JudikaturDSB

120.685/022-DSK/01 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
13. Februar 2001

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. DUSCHANEK, Dr. KLEIN, Dr. KLEISER und Dr. KOTSCHY sowie des Schriftführers Dr. KUNNERT in ihrer Sitzung vom 13. Februar 2001 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde des R vom 9. November 1999, wegen Verletzung in seinem Grundrecht auf Auskunft nach § 1 Abs. 3 DSG 1978 BGBl Nr. 565 idF BGBl Nr. 1994/632 (kurz: DSG 1978) durch den K-Partei-Parlamentsklub, uzw. durch die unvollständige Erteilung einer vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. September 1999 erbetenen Auskunft über ihn betreffende gespeicherte Daten und deren Herkunft wird

I. hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der unvollständigen Auskunftserteilung gem. §§ 1 Abs. 3 und 25 DSG 1978 iVm § 61 Abs. 3 DSG 2000 BGBl I Nr. 1999/165 als unbegründet abgewiesen; sowie

II. hinsichtlich des Leistungsbegehrens auf Erteilung der vollständigen Auskunft gemäß § 4 Z 4 in Verbindung mit § 61 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz DSG 2000 als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachfolgender Sachverhalt fest:

Im Zuge des Wahlkampfes für die Nationalratswahlen des Jahres 1999 bediente sich die K-Partei unter anderem des Instrumentes der sogenannten 'Zielgruppenwerbung'. Ausfluss dieser spezifischen Werbestrategie war unter anderem die Versendung eines von Klubobmann Dr. A namens des K-Partei-Parlamentsklubs gezeichneten Briefes, der sich dezidiert an Angehörige des öffentlichen Dienstes richtete.

Der K-Partei-Parlamentsklub bewerkstelligte die Adressierung der Schreiben durch die Anbringung vorgedruckter Adressetiketten auf den Briefumschlägen, welche - wie noch dargelegt wird - von der Wählergruppe K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (kurz: GÖD) zur Verfügung gestellt wurden. Diese Etiketten, welche automationsunterstützt erstellt wurden, wiesen keine DVR-Nummer auf, noch befand sich eine solche auf den verwendeten Briefumschlägen oder dem Schreiben selbst. Weiters ist davon auszugehen, dass die Wählergruppe K-Partei/Gewerkschaftsfraktion die für die Herstellung der Adressetiketten benötigten Adressen aus dem automationsunterstützt verarbeiteten Gesamtverzeichnis der GÖD entnommen hat.

Ein Exemplar des bezüglichen, vom September 1999 datierenden Schreibens des K-Partei-Parlamentsklubs erging an die Privatanschrift des Beschwerdeführers. Dieser war Beamter im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr, nunmehr des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, und ist Mitglied der Gewerkschaft öffentlicher Dienst.

Der Beschwerdeführer ist weder Mitglied der K-Partei bzw. einer ihrer Teilorganisationen, noch hat er sich – nach glaublicher persönlicher Angabe - zu irgendeinem Zeitpunkt – etwa bei Parteiveranstaltungen – in Interessentenlisten der K-Partei eingetragen oder auf sonst eine Art und Weise sein Interesse an Informationsmaterial der K-Partei bekundet.

Um Klarheit über die Frage zu erlangen, auf welche Weise er 'auf diese von einem EDV-System verwalteten Liste der Adressaten geraten' sei , richtete der Beschwerdeführer ein mit 15. September 1999 datiertes Auskunftsersuchen an Herrn Klubobmann Dr. A, in dem er im Wesentlichen um die schriftliche Beantwortung der Fragen ersuchte, woher die K-Partei über seine personenbezogenen Daten verfüge, wer diese Daten verarbeitet und wer die Verknüpfung zwischen Privatanschrift und Beschäftigtenverhältnis im öffentlichen Dienst hergestellt habe.

Nachdem der Beschwerdeführer seine Identität für den K-Partei-Parlamentsklub hineinreichend nachgewiesen hatte (§ 25 Abs. 1 DSG 1978), teilte dieser mit Schreiben vom 11. November 1999 dem Beschwerdeführer mit, dass eine Überprüfung 'unserer EDV' ergeben habe, dass keinerlei personenbezogene Daten über den Beschwerdeführer 'edv-mäßig' gespeichert oder verarbeitet würden. Gleichzeitig wurde unter Bezugnahme auf das Schreiben von Klubobmann Dr. A vom September 1999 die Vermutung geäußert, 'dass die Zustellung des Briefes ausschließlich auf uns von dritter Seite zur Verfügung gestellten Einwegadressetiketten zur einmaligen Verwendung zurückzuführen ist, die von uns mit Sicherheit nicht verarbeitet wurden'. Jedenfalls könne versichert werden, 'dass wir Ihre Adressen mit keinem anderen Programm verknüpft oder weitergegeben haben (und auch nicht werden) [...]'.

Unter Verweis auf den Umstand, dass - nach Ansicht des Beschwerdeführers - der K-Partei-Parlamentsklub auch bei Inanspruchnahme von Adressen von dritter Seite als 'Auftraggeber' für die zugrundeliegende Datenverarbeitung gelte, ersuchte der Beschwerdeführer in der Folge mit Schreiben vom 15. November 1999 neuerlich um eine gesetzeskonforme und vollständige Auskunft bis Ende November 1999. In Reaktion auf dieses Schreiben teilte der K-Partei-Parlamentsklub schließlich am 30. November 1999 mit, dass es sich beim Schreiben von Klubobmann Dr. A um eine Information zur Nationalratswahl gehandelt habe, 'zu welcher wir die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst ersucht haben, uns die Gelegenheit einzuräumen, uns an Bedienstete des öffentlichen Dienstes zu wenden.' Daher ersuche man den Beschwerdeführer, sich an die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst zu wenden, um die gestellten Fragen beantwortet zu erhalten.

Noch vor Erhalt der Mitteilung vom 30. November 1999 wandte sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. November 1999 an die Datenschutzkommission mit der Behauptung, durch die Weigerung des K-Partei-Parlamentsklubs, die bezüglichen Auskünfte zu erteilen, in seinen gesetzlich garantierten Rechten verletzt worden zu sein und ersuchte die Datenschutzkommission, umgehend Sorge dafür zu tragen, dass der Datenverarbeiter seiner Auskunftspflichten nachkomme und sein Verhalten von amtswegen untersucht bzw. einer Sanktionierung zugeführt werden möge.

Im Zuge des in der Folge von der Datenschutzkommission geführten Ermittlungsverfahrens verwies der K-Partei-Parlamentsklub im Wesentlichen auf seine bereits in früheren Schreiben getätigten Aussagen hin, insbesondere auf den Umstand, dass die mehrfach angesprochenen, für die Versendung des Werbeschreibens des K-Partei-Parlamentsklubs herangezogenen Adressetiketten ihm übergeben worden seien und er selbst über keinerlei gespeicherte Daten verfüge. Mit Schreiben vom 14. Juni 2000 forderte die Datenschutzkommission den K-Partei-Parlamentsklub auf, nachstehend wiedergegebene Fragen zu beantworten:

1. Aus dem Antwortschreiben des K-Partei-Parlamentsklubs vom 30. November 1999 an den Beschwerdeführer ergibt sich, dass der K-Partei-Parlamentsklub die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst damit beauftragte, Adressen öffentlich Bediensteter zu beschaffen, und zwar zu dem Zweck, diese für die Wahlwerbung im Rahmen der Nationalratswahlen zu verwenden. In diesem Zusammenhang wird um die Bekanntgabe des genauen Wortlautes dieser 'Weisung' an die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion - z.B. in Form einer Kopie des bezüglichen Schreibens - ersucht.

2. Darüber hinaus ergeht die Aufforderung, bei der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion der Gewerkschaft öffentlicher Dienst nachzuforschen, ob ein weiterer Dienstleister bzw. Subdienstleister für die Erstellung der Adressetiketten herangezogen wurde und - zutreffendenfalls - um welchen Dienstleister es sich konkret handelte.

3. Weiters ergeht der Auftrag, bei der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion zu erkunden, auf welche Quellen bei der Erstellung der bezüglichen Adressetiketten zurückgegriffen wurde; konkret wäre zu klären, nach welcher Methode die Namen der öffentlich Bediensteten und deren Privatanschrift ermittelt wurden.

4. Im Zusammenhang mit der Darlegung der Methode zur Ermittlung bzw. des Zugriffs auf personenbezogene Daten öffentlich Bediensteter wäre schließlich anzugeben, auf welche Rechtsgrundlagen sich der K-Partei-Parlamentsklub bei seiner Ermittlung bzw. die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion bei ihrer Übermittlung der Daten an den Parlamentsklub stützten.

Die vorgenannten Fragen 1 und 3 beantwortete der K-Partei-Parlamentsklub schließlich dahingehend, dass die zur Adressierung der ergangenen Werbeschreiben des K-Partei-Parlamentsklubs vom September 1999 herangezogenen Adressen - so auch jene des Beschwerdeführers - nicht aus automationsunterstützten Datenverarbeitungen, sondern 'von verschiedenen Informanten aus dem Kreis der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion sowie von Informationsinteressierten bei Veranstaltungen dieser Organe, die sich auf Info-Listen eingetragen haben' stammen und 'teilweise über Funktionäre beigebracht' worden seien. Dies sei durchwegs freiwillig erfolgt.

Zu Frage 2 wurde angemerkt, dass diese Recherche nicht mehr beantwortet werden könne und zur Frage 4 wurde auf § 1 Abs. 2 Parteiengesetz verwiesen.

Auf Grund der seitens des K-Partei-Parlamentsklubs getätigten Aussage trat die Datenschutzkommission in der Folge an die Wählergruppe K-Partei/Gewerkschaftsfraktion mit nachstehenden Fragen heran:

1. Wie ist die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst in den Besitz der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers gelangt?

2. Befinden sich derzeit im Besitz des K-Partei/Gewerkschaftsfraktion personenbezogene Daten über den Beschwerdeführer? Wenn ja, welche?

3. Wurden die vom K-Partei/Gewerkschaftsfraktion an den K-Partei-Parlamentsklub übermittelten Adressetiketten, darunter auch jene mit der Privatanschrift des Beschwerdeführers, von der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion selbst erstellt oder wurde dazu ein Dienstleister herangezogen; in letzterem Falle wird um Auskunft ersucht, welcher Dienstleister herangezogen wurde.

4. Auf welche Rechtsgrundlage stützte sich die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion bei der Ermittlung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers bzw. bei der Weitergabe derselben an den K-Partei-Parlamentsklub?

5. Warum wurde auf den Adressetiketten, die an den K-Partei-Parlamentsklub übermittelt wurden, keine DVR-Nummer angegeben?

Daraufhin teilte die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion schließlich mit Schreiben vom 14. November 2000 mit, dass seitens der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion keinerlei Adressmaterial betreffend den Beschwerdeführer weitergegeben worden und vielmehr davon auszugehen sei, dass die bezüglichen Adressdaten – wie dies allgemein bei Dateien üblich sei – von 'den bei den Parteien damit vorwiegend befassten StudentInnen aus dem Telefonbuch, dem Amtskalender und den Stimmlisten entnommen und in der Folge auf Etiketten geschrieben' worden seien.

II.1. Die Behörde hat Beweis erhoben durch:

Beschwerde des R vom 9. November 1999 samt Beilagen (OZ 0) Schreiben des K-Partei-Parlamentsklubs vom 31. März 2000 samt Beilagen (OZ 2)

Schreiben des R vom 3. Mai 2000 (OZ 3)

Ergänzendes Vorbringen des R vom 16. Mai 2000 (OZ 5)

Schreiben des R vom 25. Mai 2000 (OZ 6)

Schreiben des K-Partei-Parlamentsklubs vom 24. Juli 2000 (OZ 9)

Schreiben des R vom 29. August 2000 (OZ 12)

Schreiben der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst vom 14. November 2000 (OZ 15) Schreiben des R vom 9. November 2000 (OZ 17)

Schreiben des R vom 15. Dezember 2000 (OZ 18) Aktenvermerk vom 21.12.2000 (OZ 19)

2. Hinsichtlich der Frage der Heranziehung des Mitgliederverzeichnisses der GÖD durch die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion für Zwecke der Erstellung einer Adressauswahl für den K-Partei-Parlamentsklub zwecks Verwendung für eine Zielgruppenwerbeaktion im Vorfeld der Nationalratswahl 1999 liegen der Datenschutzkommission widersprüchliche Beweismittel vor.

Zunächst ist anzumerken, dass der K-Partei-Parlamentsklub selbst in seinem Schreiben vom 30. November 1999 (Beilage 1 zu OZ 2) ausdrücklich davon spricht, dass er die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst ersucht habe, ihm 'Gelegenheit einzuräumen, ?sich? an Bedienstete des öffentlichen Dienstes zu wenden', und zwar mit dem Ziel, diese Wählergruppe mit spezifischen Informationen zur Nationalratswahl zu beteilen. In einem zeitlich davor liegenden Schreiben des K-Partei-Parlamentsklubs (Schreiben vom 11. November 1999, siehe Beilage 3 zu OZ 2) sprach der K-Partei-Parlamentsklub zudem davon, Einwegadressetiketten zur einmaligen Verwendung von dritter Seite erhalten zu haben. Die authentische Interpretation des Begriffs 'von dritter Seite' lieferte der K-Partei-Parlamentsklub selbst in seinem Schreiben vom 31.3.2000 (Seite 2, Punkt 3 des Schreibens), indem er explizit klarstellte, dass dem Beschwerdeführer 'mit Schreiben vom 30.11.1999 nochmals mitgeteilt wurde, dass die Adressetiketten von der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst zur Verfügung gestellt wurden, uzw. mit der Information, dass es sich um Bedienstete des öffentlichen Dienstes handelte' (OZ 2).

In diametralem Gegensatz zu den vorstehend zitierten Aussagen des K-Partei-Parlamentsklubs steht die im Schreiben der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst vom 14. November 2000 getroffene Feststellung, 'dass seitens der Wählergruppe K-Partei/Gewerkschaftsfraktion kein Adressmaterial weitergegeben wurde' (OZ 15). Ergänzend wies die Wählergruppe K-Partei/Gewerkschaftsfraktion darauf hin, dass ihres Wissens nach Parteien bei der Akquisition von Adressen für Werbeaussendung wie im vorliegenden Fall primär auf Studenten zurückgreifen, die aus dem Telefonbuch, aus dem Amtskalender und den Stimmlisten Adressen entnehmen und auf Etiketten schreiben.

Den Aussagen der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist festzuhalten, dass die von der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion angesprochene, angeblich übliche Form der Adressakquisition keineswegs der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht. Exkursorisch sei an dieser Stelle auf den Umstand hingewiesen, dass beispielsweise die K-Partei im Zuge des Nationalratswahlkampfes 1999 als eine spezifische Zielgruppe jene der Waffenbesitzer beworben hat (vgl. dazu GZ 120.671 aus 1999). Es liegt auf der Hand, dass gerade im Fall der Gruppe der Waffenbesitzer mit dem bloßen Verknüpfen öffentlich zugänglicher Verzeichnisse nicht das Auslangen gefunden werden kann. Die Erstellung einer entsprechenden Adress-Selektion wäre hier nur unter Rückgriff auf Mitgliederverzeichnisse von Jagdverbänden oder Abonnentenlisten von einschlägigen Zeitschriften denkbar.

Auch im Zusammenhang mit der Bewerbung öffentlich Bediensteter zeigt sich, dass mit der Auswertung öffentlich zugänglicher Verzeichnisse keinesfalls das Auslangen gefunden werden kann. Dies schon deshalb, weil im sogenannten 'Amtskalender' regelmäßig nur Bedienstete der Zentralstellen des Bundes und der Länder, nicht aber auch Personal unterhalb der Leitungsebene in Bezug auf die dezentralen Dienststellen enthalten ist. Gerade zahlenmäßig relevante Gruppen wie Lehrer oder Exekutivbeamte können solcherart nicht auch nur annähernd vollständig erfasst werden. Andererseits ist allgemein bekannt, dass gerade die Gruppe der öffentlich Bediensteten einen sehr hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad aufweist. Die effizienteste Methode, zu einer Adress-Selektion der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu gelangen, ist also jene, auf das Mitgliederverzeichnis der Gewerkschaft öffentlicher Dienst zurückzugreifen.

Zu diesen allgemeinen Erwägungen kommt der Umstand, dass der K-Partei-Parlamentsklub mehrfach selbst eingestanden hat, ein 'Ersuchen' an die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst um eine entsprechende Adress-Selektion im Vorfeld der Nationalratswahl zum Zwecke der Bewerbung öffentlicher Bediensteter gerichtet und tatsächlich Adressetiketten erhalten zu haben. Das als solches unbestrittene Ersuchen des K-Partei-Parlamentsklubs an die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion macht vor dem Hintergrund der oben angestellten Überlegungen überhaupt nur Sinn unter der Annahme, dass die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion das ihr für die gewerkschaftliche Informationsarbeit problemlos zugängliche Gesamt-Mitgliederverzeichnis der GÖD nutzbar machen werde.

Eine weitere Stütze für die vorstehende Einschätzung bzw. die gezogenen Schlussfolgerungen, insbesondere hinsichtlich des Rückgriffes auf das Mitgliederverzeichnis der GÖD, stellt das vom Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 15. Dezember erstattete Vorbringen dar, in dem er auf folgende Beobachtung hinweist: Eine im Dezember 2000 durchgeführte Umfrage unter Bekannten in seiner Dienststelle (im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr, jetzt: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur) habe ergeben, dass einerseits alle jene Personen unter diesen Bekannten, die sich noch erinnern konnten, im September 1999 ebenfalls ein gleichlautendes Schreiben des K-Partei-Parlamentsklubs erhalten zu haben, auf Mitgliederlisten des ÖGB bzw. Verteilerlisten des periodisch an Mitglieder versendeten ÖGB-Magazins aufschienen bzw. aufscheinen, sich andererseits aber Kollegen ohne Beziehung zum ÖGB dezidiert erinnern konnten, keine bezügliche Werbesendung erhalten zu haben, obwohl sämtliche der insgesamt befragten Kollegen im Österreichischen Amtskalender verzeichnet gewesen seien. Der Beschwerdeführer nennt gegenüber der Datenschutzkommission einen Kollegen namentlich, der mit Sicherheit ein Werbeschreiben im vorstehenden Sinne erhalten habe und auf den das Kriterium der ÖGB-Mitgliedschaft zutreffe. Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind in sich schlüssig bzw. widerspruchsfrei und erscheinen nicht zuletzt mit Hinblick auf die namentliche Anführung eines Kollegen glaubwürdig.

Zusammenfassend zieht die Datenschutzkommission daraus den Schluss, dass im vorliegenden Fall der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion sehr wohl eine Adress-Selektion betreffend Angehörige des öffentlichen Dienstes, insbesondere unter Rückgriff auf das überfraktionelle Mitgliederverzeichnis der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, im Auftrag bzw. auf Wunsch des K-Partei-Parlamentsklubs durchgeführt und das Ergebnis der Verarbeitung an diesen in Form von automationsunterstützt hergestellten Adressetiketten weitergegeben hat.

Im übrigen ergab sich der Sachverhalt widerspruchsfrei aus den Akten.

I. Rechtlich hat die Datenschutzkommission erwogen:

A. Zuständigkeit der Datenschutzkommission

Für die Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit im Sinne des § 6 AVG ist der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgebend, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Änderungen der Zuständigkeitsvorschriften sind daher stets, und zwar auch nach der Anhängigmachung einer Verwaltungssache zu berücksichtigen, zumal es im Verwaltungsverfahren - anders als bei den ordentlichen Gerichten nach § 29 JN - keine perpetuatio fori (vgl. VwSlg 13443 A/1991 u.a.) gibt. Die vorliegende Auskunftsbeschwerde gegen den K-Partei-Parlamentsklub wurde bereits im November 1999 eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt bestand für derartige Beschwerden gegen Privatrechtssubjekte keine Zuständigkeit der DSK (vgl. § 36 Abs1 Z 1 iVm §§ 4 und 5 DSG 1978). Zuständig waren vielmehr die örtlich in Betracht kommenden Landesgerichte für Zivilrechtssachen (§ 1 Abs. 6 in Verbindung mit § 29 Abs. 1 DSG 1978). Da bis zum 31. Dezember 1999 in der gegenständlichen Rechtssache kein Verfahren vor dem zuständigen Gericht anhängig gemacht wurde, wurden die mit 1.1.2000 in Kraft getretenen Bestimmungen des DSG 2000 über die erweiterte Zuständigkeit der Datenschutzkommission anwendbar. § 1 Abs. 5 DSG 2000 ordnet ausdrücklich an, dass sog Auskunftsbeschwerden (§§ 26 und 31 Abs. 1 DSG 2000) an die Datenschutzkommission auch gegen 'in Formen des privaten Rechts eingerichtete Rechtsträger' zulässig sind. Der K-Partei-Parlamentsklub ist als privatrechtlich eingerichtete Institution zu werten. Eine Auskunftsbeschwerde betreffend die Versendung von Werbeschreiben durch den K-Partei-Parlamentsklub unterliegt somit nunmehr der Zuständigkeit der Datenschutzkommission.

B. Anzuwendende Rechtslage in der Sachfrage

Gemäß § 61 Abs. 3 DSG 2000 sind Datenschutzverletzungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (1.1.2000) stattgefunden haben, soweit es sich um die Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Sachverhaltes handelt, nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhaltes zu beurteilen; soweit es sich hingegen um die Verpflichtung zu einer Leistung oder Unterlassung handelt, ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in erster Instanz zu Grunde zu legen.

Die vorliegende Beschwerde ist bei der Datenschutzkommission am 9. November 1999 und damit vor Inkrafttreten des DSG 2000 eingelangt. Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausdrücklich erklärte, durch die Weigerung des K-Partei-Parlamentsklubs, eine vollständige Auskunft zu erteilen, in seinen gesetzlich garantierten Rechten verletzt zu sein und zugleich eine amtswegige Untersuchung bzw. Sanktionierung verlangte, begehrte er zunächst einen Feststellungsbescheid zur Frage der Verletzung seines Auskunftsrechts nach § 1 Abs. 3 DSG 1978. Für die Beurteilung dieses Feststellungsbegehrens ist im Lichte des oben zu § 61 Abs. 3 DSG 2000 Gesagten ausschließlich das DSG 1978 heranzuziehen.

In seiner Beschwerde vom 9. November 1999 ersucht der Beschwerdeführer aber zudem die Datenschutzkommission, 'umgehend dafür Sorge dafür zu tragen, dass der Datenverarbeiter umgehend seiner Auskunftspflichten nachkommt'. Damit macht der Beschwerdeführer über das Feststellungsbegehren hinaus ein Leistungsbegehren, d.h. den Anspruch auf Erteilung einer vollständigen Auskunft geltend. Für die Beurteilung dieses Anspruchs ist zufolge § 61 Abs. 3 DSG 2000 die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung in erster Instanz, d.h. durch die Datenschutzkommission zu Grunde zu legen.

C. Zur Sache selbst:

Gemäß § 1 Abs. 3 DSG 1978 hatte jedermann, soweit Daten über ihn automationsunterstützt verarbeitet werden, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Auskunft darüber, wer Daten über ihn ermittelt oder verarbeitet, woher die Daten stammen, welcher Art und welchen Inhaltes die Daten sind und wozu sie verwendet werden.

Gemäß § 25 Abs. 1 DSG 1978 konnte ein Betroffener bei Nachweis seiner Identität bei einem Auftraggeber des privaten Sektors Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten und über deren Herkunft verlangen. Wurden diese Daten übermittelt, konnte der Betroffene auch Auskunft über die Empfänger verlangen. Die Auskunft war binnen vier Wochen schriftlich, in allgemein verständlicher Form zu erteilen, sofern der Betroffene nicht mit einer mündlichen Auskunft einverstanden war. Mit Zustimmung des Betroffenen konnte anstelle der schriftlichen Auskunft die Einsichtnahme und die Möglichkeit der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.

Wurden Daten nach § 19 DSG 1978, d.h. unter Heranziehung eines Dienstleisters verarbeitet, so waren in der Auskunft auch Name und Anschrift des Dienstleisters anzugeben.

Aufgrund des Begehrens des Beschwerdeführers wies der K-Partei-Parlamentsklub zunächst darauf hin, dass er keinerlei personenbezogene Daten über den Beschwerdeführer verarbeitet bzw. gespeichert habe. Auf nochmalige Nachfrage wurde der Beschwerdeführer schließlich an die K-Partei/Gewerkschaftsfraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst als Datenlieferant des K-Partei-Parlamentsklubs verwiesen. Soweit nun der Beschwerdeführer meint, dass der K-Partei-Parlamentsklub jedenfalls als 'Auftraggeber' im Sinn des Datenschutzgesetzes gelte und sich daher nicht seiner Auskunftspflicht entziehen könne, ist zu beachten, dass § 1 Abs. 3 DSG 1978 für Betroffene lediglich in Bezug auf 'automationsunterstützt verarbeitete Daten' nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen einen Anspruch auf Auskunft darüber gewährt, wer Daten ermittelt oder verarbeitet, woher die Daten stammen etc, u.zw. gegenüber dem jeweiligen 'Auftraggeber'. Als eine solche gesetzliche Bestimmung ist § 25 DSG 1978 anzusehen, wonach ein Auftraggeber des privaten Sektors Auskunft über die zur Person des Betroffenen gespeicherten Daten und über deren Herkunft zu erteilen hat. Aufgrund des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass der K-Partei-Parlamentsklub lediglich fertig bedruckte Adressetiketten von der K-Partei/Gewerkschaftsfraktion im ÖGB in Empfang genommen und verwendet hat. Er ist daher kein Auftraggeber im datenschutzrechtlichen Sinn, da er weder selbst noch unter Heranziehung [Anmerkung: im Original 'Herausnehmung', ein offenkundiger Redaktionsfehler] eines Dienstleisters Daten über den Beschwerdeführer automationsunterstützt verarbeitet hat (§ 3 Z 3 iVm § 25 DSG 1978). In diesem Sinn führen auch Dohr-Pollirer-Weiss, Datenschutzgesetz, 1988, aus, dass eine natürliche oder juristische Person oder Personengemeinschaft, die Daten ermittelt, ohne diese automationsunterstützt weiterverarbeitet nicht als Auftraggeber iSd DSG 1978 gilt und daher auch nicht dieser Bestimmung unterworfen ist. Da auch die Auftraggebereigenschaft nach § 4 Z 4 DSG 2000 nicht gegeben ist, konnte kein Antrag durch die Datenschutzkommission zur Auskunftserteilung an den K-Partei-Parlamentsklub erteilt werden (vgl. auch § 25 Abs. 2 DSG 2000).

Rückverweise