JudikaturDSB

120.555/18-DSK/97 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
14. Januar 1998

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. GAMERITH und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HELMREICH, Dr. KOTSCHY und Dr. STAUDIGL sowie des Schriftführers Mag. LECHNER in ihrer Sitzung vom 14. Jänner 1998 folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Aufgrund der Beschwerde des A vom 22. August 1996 (iVm dem ergänzenden Schriftsatz vom 31. Jänner 1997) darüber, daß die AUVA, Landesstelle Graz

1. Teile des den Beschwerdeführer als Beschuldigten betreffenden 'Strafaktes 9 Vr X7/94' kopiert und 'dem Leistungsakt einverleibt' hat sowie

2. diesen Leistungsakt als Ganzes, d.h. unter Einschluß der rechtswidrig ermittelten 'Aktenteile aus 9 Vr X7/94' dem Landesgericht als Arbeits- und Sozialgericht Klagenfurt übermittelt hat,

wird gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 des Datenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 565/1978, idgF (DSG) entschieden, daß das belangte Organ hiedurch jeweils den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Anspruch auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten (§ 1 Abs. 1 DSG) verletzt hat.

Begründung

Aus der Beschwerde vom 22. August 1996, der ergänzenden Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 31. Jänner 1997 sowie den für das belangte Organ erstatteten Stellungnahmen der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt-Hauptstelle vom 11. Dezember 1996, Zl. HGR-2855/96-D2, vom 4. März 1997, Zl. HGD-278/97, HGR-488/97-D2, vom 9. Mai 1997, Zl. HGD-571/97, HGR-939/97-D2 und vom 3. November 1997, Zl. HGD-1251/97-HGR-2123/97-D1, ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer bezieht seit Oktober 1991 von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt eine Versehrtenrente iSd § 173 Z. 1 lit. e ASVG. Vom 9. Jänner 1994 bis 21. Jänner 1994 befand sich der Beschwerdeführer iZm einer strafbaren Handlung, deretwegen er schließlich auch zu einer bedingt nachgesehenen mehrmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, in Untersuchungshaft und beauftragte unmittelbar nach der Entlassung seinen damaligen Parteienvertreter, diesen Umstand - daß sich der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft befunden habe - der AUVA mitzuteilen, 'um einen eventuellen ungerechtfertigten Leistungsbezug zu verhindern.'

Hiedurch auf das anhängige Strafverfahren aufmerksam geworden, nahm die AUVA, Landesstelle Graz, Einsicht in den Strafakt und fertigte Kopien aus diesem Akt an, welche dem von der AUVA, Landesstelle Graz, geführten 'Leistungsakt' des Beschwerdeführers einverleibt wurden.

Mit am 28. September 1995 beim Landes- als Arbeits- und Sozialgericht Klagenfurt eingelangter Klage begehrte der Beschwerdeführer eine Erhöhung seiner ihm bisher gewährten Rente. Zusammen mit der Beantwortung dieser Klage übermittelte die AUVA, Landesstelle Graz, den den Beschwerdeführer betreffenden 'Leistungsakt' dem Arbeits- und Sozialgericht zur Gänze, d.h. unter Einschluß der zuvor angefertigten und diesem Akt einverleibten Ablichtungen aus dem den Beschwerdeführer als Beschuldigten betreffenden Strafakt. Vom Gericht wurde dieser gesamte 'Leistungsakt' sodann dem vom Gericht bestellten neuropsychiatrischen Sachverständigen übermittelt, welcher in seinem Gutachten auf diesen Strafakt Bezug nahm.

In rechtlicher Hinsicht führte das belangte Organ aus, daß die Einsichtnahme in den Strafakt erforderlich gewesen sei, um der Verpflichtung der AUVA nachzukommen, von Amts wegen zu prüfen, ob der Ruhenstatbestand des § 89 ASVG erfüllt sei. Ferner habe die Einsicht in den Strafakt dazu gedient, 'festzustellen', ob .... Angehörige an der dem Versicherten vorgeworfenen strafbaren Handlung beteiligt waren' (dies im Hinblick auf § 89 Abs. 6 ASVG) 'und ..., ob sich der Versicherte vor diesem anhängigen Strafverfahren bereits in Haft befunden hat (ein Umstand, der vielleicht bislang dem Unfallversicherungsträger verborgen geblieben ist)'. Das belangte Organ gestand jedoch 'als unzulässige Datenermittlung iSd DSG' ein, 'daß über die Befriedigung dieses Informationsbedürfnisses hinaus Kopien des Strafaktes angefertigt wurden', dies deshalb, da diese Datenermittlung keinesfalls für die Erfüllung der der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt gesetzlich übertragenen Aufgaben erforderlich war.

Hinsichtlich der Übermittlung des gesamten 'Leistungsaktes' an das Arbeits- und Sozialgericht berief sich das belangte Organ auf § 298 Abs. 1 ZPO, wonach Urkunden in der Weise vorzulegen sind, daß das Gericht und die Gegenpartei in den ganzen Inhalt der Urkunden Einsicht nehmen können und vertrat - unter Berufung auf Fasching, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts 2. Aufl, RZ 927, die Auffassung, daß unter 'Urkunde' iSd § 298 Abs. 1 ZPO 'der komplette Anstaltsakt' zu verstehen und demgemäß 'dem Gericht vorzulegen' gewesen sei.

Die Datenschutzkommission hat erwogen:

Gemäß dem im Verfassungsrang stehenden § 1 Abs. 1 DSG, hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens hat.

Gemäß Abs. 2 dieser Verfassungsstelle sind Beschränkungen des Rechts nach Abs. 1 nur zur Wahrung berechtigter Interessen eines anderen oder aufgrund von Gesetzen zulässig, die aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen notwendig sind.

Gemäß § 360 Abs. 1 ASVG sind die Verwaltungsbehörden und die Gerichte verpflichtet, den im Vollzug dieses Bundesgesetzes an sie ergehenden Ersuchen der Versicherungsträger und des Hauptverbandes im Rahmen ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit zu entsprechen.

Gemäß § 298 Abs. 1 ZPO sind Urkunden in der Weise vorzulegen, daß das Gericht und die Gegenpartei von dem ganzen Inhalt der Urkunden Einsicht nehmen können.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann das Gericht, wenn nur einzelne Teile einer sich auf verschiedene Rechtsverhältnisse beziehenden Urkunde in Betracht kommen, nachdem es (das Gericht) vom ganzen Inhalte der Urkunde Einsicht genommen hat, auf Antrag anordnen, daß dem Gegner aus dem Eingange, dem Schlusse, dem Datum und der Unterschrift, nur diejenigen Stellen vorgewiesen werden, welche für das, den Gegenstand streitesbildende Rechtsverhältnis von Belang sind.

Gemäß § 359 leg.cit. sind den Sachverständigen diejenigen bei Gericht befindlichen Gegenstände, Aktenstücke und Hilfsmittel mitzuteilen, welche für die Beantwortung der denselben vorgelegten Fragen erforderlich sind.

Im gegenständlichen Fall richtet sich die Beschwerde gegen zwei verschiedene, wenngleich miteinander im Zusammenhang stehende, Handlungen des belangten Organs, und zwar gegen

1. die Ermittlung von dem Beschwerdeführer als Beschuldigten betreffenden Daten aus dem Strafakt und deren Einverleibung in den vom belangten Organ geführten 'Leistungsakt' und

2. die Übermittlung der aus dem Strafakt angefertigten und dem Leistungsakt einverleibten Kopien an das Arbeits- und Sozialgericht.

Der Vorgang der Übermittlung dieses Aktes vom Arbeit- und Sozialgericht an den von diesem Gericht beauftragten Sachverständigen ist dagegen nicht Gegenstand dieses Verfahrens und könnte es - aus Gründen der Zuständigkeit der Datenschutzkommission (vgl. § 36 Abs. 1 Z. 1 DSG) - auch nicht sein.

Zu 1.:

Es steht außer jedem Zweifel, daß Daten, die eine Person in ihrer Eigenschaft als Beschuldigten oder gar Verurteilten eines gerichtlichen Strafverfahrens betreffen, als schutzwürdige personenbezogene Daten iSd § 1 Abs. 1 DSG anzusehen sind und der Betroffenen daher diesbezüglich grundsätzlich den in dieser Verfassungsstelle verbürgten Anspruch auf Geheimhaltung, der nur nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 DSG durchbrochen werden darf, hat. Diesem verfassungsgesetzlichen Erfordernis trägt auch die einfach-gesetzliche Rechtslage insoferne Rechnung, als §§ 9, 10 des Strafregistergesetzes und § 6 des Tilgungsgesetzes hinsichtlich derartiger Daten Auskunftsbeschränkungen anordnen.

Die Existenz derartiger Auskunftsbeschränkungen bewirkt nun im Zusammenhalt mit § 1 Abs. 2 DSG, daß derartige Auskünfte nur auf dem in den genannten Gesetzesstellen vorgezeichneten Weg erfolgen dürfen und daß in jenen Fällen, in denen nach diesen Gesetzesstellen eine Auskunft ausdrücklich unzulässig ist, auch keine andere Rechtsgrundlage für die Erlangung einer derartigen Auskunft herangezogen werden darf. Damit ist es nach Ansicht der Datenschutzkommission jedenfalls unzulässig, daß eine Verwaltungsbehörde unter Heranziehung etwa der allgemeinen Amtshilfeverpflichtung des Art. 22 B-VG oder einer einfachgesetzlichen Nachbildung wie des § 360 Abs. 1 ASVG Informationen, die im Strafregister enthalten sind, auf andere Weise als durch Auskunft aus dem Strafregister - etwa durch Einsichtnahme in den Strafakt - sich verschafft.

Im gegenständlichen Fall ging es nach dem Vorbringen des belangten Organs primär darum, zu erheben, ob ein Ruhenstatbestand iSd § 89 Abs. 1 Z. 1 ASVG eingetreten sei.

§ 89 Abs. 1 Z. 1 ASVG hat folgenden Wortlaut:

'Die Leistungsansprüche ruhen in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung, solange der Anspruchsberechtigte oder sein Angehöriger, für den die Leistung gewährt wird, eine Freiheitsstrafe verbüßt oder in den Fällen §§ 21 Abs. 2, 22 und 23 StGB in eine der dort genannten Anstalten angehalten wird.'

Es ist evident, daß der vom Beschwerdeführer dem belangten Organ selbst angezeigte Umstand der Anhaltung in Untersuchungshaft iSd § 89 Abs. 1 Z. 1 ASVG nicht einschlägig ist, da dort nicht auf den Umstand jeder Haft, sondern auf die Verbüßung einer Freiheitsstrafe abgestellt wird. Voraussetzung für die Verbüßung einer Freiheitsstrafe ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe iSd § 18 StGB, ohne daß diese Strafe gemäß § 43 StGB zur Gänze bedingt nachgesehen wurde. Ob eine Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen wurde, ist auf der Strafkarte, die die inländischen Gerichte der der das Strafregister führenden Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 3 Abs. 1 des Strafregistergesetzes zu übermitteln haben, ersichtlich (§ 3 Abs. 2 Z. 6 leg.cit.).

Die Einsichtnahme in den Strafakt war daher zur Feststellung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Leistungsanspruches des Beschwerdeführers nach § 89 Abs. 1 Z. 1 ASVG nicht erforderlich und entbehrte daher nach dem Gesagten der Rechtsgrundlage. Dies gilt sowohl für dasjenige Strafverfahren, iZm welchem sich der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft befunden hat wie für - vom belangten Organ lediglich vermutete - allfällige frühere Strafverfahren.

Aufgrund des Umstandes, daß im gegenständlichen Fall der Beschwerdeführer keine Freiheitsstrafe verbüßt hat, sohin bereits deshalb die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 89 Abs. 5 und 6 ASVG nicht vorgelegen waren, kann naturgemäß das beschwerdegegenständliche Verhalten des belangten Organs - Einsichtnahme in den Strafakt - auch nicht mit diesen Gesetzesstellen begründet werden.

Zusammenfassend war spruchgemäß dahin zu entscheiden, daß bereits durch die Einsichtnahme in den Strafakt des Beschwerdeführers - und naturgemäß in weiterer Folge zusätzlich durch die Einverleibung dieser unzulässigerweise ermittelten Daten in den 'Leistungsakt' - dessen Geheimhaltungsanspruch iSd § 1 Abs. 1 DSG verletzt wurde.

Zu 2.:

Unter einer Urkunde iSd §§ 292ff ZPO wird regelmäßig ein 'Schriftstück' verstanden (vgl. Petschek/Stagel, Der österreichische Zivilprozeß 2.Aufl, 328; Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts 2. Aufl, RZ 944; Ballon, Einführung in das österreichische Zivilprozeßrecht. Streitiges Verfahren 6. Aufl, RZ 244; vgl. auch die von Buchegger/Deixler-Hühner/Holzhammer, Praktisches Zivilprozeßrecht I 5. Aufl, 259, genannten Beispiele [Bestellschein. Liebesbrief]) bzw. eine 'schriftliche Aufzeichnung oder eine zeichnerische Darstellung' (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze, I, Fußnote 1 zu § 47 AVG). Die ZPO definiert den Begriff einer Urkunde nicht ausdrücklich, jedoch läßt sich aus § 298 Abs. 2 leg.cit. - wo davon die Rede ist, daß die Urkunde über einen 'Eingang', einen 'Schluß', das 'Datum' und die 'Unterschrift' verfüge - die Vorstellung des Gesetzgebers ableiten, daß es sich bei einer 'Urkunde' um ein einheitliches Schriftstück, wenngleich möglicherweise aus mehreren Seiten bestehend oder mit Beilagen versehen, handle, nicht aber um einen kompletten Anstaltsakt. Ein solcher besteht vielmehr, nach Ansicht der Datenschutzkommission, aus einer Mehrzahl von Urkunden.

Von dieser - dem belangten Organ bereits vorläufig in sinngemäßer Anwendung des § 36 Abs. 6 VwGG mitgeteilten - Rechtsansicht abzugehen findet sich die Datenschutzkommission auch nicht dadurch veranlaßt, daß Fasching (aaO, RZ 620 und RZ 927) einen Gerichtsakt bzw. einen Verwaltungsakt jeweils - ohne nähere Begründung und insbesondere auch ohne Auseinandersetzung mit seiner in RZ 944 gegebenen Definition - als 'öffentliche Urkunde' bezeichnet, zumal diese Aussage lediglich dahin verstanden werden kann, daß sämtliche Aktenbestandteile ohne Ausnahme öffentlichen Glauben genießen.

Jedenfalls aber kann § 298 Abs. 1 ZPO in verfassungskonformer Interpretation, d.h. iVm § 1 Abs. 2 DSG, nicht so verstanden werden, daß er einen Rechtsträger verpflichtete, selbstständige Schriftstücke, die mit dem Gegenstand des zivilgerichtlichen Verfahrens in keinem Zusammenhang stehen, ja vielleicht sogar - wie im gegenständlichen Fall - unzulässigerweise von dem betreffenden Rechtsträger ermittelt worden waren, jedenfalls, d. h. aus dem einzigen Grund, daß diese Schriftstücke zu einem Konvolut tatsächlich zusamengefügt wurden, dem Gericht zu übermitteln.

Das belangte Organ hat nun während des vor der Datenschutzkommission geführten Verfahrens niemals auch nur behauptet, daß die - eingestandenermaßen unzulässigerweise ermittelten - Ablichtungen aus dem Strafakt für die Führung des sozialgerichtlichen Verfahrens aus der Sicht des belangten Organs iSd § 1 Abs. 2 DSG 'notwendig' gewesen hätten sein können. Auch die Datenschutzkommission geht daher - ungeachtet des Umstandes, daß der vom Gericht bestellte Sachverständige in seinem Gutachten auf den Strafakt tatsächlich Bezug genommen hat - davon aus, daß eine derartige 'Notwendigkeit' zur Übermittlung der in Rede stehenden Ablichtungen aus dem Strafakt nicht bestanden hat. Damit aber hat das belangte Organ auch durch die Übermittlung dieser Ablichtungen den Beschwerdeführer in seinem Geheimhaltungsanspruch iSd § 1 Abs. 1 DSG verletzt.

Die gegen diesen Bescheid durch das belangte Organ beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss vom 26. Mai 1999, Zl. 98/12/0059-7, zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen führte der VwGH nach Darstellung des Verfahrensgangs aus:

'Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich 'in ihren Rechten auf gerichtliche Amtshilfe gem. Art. 20 Abs. 4, Art. 22 B-VG und § 360 ASVG verletzt, sowie weiters in ihrem Recht, als Partei im sozialgerichtlichen Verfahren in Wahrung des Rechtes auf rechtliches Gehör und des Beibringungsgrundsatzes ein entsprechendes Sach- und Beweisvorbringen zu erstatten'.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, in welcher er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Zur beantragten Zurückweisung der Beschwerde führt die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin übersehe, dass sie zwar selbst als Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit konstituiert worden sei, im Verfahren vor der belangten Behörde

aber als Behörde gemäß § 367 ASVG tätig geworden sei. Der angefochtene Bescheid sei der Beschwerdeführerin lediglich in ihrer Eigenschaft als (vor der belangten Behörde belangten) Behörde zugestellt worden, die gemäß § 37 Abs. 1 DSG den der Rechtsanschauung der belangten Behörde entsprechenden Zustand herzustellen habe. Nach Auffassung der (im verwaltungsgerichtlichenVerfahren) belangten Behörde komme im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren der Beschwerdeführerin, also im sogenannten Individualbeschwerdeverfahren gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 DSG, keine Parteistellung zu. Dies deshalb, weil keine Bestimmung des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts auffindbar sei, die eine entsprechende Stellung als Formalpartei begründen könnte, und der Parteibegriff des § 8 AVG, auch und besonders vorliegendenfalls, auf die Beschwerdeführerin nicht angewendet werden könne: Es erscheine nämlich denkunmöglich, dass eine Behörde ein subjektiv-öffentliches, mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes Recht auf Amtshilfe genieße. Zur Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof sei nur legitimiert, wer eine Verletzung seiner eigenen, gegen den Staat als Träger der Hoheitsgewalt gerichteten Interessenssphäre geltend machen könne (Hinweis auf den hg. Beschluss Slg. Nr. 10.511/A). Es sei demnach nicht denkbar, dass die Beschwerdeführerin als hoheitlich handelnde Behörde, möge ihr Träger auch keine Gebietskörperschaft, sondern ein sozialversicherungsrechtlicher Selbstverwaltungsträger sein, gegen ein anderes staatliches Organ subjektiv-öffentliche Rechte durchzusetzen berechtigt sei. Die Auffassung, dass kein subjektiv-öffentliches Recht auf Gewährung von Amtshilfe bestehe, sei in Lehre und Rechtsprechung anerkannt (Hinweis auf VfSlg. 7802 und auf Mayer, B-VG (1994), zu Art. 22 III 1 mwN). Ein eigenes subjektives Recht komme der Beschwerdeführerin somit nicht zu. Eine Beschwerdeberechtigung im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG sei ihr ebenfalls nicht eingeräumt worden. Im Übrigen falle die Prüfung der Frage, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid, wie behauptet, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden sei, nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes.

Es treffe nicht zu, dass es der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid verwehrt wäre, das Institut der Amtshilfe im gesetzmäßigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Auch wenn man davon ausgehe, dass sie (gemäß § 37 Abs. 1 DSG) der von der belangten Behörde ausgedrückten Rechtsansicht folge und derartige Vorgangsweisen zukünftig unterlasse, so ergebe sich daraus nur, dass sie die Amtshilfe anderer Behörden nur beschränkt auf notwendige Auskünfte in Anspruch zu nehmen berechtigt wäre und nur diese Daten ihren Akten einverleiben dürfte.

Auch könne aus dem angefochtenen Bescheid keineswegs abgeleitet werden, dass er es der belangten Behörde verwehren würde, beweisrelevante, eigene Urkunden bei Gericht vorzulegen, handle es sich doch bei den verfahrensrelevanten Aktenkopien um Kopien von nicht in der Verfügungsgewalt der Beschwerdeführerin befindlichen öffentlichen Urkunden. Es bleibe der Beschwerdeführerin das Recht gewahrt, beim Prozessgericht den Beweis durch Beischaffung des entsprechenden Originalaktes zu beantragen, wobei allerdings die Relevanz dieses Beweismittels für den Prozessgegenstand darzulegen wäre. Die Entscheidung hierüber hätte das Prozessgericht zu treffen. Damit sei klar, dass die Beschwerdeführerin keinesfalls durch den angefochtenen Bescheid in dem im Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf rechtliches Gehör und Erstattung eines entsprechenden Sach- und Beweisvorbringens vor einem Prozessgericht verletzt sein könne.

(In der Gegenschrift folgt ein weiteres Vorbringen zur Sache)

Mit diesem Vorbringen ist die belangte Behörde jedenfalls im Ergebnis im Recht:

Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde zweier Finanzämter gegen einen Bescheid der belangten Behörde mit seinem Beschluss vom 22. September 1986, Zlen. 86/12/0200, 0201 = Slg. Nr. 12.230/A, mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass den beschwerdeführenden Behörden (Finanzämtern) als Exekutivorganen des Bundes die Rechtspersönlichkeit mangle, sodass sie durch einen Bescheid in Rechten nicht verletzt werden könnten (das Nähere ist diesem Beschluss zu entnehmen).

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich aber um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit Rechtspersönlichkeit (siehe § 32 Abs. 1 ASVG), die einer gewissen Aufsicht des Bundes untersteht (siehe die §§ 448 ff ASVG) und der im gesetzlich bestimmten Umfang die Vollziehung der Sozialversicherung übertragen worden ist. Die Versuche der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift (sollte sie dahin zu verstehen sein), die Behördenfunktion der Beschwerdeführerin zwecks Verneinung einer Beschwerdelegitimation in den Vordergrund zu stellen, erscheint nicht zielführend. Richtig ist zwar auch, dass der Beschwerdeführerin nicht durch eine gesetzliche Vorschrift eine Beschwerdelegitimation als 'Formalpartei' im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG eingeräumt wurde, aber auch daraus ist vorliegendenfalls nichts zu gewinnen. Vielmehr hängt die Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG davon ab, ob sie durch den Spruch des angefochtenen Bescheides, im Falle seiner Rechtswidrigkeit, in eigenen subjektiven Rechten verletzt sein kann. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. September 1990, Zl. 90/12/0153 = Slg. Nr. 13.271/A, die Beschwerdelegitimation einer Hochschülerschaft an einer österreichischen Universität gegen einen Bescheid der belangten Behörde bejaht.

In diesem Sinne ist daher zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin durch den Spruch des angefochtenen Bescheides in den behaupteten einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten (Beschwerdepunkt) verletzt sein konnte; soweit sie im Beschwerdepunkt die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht, fällt dies, wie die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben hat, nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes.

Nach § 360 Abs. 1 ASVG (im Beschwerdefall kommt nur dieser Absatz in Betracht) sind die Verwaltungsbehörden und Gerichte verpflichtet, den im Vollzug dieses Bundesgesetzes an sie ergehenden Ersuchen der Versicherungsträger und des Hauptverbandes im Rahmen ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeiten zu entsprechen.

In Ausführung des Beschwerdepunktes tritt die Beschwerdeführerin zunächst mit näheren Ausführungen der Argumentation der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid entgegen, wonach die Feststellung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Ruhens des Leistungsanspruches des Versicherten nach § 89 ASVG ausschließlich durch eine Auskunft aus dem Strafregister zu erfolgen habe und die Einsichtnahme in den Strafakt nicht erforderlich sei.

Dem ist zu entgegnen, dass nach dem maßgeblichem Spruch des angefochtenen Bescheides die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Einsichtnahme in den Strafakt zwecks Feststellung der Voraussetzungen für ein Ruhen gemäß § 89 ASVG gar nicht vorgeworfen hat, sondern vielmehr 'nur' das Kopieren von (nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren irrelevanten) Teilen des Strafaktes, die Einverleibung dieser Kopien in den Anstaltsakt (Punkt 1) und die Übermittlung des gesamten Aktes, also unter Einschluss der unzulässig hergestellten Ablichtungen, an das Gericht (Punkt 2). Dadurch konnte die Beschwerdeführerin aber - ungeachtet der hier nicht zu prüfenden Richtigkeit der diesbezüglichen Begründung - in den geltend gemachten Rechten nicht verletzt sein.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, die Annahme der belangten Behörde, sie habe nicht einmal behauptet, dass die Ablichtungen aus dem Strafakt für die Führung des sozialgerichtlichen Verfahrens aus der Sicht der Beschwerdeführerin erforderlich hätten sein können, sei im Hinblick auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 3. November 1997 aktenwidrig.

Diese Annahme der Beschwerdeführerin trifft nicht zu. Sie hat vielmehr in dieser Stellungnahme vom 3. November 1997 wie auch in ihren weiteren Stellungnahmen nicht etwa behauptet, diese - nach ihrer Beurteilung unzulässig hergestellten Ablichtungen - seien, wie nunmehr behauptet, für die Führung der sozialgerichtlichen Verfahren erforderlich; sie hat vielmehr in diesen Stellungnahmen (nur) danach getrachtet darzutun, dass sie gar nicht berechtigt gewesen wäre, diese einmal einbezogenen Ablichtungen wieder aus dem Akt zu entfernen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, das Verfahren vor der belangten Behörde sei mangelhaft geblieben, weil es die belangte Behörde unterlassen habe, in den Leistungsakt Einsicht zu nehmen. Es hätte sich nämlich ergeben, 'dass zur Zeit der Übermittlung der Ablichtungen aus dem Strafakt an das Gericht durchaus davon auszugehen war, dass diese Ablichtungen einen sachlichen Beitrag zum Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf die bestehende neurologische Komponente leisten können. Genau das hat sich im Übrigen sodann auch durch die bezughabenden Ausführungen des neuropsychiatrischen Gerichtssachverständigen bestätigt'.

Auch aus diesem - erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten - Vorbringen ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Einerseits ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz

gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 555 wiedergegebene hg. Judikatur). Andererseits wird mit diesem Vorbringen keine Möglichkeit der Verletzung des Beschwerdepunktes dargetan, weil damit weder eine Möglichkeit einer Verletzung des behaupteten Rechtes auf gerichtliche Amtshilfe noch des behaupteten Rechtes als Partei im sozialgerichtlichen Verfahren (...) ein entsprechendes

Sach- und Beweisvorbringen zu erstatten, dargetan wird.

Das gilt sinngemäß für das auch erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstattete Vorbringen, die belangte Behörde wäre, da sie sich 'wesentlich auf das Teilzugeständnis' der Beschwerdeführerin vom 11. Dezember 1996 stütze, wonach überschüssige Ablichtungen angefertigt worden seien, verhalten gewesen, dem auch im Verwaltungsverfahren geltenden Bestimmheitsgrundsatz Rechnung zu tragen und konkret auszusprechen, welche Ablichtungen aus dem genannten Strafakt 'durch die von Seiten der belangten Behörde angenommene Datenschutzverletzung nach § 1 Abs. 1 DSG konkret betroffen' seien. Die Beschwerdeführerin hat nämlich im Verwaltungsverfahren nie in Bezug auf bestimmte Urkunden

zwischen zulässigerweise und unzulässigerweise hergestellten Ablichtungen differenziert, und es lässt im Übrigen auch das nunmehrige Vorbringen der Beschwerdeführerin jegliche Bestimmtheit vermissen.

Das weitere Vorbringen geht, wie schon im Verwaltungsverfahren, dahin, dass die Beschwerdeführerin gar nicht berechtigt gewesen wäre, die fraglichen Kopien aus ihrem Akt auszuscheiden. Dem ist zu entgegnen, dass der Akt der Beschwerdeführerin aus dem im Beschwerdefall interessierenden Blickwinkel keinesfalls gleichsam als untrennbare Einheit anzusehen ist. Ein rechtliches Hindernis, diese nach der eigenen Beurteilung

der Beschwerdeführerin rechtswidrig hergestellten und sodann zum Akt genommenen Kopien aus dem Akt auszuscheiden, ist im Beschwerdefall nicht ersichtlich, zumal solcherart rechtswidrig hergestellte und zum Akt genommene Kopien begrifflich nicht zum genuinen Inhalt eines solchen Aktes gehören. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Lehrmeinung von Fasching, Lehrbuch2, RZ. 927, vermag schon deshalb daran nichts zu ändern, weil dort ganz allgemein Akten dem Beweismittel 'Urkunde' zugeordnet werden, ohne dass dem eine konkrete Aussage zur hier relevanten Problematik zu entnehmen wäre. Die Frage wäre allenfalls anders zu beurteilen, wenn das Prozessgericht der Beschwerdeführerin eigens aufgetragen hätte, die Akten samt den fraglichen Ablichtungen vorzulegen (d.h., ein ausdrücklicher Auftrag bestanden hätte, gerade bzw. auch die fraglichen Ablichtungen vorzulegen). Davon kann aber im Beschwerdefall nicht die Rede sein, sodass dahingestellt bleiben kann, wie sich die Beschwerdeführerin in einem solchen Fall zu verhalten gehabt hätte. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin unterscheidet sich der hier zu beurteilende Vorgang (Übermittlung der Akten an das Gericht) von jenem Fall, der

dem in der Beschwerde genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1989, B 1740/88 = VfSlg. 12.166, zugrundelag, sodass auch daraus nichts zu gewinnen ist. Aber auch hier gilt, dass die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen die Möglichkeit einer Verletzung der behaupteten einfachgesetzlichen Rechte (Beschwerdepunkt) nicht dartut.

Zusammenfassend ist daher der Beurteilung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift beizutreten, dass die Beschwerdeführerin durch den Spruch des angefochtenen Bescheides in den behaupteten einfach gesetzlichen Rechten nicht verletzt sein

konnte, womit auch eine Auseinandersetzung mit der Frage entbehrlich ist, inwieweit der Beschwerdeführerin (und allenfalls: unter welchen Umständen) subjektiv-öffentliche Rechte zukommen.

Der Vollständigkeit halber ist noch Folgendes anzufügen: Soweit die Beschwerdeführerin überdies vorbringt, die belangte Behörde sei als Verwaltungsbehörde unzuständig, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Gerichte zu prüfen, und daher nicht zuständig, 'Akte zu überprüfen, die - wie im vorliegenden Fall - einen unmittelbaren Bezug zur Rechtsprechung' hätte, ist dem zu entgegnen, dass vorliegendenfalls von einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung eines Gerichtes durch die belangte Behörde nicht die Rede sein kann.

Die Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.'

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