JudikaturDSB

K073.020/006-DSK/2001 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
01. Juni 2001

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. KLEISER, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 1. Juni 2001 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Das Anbringen des K (Antragsteller) vom 22. März 2001, die Datenschutzkommission möge ihm in einem Schadenersatzprozess gegen 'die Post' Nebenintervention leisten und über dieses Begehren mit Bescheid absprechen, wird gemäß § 32 Abs 6 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999 (DSG 2000) wegen Unzulässigkeit und faktischer Unmöglichkeit zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens des Antragstellers und der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:

Der Antragsteller war erfolgreicher Beschwerdeführer im datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahren Zahl 120.586. Mit Bescheid vom 18. Dezember 1997, GZ 120.586/10-DSK/97, gab die Datenschutzkommission seiner Beschwerde statt und erkannte auf eine Grundrechtsverletzung des Antragstellers durch die Post und Telekom Austria AG. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2000 brachte der Antragsteller erstmals vor, er beabsichtige wegen fortdauernder Verletzung seiner Rechte durch 'die Post' eine zivilrechtliche Klage auf Schadenersatz einzubringen. Zu diesem Zweck habe er bei einem nicht näher genannten Gericht die Gewährung der Verfahrenshilfe beantragt. Er forderte die Datenschutzkommission weiters auf, ihn in diesem Rechtsstreit durch Beitritt als Nebenintervenientin zu unterstützen. Nach Beratung am 2. März 2001 teilte die Datenschutzkommission mit schriftlich begründeter Mitteilung, gleiches Kalenderdatum, GZ K073.020/001-DSK/01, dem Antragsteller mit, dass seinem Begehren nicht entsprochen werden könne, dies sowohl aus formalen als auch aus materiellrechtlichen Gründen. Mit Eingabe vom 22. März 2001 verlangte der Antragsteller neuerlich und unter ausdrücklichem Begehren auf bescheidförmige Erledigung den Beitritt der Datenschutzkommission als Nebenintervenientin. Ein Zivilprozess, auf den sich die Nebenintervention beziehen könnte, ist bisher vom Antragsteller nicht anhängig gemacht worden.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus den Akten zu den zitierten Zahlen der Datenschutzkommission und dem Vorbringen des Antragstellers selbst. Der Schluss, dass der Antragsteller bisher keine Klage gegen 'die Post' eingebracht hat, ergibt sich zwingend daraus, dass er, trotz entsprechenden Hinweises in der Erledigung GZ K073.020/001- DSK/01, den Prozessgegner, den Prozessgegenstand (Klagebegehren, Streitwert), das angerufene Gericht und dessen Aktenzeichen oder seinen eigenen Prozessvertreter (Rechtsanwalt) nicht genannt hat. Er wiederholt lediglich die Behauptung, einen Verfahrenshilfeantrag gestellt zu haben, und dass er, 'nach Kenntnis des mir zur Verfügung gestellten Anwalts', die Datenschutzkommission informieren werde. Weiters legte er, offenbar zur Bekräftigung seines Anspruchs, eine Fotokopie aus einer kommentierten Ausgabe des DSG 2000 vor. In der vom Antragsteller darin farblich hervorgehobenen Passage ist allerdings nicht von der Nebenintervention sondern vom besonderen Klagsrecht der Datenschutzkommission auf Feststellung gemäß § 32 Abs 5 DSG 2000 die Rede.

Dies lässt den eindeutigen Schluss zu, dass der Antragsteller in Verkennung der Rechtslage bisher nicht geklagt hat sondern auf ein Tätigwerden der Datenschutzkommission wartet.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Das Begehren des Antragstellers ist in zweierlei Hinsicht unzulässig.

Zunächst ergibt sich aus § 32 Abs 6 DSG 2000 lediglich, dass die Datenschutzkommission berechtigt ist, bei Vorliegen dreier materieller Voraussetzungen, einem Rechtsstreit vor dem zuständigen Gericht als Nebenintervenientin beizutreten. Diese Voraussetzungen sind: 1. ein anhängiger Zivilprozess, in dem das Begehren sich auf die gemäß § 32 Abs 1 DSG 2000 [Anmerkung: durch Redaktionsversehen im Original fehlerhaft '§ 31 Abs 1 DSG 2000']auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machenden Rechte (Geheimhaltung, Richtigstellung oder Löschung von Daten) richtet, 2. ein Begehren eines Betroffenen – dies muss nicht die Hauptpartei (Kläger) sein! - auf Nebenintervention an die Datenschutzkommission und 3. ein öffentliches Interesse an einem Obsiegen des Klägers, weil die Rechte einer größeren Zahl von Betroffenen in gleicher Weise tangiert werden. Es besteht aber kein subjektiv-öffentlicher Anspruch des Klägers auf Nebenintervention der Datenschutzkommission, da deren Einschreiten nicht seinem Prozesserfolg dienen sondern vielmehr das öffentliche Interesse an einem bestimmten Ausgang des Verfahrens wahrnehmen soll. Die Pflicht, die der Gesetzgeber durch die Wahl der Worte 'Die Datenschutzkommission ..... hat .....beizutreten' zum Ausdruck bringt, bezieht sich auf die Wahrnehmung des öffentlichen Interesses, sie ist Ausdruck der im DSG 2000 der Datenschutzkommission mehrfach zugesprochenen Rolle als 'Datenschutz-Ombudsmann'. Der Antragsteller aber verwechselt hier offenkundig trotz den in der Erledigung GZ K073.020/001- DSK/01 gegebenen Erläuterungen die Funktion der besonderen Nebenintervention gemäß § 32 Abs 6 DSG 2000 mit der der Verfahrenshilfe gemäß §§ 63ff ZPO oder der richterlichen Manuduktion im Sinne von § 432 ZPO. Außerdem ist wegen zahlreicher damit aufgeworfener Probleme die Frage klar zu verneinen, ob eine Prozesshandlung eines öffentlichen Organs durch ein mit Bescheid abzuschließendes Verwaltungsverfahren erzwungen werden kann. So auch die höchstgerichtliche Rechtsprechung: Die Frage, ob Entscheidungspflicht iSd Art 132 B-VG besteht, ist nach den im Einzelfall anzuwendenden einfachgesetzlichen Rechtsvorschriften zu beurteilen. Gegenstand einer Entscheidungspflicht kann nur eine in der Rechtsordnung vorgesehene Erledigung normativen Inhaltes sein, nicht jedoch die Erteilung einer bloßen Auskunft, ein gewünschtes dienstaufsichtsbehördliches oder die interne Behördenorganisation betreffendes Handeln, ein effektives Verhalten bzw. das formlose Korrigieren eines Fehlverhaltens eines Organwalters. Dabei ist die Frage, ob für das begehrte Tätigwerden der Behörde die Erlassung eines normativen Aktes (Bescheides) rechtlich vorgesehen ist oder nicht, nach dem sachlichen Inhalt des Begehrens zu beurteilen (VwGH, Beschluss vom 27. April 1994, Zl. 93/13/0223). Mangels einer entsprechenden Rechtsvorschrift, die die Nebenintervention als ein faktisches Handeln, ein 'effektives Verhalten' im Sinne der zitierten VwGH-Judikatur, zum subjektiven Recht erheben würde, ist das Begehren unzulässig und kann daher nicht meritorisch, sondern nur formell durch Bescheid erledigt werden.

Weiters könnte eine Nebenintervention auch rein faktisch nicht erfolgen. Die Nebenintervention ist eine Prozesshandlung. Durch diese Handlung, an deren Beginn die Einbringung eines entsprechenden Schriftsatzes beim Prozessgericht steht, macht die Datenschutzkommission als gemäß § 17 Abs 2 Zivilprozessordnung, RGBl Nr 113/1895 idF BGBl I Nr 26/2000 (ZPO), iVm § 32 Abs 6 DSG 2000 ermächtigte besondere Amtspartei ihr Recht geltend, an einem anhängig gemachten Zivilprozess als Nebenintervenientin teilzunehmen. Über die Zulässigkeit der Nebenintervention ist vom Prozessgericht gemäß § 18 Abs 4 ZPO mit Beschluss zu entscheiden. Dass es sich dabei um Teilnahme an einem 'anhängigen Rechtsstreite' handelt, geht schon aus dem ersten Satz von § 17 Abs 1 ZPO hervor. Ein Rechtsstreit wird aber erst mit der ersten Verfahrenshandlung des Prozessgerichts, die nicht in einer so genannten a-limine-Zurückweisung oder einem Verbesserungsauftrag besteht, (gerichts-)anhängig. Solange keine Klage anhängig gemacht worden ist, gibt es keinen Rechtsstreit, in dem eine Nebenintervention erfolgen kann. Dem vom Antragsteller begehrten bescheidmäßigen Spruch steht daher auch faktische Unmöglichkeit des Begehrens entgegen.

Im übrigen wäre jedoch auch bei bereits eingeleitetem zivilrechtlichem Verfahren eine Nebenintervention der Datenschutzkommission im gegenständlichen Fall nicht vorzunehmen, da die Nebenintervention gemäß § 32 Abs. 6 DSG 2000 an das Erfordernis gebunden ist, dass sie 'zur Wahrung der nach diesem Bundesgesetz geschützten Interessen einer größeren Zahl von Betroffenen geboten ist' (§ 32 Abs 6 DSG 2000). Gerade dies ist aber im Falle einer Schadenersatzklage nicht gegeben. Schadenersatzansprüche, und zwar auch solche, die sich auf § 33 Abs 1 DSG 2000 stützen, sind immer individueller Natur. Dem österreichischen Zivilprozessrecht ist das in den Medien derzeit häufig präsente, den Zivilrechts- und Zivilprozessordnungen der Vereinigten Staaten von Amerika entstammende Instrument der schadenersatzrechtlichen 'Sammelklage' ('class action') unbekannt. Schadensersatzansprüche können daher mangels Bedeutung für die datenschutzrechtlichen Interessen einer größeren Zahl von Betroffenen – anders als Feststellungsansprüche – auch nicht Gegenstand einer Nebenintervention durch die Datenschutzkommission gemäß § 32 Abs 6 DSG 2000 sein.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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