120.692/8-DSK/00 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KLEIN, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYER-KLEMENZ und Dr. STAUDIGL sowie im Beisein des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung am 11. Juli 2000 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch:
Die Beschwerde des A aus W (im folgenden kurz: Beschwerdeführer) vom 21. Februar 2000 wegen Verletzung des Grundrechts auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch Übermittlung eines personenbezogene Daten enthaltenden Aktenvermerks an den Verein ‘G’ durch die Bezirkshauptmannschaft Oberwart (Gendarmerieposten Oberwart) am 17. Dezember 1999, wird gemäß §§ 1 Abs 1 und 2 Datenschutzgesetz, BGBl Nr 565/1978 idF BGBl Nr 632/1994 (DSG) iVm § 56 Abs 1 Z 6 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl Nr 566/1991 idF BGBl I Nr 104/1997 (SPG), §§ 1 Abs 5 und 61 Abs 3 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999 (DSG 2000) als unbegründet abgewiesen.
Begründung:
Auf Grundlage der Beschwerde vom 22. Februar 2000 sowie der Stellungnahme des Bundesministerium für Inneres vom 11. April 2000, Zl. 280/XX6-IV/8/00, samt jeweils angeschlossenen Urkundenkopien stellt die Datenschutzkommission folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt fest:
Auf Grund einer von Frau A, der Gattin des Beschwerdeführers, am Morgen des 17. Dezember 1999 erstatteten Anzeige, leitete der Gendarmerieposten Oberwart gegen den Beschwerdeführer sicherheitsbehördliche Vorerhebungen wegen des Verdachts der Vergehen gemäß §§ 83 Abs 1 (Körperverletzung) und 107 Abs 2 (gefährliche Drohung) StGB ein. Der Beschwerdeführer wurde nicht verhaftet. Diese Vorerhebungen führten zu einer unter GZ: P-52XX/99/Kb am 29. 12. 1999 an die Staatsanwaltschaft Eisenstadt erstatteten Strafanzeige.
Noch am 17. Dezember 1999 übermittelte der Gedarmerieposten Oberwart per Fax ein als Aktenvermerk bezeichnetes Schriftstück an den Verein ‘G’. Dieser Aktenvermerk enthielt neben einer kurzen Darstellung des von Frau A angezeigten Tatvorwurfs und der eingeleiteten Ermittlungsschritte das so genannte Nationale von Herrn und Frau A mit folgenden personenbezogenen Daten:
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen folgen der glaubwürdigen Stellungnahme des Bundesministerium für Inneres sowie dazu ergänzend dem Inhalt des (in Kopie) vorgelegten Aktenvermerks vom 17. Dezember 1999, GZ P-52XX/99/Kb des Gendarmeriepostens Oberwart. Diese Darstellung der Ereignisse ist mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Einklang zu bringen und wurde von ihm auch nicht bestritten.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Nach dem Beschwerdevorbringen denkmöglich war eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs 1 DSG, da der Sachverhalt materiellrechtlich gemäß § 61 Abs 3 DSG 2000 nach der vor dem 1. Jänner 2000 geltenden Rechtslage zu beurteilen ist.
§ 56 Abs 1 SPG in der Fassung vor BGBl I Nr 146/1999 hatte samt Überschrift folgenden Wortlaut:
‘Zulässigkeit der Übermittlung
§ 56. (1) Die Sicherheitsbehörden dürfen - abgesehen von den Fällen des § 7 Abs. 1 Z 3 des Datenschutzgesetzes und des § 57 Abs. 3 - personenbezogene Daten nur übermitteln
[........]
6. an geeignete Opferschutzeinrichtungen (§ 25 Abs. 2), soweit dies zum Schutz gefährdeter Menschen erforderlich ist.’
Bei § 56 Abs 1 Z 6 SPG handelt es sich klar um eine dem Ziel der Verhütung von Gewalttaten dienende Bestimmung. Sie erfüllt daher den Tatbestand des in § 1 Abs 2 DSG umschriebenen grundrechtlichen Eingriffsvorbehalts in zweifacher Weise (‘Wahrung berechtigter Interessen eines anderen’ - nämlich des vermutlichen Tatopfers - und ‘Verhinderung von Straftaten’ iSd Art 8 Abs 2 MRK). Diese Bestimmung bietet somit eine taugliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz.
Zu erwägen war daher noch, ob es sich konkreten Fall, insbesondere dem Umfang nach, um eine gemäß § 56 Abs 1 Z 6 SPG erforderliche Übermittlung gehandelt hat. Interventionsstellen wie die des Übermittlungsempfängers dienen dazu, durch Beratung, Hilfestellung und Vermittlung zwischen Streitteilen einen neuerlichen gefährlichen Angriff zu verhindern. Da im Beschwerdefall der Beschwerdeführer des Angriffs verdächtig und auf freiem Fuß war, konnte eine neuerliche Gefahrensituation jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Da es zur Erfüllung des vom Gesetzgeber vorgesehenen Zwecks der Opferschutzeinrichtung möglich sein muss, mit beiden Streitteilen Kontakt aufzunehmen und Hilfe anzubieten sowie im Krisenfall den des gefährlichen Angriffs Verdächtigen, etwa gegenüber Sicherheitsorganen, benennen und beschreiben zu können, ist es mehr als naheliegend, dass der im Beschwerdefall von den Beamten des Gendarmeriepostens Oberwart gewählte Weg einer nichtautomationsunterstützten Datenübermittlung des sogenannten ‘Nationales’ des Beschwerdeführers nicht überschießend, sondern erforderlich und angemessen war.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.