JudikaturDSB

K120.644/001-DSK/2003 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
21. Januar 2003

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KLEISER, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 21. Jänner 2003 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Die Datenschutzkommission hat über die Beschwerde des U aus L (Beschwerdeführer) vom 30. August 1998 (eingebracht beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg) gegen die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (belangtes Organ) wegen Löschung von verwaltungsstrafrechtlichen Daten gemäß §§ 8 Abs 3 Z 1, 27 Abs 1 und 31 Abs 2 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2002 (DSG 2000), wie folgt entschieden:

- Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vom 10. 11. 1998 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg (UVS) eine Beschwerde wegen Verletzung des Datenschutzgesetzes durch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (sicherheitspolizeiliche Abteilung) geäußert, die vom UVS über Ersuchen des Beschwerdeführers zuständigkeitshalber an die Datenschutzkommission weitergeleitet wurde.

Der Beschwerdeführer machte geltend, dass er bei einer Akteneinsicht im Zusammenhang mit der Verhängung eines Waffenverbots bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, davon Kenntnis erlangt habe, dass im Akt Aufzeichnungen über Verwaltungsübertretungen, 'die schon lange bezahlt und verjährt sind', 'noch voll gespeichert' seien. Und zwar habe er diese Aufzeichnungen 'auf einer Rückseite von einem Polizeiprotokoll' gesehen.

Er erachte sich in seinem Recht auf Löschung von Daten nach dem DSG verletzt, weil Aufzeichnungen über Verwaltungsübertretungen nach fünf Jahren gelöscht werden müssten, was in seinem Fall jedoch nicht geschehen sei, sondern diese Aufzeichnungen vielmehr bei 'Umstellung in die EDV eingespeichert' worden seien. Im Übrigen handle es sich um Aufzeichnungen über Anonymverfügungen sowie verkehrspolizeiliche und lebensmittelpolizeiliche Übertretungen, die mit einem Waffenverbot nichts zu tun hätten.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hat über Aufforderung zur Stellungnahme angegeben, dass im Land Vorarlberg ein automationsunterstützt geführtes Bezirkshauptmannschaften-Informationssystem eingerichtet worden sei, in dem Verwaltungsstraftaten gespeichert würden, allerdings mit einer bereits im Programm vorgesehenen Zugriffsfrist von fünf Jahren. Es sei daher auszuschließen, dass Verwaltungsstraftaten des Beschwerdeführers nach Ablauf der Tilgungsfrist automationsunterstützt abfragbar oder einsehbar seien.

3. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens ist kein Anlass hervorgekommen, der Grund dafür geliefert hätte, am Vorbringen des belangten Organs zu zweifeln, um so mehr als der Beschwerdeführer selbst in seiner Beschwerde ausführt, er habe die betreffenden Aufzeichnungen 'auf einer Rückseite von einem Polizeiprotokoll' gesehen, also nicht in automationsunterstützt verarbeiteter Form, sondern auf Papier geschrieben. Es kann davon ausgegangen werden, dass in automationsunterstützter Form, näherhin: im Bezirkshauptmannschaften-Informationssystem, keine Eintragungen über den Beschwerdeführer vorliegen, die bereits getilgt sind.

Wie sich aus der Niederschrift der Verhandlung vor dem UVS näherhin ergibt, sind die Aufzeichnungen über Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers auf einer Karteikarte – wie sie bei den Dienststellen der Gendarmerie und Polizei für Eintragungen über alle Vorfälle, die eine bestimmte Person betreffen, häufig in Verwendung stehen – enthalten.

Rechtlich war zu erwägen:

Da das Begehren des Beschwerdeführers auf eine Leistung, nämlich die Löschung von gespeicherten Daten, gerichtet ist, ist gemäß § 61 Abs 3 DSG 2000 die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Datenschutzkommission auf den vorliegenden Fall anzuwenden, das heißt die Rechtslage nach dem DSG 2000. Danach stellt die Führung von Aufzeichnungen auf einem Karteiblatt, das unter dem Suchbegriff des Namens des Beschwerdeführers alle der aufzeichnenden Stelle bekannt gewordenen Verwaltungsstrafen des Beschwerdeführers enthält, und offenbar einer größeren Gesamtheit, nämlich dem Kanzleiindex des Gendarmeriepostens P (in Kopie), entstammt, eine manuelle Datei im Sinne des § 58 DSG 2000 dar. Dies hat zur Folge, dass das Recht auf Löschung gemäß § 27 DSG 2000 grundsätzlich Anwendung findet, weshalb die Berechtigung des geltend gemachten Löschungsanspruchs näher zu untersuchen war.

Der Beschwerdeführer behauptet ein Recht auf Löschung aller Vormerkungen über verhängte Verwaltungsstrafen nach 5 Jahren. Er bezieht sich hiebei offenbar auf § 55 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 117/2002 (VStG), wonach Strafen wegen Verwaltungsübertretungen nach 5 Jahren als getilgt gelten und getilgte Verwaltungsstrafen in amtlichen Leumundszeugnissen oder Auskünften für Zwecke eines Strafverfahrens nicht erwähnt und bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt werden dürfen.

Da die Aufzeichnungen von Verwaltungsübertretungen, die Gegenstand dieser Beschwerde sind, jedoch nicht für die von § 55 VStG erfassten Zwecke geführt werden, sondern in einem Akt betreffend die Verhängung eines Waffenverbots einliegen, findet der aus § 55 VStG resultierende Löschungsanspruch im vorliegenden Fall keine Anwendung.

Freilich würde sich ein Löschungsanspruch auch dann ergeben, wenn keine sonstige Rechtsgrundlage für das Bereithalten von Aufzeichnungen über Verwaltungsübertretungen im Waffenakt bestünde. Diese ist jedoch gegeben, und zwar im Hinblick auf die Verpflichtung der Behörde, die waffenrechtliche Verlässlichkeit (§ 8 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997 [WaffG]) des Inhabers bzw. der Bewerbers um einen Waffenpass zu prüfen (vgl. § 25 WaffG), eine Prüfung, die im Übrigen zu wiederholen ist, wenn – wie im vorliegenden Fall - Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betroffene nicht mehr verlässlich ist. Nach der Judikatur des VwGH (VwSlg 10684 A/1987; VwGH Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0053) dürfen bei der Beurteilung der von besonderen Verwaltungsvorschriften geforderten Verlässlichkeit auch getilgte Verwaltungsübertretungen herangezogen werden.

Die Bereithaltung von Aufzeichnungen über getilgte Verwaltungsübertretungen im Waffenakt des Beschwerdeführers in Form einer Karteikarte stellt somit eine Datenverarbeitung (manuelle Datei) dar, die ihre Rechtmäßigkeit auf § 8 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 stützen kann, da sie für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs - nämlich die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Waffenbehörde - eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihr gesetzlich übertragenen Aufgabe - nämlich die Überprüfung des Vorliegens der waffenrechtlichen Verlässlichkeit des Beschwerdeführers - ist. Ein Löschungsanspruch gegenüber einer rechtmäßigen Datenverarbeitung besteht jedoch nicht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

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