JudikaturDSB

K120.835/002-DSK/2003 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
25. März 2003

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. KLEISER, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 25. März 2003 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Über die Beschwerde des R aus E (Beschwerdeführer), vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in E, gegen die Bundespolizeidirektion Wien (belangtes Organ) vom 28. September 2002 wegen Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten, zuletzt eingeschränkt mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2002 auf die Feststellung der Verletzung im Löschungsrecht durch verspätete Durchführung der Löschung, wird gemäß §§ 1 Abs 3 Z 2, 27 Abs 1 und 4 und 31 Abs 2 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001 (DSG 2000) wie folgt entschieden:

- Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

In der mit Eingabe vom 28. September 2002 erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, durch das belangte Organ wegen Unterlassung der Löschung von ihn betreffenden personenbezogenen Daten in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Nach Stellungnahme des belangten Organs vom 14. November 2002, AZ: P XX0/XX/r/02, in der die – verspätete – Erledigung des Löschungsbegehrens mitgeteilt und nachgewiesen wurde, schränkte der Beschwerdeführer sein Begehren mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2002 auf die Feststellung ein, durch die nicht fristgerechte Erledigung des Löschungsbegehrens in seinem Recht auf Löschung und Verständigung gemäß § 27 Abs 4 DSG 2000 verletzt worden zu sein.

Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einholung einer Stellungnahme des belangten Organs sowie durch Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer und vom belangten Organ vorgelegten Urkundenkopien und Ausdrucke.

Es wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Nach einer Anzeige des Bezirkspolizeikommissariats X gegen den Beschwerdeführer wegen Verdachts des Vergehens gemäß § 218 StGB im Februar 2002 (Zahl Kr XX4/02) wurden Daten des Beschwerdeführers vom belangten Organ in der Datei gemäß § 57 Abs 1 Z 6 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl Nr 466/1991 in der damals anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 158/1998 (SPG), der Zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden, dem so genannten 'Kriminalpolizeilichen Aktenindex – KPA', verarbeitet.

Die gegen den Beschwerdeführer erstattete Anzeige wurde von der Staatsanwaltschaft Wien, Bezirksanwalt beim Bezirksgericht X, gemäß § 90 Abs 1 StPO zurückgelegt und der Beschwerdeführer davon am 8. Mai 2002 zu GZ: XX1 BAZ XX6/02s-1 benachrichtigt.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen stützen sich auf eigene Angaben des Beschwerdeführers sowie auf die der Beschwerde angeschlossene Kopie der zitierten Erledigung des öffentlichen Anklägers. Die Tatsache der Verarbeitung der Beschwerdeführerdaten ergibt sich aus der seitens des belangten Organs unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Beschwerdeführers sowie den zitierten Gesetzesbestimmungen.

Datierend vom 16. Juli 2002 richtete der inzwischen anwaltlich vertretene Beschwerdeführer mit eingeschriebenem Brief (Aufgabenummer XXX021 des Postamts XXX0 vom 17. Juli 2002) ein auf § 27 DSG 2000 und § 63 SPG gestütztes Löschungsbegehren betreffend dieser Daten an das belangte Organ.

Beweiswürdigung: Diese Feststellung ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkundenkopien ('Antrag' und Aufgabeschein wie zitiert).

Nachdem das belangte Organ auf das Löschungsbegehren nicht reagierte, erhob der Beschwerdeführer am 28. September 2002 Beschwerde an die Datenschutzkommission wegen Verletzung seines Rechts auf Löschung personenbezogener Daten. Die Datenschutzkommission forderte mit Erledigung vom 13. Oktober 2002, GZ K120.835/002-DSK/2002, das belangte Organ unter Fristsetzung zur Stellungnahme auf. Mit Stellungnahme vom 14. November 2002, AZ: P XX0/XX/r/02, gestand das belangte Organ zu, das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers sei berechtigt, wäre durch einen Organisationsfehler aber falsch zugeteilt und daher verspätet erledigt worden. In der Sache selbst wurden die im KPA verarbeiteten Daten des Beschwerdeführers vor dem 14. November 2002 gelöscht und dem Beschwerdeführer dies mit Erledigung vom 6. November 2002, AZ:

P XX0/XX/r/02 iVm P XX4/XX4/r/02, mitgeteilt.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen basieren hinsichtlich Zeit und Inhalt der Beschwerdeerhebung auf dem Inhalt der Verwaltungsakten der Datenschutzkommission. Die Feststellungen zur Behandlung des Löschungsbegehrens folgend dem Vorbringen des belangten Organs in der Stellungnahme vom 14. November 2002, AZ: P XX0/XX/r/02. Dieses Vorbringen ist in sich geschlossen, steht mit den übrigen Verfahrensergebnissen nicht im Widerspruch und wird hinsichtlich der erfolgten Löschung der Daten des Beschwerdeführers durch einen negativen KPA-Auszug vom 14. November 2002 bestätigt (verwendete Identifikatoren Name, Vorname, Geburtsdatum und Geburtsort korrekt laut vom Beschwerdeführer vorgelegter Reisepasskopie).

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

Gemäß der Verfassungsbestimmung von § 1 Abs 3 Z 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende Daten zur automationsunterstützten oder zur Verarbeitung in einer manuellen Datei bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.

In Ausführung dieser Verfassungsbestimmung bestimmt § 27 Abs 1 Z 2 DSG 2000 auf einfachgesetzlicher Ebene, dass jeder Auftraggeber unrichtige oder entgegen den Bestimmungen des DSG 2000 verarbeitete Daten auf begründeten Antrag des Betroffenen richtig zu stellen oder zu löschen hat. Gemäß Abs 4 leg.cit. hat der Auftraggeber alternativ binnen acht Wochen nach Einlagen des Begehrens (Antrags) die Löschung vorzunehmen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum dem Löschungsbegehren nicht Rechnung getragen wird.

Gemäß § 31 Abs 2 DSG 2000 ist die Datenschutzkommission gegenüber Auftraggebern des öffentlichen Bereichs, die nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig sind, zur Entscheidung über behauptete Verletzungen des Rechts auf Löschung zuständig.

2. Verletzung im Recht auf Löschung durch verspätete Löschung?, behaupteter Anspruch auf Feststellung:

Im Beschwerdefall steht für die Datenschutzkommission fest, dass der Hauptanspruch des subjektiv-öffentlichen Rechts auf Löschung eigener personenbezogener Daten vom belangten Organ als Auftraggeber jedenfalls vor Ende des Beschwerdeverfahrens erfüllt wurde. Dieses Recht umfasst den Anspruch, dass in unzulässiger Weise verarbeitete Daten jedenfalls auf Begehren des Betroffenen unverzüglich durch einen letzten Schritt der Datenverarbeitung (§ 4 Z 9 DSG 2000), nämlich die Löschung, jedweder Verwendung im Sinne von § 4 Z 8 DSG 2000 beim Auftraggeber auf Dauer entzogen werden. Diese Löschung aus der gegenständlichen Datei bzw. Datenanwendung im Rahmen eines Informationsverbundsystems, dem KPA, ist erfolgt.

Der Beschwerdeführer behauptet nun im Schriftsatz vom 15. Dezember 2002 durch Modifizierung seines Beschwerdeantrags ein Recht darauf, bescheidmäßig festgestellt zu erhalten, dass er durch die verspätete Vornahme der Löschung und Mitteilung derselben 'in seinem Recht auf Löschung und auf Verständigung binnen der achtwöchigen Frist des § 27 (4) DSG verletzt worden ist.'

Dieser Beschwerdeantrag ist aus folgenden Erwägungen unbegründet:

Hinsichtlich des Rechts auf Auskunft hat die Datenschutzkommission in einer Entscheidung aus jüngster Zeit (Bescheid der Datenschutzkommission vom 26. Februar 2002, GZ K120.760/004-DSK/2002, (veröffentlicht in der RIS-Datenbank http://www.ris.bka.gv.at/dsk/) ausgesprochen, dass die durch Verweigerung der Auskunft vom Auftraggeber verursachte rechtliche Beschwer mit Erteilung der Auskunft wegfällt. Die Datenschutzkommission dazu wörtlich: 'Da eine Beschwerde gemäß § 31 Abs 1 DSG 2000 nur die Erteilung einer Auskunft sicherstellen soll, ist im Fall einer erteilten Auskunft, mag diese auch verspätet erfolgt sein, das Ziel des § 26 Abs 1 DSG 2000 erreicht und somit der Betroffene nicht mehr beschwert (vgl. zu der insoweit unveränderten Rechtslage die zu den §§ 11 und 14 DSG 1979 ‚ [Anmerkung: wohl gemeint 'DSG' bzw. 'DSG 1978'] ergangene Entscheidung der Datenschutzkommission vom 4.6.1987, GZ 120.116).'

Die Datenschutzkommission legt §§ 1 Abs 3 Z 2 iVm § 27 Abs 4 DSG 2000 so aus, dass das Recht auf Löschung schon in der erstgenannten Verfassungsbestimmung inhaltlich festgelegt ist, und die folgenden einfachgesetzlichen Bestimmungen, darunter § 27 Abs 4 DSG 2000, nur die zur Geltendmachung des Rechts 'nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen'‚ notwendigen Details regeln. § 27 Abs 4 DSG 2000 normiert daher kein einfachgesetzliches Recht auf Recht auf 'Löschung und auf Verständigung binnen der achtwöchigen Frist' des § 27 Abs 4 DSG 2000 sondern regelt nur die näheren Bedingungen, unter denen die Löschung von Daten durchgesetzt werden kann. Insbesondere wird durch diese Bestimmung klar gestellt, dass der Betroffene erst nach Ablauf dieser Frist materiell berechtigt ist, eine Verletzung des Rechts auf Löschung vor der Datenschutzkommission geltend zu machen (veröffentlicht in der RIS-Datenbank http://www.ris.bka.gv.at/dsk/). Ein reiner Feststellungsbescheid muss sich entweder auf eine spezielle Rechtsgrundlage oder ein offenkundiges rechtliches Interesse an der Feststellung stützen (vgl. Bescheid der Datenschutzkommission vom 20.8.2002, GZ K120.645/003-DSK/2002, veröffentlicht in der RIS-Datenbank http://www.ris.bka.gv.at/dsk/).

Insoweit der begehrte Feststellungsbescheid im breiteren Zusammenhang ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung sein könnte, fehlt es an jeglichem Vorbringen des Beschwerdeführers.

Diese Fragen sind aber zu verneinen. Die Unterlassung der Löschung kann, wenn sie keine vorsätzliche Missachtung einer bescheidmäßigen Anordnung der Datenschutzkommission darstellt (vgl. § 52 Abs 1 Z 3 DSG 2000), prima facie keine strafbare Handlung bilden. Einen realen Schaden durch die Unterlassung der Löschung hat der Beschwerdeführer weder behauptet, noch ist ein solcher absehbar. Ein immaterieller Schaden, etwa in Form des Anspruchs gemäß § 33 Abs 1 2. Satz DSG 2000 (Bloßstellung durch rechtswidrige Datenverwendung), kann bei einer bloßen Verwendung der Daten für Zwecke der Sicherheitspolizei und der Strafrechtspflege ohne Eintritt sehr spezieller Umstände, wie sie weder behauptet noch bescheinigt oder bewiesen worden sind, ebenfalls nicht in Betracht kommen.

Mangels Beschwer und mangels Behauptung und Nachweis eines besonderen Rechtsschutzinteresses war die Beschwerde daher spruchgemäß abzuweisen.

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