeshauptmanns von Oberösterreich (betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung) von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung an die Bundespolizeidirektion Linz. Der Beschwerdeführer verweist dazu auf den Bescheid der Datenschutzkommission vom 19. Dezember 1996, GZ 120.516/12-DSK/96, und führt dazu in rechtlicher Hinsicht aus, die Übermittlung der betreffenden Berufungsentscheidungen sei für die der Bundespolizeidirektion Linz als Disziplinarbehörde übertragenen Aufgaben nicht mehr wesentliche Voraussetzung gewesen, da diese bereits durch den im zitierten Bescheid der Datenschutzkommission festgestellten Sachverhalt von den gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfen unterrichtet gewesen sei.

Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einholung einer Stellungnahme des belangten Organs sowie durch Einsichtnahme in die betreffenden Verwaltungsakten; dem Beschwerdeführer wurde zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör gewährt.

Es wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer hatte ursprünglich in zwei von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren (VerKRXXXXXXX-1994-XX/XX und VerkRXXXXXXX-1995-XX/XX) gemäß § 103 Abs. 2 KFG als Zulassungsbesitzer für die Tatzeit eine Person als Fahrzeuglenker angegeben, die zwischen dem Zeitpunkt der Übertretung und dem Zeitpunkt der Lenkeranfrage verstorben war. Da der Wohnsitz dieser Person in den Wirkungsbereich der Bundespolizeidirektion Linz fiel, waren diese Verwaltungsstrafverfahren an die Bundespolizeidirektion Linz abgetreten worden. Aufgrund der Feststellungen der Bundespolizeidirektion Linz, dass die als Lenker angegebene Person verstorben war, wurden die Verwaltungsstrafverfahren an die BH Urfahr-Umgebung rückgemittelt, die Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 134 Abs 1 iVm § 103 Abs 2 KFG 1967 (unrichtige Lenkerauskunft) einleitete. Mit Straferkenntnissen vom 19. Juni 1995, Gz: VerkRXXXXXXX-1995- XX/XX und VerKRXXXXXXX-1994-XX/XX wurden über den Beschwerdeführer deswegen jeweils eine Geldstrafe in Höhe von ATS 5.000,-- verhängt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom 3. April 1996, Gz: VwSen-XXXXXX1/9/XXX/XX und VwSen-XXXXXX/7/XXX/XX, wurden die Strafen auf jeweils ATS 3.000,-- plus Kostenbeiträge von jeweils ATS 300,-- herabgesetzt.

Mit nicht vollständig in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis vom 27. März 1995, Zl. VerkRXXXXXXX-1994- XX/XX, wurden gegen den Beschwerdeführer mehrere Verwaltungsstrafen in Höhe von insgesamt ATS 33.000,-- (Strafe/Kosten/Barauslagen) wegen diverser StVO-Übertretungen (Schnellfahren auf der Autobahn A7 am 8. Dezember 1994) verhängt. Parallel dazu wurde wegen des selben Vorfalls dem Beschwerdeführer mit (Mandats )Bescheid des belangten Organs vom 28. Dezember 1994, Zl. VerkRXXXXXX-1994 X/X, die Lenkerberechtigung Gruppe B für die Dauer von 12 Monaten entzogen. Nach Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 20. Juni 1995, Zl. VerkRXXXXXX-1994 X/X, die Entziehung der Lenkerberechtigung neuerlich für die Dauer von 12 Monaten ausgesprochen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Landeshauptmann von Oberösterreich; das belangte Organ legte darauf hin am 11. Juli 1995 den Verwaltungsakt dem Amt der oberösterreichischen Landesregierung vor. Der Landeshauptmann von Oberösterreich behob den Bescheid des belangten Organs mit Berufungsbescheid vom 23. April 1996, Gz: VerkRXXX.9XX/6-1996/XXX, wegen geänderter Beurteilung einer Vorfrage hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zu Last gelegten Verwaltungsübertretungen durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes

Oberösterreich im Erkenntnis vom 5. Dezember 1995, Gz:

VwSenXXXXXXX/6/XX/XX.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt der zitierten Verwaltungsakten.

Mit Schreiben vom 11. Mai 1995 wurde von der Abteilung III, dem Strafamt der Bundespolizeidirektion Linz, die Dienstbehörde des Beschwerdeführers, nämlich das Zentralinspektorat der Sicherheitswache der Bundespolizeidirektion Linz im Wege der Präsidialabteilung verständigt. Diese Verständigung erfolgte aufgrund einer Dienstanweisung des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. April 1993, Zahl P – YYYY - , wonach '...die Dienstbehörde von Amtshandlungen gegen Bedienstete von Gebietskörperschaften' zur Prüfung, ob die Voraussetzung zur Erstattung einer Disziplinaranzeige und in weiterer Folge mögliche Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorliegen, zu verständigen ist. Am 8. Juni 1995 ersuchte das Zentralinspektorat der Sicherheitswache bei der Bundespolizeidirektion Linz das belangte Organ telefonisch, Informationen über Fortgang und Abschluss der gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren zu übermitteln. Darauf übermittelte das belangte Organ am 19. Juni 1995 die unter den Geschäftszeichen VerkRXXXXXX-1995, VerkRXXXXXXX-1994 und VerkRXXXXXXX-1994 ergangenen Straferkenntnisse an das Zentralinspektorat der Sicherheitswache bei der Bundespolizeidirektion Linz.

Über eine diese Übermittlung von Daten in Form einer Urkundenkopie rügende Beschwerde gegen die Bezirkshauptmannschaft Urfahr hat die Datenschutzkommission mit Spruchpunkt 2. des rechtskräftigen Bescheids vom 19. Dezember 1996, GZ 120.516/12-DSK/96 abweisend entschieden

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus den zitierten Verwaltungsakten sowie dem Bescheid der Datenschutzkommission vom 19. Dezember 1996, GZ 120.516/12- DSK/96.

Am 26. April 1996 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung auf dem Postweg eine Kopie des Aktes VerkRXXXXXX-1994 XX/XX, eine Kopie des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenats für Oberösterreich vom 3. April 1996, Gz: VwSen-XXXXXX/9/XX/XX und VwSen-XXXXXX/7/XX/XX, sowie des Berufungsbescheids des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 23. April 1996, Gz: VerkRXXXXXXXX/6-1996/XXX, an die Bundespolizeidirektion Linz als Dienstbehörde des Beschwerdeführers.

Beweiswürdigung: Die Feststellungen hinsichtlich der Übermittlung von Kopien der aufgezählten Bescheide stützen sich auf den Akt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung,

Gz: VerkRXXXXXX-1994 XX/XX, insbesondere den auf dem Blatt 'Verwaltungsstrafen' (Ausdruck der örtlichen Evidenz der ungetilgten Verwaltungsstrafen) angebrachten handschriftlichen Vermerk vom 26.4.1996. Diese Feststellung deckt sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers.

Rechtlich war zu erwägen:

Gemäß der Übergangsbestimmung § 61 Abs 3 DSG 2000 kommt zur rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auf Grund des Zeitpunkts des beschwerenden Ereignisses das DSG zur Anwendung.

Gemäß § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, hat. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind Beschränkungen dieses Rechts nur zur Wahrung berechtigter Interessen eines anderen oder aufgrund von Gesetzen zulässig, die aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind. Auch im Falle solcher Beschränkungen muss der vertraulichen Behandlung personenbezogener Daten Vorrang gegeben werden.

Im gegenständlichen Zusammenhang kommen als den Anspruch auf Geheimhaltung iSd § 1 Abs. 1 DSG zulässigerweise beschränkende Bestimmungen, insbesondere die §§ 43 und 109 BDG in Frage. Gemäß § 43 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 idF BGBl. I Nr. 138/1997 (BDG) hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Gemäß § 109 Abs. 1 BDG hat der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur Klarstellung erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstweg der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten.

Ohne Kenntnis der in den übermittelten Kopien enthaltenen Daten hätte eine Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers iSd § 109 Abs. 1 BDG durch die Dienstbehörde gar nicht erfolgen können und wäre eine Kontrolle der Einhaltung der Dienstpflichten nicht ausreichend gewährleistet.

Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers gilt dies auch für weitere Informationen zu Verwaltungsstrafverfahren und zu eng damit zusammenhängenden Verwaltungsverfahren (Entziehung der Lenkerberechtigung). Auch eine Kenntnisnahme von Ereignissen, die zeitlich und logisch an den möglichen Grund für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens anknüpfen, ist 'wesentliche Voraussetzung' (analog zu § 7 Abs 2 DSG, da keine automationsunterstützt verarbeiteten Daten sondern Kopien von Aktenteilen übermittelt wurden) für die Tätigkeit der Disziplinarbehörde, wobei hier noch Bedacht darauf zu nehmen ist, dass es sich um für den Beschwerdeführer dem Ergebnis nach günstige Behördenentscheidungen gehandelt hat.

Da der Beschwerdeführer als Sicherheitswachebeamter der BPD Linz dem Disziplinarrecht nach BDG untersteht, war die Übermittlung der Daten durch das belangte Organ an die Bundespolizeidirektion Linz als zulässig iSd § 1 Abs. 2 DSG anzusehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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