JudikaturDSB

K120.806/002-DSK/2003 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 2003

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission (DSK) hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Dr. STAUDIGL, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 28. Februar 2003 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde des Mag. L aus N vom 23. März 2002 (Eingang per Telefax am 5. April 2002) gegen die Rechtsanwaltskammer für Wien gerichtet auf Feststellung, dass sein Grundrecht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt sei durch den Auftrag, einen Lebenslauf und Tätigkeitsbericht vorzulegen anlässlich des Verfahrens zur Wiedereintragung des Beschwerdeführers in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter, wird gemäß § 1 Abs 1 und 5 Datenschutzgesetz (DSG) 2000, BGBl I Nr 1999/156 idF BGBl I Nr 2001/136 iVm §§ 30 Abs 3 Gesetz vom 6. Juli 1868 womit eine Rechtsanwaltsordnung eingeführt wird, RGBl Nr 1868/96 idF BGBl I Nr 2002/76 (RAO), als unbegründet abgewiesen.

Begründung:

1. Sachverhalt und Beschwerdevorbringen:

In den Jahren 1999 bis August 2000 war Mag. L beim belangten Organ in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen. Von August 2000 bis Jänner 2002 unterbrach er die Tätigkeit als Berufsanwärter. Per 8. Jänner 2002 beantragte er dann neuerlich die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien (kurz: ARAK), als für dieses Verfahren zuständiges Exekutivorgan des belangten Organs, verlangte von Mag. L im Zuge des Ermittlungsverfahrens die Vorlage eines Lebenslaufs und eines Tätigkeitsberichts über den nicht als Berufsanwärter verbrachten Zeitabschnitt. Unter Tätigkeitsbericht verstand der ARAK primär eine bloße 'Aufstellung der Tätigkeiten bzw Nichttätigkeiten' und nicht etwa einen Motivationsbericht über die subjektiven Gründe für das Vorliegen solcher (Nicht-) Tätigkeiten. Begründet wurde die Aufforderung zur Vorlage von Lebenslauf und Tätigkeitsbericht vom ARAK mit der in § 30 Abs 3 RAO für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter geforderten 'Vertrauenswürdigkeitsprüfung'. Nach § 30 Abs 3 RAO ist die Eintragung in diese Liste zu verweigern, wenn der Bewerber eine Handlung begangen hat, die ihn des Vertrauens unwürdig macht. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer hat die dafür notwendigen Erhebungen zu pflegen und, wenn in Aussicht genommen wird, die Eintragung zu verweigern, den Bewerber vorher einzuvernehmen.

Mag. L lehnte die Vorlage der genannten Unterlagen allerdings unter Hinweis auf sein Recht auf Achtung seiner Privatsphäre und auf sein Recht auf Datenschutz ab. In Reaktion auf die schriftliche Aufforderung durch den ARAK vom 5. März 2002 zur Vorlage eines Tätigkeitsberichtes binnen 14 Tagen erhob Mag. L schließlich Beschwerde an die DSK, mit welcher er ua den im Spruch erledigten Feststellungsantrag stellte.

Zur Begründung seines Feststellungsantrages führte er insbesondere aus, dass die Ermittlung von Daten im Wege der Prüfung der Verlässlichkeit nach § 30 Abs. 3 RAO im Wege des Verlangens auf Vorlage eines Lebenslaufs (Tätigkeitsbericht) vom zuständigen Verwaltungsorgan unzulässig sei, weil

2. Rechtliche Beurteilung:

2.2 [Anmerkung: Dieser und die folgenden Punkte sind auf Grund eines Redaktionsversehens nicht richtig nummeriert] Die Datenschutzkommission besitzt keine Zuständigkeit zur Prüfung genereller Rechtsnormen.

Nach § 30 Abs. 3 RAO ist die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter zu verweigern, wenn der Bewerber eine Handlung begangen hat, die ihn des Vertrauens unwürdig macht.

Dem örtlichen Ausschuss der RAK obliegt es somit, ein Ermittlungsverfahren - nach AVG - durchzuführen, um die Frage des Bestehens und Nichtbestehens der Verlässlichkeit des Eintragungswerbers zu beurteilen.

2.3 Die Datenschutzkommission ist nicht zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Vertrauensprüfung berufen. Das Beschwerdebegehren, der zuständigen Behörde die Ermittlung von Daten oder Verwendung von Beweismitteln zu verbieten, die sie zur Feststellung eines von ihr zu ermittelnden Sachverhalts zu benötigen glaubt, würde bewirken, dass die Datenschutzkommission - zumindest teilweise - an die Stelle der sachlich zuständigen Behörde tritt und im Umwege über den Abspruch über die Zulässigkeit von Sachverhaltsermittlungen eine sachliche Allzuständigkeit arrogiert.

Dass dies angesichts des Grundsatzes der festen Zuständigkeitsverteilung zwischen staatlichen Organen und dem Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht zulässig sein kann, ist evident.

Die Datenschutzkommission geht daher davon aus, dass ihre Zuständigkeit zur Beurteilung der Zulässigkeit der Datenermittlung in Verwaltungsverfahren auf das Übermaßverbot beschränkt ist: Wenn es denkmöglich ist, dass die von einer in der Sache zuständigen Behörde ermittelten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind, ist die Zulässigkeit der Ermittlung aus datenschutzrechtlicher Sicht gegeben. Die Inanspruchnahme einer tiefergehenden Beurteilung der Eignung der von der sachlich zuständigen Behörde gewählten Ermittlungsschritte würde einen Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der ermittelnden Behörde bewirken, der gegen das aus dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter abzuleitende Prinzip der präzisen Abgrenzung der Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien (VfSlg 3156, 8349), in exakter (VfSlg 9937, 10.311) und eindeutigen Weise (VfSlg 11.288, 13.029, 13.816) verstößt.

2.4 Zu prüfen war daher nur, ob ein 'Lebenslauf' oder 'Tätigkeitsbericht' denkmöglicherweise geeignet ist, die Verlässlichkeit der Lebensführung des Eintragungswerbers beurteilen zu helfen.

Diese Frage ist zu bejahen. Zum Kriterium der Vertrauenswürdigkeit von Bewerbern um Aufnahme in die Liste der Rechtsanwälte hat der VwGH festgehalten, dass es bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit darauf ankomme, ob das gesamte Verhalten geeignet ist, Vertrauen in die korrekte Berufsausübung zu erwecken (VwGH 21.12.1999, 97/19/0787). Ein Lebenslauf enthält Angaben über das 'gesamte Verhalten' des Betroffenen durch Aufzählung wesentlicher Tätigkeitselemente oder Ereignisse.

In der bloßen Aufforderung zur Vorlage eines Lebenslaufes bzw. Tätigkeitsberichts kann somit kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz erblickt werden, da die Erfüllung dieses Auftrags geeignet ist, Aufschluss über das bisherige Verhalten des Eintragungswerbers zu geben und dadurch zur Beurteilung der Verlässlichkeit iSd § 30 Abs. 3 RAO beizutragen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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