K120.650/053-DSK/2001 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. DUSCHANEK, Mag. HUTTERER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 3. Juli 2001 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 90 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl Nr 566/1991 idF BGBl I Nr 146/1999 (SPG), § 31 Abs 2 und § 61 Abs 3 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999 (DSG 2000) wird festgestellt:
1. Der Beschwerde des Dr. O aus Wien (Beschwerdeführer) vom 11. Dezember 1998 samt Ergänzungen vom 11. Jänner 1999 und 7. April 1999 gegen die Bundespolizeidirektion Wien (belangtes Organ) wird teilweise stattgegeben. Es wird festgestellt, dass das belangte Organ den Beschwerdeführer dadurch in seinem Grundrecht gemäß § 1 Abs 1 Datenschutzgesetz, BGBl Nr 565/1978 idF BGBl Nr 632/1994 (DSG), auf Geheimhaltung ihn betreffender personenbezogener Daten, an deren Geheimhaltung er ein schutzwürdiges Interesse hatte, verletzt hat, als zwischen dem
2. und 28. November 1998 die im Akt KR 3XX8/98 des Bezirkspolizeikommissariats Donaustadt enthaltenen Ausdrucke der Vormerkungen des Beschwerdeführers im Kriminalpolizeilichen Aktenindex - KPA (Datei gemäß § 57 Abs 1 Z 6 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl Nr 566/1991 idF BGBl I Nr 104/1997 (SPG)) und des Ausdrucks einer den Beschwerdeführer betreffenden Strafregisterauskunft (§ 9 Abs 1 Strafregistergesetz 1968, BGBl Nr 277/1968), kopiert und in Papierform den Journalisten der N-Zeitung G und C übermittelt wurden.
2. Hinsichtlich der Behauptung des Beschwerdeführers, im selben Zeitraum durch dasselbe belangte Organ durch die Übermittlung dieser Daten an den F-Verein und N ebenfalls im Grundrecht gemäß §1 Abs 1 DSG verletzt worden zu sein, wird die Beschwerde mangels Nachweis des behaupteten Sachverhalts als unbegründet abgewiesen.
3. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 17. September 1999 und 15. November 1999, die Datenschutzkommission möge dem belangten Organ auftragen, den am 14. 7. 1999 eingebrachten Schriftsatz 'Bekanntgabe und Antragstellung' im Verfahren UVS- 02/P/XX/XX/98 des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien zurückzuziehen, wird, soweit damit die Feststellung einer Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten behauptet wird, gemäß § 1 Abs 2 DSG und § 31 Abs 2 DSG 2000 als unbegründet abgewiesen, soweit damit ein Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs 2 DSG behauptet wird, gemäß § 68 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 29/2000 (AVG), wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erhob am 15. Dezember 1998, damals vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M, Beschwerde gegen die Bundespolizeidirektion Wien und brachte Folgendes vor: Er sei am 1. November 1998 im Zuge einer Verkehrskontrolle in eine Auseinandersetzung mit Sicherheitswachebeamten des Bezirkspolizeikommissariates Donaustadt geraten und im Zuge der Amtshandlung verletzt worden. Er sei daraufhin mehrfach Gegenstand von Medienberichten gewesen und habe öffentlich Vorwürfe gegen die an dem Vorfall beteiligten Beamten erhoben. Ein nicht näher bekannter Bediensteter des belangten Organs habe daraufhin dem F-Verein Daten des Beschwerdeführers aus dem automationsunterstützt geführten Strafregister und dem elektronischen kriminalpolizeilichen Informationssystem (EKIS) übermittelt, die von dort an die Redaktion der N-Zeitung übermittelt wurden und als Grundlage eines Artikels in der Ausgabe vom 28. November 1998 dieser Zeitung (Seite 13) dienten, in dem der Beschwerdeführer in einem Zitat des damaligen Funktionärs N des F-Vereins als 'verurteilt' und 'polizeibekannt wegen schwerer Körperverletzung, Unterlassung von Alimentationszahlungen, Nötigung und wiederholter Verprügelung seiner Frau' bezeichnet wurde. Dadurch sei der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Anspruch auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt worden. Diesen Antrag ergänzte der Beschwerdeführer später, nachdem er nicht mehr durch einen Rechtsanwalt vertreten war, durch eine Vielzahl von Anträgen, die, teilweise nicht sachbezogen und auf abstrakte rechtliche Feststellungen abzielend, insbesondere die Löschung seiner Daten aus dem Strafregister und der Zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden, die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die N-Zeitung sowie die Rücknahme von Schriftsätzen in einem Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (Eingaben vom 17. September 1999, protokolliert zu GZ 120.650/21-DSK/99, sowie vom 15. November 1999, protokolliert zu GZ 120.650/24-DSK/99) begehrte.
Mit Bescheid vom 20. Jänner 1999, GZ 120.650/4-DSK/98, hat die Datenschutzkommission den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Untersagungsbescheids gemäß § 14 Abs 2 Datenschutzgesetz, BGBl Nr 565/1978 idF BGBl Nr 632/1994 (DSG) abgewiesen. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig und blieb unbekämpft.
Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einholung einer Stellungnahme des belangten Organs, Einsichtnahme in die ausgedruckten EKIS-Protokollauswertungen über den Beschwerdeführer betreffende Verarbeitungsvorgänge vom 1. November 1998 bis zum 11. Dezember 1998, Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer und vom belangten Organ vorgelegten Urkunden(kopien) und Einvernahme der Zeugen N, H, E, I und P. Dem Beschwerdeführer wurde zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt.
Die Datenschutzkommission konnte folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt feststellen:
Der Beschwerdeführer geriet am Abend des 1. November 1998 anlässlich einer Verkehrskontrolle in eine handgreifliche Auseinandersetzung mit Beamten der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt, und wurde unter dem Verdacht des Vergehens gemäß § 269 Abs 1 erster Fall StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt) sowie verschiedener Verwaltungsübertretungen festgenommen und am 27. November 1998 zur Anzeige gebracht.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf der insoweit unstreitigen und übereinstimmenden Darstellung des Sachverhalts durch den Beschwerdeführer und das belangte Organ. Die Feststellung des Datums der Anzeige (Vollanzeige) gegen den Beschwerdeführers ergibt sich aus der Stellungnahme des belangten Organs vom 4. August 1999, protokolliert als GZ 120.650/16-DSK/99
Nach der Einlieferung des Beschwerdeführers in sicherheitsbehördliche Verwahrungshaft verfassten die Inspektoren der Sicherheitswache A und H am selben Abend auf dem Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt die schriftliche Anzeige. H führte dazu um zirka 21.00 Uhr und um zirka 22.20 Uhr Abfragen verschiedener Dateien des Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystems (im Folgenden kurz: EKIS) nach Daten des Beschwerdeführers durch (Tasks Nr. PSAX- 7XX79, PSAX-7XX68 und PSAX-8XX16 des EKIS-Betriebsprotokolls). Die zwei ersten, kurz hintereinander durchgeführten Abfragen betrafen Daten der Personeninformation, der Personenfahndung (kurz PFA), des Strafregisters (kurz: STR), des Kriminalpolizeilichen Aktenindex (kurz: KPA) und des Fremden-Informationssystems (FIS), die dritte Daten der Erkennungsdienstlichen Evidenz (kurz: EDE). Inspektor H benützte dabei seine Benutzerkennung und sein Passwort und gab als dienstlichen Bezug seine Dienstnummer und die Abkürzung 'FESTN.§269' für 'Festnahme wegen Verdachts des Vergehens nach § 269 StGB' ein, da für das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Verfahren noch keine Aktenzahl vergeben war. Die Abfragen ergaben die unter den EDV-Zahl 45,XXX.800 verarbeiteten Daten des Beschwerdeführers aus dem KPA und die unter EDV-Zahl 175,XXX.510 verarbeitete Strafregistereintragung des Beschwerdeführers. Die übrigen Abfragen waren negativ. Die Ergebnisse wurden ausgedruckt und der Anzeige gegen den Beschwerdeführer angeschlossen.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen stützen sich auf die ausgedruckten EKIS-Protokolldaten samt Erläuterungen (Beilagen 1 und 2 zur Stellungnahme des belangten Organs vom 17. Februar 1999, AZ: P 5XX/41/a/98) und auf die Aussage des Zeugen H vom 6. Dezember 2000, GZ 120.650/30-DSK/00.
Die Anzeige gegen den Beschwerdeführer wurde in der Nacht vom
1. auf den 2. November 1998 in weiterer Folge von Abteilungsinspektor E bearbeitet, der in dieser Nacht auf dem Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt als Kriminalbeamter Journaldienst versah. Dieser führte die dienstübliche Überprüfung der so genannten Prioren des Beschwerdeführers durch und leitete die Anzeige dann an den Sicherheitshauptreferenten des Kommissariats Dr. U weiter. Zu diesem Zweck führte er neuerlich um zirka 00.23 Uhr am 2. November 1998 mit seiner Benutzerkennung, seinem Passwort und unter Angabe der von ihm vorläufig vergebenen Aktenzahl KR 3XX8/98 als Bezug zwei Abfragen des STR, KPA und der EDE nach Daten des Beschwerdeführers durch (Tasks-Nr. PSAX-8XX26 und PSAX-8XX67). Die Ergebnisse der neuerlich positiven Abfrage von STR und KPA wurden wiederum ausgedruckt. Bereits der Anzeige beiliegende EKIS-Ausdrucke wurden durch die neu ausgedruckten Blätter ersetzt.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen wiederum auf den EKIS-Protokolldaten sowie der Aussage des Zeugen E vom 6. Dezember 2000, GZ 120.650/31-DSK/00. Der Zeuge konnte zwar nicht mehr sicher angeben, ob bereits EKIS-Ausdrucke der Anzeige beilagen, war aber überzeugt davon, dass er sie in diesem Fall durch die von ihm hergestellten aktuelleren ersetzt hätte. Dies ist logisch und steht damit in Einklang, dass, wie sich insbesondere aus der Aussage der Zeugin I vom 6. Dezember 2000, GZ 120.650/32/00, ergibt, der Hauptzweck der wiederholten EKIS-Abfragen war, dem nächsten Bearbeiter des Akts möglichst aktuelle Daten zur Verfügung zu stellen. Dass EKIS-Ausdrucke der Anzeige beilagen, ergibt sich zweifelsfrei aus der Aussage des Zeugen H ('Die ein Ergebnis bringenden Abfragen wurden ausgedruckt und zum Akt genommen').
Am 23. November 1998 um zirka 10.15 Uhr wurden EDE, KPA, STR, PFA und FIS neuerlich nach Daten des Beschwerdeführers abgefragt. Diese zwei Abfragen (Tasks Nr PSAX-4XX57 und PSAX- 4XX81) nahm Fachinspektorin I vom Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt vor und benutzte dabei Ihren Benutzernamen, ihr Passwort und als Bezug die Aktenzahl KR 3XX8/98. Zweck der Abfrage war die Aktualisierung der im Akt einliegenden EKIS-Ausdrucke vor der Übersendung der Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien vom 27. November 1998. Wiederum wurden die positiven Ergebnisse der STR- und KPA-Abfrage ausgedruckt und zum für die Staatsanwaltschaft bestimmten Akt über die sicherheitsbehördlichen Vorerhebungen gegen den Beschwerdeführer genommen und dieser anschließend genehmigt abgefertigt.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf den EKIS-Protokolldaten sowie der mit diesen, bis auf unbedeutende Nebenumstände, an die sich die Zeugin nicht genau erinnern konnte, übereinstimmenden Aussage der Zeugin I vom 6. Dezember 2000, GZ 120.650/32-DSK/00, weiters auf der bereits oben berücksichtigten Stellungnahme vom 4. August 1999, GZ 120.650/16-DSK/99.
Unabhängig von den Vorerhebungen gegen den Beschwerdeführer wurde am 27. November 1998 um zirka 13.20 Uhr das STR nach den Beschwerdeführer betreffenden Daten abgefragt (Task Nr. PSAX- 8XX49), diesmal durch Amtsrat P von der Polizeiabteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien der Bundespolizeidirektion Wien unter Verwendung seiner eigenen Benutzerkennung, des eigenen Passworts und unter Angabe der Bezugszahl II-7XX2/POL.ABT./98. P war dienstlich damit beauftragt worden, die Bezugszahlen von Sicherheitsbehörde, Staatsanwaltschaft und Gericht zu einem gegen den Beschwerdeführer durchgeführten früheren Strafverfahren zu ermitteln. Da im Fall des Beschwerdeführers kein Aktenzeichen des Gerichts, sehr wohl aber die Tatsache eines abgeschlossenen Strafverfahrens bekannt war, handelte P im Sinne einer für seine Dienststelle geltenden Weisung und führte eine STR-Abfrage nach Daten des Beschwerdeführers durch. Die, wie auch schon bei den früheren Abfragen, positive Strafregisterauskunft enthielt auch das gerichtliche Aktenzeichen zur Verurteilung und wurde ausgedruckt.
Beweiswürdigung: Diese Tatsachen ergaben sich aus der Befragung des Zeugen P am 6. Dezember 2000, GZ 120.650/33- DSK/00 sowie aus den damit in Übereinstimmung zu bringenden EKIS-Protokolldaten.
Am 28. November 1998 erschien in der Ausgabe der Tageszeitung 'N-Zeitung' ein von den Redakteuren G und C verfasster Artikel, der über die Vorwürfe des Beschwerdeführers gegen Beamte der Bundespolizeidirektion Wien (Misshandlung und Körperverletzung) und die strafrechtlichen Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer berichtet (Schlagzeile: 'Wiener Polizei wehrt sich gegen 'ungeheuerliche Anschuldigung''). Der Beschwerdeführer wird dabei unter Wahrung seiner Anonymität nur als 'Herr O' bezeichnet. Zitiert wird darin der damals als Personalvertreter im Zentralausschuss für die Sicherheitswache tätige karenzierte Polizeibeamte N mit den Worten: 'Gegen diesen Mann laufen diverse Verfahren, er ist auch schon verurteilt worden. Und polizeibekannt wegen schwerer Körperverletzung, Unterlassung von Alimentationszahlungen, Nötigung und wiederholter Verprügelung seiner Frau. Wir werden ihn wegen Rufschädigung klagen.' Den Verfassern des Artikels lagen jedenfalls, noch bevor sie N mit dem Sachverhalt konfrontierten und zu einer Stellungnahme aufforderten, Kopien aus Akten der Sicherheitsbehörde, und zwar aus dem den Vorfall betreffenden Akt des Bezirkspolizeikommissariats Donaustadt, einschließlich von STR- und KPA-Ausdrucken, vor. Diese Kopien wurden auf nicht näher bekannte, jedenfalls aber dem belangten Organ zuzurechnende Weise hergestellt und auf Papier an die Journalisten G und C übermittelt.
Beweiswürdigung: Die Tatsachen betreffend den zitierten Zeitungsartikel wurden einer vom Beschwerdeführer als Beilage zur Beschwerde vorgelegten Fotokopie aus der N-Zeitung entnommen. Die Tatsache, dass G und C schon vor dem Gespräch mit N über Aktenkopien und somit auch Daten des Beschwerdeführers verfügten, ergibt sich aus den eindeutigen und klaren Aussagen von N am 21. Jänner 1999 und von G am 21. April 1999 vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichts für
Strafsachen Wien als Mitbeschuldigte im Strafverfahren zu AZ:
X2b Vr 1XX49/98 (N: ON 26, AS 382, G: ON 36, AS 422), vorgelegt in Kopie vom Beschwerdeführer als Beilagen zu den Stellungnahmen vom 7. April und 21. Mai 1999.
Die darüber hinaus reichende Beweislage ist nun folgende: Die vier Polizeibeamten, darunter nur drei, die die KPA-Daten des Beschwerdeführers abgefragt haben, die zwischen dem 1. und dem 28. November 1998 ausschließlich Zugriff auf die EKIS-Daten des Beschwerdeführers nahmen, konnten jeweils dienstliche Gründe für die von ihnen vorgenommene Datenverarbeitung angeben. Alle vier gaben an, keine persönliche Bekanntschaft mit N, G oder C zu pflegen und weder Daten übermittelt noch Kopien von EKIS-Datenausdrucken hergestellt zu haben. Hinweise, dass dies nicht der Wahrheit entsprechen könnte, liegen nicht vor. Der Zeuge N entschlug sich zuerst unter Hinweis auf ein gegen ihn anhängiges Strafverfahren der Aussage, war dann aber, am 14. März 2001 neuerlich geladen, zur Aussage in der Sache bereit. Seine Befragung, Niederschrift vom 14. März 2001, GZ K120.650/045-DSK/2001, ergab allerdings wegen der schwachen Erinnerung des Zeugen an die Ereignisse wenig Neues. Der Zeuge N bestätigte aber, mit keinem der Daten abfragenden Beamten bekannt zu sein. Die Redakteure G und C waren, für den 27. April 1999 als Zeugen geladen, zunächst verhindert und ließen durch den Verlag der N-Zeitung mitteilen, sich jedenfalls hinsichtlich ihrer Informationsquellen auf das Redaktionsgeheimnis gemäß § 31 Abs 1 MedienG berufen zu wollen. Auf die neuerliche Ladung dieser Zeugen wurde daher im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer (Stellungnahme vom 21. Mai 1999, protokolliert als GZ 120.650/14-DSK/99, Seite 2) verzichtet. Im fraglichen Zeitraum waren die den Beschwerdeführer betreffenden Unterlagen stets im Gewahrsam des belangten Organs, wenn man davon ausgeht, dass die Akten der Vorerhebungen gegen den Beschwerdeführer erst nach Genehmigung der vom 27. November 1998 datierenden Anzeige an die Staatsanwaltschaft abgefertigt wurden. Eine nachträgliche Rekonstruktion, wer vom Inhalt eines Papieraktes Kenntnis genommen hat, aber ist, so nicht besondere Vorsichtsmaßnahmen, wie sie etwa die Kanzleiordnung für die Bundesministerien und behördeninterne Erlässe etwa für so genannte Verschlusssachen vorsehen, ergriffen wurden - dafür gibt es keinen Anhaltspunkt -, praktisch unmöglich. Das Gleiche gilt für die Frage, wer einzelne Urkunden oder Aktenteile kopieren konnte, um sie den Redakteuren der N-Zeitung zugänglich zu machen. Solange sich der Akt aber im Gewahrsam des belangten Organs als der ermittelnden Sicherheitsbehörde befand, kann mangels eines gegenteiligen Vorbringens nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass nur eine beim belangten Organ bedienstete Person diese Kopien hergestellt und an G und C übermittelt haben kann bzw. diese Übermittlung ermöglicht haben kann.
Die Beschwerdebehauptung konnte insofern erwiesen werden, dass mit sehr hoher, ja überragender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die objektiv feststehende Verletzung des grundrechtlich geschützten Rechts auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch Übermittlung von Datenausdrucken an die Redakteure der N-Zeitung im Verantwortungsbereich des belangten Organs begangen wurde. Nach § 45 Abs 2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit 'absoluter Sicherheit' erweislich ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH, Erkenntnis vom 26. April 1995, Zl. 94/07/0033). Was der VwGH im zitierten Erkenntnis zur Frage der Zurechnung einer Grundwasserverunreinigung zu einem bestimmten Gewerbebetrieb judiziert hat, lässt sich durchaus auch auf den hier gegenständlichen Fall der Verletzung des datenschutzrechtlichen Geheimhaltungsanspruchs übertragen:
Mangels eines Beweises für die genauen Umstände der Datenübermittlung besteht zwar keine Gewissheit, Umstände, die die Zurechnung zu einer anderen Person oder einem anderen Staatsorgan als dem belangten auch nur für möglich erscheinen ließen, sind aber nicht hervorgekommen. Im Übrigen hat die Datenschutzkommission bereits in ähnlichen Fällen hinsichtlich der Zurechnung einer objektiven Rechtsverletzung nach diesen Erwägungen entschieden (vgl. Bescheid vom 14. April 1999, GZ: 120.552/36-DSK/99, bisher nicht veröffentlicht).
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Anzuwendende materielle Rechtsvorschriften
Gemäß dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden § 61 Abs 3 DSG 2000 sind Datenschutzverletzungen, die vor dem Inkrafttreten des DSG 2000 (1. Jänner 2000) stattgefunden haben, hinsichtlich der Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit nach der im Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhalts geltenden materiellen Rechtslage zu beurteilen. Es war daher zu prüfen, ob ein Eingriff in das durch die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 1 DSG eingeräumte Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten erfolgte. Auf einfachgesetzlicher Ebene dürfen gemäß § 57 Abs 3 SPG Auskünfte über Daten aus der Zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden - zu dieser gehört der KPA (Datenbank gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG) - außer auf Grund sonstiger gesetzlicher Ermächtigungen nur an Sicherheitsbehörden, staatsanwaltschaftliche Behörden und Finanzstrafbehörden für deren Tätigkeit im Dienste der Strafrechtspflege sowie an Sicherheitsbehörden und an österreichische Vertretungsbehörden im Ausland in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung erteilt werden. Unter solcher Auskunftserteilung ist auch die Übermittlung von ausgedruckten KPA-Auszügen zu verstehen. Strafregisterauskünfte dürfen gemäß § 9 Abs 1 Z 1 und 2 Strafregistergesetz 1968, BGBl Nr 277/1968 nur an inländische Behörden und Dienststellen der Bundesgendarmerie, an Militärkommanden soweit Angehörige des Bundesheeres betroffen sind, sowie an ausländische Behörden auf Grundlage der Gegenseitigkeit übermittelt werden.
zu Spruchpunkt 1.
Allgemeines zu Sachverhaltsfeststellung, Behauptungs- und Beweislast
Es steht außer Frage, dass eine dem belangten Organ zuzurechnende Übermittlung von KPA- oder STR-Daten an Personalvertreter oder Medienmitarbeiter keine Rechtfertigung in den zitierten Eingriffsnormen fände und daher das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Datenschutz (Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten) verletzen würde. Ebenso bedarf es keiner näheren Erläuterung, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich dieser Daten im gegebenen Zusammenhang schutzwürdig ist.
Das Ermittlungsverfahren in Verwaltungssachen nach dem AVG hat gemäß § 37 AVG den Zweck, 'den für die Erledigung der Sache maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben'. Gemäß § 39 Abs 2 AVG hat die Behörde dabei grundsätzlich von Amts wegen vorzugehen. Sie hat dabei nach der materiellen Wahrheit zu forschen, das heißt den wirklichen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7.Auflage (1999), Rz 323 mwN). Das Verwaltungsverfahren nach dem AVG kennt, ausdrückliche Ausnahmen in den Materiengesetzen ausgeklammert, keinerlei Beweislast, die Behörde hat vielmehr die für ihre Entscheidung notwendigen Tatsachen unter Beweis zu stellen, die Parteien trifft nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl etwa Erkenntnis vom 26. Juni 1959, VwSlg 5007 A/1959) lediglich eine beschränkte Pflicht, am Ermittlungsverfahren mitzuwirken. Im Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 31 DSG 2000 trifft den Beschwerdeführer weiters die Behauptungslast, ein schlüssiges und hinreichend konkretisiertes Vorbringen über die Verletzung seiner Rechte (auf Auskunft über bzw auf Geheimhaltung, Richtigstellung oder Löschung von Daten) zu machen, wie aus § 31 Abs 1 und 2 DSG 2000 (arg: 'Die Datenschutzkommission erkennt auf Antrag des Betroffenen über behauptete Verletzungen.....' 'Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen...') zu folgern ist. Gleiches galt gemäß § 14 Abs 1 DSG auch schon nach der vor dem 1. Jänner 2000 geltenden Rechtslage.
Eine derartige Beschwerdebehauptung wurde, jedenfalls die in Spruchpunkt 1 und 2 erledigten Sachverhalte betreffend, auch erhoben.
Da es gemäß § 87 SPG und im Umkehrschluss aus § 7 Abs 1 und 3 DSG und § 56 Abs 1 SPG die Pflicht des belangten Organs gewesen wäre, das Datengeheimnis hinsichtlich des Beschwerdeführers für aus unter seiner Verantwortung geführten Datenanwendungen und Papierakten stammende Daten zu wahren und zu schützen, war spruchgemäß auf Verletzung des subjektivöffentlichen Rechts des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung ihn betreffender schutzwürdiger Daten zu erkennen.
Zu Spruchpunkt 2.
Hinsichtlich der Übermittlung von Daten an den F-Verein und N ergab das Ermittlungsverfahren, dass N - und mit ihm der F-Verein - erst durch die Journalisten G und C mit Daten und Sachverhaltsdetails aus dem ihnen in Kopie zugespielten Akt KR 3XX8/98 konfrontiert wurden. Eine dem belangten Organ zuzurechnende Datenübermittlung konnte daher in diesem Punkt nicht erwiesen werden, die Beschwerde war daher abzuweisen.
Zu Spruchpunkt 3.
zum Antrag auf Zurückziehung eines Schriftsatzes beim UVS
In der Stellungnahme vom 17. September 1999, protokolliert als GZ 120.650/21-DSK/99, stellte der Beschwerdeführer unter anderem den Antrag, dem belangten Organ die Zurückziehung eines in einem Beschwerdeverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingebrachten Schriftsatzes aufzutragen. Dieses Begehren ist prima facie nicht auf Rechtsschutz gegen die Verletzung subjektiver Datenschutzrechte sondern auf einen Eingriff in ein im Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde geführtes Verfahren gerichtet. Dies in der Weise, dass dem belangten Organ sinngemäß aufgetragen werden soll, bestimmte Behauptungen zu unterlassen oder bestimmte Beweismittel nicht vorzulegen. Die Datenschutzkommission hat in ähnlichem Zusammenhang zwar entschieden, dass ein Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz auch durch nicht-strukturierte Datenverwendung wie die Vorlage einer Beweisurkunde möglich ist (so etwa der Bescheid vom 14. Jänner 1998, GZ 120.555/18- DSK/97, abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at/dsk/ ), dies allerdings ausdrücklich damit begründet, dass die Übermittlung unsachlich weil mit dem Gegenstand des betreffenden Verfahrens nicht im Zusammenhang stehend sein muss. Hinsichtlich einer Untersagung von Vorbringen in einem behördlichen Verfahren oder von Beweismittelvorlagen, mögen sie auch denkbar einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz darstellen, sowie für einen Auftrag zur Zurückziehung solcher Prozesshandlungen erschien ein subjektiver Anspruch überhaupt zweifelhaft. Dies wurde dem Beschwerdeführer mit Verbesserungsauftrag vom 3. November 1999, GZ 120.650/23-DSK/99, mitgeteilt und ihm aufgetragen, sein Begehren entsprechend zu präzisieren. Der Beschwerdeführer brachte daraufhin in seiner Stellungnahme vom 15. November 1999, protokolliert als GZ 120.650/24-DSK/99, vor, Beamte des belangten Organs hätten in einem Schriftsatz an den UVS in 'verleumderischer' Weise falsche Daten betreffend seine Vorstrafen und KPA-Eintragungen verwendet. Damit ist der Beschwerdeführer aber nicht im Recht. Die Verwendung solcher Daten in Urkundenform zur Verteidigung im Zusammenhang eines wegen des den Ausgangspunkt des Verfahrens bildenden Vorfalls angestrengten Beschwerdeverfahrens gemäß § 88 SPG erfüllt jedenfalls nicht das Kriterium der Unsachlichkeit im Sinne der bereits zitierten Entscheidungspraxis der Datenschutzkommission. Es liegt vielmehr hier ein berechtigtes Interesse eines anderen gemäß § 1 Abs 2 DSG vor - nämlich des belangten Organs, das im Verfahren nach § 88 SPG als belangte Behörde und Partei gemäß § 67b Z 2 AVG eigene Interessen vertritt -, das, rechtlich begründet durch jene Rechtsvorschriften, die einem geordneten Verfahren und der Feststellung der materiellen Wahrheit dienen, einen Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers rechtfertigt. Über die Frage, ob dem belangten Organ die Benützung oder Übermittlung der Daten des Beschwerdeführers wegen Gefahr in Verzug zu untersagen wäre - denn unter dem Auftrag zur 'Zurückziehung' eines Schriftsatzes kann bei parteienfreundlicher Auslegung des Anbringens auch ein solcher Untersagungsbescheid verstanden werden -, wurde bereits mit Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. Jänner 1999, GZ 120.650/4-DSK/99, rechtskräftig abweisend entschieden.
Daher war die Beschwerde im Punkt 2, gemäß § 56 AVG ohne gesondertes Ermittlungsverfahren allein auf Grund des Parteienvorbringens, teils als unbegründet ab-, teils wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen.
weitere Anbringen des Beschwerdeführers
Soweit weitere als 'Anträge' bezeichnete Anbringen des Beschwerdeführers (Antrag, die Datenschutzkommission möge feststellen, dass 'die amtswegige Aufnahme, Verarbeitung, Verbreitung und Weitergabe sachgegenständlicher unrichtiger Daten u.a. an die Medien unzulässig und rechtswidrig ist', feststellen, dass unkontrollierter Zugang und sorgloser Umgang mit besonders geschützten Daten nach herrschender datenschutzrechtlicher Ansicht unzulässig ist, und feststellen, dass die Verbreitung und insbesondere die vollständige Weitergabe sachgegenständlicher falscher Daten an den UVS und insbesondere an die N-Zeitung unzulässig ist, sämtliche gestellt in der Stellungnahme vom 15. November 1999, protokolliert als GZ 120.650/24-DSK/99) vorliegen, so handelt es sich, soweit sie nicht durch Spruchpunkte 1. und 2. ohnehin als erledigt angesehen sind, um abstrakte Rechtsfragen und keine neuen Beschwerdevorbringen im Sinne von § 14 Abs 1 DSG oder § 31 Abs 2 DSG 2000, die eine Entscheidungspflicht der Datenschutzkommission auslösen würden.
Abschließende Mitteilung:
Der mit Stellungnahme vom 20. September 1999, protokolliert als GZ 120.650/21-DSK/99, gestellte Antrag auf Löschung von Strafregisterdaten, wurde gemäß § 6 AVG an das nach § 8 Abs 2 Strafregistergesetz 1968, BGBl Nr 277/1968 idF BGBl Nr 101/1972, zuständige Bundesministerium für Inneres weitergeleitet. Sollte auch die Löschung von KPA-Daten begehrt werden, wäre dieses Anbringen gemäß §§ 27 Abs 1 Z 2 und Abs 9 Z 2 DSG 2000 zunächst an die Bundespolizeidirektion Wien als Auftraggeberin der Datenanwendung zu richten.