JudikaturDSB

K120.673/003-DSK/2002 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 2002

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER in Anwesenheit der Mitglieder/Ersatzmitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KLEIN, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Dr. STAUDIGL sowie im Beisein des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung am 4. Juni 2002 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

I. Gemäß §§ 1 Abs 5 und 31 Abs 2 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001 (DSG 2000), wird festgestellt, dass

1. die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich (im Folgenden kurz: AK OÖ) Peter J dadurch, dass sie im Mai 1999 in Form einer von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz: OÖ GKK) übersendeten Kopie der Anmeldung des Peter J zur Sozialversicherung durch Gerda J, die Daten Sozialversicherungsnummer, Beginn des Dienstverhältnisses, Art der Beschäftigung, Verwandtschaftsgrad zu Gerda J, Beschäftigungsausmaß und Entgeltzahlungszeitraum des Zweitbeschwerdeführers ermittelte und diese Daten durch Übergabe der Urkundenkopie an den Prozessvertreter an Frau C übermittelte, den Peter J in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs. 1 DSG, BGBl Nr 565/1978 idF BGBl Nr 632/1994 (DSG), verletzt hat.

2. Hinsichtlich der weiteren von der OÖ GKK an die AK OÖ und von dieser durch Übergabe der Urkundenkopie an den Prozessvertreter an Frau C übermittelten Daten wird die Beschwerde hingegen gemäß §§ 1 Abs. 1 iVm 14 Abs. 1 DSG mangels Schutzwürdigkeit dieser Daten als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß §§ 1 Abs 5 und 31 Abs 2 DSG 2000 wird festgestellt dass,

die OÖ GKK den Peter J dadurch, dass sie der AK OÖ im Mai 1999 durch Übersendung einer Kopie der Anmeldung des Peter J zur Sozialversicherung durch Gerda J die Daten Beginn des Dienstverhältnisses, Art der Beschäftigung, Verwandtschaftsgrad zu Gerda J, Beschäftigungsausmaß und Entgeltzahlungszeitraum übermittelte, den Peter J in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs. 1 DSG verletzt hat.

III. Gemäß §§ 1 Abs 5 und 31 Abs 2 DSG 2000 iVm § 1 Abs 1 DSG wird die Beschwerde der Gerda J gegen AK OÖ wie OÖ GKK mangels Schutzwürdigkeit der Gerda J hinsichtlich der ermittelten bzw. übermittelten Daten als unbegründet abgewiesen.

Begründung:

Mit Beschwerde vom 16. Juni 1999, ergänzt und verbessert mit Schriftsatz vom 11. August 1999, behaupteten Gerda und Peter J, durch eine zwecks Vorlage in einem gegen Gerda J als Beklagte von dritter Seite angestrengten arbeitsgerichtlichen Prozess zwischen OÖ GKK und AK OÖ erfolgte Übermittlung von Sozialversicherungsdaten in ihren Rechten aus dem DSG verletzt worden zu sein.

Die Datenschutzkommission hat Beweis erhoben durch Einholung von schriftlichen Stellungnahmen der AK OÖ und der OÖ GKK sowie durch Einsichtnahme in eine Kopie der sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung des Peter J vom 2. Februar 1994, vorgelegt von der AK OÖ.

Es wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht war im Beschwerdezeitpunkt zu Aktenzeichen 6 Cga XX0/97t ein Prozess zwischen Frau C als Klägerin und Gerda J als Beklagten anhängig. Das Ersturteil war vom OLG Linz aufgehoben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen worden. Prozessgegenstand war eine Schadenersatzforderung von C nach dem Gleichbehandlungsgesetz, dergemäß C behauptete, bei einer Stellenausschreibung durch Gerda J auf Grund ihres Geschlechts in diskriminierender Weise benachteiligt worden zu sein. Frau C wurde in diesem Prozess durch eine gemäß § 40 Abs.1 Z. 2 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985 idF BGBl. Nr. 624/1994 (ASGG) von der AK OÖ beigestellte Person vertreten. Der vor dem Landesgericht Linz prozessgegenständliche Sachverhalt - Stellenausschreibung und Ablehnung der Bewerbung der C - ereignete sich im Mai 1997.

Beweiswürdigung: Die Feststellungen zum Gegenstand des beschriebenen arbeitsgerichtlichen Prozesses und den Parteien gründen sich auf das übereinstimmende Vorbringen aller Beteiligten.

Im Mai 1999 wandte sich die AK OÖ an die OÖ GKK und begehrte unter Berufung auf § 93 Abs. 1 Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. Nr. 626/1991 idF BGBl. Nr. 661/1994 (AKG) unter Hinweis auf die Vertretung von Frau C vor Gericht und die Absicht, das Ergebnis der Datenermittlung als Beweismittel verwenden zu wollen, die Übersendung von Kopien der Sozialversicherungsanmeldungen sämtlicher im Mai 1997 bei der Erstbeschwerdeführerin beschäftigter Personen.

Noch im Mai 1999 übersendete die OÖ GKK der AK OÖ eine Fotokopie der Anmeldung des Peter J zur Sozialversicherung durch Gerda J vom 2. Februar 1994. Diese Anmeldung enthält die im Spruchpunkt A) 1. angeführten Daten, darüber hinaus auch Name und Wohnadresse des Peter J sowie Name, Adresse, Telefonnummer und DVR-Nummer der Gerda J.

Beweiswürdigung: Die Feststellungen zur Tatsache des Auskunftersuchens der AK OÖ an die OÖ GKK stützen sich auf die mit dem Beschwerdevorbringen übereinstimmende Außerstreitstellung der AK OÖ in ihrer Stellungnahme (undatiert) vom September 1999, protokolliert am 17. September 1999 zur GZ 120.673/5-DSK/99.

Die Feststellung, dass die AK OÖ der OÖ GKK gegenüber den Übermittlungszweck offen gelegt hat, stützt sich auf die Darstellung der OÖ GKK in ihrer Stellungnahme vom 26. August 1999, Zeichen RB dr.pf.. Die Feststellungen zum Dateninhalt der Sozialversicherungsanmeldung des Peter J gründen sich auf den Inhalt der zitierten Urkunde selbst.

Am 26. Mai 1999 legte C durch ihren Vertreter in öffentlichmündlicher Streitverhandlung diese Kopie als Beweisurkunde dem Landesgericht Linz vor. Die Urkunde wurde vom Gericht entsprechend der ZPO formell erörtert und zum Akt genommen. In derselben Verhandlung wurde Peter J auch als Zeuge vernommen; dies neuerlich, denn erstmals hatte er bereits im ersten Rechtsgang am 2. Dezember 1997 ausgesagt.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen stützen sich auf die glaubwürdigen und einander inhaltlich ergänzenden Darstellungen der Beschwerdeführer und der AK OÖ. Insgesamt ist zur Sachverhaltsfeststellung zu sagen, dass bezüglich der Tatsachen keine Divergenzen zwischen den Beschwerdeführern und den belangten Organen bestanden, sodass die Datenschutzkommission im Sinne der Grundsätze der Sparsamkeit der Verwaltung und der Beschleunigung des Verfahrens die Aufnahme weiterer Beweise nicht für notwendig erachtete.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Gemäß § 61 Abs 3 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001 (DSG 2000), sind Feststellungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Sachverhaltes nach der im Zeitpunkt des Ereignisses maßgeblichen materiellen Rechtslage zu treffen. Da die wesentlichen Ereignisse vom Mai 1999 datieren, ist daher das Datenschutzgesetz, BGBl Nr 565/1978 idF BGBl Nr 632/1994 (DSG) anzuwenden.

Gemäß § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, hat.

Zu den Daten der Gerda J:

Hinsichtlich der Gerda J wurde festgestellt, dass die auf Papier erfolgte Datenübermittlung lediglich Name, Adresse, Telefon- und DVR-Nummer beinhaltete, weiters die Tatsache, dass Gerda J die Mutter des Peter J ist und ihn entgeltlich beschäftigte. Hinsichtlich dieser Daten bestand im Augenblick der gegenständlichen Übermittlung nach Ansicht der Datenschutzkommission allerdings kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse. Name und Adresse mussten dem Prozessvertreter Frau C, vermutlich durch Mitteilung seiner Mandantin, bereits von vornherein bekannt gewesen sein, da es ansonsten gar nicht möglich gewesen wäre, die Klage einzubringen. Bei der Telefonnummer eines unternehmerisch tätigen Menschen - es wurde hier nicht behauptet, dass es sich um eine ausdrückliche Privat- oder gar eine Geheimnummer der Gerda J gehandelt habe - kann man davon ausgehen, dass ihre Übermittlung an den Prozessgegner, seinen bevollmächtigten Vertreter, das Gericht oder mögliche Verhandlungszuhörer kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse verletzt, da ein Unternehmer in aller Regel sogar daran interessiert sein wird, durch Verbreitung seiner Telefonnummer - Gleiches gilt für betriebliche Faxnummern, E-Mail-Adressen oder URLs - die Kontaktaufnahme mit seinem Unternehmen für jeden potenziellen Kunden zu erleichtern. Die DVR-Nummer gemäß § 8 Abs. 5 DSG bzw. nunmehr § 21 Abs 4 DSG 2000 ist ein öffentliches Datum,

DAS VON AUFTRAGGEBERN BEI BESTIMMTEN GELEGENHEITEN SOGAR ZU

FÜHREN IST [Anmerkung: im Original unterstrichen], an dessen Geheimhaltung also geradezu das Gegenteil eines schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresses besteht. Die Tatsache wiederum, dass die Gerda J den Peter J beschäftigte und verwandtschaftlich mit ihm verbunden ist, war, wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, im Zeitpunkt der beschwerdegegenständlichen Datenübermittlung nicht mehr geheim und daher auch nicht schutzwürdig, da Peter J schon im ersten Rechtsgang in diesem Zusammenhang als Zeuge vom Gericht einvernommen worden war. Zu diesem Zeitpunkt muss seine Beschäftigung bei Gerda J - und damit auch das Verwandtschaftsverhältnis - daher schon bekannt gewesen und im Rahmen der Prozessöffentlichkeit erörtert worden sein (vgl. § 340 Abs. 1 ZPO).

Zu den Daten des Peter J:

Für die Daten, hinsichtlich derer die Beschwerde abgewiesen wurde, gilt Ähnliches wie für Gerda J: die Angaben zur Person der Gerda J (Name, Wohnadresse) konnten im Zeitpunkt der beschwerdegegenständlichen Datenübermittlung schon allein deswegen der AK OÖ bekannt gewesen sein, als Peter J, wie schon oben ausgeführt, zu diesem Zeitpunkt schon einmal als Zeuge vernommen worden war. Gleiches gilt für das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Gerda und Peter J (vgl. § 340 Abs. 1 ZPO). Hinsichtlich dieser Daten fehlt daher die Schutzwürdigkeit.

Anderes gilt aber für die übrigen personenbezogenen Daten aus der Sozialversicherungsanmeldung vom 2. Februar 1999. Daten, die sich auf Details des Berufs- aber auch und gerade des Privatlebens des Peter J beziehen, wie genaue Berufsbezeichnung, rechtliche Einstufung des Beschäftigungsverhältnisses (z.B. Arbeiter/Angestellter), Entlohnungszeitraum und Ausmaß des Beschäftigungsverhältnisses (z.B. Stunden/Woche) sind im Sinne des § 1 Abs. 1 DSG schutzwürdig und dürfen nicht ohne rechtfertigende Erlaubnisnorm übermittelt werden.

Zur Frage der datenschutzrechtlichen Behandlung von Stellvertretern:

Das DSG trifft keine Aussage darüber, wie das Einschreiten eines Stellvertreters im Fall einer Datenübermittlung zu bewerten ist.

Die Prozessvertretung durch eine von einer Kammer für Arbeiter und Angestellte beigestellte 'qualifizierte Person' iSd § 40 Abs. 1 Z. 2 ASGG ist kein Fall der Stellvertretung durch eine juristische Person, die wiederum schon begrifflich nur durch Organe handeln könnte. Das Gesetz bestimmt nach seinem klaren und unmissverständlichen Wortlaut vielmehr, dass bestimmte natürliche Personen, nämlich solche, die durch die Eigenschaft, 'Funktionäre' oder 'Arbeitnehmer' einer gesetzlichen (oder freiwilligen kollektivertragsfähigen) körperschaftlichen Interessenvertretung zu sein, qualifiziert sind, ausnahmsweise in einer Rechtsanwälten oder sonstigen berufsmäßigen Parteienvertretern nachgebildeten Weise eine Partei vor dem Arbeits- und Sozialgerichten erster und zweiter Instanz vertreten dürfen, wenn der Vertretene dieser Körperschaft angehört. Im § 40 Abs. 1 Z. 2 ASGG ist nicht die Vertretungsbefugnis der gesetzlichen Interessenvertretung normiert (OGH, 29. 5. 1991, 9 ObA 68/91 = RdW 1992, 119). Die Körperschaft wird dabei nur insoweit involviert, als sie nach den im Innenverhältnis für sie geltenden Rechtsvorschriften (vgl. etwa § 7 AKG) verpflichtet sein kann, ihren Rechtsschutz suchenden Mitgliedern die Dienste entsprechend qualifizierter Personen zur Verfügung zu stellen. Zu beachten ist aber, dass der beigegebene Vertreter nach außen hin selbstständig, nicht als Organ der Rechtsschutz gewährenden Körperschaft sondern als prozessualer Stellvertreter des Rechtsschutzes genießenden Mitglieds der Körperschaft tätig wird. Als solcher ist er, wie noch zu zeigen sein wird, nicht berechtigt, Rechte und Ermächtigungen, die der Körperschaft als solcher und im Interesse der Gesamtheit der durch sie repräsentierten Mitglieder eingeräumt sind, zu nutzen, um Daten über Dritte, insbesondere Prozessgegner oder Zeugen, zu ermitteln.

Zur Verantwortlichkeit der AK OÖ:

Das Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 1 DSG schützt nach herrschender Auffassung sowohl vor der Ermittlung als auch vor der - automations- wie nicht-automationsunterstützten - Verwendung personenbezogener Daten. Es gewährt ein allgemeines und unmittelbar wirksames Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten (vgl. etwa Dohr-Pollirer-Weiss, DSG (1988), 5; Matzka-Kotschy, Datenschutzrecht für die Praxis, § 1 Kommentar, 2; VfSlg 11548). Das Grundrecht auf Datenschutz ist nach herrschender Meinung an jedermann gerichtet (unmittelbare Drittwirkung kraft gesetzlicher Anordnung, § 1 Abs 6 DSG) und unmittelbar anwendbar (Bescheid der Datenschutzkommission vom 18. Mai 2000, GZ 120.616/16-DSK/00, veröffentlicht in der RIS-Entscheidungsdatenbank http://www.ris.bka.gv.at/dsk/).

Die AK OÖ hat nun die gegenständlichen Daten zunächst ermittelt. Da sie dies, wie festgestellt, unter Berufung auf ihre Rechte als Kammer für Arbeiter und Angestellte getan hat, ist die anschließende Übersendung einer Kopie der Sozialversicherungsanmeldung des Peter J als nichtautomationsunterstützte Datenübermittlung von der OÖ GKK an die AK OÖ zu werten. Anschließend hat die AK OÖ die übermittelten Daten aber nicht für eigene Zwecke sondern im Namen und im Interesse von C verwendet. Die Übergabe der entsprechenden Urkunde (Sozialversicherungsanmeldung) an den von der Erstbelangten bestellten Prozessvertreter der Klägerin ist in sinngemäßer Anwendung von

§ 3 Z 9 DSG als Übermittlung von Daten anzusehen, wobei es sich um eine wirkliche 'Weitergabe' von Daten und nicht um bloße Änderung des Verwendungszweckes handelte, da der Prozessvertreter in dieser Rolle eben als Stellvertreter der Prozesspartei C und nicht als Angestellter oder Funktionär der AK OÖ gelten muss.

Die AK OÖ berief sich dazu auf die Verfassungsbestimmung des § 93 Abs. 1 AKG. Gemäß dieser Bestimmung - materiell gesehen handelt es sich dabei um eine Sonderregelung der Amtshilfepflicht zwischen Selbstverwaltungsträgern -, sind unter anderem die Einrichtungen der Sozialversicherung, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, verpflichtet, den Arbeiterkammern und der Bundesarbeitskammer auf Verlangen die zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Verwendung des Begriffs 'Auskünfte' ist grundsätzlich geeignet, eine nichtautomationsunterstützte Datenübermittlung zu decken. Entscheidend ist daher die Frage, ob die Übermittlung im Sinne von § 6 DSG gesetzlich gedeckt bzw. zur Erfüllung der Obliegenheiten der Erstbelangten erforderlich war, sinngemäß eine 'wesentliche Voraussetzung' zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Erstbelangten im Sinne von § 7 Abs 2 DSG bildete.

Diese Frage aber ist auf Grund folgender Erwägungen zu verneinen:

Gemäß § 7 Abs. 1 AKG haben die Arbeiterkammern ihren Mitgliedern durch gerichtliche Vertretung in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten nach Maßgabe von im Rahmen der Selbstverwaltung zu beschließenden 'Regulativen' Rechtsschutz zu gewähren. Weder hier noch aus § 40 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985 idF

BGBl. Nr. 624/1994 (ASGG) ist der Rechtsordnung aber zu entnehmen, dass den Arbeiterkammern bzw. deren als Prozessvertreter vor Gericht erscheinenden Funktionären und Arbeitnehmern (§ 40 Abs. 1 Z. 2 ASGG) bei dieser Vertretungstätigkeit andere, größere Rechte hinsichtlich der Beschaffung von Beweismitteln oder der Ermittlung von Sachverhalten zukommen sollen als dem Prozessgegner bzw. dessen auf privatrechtlicher Basis bestellten Vertreter, in vielen Fällen wohl einem Rechtsanwalt. § 93 Abs. 1 AKG so auszulegen, dass damit nicht nur die Auskunftbeschaffung für Zwecke der Kammer sondern auch - und das wird von der Erstbelangten übersehen - FÜR ZWECKE [Anmerkung: im Original unterstrichen] einer von einem Kammerfunktionär oder - angestellten bloß vertretenen PROZESSPARTEI [Anmerkung: im Original unterstrichen] erlaubt würde, hieße dem Gesetz einen deutlich gleichheitswidrigen Inhalt zu unterstellen, was auch bei einer Verfassungsbestimmung unzulässig ist. Den auf solche Weise vertretenen Parteien wäre damit vorab ein Zugang zu vielleicht prozesswichtigen Informationen eröffnet, der dem durch einen privaten Bevollmächtigen vertretenen Prozessgegner nicht zuletzt aus Datenschutzerwägungen verschlossen wäre. Schon eine Wortinterpretation des Begriffs 'ihre Obliegenheiten' in § 93 Abs. 1 AKG ergibt, dass dieser nicht so verstanden werden muss, wie die AK OÖ in ihrer Stellungnahme meint. Obliegenheit der Arbeiterkammer ist es gemäß § 7 Abs. 1 AKG, den kammerzugehörigen Arbeitnehmern Rechtsschutz durch gerichtliche Vertretung zu verschaffen. Nach Meinung der Datenschutzkommission gehört zu einer fairen und erfolgreichen Prozessvertretung nicht mehr und nicht weniger als das, was auch ein sonstiger berufsmäßiger Parteienvertreter seinem Mandanten schuldet. Der Gebrauch des Auskunftrechtes gemäß § 93 Abs. 1 AKG ist der Kammer nach Rechtsansicht der Datenschutzkommission daher dort untersagt, wo sie im Interesse eines Dritten, nämlich einer gemäß § 40 Abs 1 Z 2 ASGG vertretenen Partei tätig wird. Der im Sachverhalt geschilderte Vorgang war daher nicht mehr im Sinne von § 6 DSG durch die gesetzliche Ermächtigung gemäß § 93 Abs 1 AKG gerechtfertigt.

Dieser Standpunkt wird, wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführen, durch prozessrechtliche Vorkehrungen des Gesetzgebers untermauert: § 89h Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl. Nr. 217/1896 idF BGBl. Nr. 294/1990 (GOG), ermächtigt die Gerichte zur Einholung von Auskünften von den Sozialversicherungsträgern, die auch automationsunterstützt erteilt werden dürfen. Diese Bestimmung enthält daher eine § 93 Abs. 1 AKG gleichwertige Ermächtigung zur Datenermittlung und -übermittlung. Soweit eine Partei zur Beweisführung die Vorlage von Anmeldungen zur Sozialversicherung, einschließlich des Ausdrucks automationsunterstützt erfolgter Online-Anmeldungen, beantragt, handelt es sich dabei um einen Urkundenbeweis; auch die schriftliche Auskunft einer Behörde (wohl sinngemäß auch die eines Sozialversicherungsträgers) stellt eine Urkunde dar (Urteil des OGH vom 25. Mai 1965, 8 Ob 93/65). Da die entsprechende Urkunde bzw. die darin enthaltenen bzw. daraus zu entnehmenden Daten sich bei einem Dritten - nämlich dem Sozialversicherungsträger - befinden, hätte das Gericht bei der Beweisaufnahme gemäß § 89h GOG oder, falls es auf die papierene Originalurkunde ankommt, gemäß §§ 308f ZPO vorzugehen. Dafür bedürfte es aber eines entsprechenden Beweisantrages einer Prozesspartei, der Erörterung des Beweisthemas und der Beweisrelevanz mit den Parteien und eines richterlichen Beweisbeschlusses gemäß § 277 Abs. 1 ZPO. Die damit verbundene Prüfung der Erheblichkeit des angebotenen Beweises durch das Gericht gemäß § 276 Abs. 1 ZPO dient zwar nicht unmittelbar Datenschutzzwecken, stellt aber einen durchaus brauchbaren Filter dar, um die überschießende Verwendung personenbezogener Daten in Zivilprozessen zu verhindern. Den Parteien steht zwar gemäß § 297 ZPO das prozessuale Recht zu, Urkunden auf eigene Initiative dem Gericht zu Beweiszwecken vorzulegen, dies ändert aber nichts an der rechtlichen Beurteilung, dass in diesem Beschwerdefall die einen papierenen Datenträger darstellende Urkunde gar nicht in den Gewahrsam der AK OÖ gelangen hätte dürfen. Die Verwendung der Daten bzw. der erwähnten Urkunde vor Gericht war also objektiv kein notwendiges Mittel, um den angestrebten Zweck – Wahrung der Prozessinteressen der Frau C – zu erreichen, da andere, ebenso taugliche und nur vielleicht prozesstaktisch weniger eindrucksvolle Mittel und Wege zur Verfügung gestanden wären.

Die weitere Verwendung dieser Daten (Vorlage als Beweisurkunde, Einsichtnahme des Prozessgegners in zumindest sinngemäßer Anwendung von § 298 Abs. 1 ZPO, öffentliche Erörterung dieser Daten) vor Gericht fällt in die Zuständigkeit desselben im Rahmen der prozessleitenden Gewalt des Richters (§§ 275ff ZPO) bzw. ist Frau C als Prozesspartei zuzurechen, und war daher gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 DSG bzw. § 1 Abs 5 iVm § 32 Abs 2 DSG 2000 nicht von der Datenschutzkommission zu prüfen.

Zur Verantwortung der OÖ GKK:

Unbestritten ist, dass die OÖ GKK die verfahrensgegenständlichen Daten auf deren Ersuchen auf nichtautomationsunterstütztem Wege an die AK OÖ übermittelt hat. Die OÖ GKK verwies in ihrer Stellungnahme darauf, sie sei gemäß § 93 Abs. 1 AKG zur Datenübermittlung verpflichtet und könne 'keinesfalls' als zur Auskunft verpflichtete Stelle die tatsächliche Notwendigkeit der begehrten Daten für die Obliegenheiten der AK OÖ, die überdies zur Beachtung des Legalitätsprinzips verpflichtet sei, überprüfen.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Eine nähere einfachgesetzliche Regelung für die nichtautomationsunterstützte Datenübermittlung besteht nicht. Auch bei den Bestimmungen des DSG über die Übermittlung automationsunterstützt verarbeiteter Daten fehlt eine ausdrückliche Regelung, welche Voraussetzung der ersuchte Auftraggeber vor Durchführung einer Übermittlung zu prüfen hat und inwieweit er berechtigt ist, vom Ersuchenden einen Nachweis des tatsächlichen Bedarfs, etwa des Vorliegens der 'wesentlichen Voraussetzung' gemäß § 7 Abs. 2 DSG, zu verlangen. Allein aus dem logisch-systematischen Zusammenhang des Gesetzes ist aber zu erschließen, dass der Auftraggeber (§ 3 Z. 3 DSG) als Inhaber der Daten auch die Verantwortung für den Vorgang der Übermittlung trägt. Dies gilt auch und besonders für Fälle, in denen der Auftraggeber im Rahmen der Amtshilfe gemäß § 7 Abs. 2 DSG tätig wird (vgl. Dohr-Pollirer-Weiss, DSG (1988), 40).

§ 93 Abs. 1 AKG stellt, wie schon erwähnt, eine Sonderregelung der Amtshilfe zwischen Trägern der Selbstverwaltung dar, da diese nach herrschender Meinung nicht von der in Art. 22 B-VG geregelten und unmittelbar anwendbaren (Mayer, B-VG (1994) Art 22 III.1.) Amtshilfepflicht erfasst werden. Lehre (Harbich, Akteneinsicht, Amtshilfe und Auskunftspflicht, AnwBl 1988, 3ff) und Judikatur vertreten die Auffassung, die Bestimmung des Art. 22 B-VG sei dahingehend zu verstehen, dass es sich dabei um selbstständiges Einschreiten des ersuchten Organes handelt, welches einer gesetzlichen Deckung bzw. ausreichender Determinierung bedarf (vgl. dazu etwa VfSlg 3237 und 13708). Umfasst die Amtshilfehandlung eine Datenübermittlung, so ist das Grundrecht auf Datenschutz als Beschränkung der Amtshilfe zu betrachten (Harbich a.a.O.).

Demnach hätte die OÖ GKK im Anwendungsbereich von § 93 Abs. 1 AKG pflichtgemäß überprüfen müssen, zu welchem Zweck die AK OÖ die begehrte Datenübermittlung benötigte. Da die AK OÖ, wie in den Sachverhaltsfeststellungen konstatiert werden konnte, mit dem Auskunftersuchen gegenüber der OÖ GKK den Zweck der Übermittlung (Beschaffung eines Beweismittels für eine von der AK OÖ vertretene Partei) offen gelegt hat, hätte die OÖ GKK die Übermittlung der Anmeldung des Peter J verweigern müssen, da sie, wie bereits oben ausführlich ausgeführt, erkennbar nicht zur 'Erfüllung der Obliegenheiten' der AK OÖ benötigt wurde. In Ermangelung einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung zur Datenübermittlung hat daher auch die OÖ GKK den Peter J in seinem Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 1 DSG verletzt.

Diese auf Grundlage der bis zum 31. Jänner 1999 geltenden materiellen Rechtslage gefundene Auslegung deckt sich auch mit der in § 7 Abs 2 Z 2 DSG 2000 ausgedrückten Rechtsvorschrift, wonach Daten nur übermittelt werden dürfen, wenn der Empfänger seine gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis 'im Hinblick auf den Übermittlungszweck' glaubhaft gemacht hat. In diesem Sinne müsste die Erstbelangte nach neuer Rechtslage eindeutig den Zweck der Datenanforderung darlegen, und die Zweitbelangte jede Datenübermittlung mit dem bescheinigten Übermittlungszweck 'Vertretung einer Prozesspartei' verweigern.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

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