GZ: 2025-0.533.437 vom 24. September 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D124.1347/24)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), statistische Angaben etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Andreas A*** (Beschwerdeführer) vom 15. Mai 2024, verbessert mit Schreiben vom 27. Mai 2025 gegen Dr. Gregor C*** (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:
- Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen .
Rechtsgrundlagen : Art. 4 Abs. 2 und Abs. 7, Art. 6 Abs. 1 lit. f; Art. 15, Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. f sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 1, 18 Abs. 1 sowie 24 Abs. 1 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
A.1. Mit verfahrenseinleitender Eingabe vom 15. Mai 2024 monierte der Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Beschwerdegegner die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers bei n***agrar.com angefragt und an Dritte im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens weitergegeben habe.
A.2. Mit Schreiben vom 11. Juni 2024 nahm der Beschwerdegegner dazu Stellung und machte Angaben zu den zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Mandanten. Er habe nur im Interesse seines Mandanten dessen Daten im Rahmen des Rechts aus Auskunft abgefragt.
A.3. Dazu nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben 20. Juni 2024 Stellung und wiederholte im Wesentlichen das bereits Gesagte.
A.4. Mit Schreiben vom 15. Juli 2024 reagierte das Bezirksgericht B***dorf auf das Amtshilfeersuchen der Datenschutzbehörde vom 21. Juni 2024 und übermittelte die Ausfertigung der Klage sowie die in diesem Verfahrens vorgelegten Beilagen ./ R und ./ S.
A.5. Am 24. April 2025 führte die Datenschutzbehörde eine mündliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch.
A.6. Mit Schreiben vom 28. Mai 2025 nahm der Beschwerdegegner zur übermittelten Niederschrift der Einvernahme Stellung und geht auf die einzelnen Antworten des Beschwerdeführers ein.
A.7. Im dazu erteilten Parteiengehör nahm der Beschwerdeführer mir Schreiben vom 3. Juli 2025 erneut Stellung und gibt an, er sehe keine Notwendigkeit seine persönlichen Daten zu erfragen und diese zu präsentieren.
B. Beschwerdegegenstand
Ausgehend vom Beschwerdevorbringen ist Beschwerdegegenstand die Frage, ob der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem dieser Daten des Nutzerprofils des Beschwerdeführers bei n***agrar.com abgefragt und in weiterer Folge an Dritte, nämlich im Rahmen des Zivilverfahrens beim Bezirksgericht B***dorf, offengelegt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
C.1. Beim Beschwerdegegner handelt es sich um einen Rechtsanwalt. Er ist Anwalt von Andreas A***, geboren am *6.12.195*“ (im Folgenden: V).
Beweiswürdigung : Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt und sind unstrittig.
C.2. Am 20. Februar kontaktierte der Beschwerdegegner mit folgender E-Mail-Nachricht (datiert auf den 19. Februar 2024) die N***agrar.com GmbH (im Folgenden: N) und forderte Auskunft über die Daten zum Nutzerprofil, das Inserate unter dem Namen Andreas A*** und der Adresse I***weg, H***berg 2**1 veröffentlicht. Dies stellt sich wie folgt dar (Formatierung nicht 1:1 übernommen):
[Anmerkung Bearbeiter/in: Das im Original an dieser Stelle als Faksimile im grafischen Format JPG wiedergegebene Schreiben vom 19. Februar 2024, gerichtet an die N, wurde in ein Textdokument umgewandelt und wird hier (unter vereinfachter Formatierung und Weglassung unwesentlicher Elemente wie Grafiken, Unternehmenslogos etc.) pseudonymisiert und gekürzt wiedergegeben.]
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich bin mit der rechtsfreundlichen Vertretung von Herrn Andreas A***, geb. *6.12.195*, wohnhaft in 2**2 O***hausen, I***weg *5, beauftragt.
Mein Mandant ist nicht auf Ihrer Plattform N***agrar.com registriert.
Trotzdem musste mein Mandant kürzlich feststellen, dass unter seinen Personendaten, inklusive Adresse, zumindest ein Inserat auf Ihrer Internetplattform ge schalten Ist, nämlich mit dem Titel „T*** Traktor D**49“.
Mein Mandant verfügt nicht über einen solchen Traktor, weshalb es auch ausgeschlossen ist, dass er überhaupt eine solche Maschine zum Verkauf anbietet.
Es ist sohin offenkundig, dass die Daten meines Mandanten widerrechtlich auf Ihrer Internetplattform durch eine dritte Person verwendet werden.
Ich ersuche daher (auch gestützt auf die Datenschutzgesetze) um genaue Auskunft, welche Daten zu dem User, der dieses Inserat betreibt, gespeichert sind.
Nach Übermittlung dieser Daten ersuche ich, das Inserat von Ihrer Plattform zu entfernen. Diesbezüglich bitte ich um eine Bestätigung.
Die Inhalte ihrer Unterlagen werden in weiterer Folge zur gerichtlichen Verfolgung der missbräuchlichen Datenverwendung gegen den betreffenden User verwendet.
Ihrer Antwort binnen einer Woche entgegensehend verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gregor C***“
Abbildung 1
[Anmerkung Bearbeiter/in: Das im Original an dieser Stelle als Faksimile im grafischen Format JPG wiedergegebene Inserat wurde entfernt. Es zeigt den oben bezeichneten Traktor unter Angabe des Verkaufspreises. Als Kontaktdatum ist „Andreas A***“ unter Anführung der Straßenbezeichnung „I***weg“ und der Postleitzahl 2**1 angeführt.]
Abbildung 2
Beweiswürdigung: Die zu Punkt C.2. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der verfahrenseinleitenden Eingabe des Beschwerdeführers vom 15. Mai 2025 und sind unstrittig.
C.3. Der Inhalt des Auszugs des Nutzerprofils ist der Verlauf der Kleinanzeigen sowie Details zum Userprofil. Der Auszug stellt sich auszugswiesen wie folgt dar (Formatierung nicht 1:1 übernommen):
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die im Original an dieser Stelle als Faksimile im grafischen Format JPG dargestellte Tabelle (Auszug aus einer Datenbank, bezeichnet als „n***agrar.com - Userprofil“) konnte mit zumutbarem Aufwand nicht pseudonymisiert werden und wurde daher entfernt. Sie enthält in 89 Zeilen gegliedert nach „KEY“ und „VALUE“ u.a die Daten Vorname „First Name“ „Andreas“ und Nachname „Last Name“ „A***“, die Straßenbezeichnung „strasse“ „I***weg“ und die Postleitzahl „plz“ „2**1“.]
Abbildung 5
Beweiswürdigung: Die zu Punkt C.3. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der verfahrenseinleitenden Eingabe des Beschwerdeführers vom 15. Mai 2025, insbesondere den mit vorgelegten Beilage.
C.4. Der Beschwerdeführer war bis zum 20. Juni 2023 hauptwohnsitzlich an der Adresse I***weg *5, H***berg 2**1 gemeldet. V hat seinen Hauptwohnsitz an der Adresse I***weg *5, H***berg 2**1 jedenfalls zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens am 21. Februar 2024.
Zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens war der Beschwerdeführer nicht mehr an der Adresse I***weg *5, H***berg 2**1 wohnhaft und auch nicht dort gemeldet. Der Beschwerdeführer hat seine Adresse nicht korrigiert bzw. aktualisiert.
Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen betreffend den Wohnsitz des Beschwerdeführers und des Vs ergeben sich aus den amtswegige am 23. Mai 2024 durchgeführten Anfragen im Zentralen Melderegister zu beiden Personen. Dass der Beschwerdeführer, die Adresse im Profil nicht korrigiert hat, ergibt sich aus der Einvernahme des Beschwerdeführers vom 24. April 2025.
C.5. Die Unterlagen über das Nutzerprofil wurden vom Beschwerdegegner im Zivilverfahren mit der GZ *8 C *66/23t-20 vorgelegt, um zu beweisen, dass Gegenstände, die nicht der Mutter des Beschwerdeführers (im Folgenden: M) im Rahmen der Scheidung zugesprochen wurden, widerrechtliche auf der Plattform verkauft worden sind.
Beweiswürdigung: Die zu Punkt C.5. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der vom Bezirksgericht B***dorf ihm Rahmen des Amtshilfeersuchens übermittelte Ausfertigung der Klage sowie diesem Verfahren vorgelegten Beilage./ R und ./S vom 15. Juli 2024. Zum Verfahren mit der GZ *8 C *66/23t-20 nahm der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Einvernahme vom 24. April 2025 zum Verfahren Stellung und führte dazu aus, dass es sich hierbei um ein Verfahrens des V gegen M handelt, um widerrechtliche Verkäufe aufzuzeigen. Die Feststellungen, dass die Unterlagen im Rahmen des Verfahrens mit der GZ *8 C *66/23t-20 als Beweismittel verwendet wurden, ergibt sich insbesondere auch aus dieser Einvernahme.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
D.1. Zur Datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit
Eingangs stellt sich die Frage, ob der Beschwerdegegner überhaupt für die verfahrensgegenständliche Verarbeitung verantwortlich iSd Art. 4 Z 7 DSGVO ist, da er als Anwalt des V tätig wird.
Anwälte handeln zwar unter Vollmacht und sind damit nach außen berechtigt, für ihre Mandanten rechtlich bindende Erklärungen abzugeben, die Entscheidung, welche Daten dritter Personen für die Erfüllung des Mandats zu verarbeiten sind, wird dabei aber, vorbehaltlich eines Beweises für das Gegenteil, vom Rechtsanwalt ohne Weisung des Mandanten getroffen. Jedes andere Verständnis der in Frage kommenden Rollen des Verantwortlichen (Art. 4 Z 7 DSGVO) oder Auftragsverarbeiters (Art. 4 Z 8 DSGVO) wäre mit der Selbständigkeit eines Rechtsanwalts in Fragen der Berufsausübung unvereinbar (vgl. dazu die Erwägungen der Datenschutzbehörde im Bescheid vom 9.3.2015, GZ. DSB-D122.299/0003-DSB/2015, RIS, sowie die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Verantwortlichenrolle und Selbständigkeit der Berufsausübung bei Berufsdetektiven, Erkenntnis vom 25. Juni 2019, Zl. W258 2188466-1, RIS, und Gerichtssachverständigen, Erkenntnisse vom 27. September 2018, Zl. W214 2196366-2, RIS, sowie vom 23. Jänner 2020, Zl. W214 2196366-3, RIS).
Daher ist verfahrensgegenständlich der Beschwerdegegner als datenschutzrechtlicher Verantwortlicher iSd Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren .
D.2. Zum Recht auf Geheimhaltung
Nach § 1 Abs. 1 DSG hat Jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
Die DSGVO und insbesondere auch die darin verankerten Grundsätze sind zur Auslegung des Rechts auf Geheimhaltung zu berücksichtigen (vgl. den Bescheid der DSB vom 31. Oktober 2018, GZ DSB-D123.076/0003-DSB/2018).
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 DSG eröffnet ist.
Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung sind gemäß § 1 Abs. 2 DSG dann zulässig, wenn personenbezogene Daten im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen verwendet werden, der Betroffene seine Zustimmung (bzw. in der Terminologie der DSGVO: Einwilligung) erteilt hat, wenn eine qualifizierte gesetzliche Grundlage für die Verwendung besteht, oder wenn die Verwendung durch überwiegende berechtigte Interessen eines Dritten gerechtfertigt ist.
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand stellt sich die Frage, ob der Beschwerdegegner unrechtmäßig Daten des Beschwerdeführers beim Betreiber der Website n***agrar.com abgefragt und in weiterer Folge vor Gericht verwendet hat.
Die gegenständliche Verwendung der Daten liegt nicht im lebenswichtigen Interesse des Beschwerdeführers und eine Zustimmung liegt ebenso wenig vor. In Frage kommt jedoch die Rechtfertigung durch überwiegende berechtigte Interessen .
Deshalb hat in weiterer Folge eine Bewertung der berechtigten Interessen des Beschwerdeführers und Dritter (insbesondere der Zweitbeschwerdegegnerin) zu erfolgen und sind jene Interessen sowie möglichen Folgen für den Beschwerdeführer (als betroffene Personen) zu berücksichtigen, die sich durch die gegenständliche Verarbeitung ergeben.
An dieser Stelle ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass auch das Grundrecht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 2 DSG als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung die „berechtigten Interessen Dritter“ vorsieht. Anders als nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist jedoch zu berücksichtigen, dass § 1 Abs. 2 DSG keinen Gleichstand, sondern ein Überwiegen der Interessen Dritter für die Zulässigkeit der Verarbeitung erfordert. Das Schema für die Interessenabwägung ist jedoch auch auf den Fall von § 1 Abs. 2 DSG übertragbar.
Demnach ist die Verarbeitung auf der Rechtsgrundlage „berechtigte Interessen“ unter drei kumulativen Voraussetzungen zulässig:
i) Wahrnehmung eines berechtigten Interesses durch den Verantwortlichen oder den bzw. die Dritten, denen die Daten übermittelt werden,
ii) Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses und
iii) kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der vom Datenschutz betroffenen Person über das wahrgenommene berechtigte Interesse (vgl. in Bezug auf die Richtlinie 95/46/EG das Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2019, C-708/18 [ TK ] Rz 40 mwN).
(vgl. Art. 29-Datenschutzgruppe, Stellungnahme 06/2014 zum Begriff des berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 95/46/EG, WP 217, 844/14/EN, S. 43 f, wonach implementierte Schutzmaßnahmen zur Verhinderung bzw. Abmilderung unangemessener Folgen für den Betroffenen als Faktor im Rahmen der Interessenabwägung gebührend zu berücksichtigen sind).
D.2.1. Zum Begriff der Verarbeitung nach Art. 4 Abs. 2 DSGVO
Verarbeitung ist demnach jeder mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführter Vorgang iZm personenbezogenen Daten oder jede solche Vorgangsreihe. Dem Wortlaut nach muss es sich sohin um einen ausgeführten Vorgang oder eine ausgeführte Vorgangsreihe handeln, wobei das Erfordernis der Ausführung auf eine bewusst gesetzte Handlung hindeutet. Darüber hinaus sind auch Aneinanderreihungen von Verarbeitungsvorgängen vom Begriff „Verarbeitung“ umfasst. Bei der Aneinanderreihung von Verarbeitungsvorgängen handelt es sich schlussfolgernd um eine Verarbeitung ( Hödl in Knyrim, DatKomm Art 4 DSGVO Rz 27 (Stand 1.12.2018, rdb.at). Dies bedeutet wiederum, dass die Verarbeitung nur rechtmäßig sein kann, wenn jeder einzelne Verarbeitungsvorgang rechtmäßig erfolgt.
Verfahrensgegenständlich liegt eine Aneinanderreihung von Verarbeitungsvorgängen, nämliche insbesondre das Erheben der Daten beim Betreiber der Webseite n***agrar.com und die Offenlegung der erhobenen Daten im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Verfahren vor.
D.2.2 In der Sache
Wie bereits oben näher ausgeführt, ist der zugrundeliegende Sachverhalt in mehrere Datenverarbeitungen zu untergliedern, die je gesondert zu beurteile sind. Zunächst erfolgt die Beurteilung der Abfrage der Daten des Beschwerdeführers bei der N***agrar.com GmbH (im Folgenden: N) (unter a)) und in weiterer Folge die Offenlegung der Daten des Beschwerdeführers bei Gericht (unter b)):
a) Zum Abfragen der Daten des Beschwerdeführers bei N durch den Beschwerdegegner
Das Vertreten eines Mandanten im Rahmen der Geltendmachung dessen Recht auf Auskunft im Sinne des Art. 15 DSGVO und das (zivilrechtliche) Vorgehen gegen unrechtmäßige Verwendung von Daten des Mandanten stellt nach Auffassung der Datenschutzbehörde grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Beschwerdegegners dar. Das Bestehen eines berechtigten Interesses im genannten Zusammenhang erhellt insbesondere auch aus Art. 15 DSGVO und § 8 RAO.
Gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, vom Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden und, soweit dies der Fall ist, hat der Betroffene das Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und einen Anspruch auf die Informationen gemäß Art. 15 Abs. 1 lit. a bis h DSGVO. Bei Art. 15 DSGVO handelt es sich um ein antragsbedürftiges Recht der betroffenen Person.
Verfahrensgegenständlich hat der Beschwerdegegner als Anwalt des V den Antrag nach Art. 15 DSGVO gestellt.
Dazu ist eingangs festzuhalten, dass es grundsätzlich möglich ist, dass ein Dritter Rechte nach Kapitel III DSGVO - wie etwa das Recht auf Auskunft - im Namen und für eine betroffene Person geltend macht. Dabei sind die nationalen Rechtsvorschriften über die gesetzliche bzw. gewillkürte Vertretung zu beachten, sowie die spezifischen Anforderungen für den Nachweis der Berechtigung, einen Antrag im Namen der betroffenen Person zu stellen, zu berücksichtigen, zumal die DSGVO diese Frage nicht regelt (vgl. Europäischer Datenschutzausschuss, Guidelines 01/2022 on data subject rights - Right of access, S. 27).
Das Berufsbild und die Berechtigungen von Rechtsanwält:innen werden im Kern in § 8 RAO geregelt, der eine allgemeine Berufsausübungsvorschrift darstellt.
Nach § 8 Abs. 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht von Rechtsanwält:innen auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen sowie in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten.
Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Gegenüber Verantwortlichen des privaten Bereichs gilt dies nach höchstgerichtlicher Rsp. jedoch ausdrücklich nicht (vgl. VwGH 4.7.2016, Ra 2016/04/0014 zur Rechtslage nach dem DSG 2000, die insofern keine Änderung erfahren hat).
Auch die ehemalige Datenschutzkommission führt in ihrer Rechtsprechung zum Recht auf Auskunft aus, dass das Auskunftsverlangen von einem Vertreter gestellt werden kann, jedoch an den Nachweis des Vorliegens der Bevollmächtigung ein besonders strenger Maßstab angelegt werden muss, da es sich beim Recht auf Auskunft um ein höchstpersönliches Recht handelt und an den Inhalt einer allenfalls erteilten Vollmacht daher besondere Ansprüche gestellt werden müssen (vgl. zur Rechtslage nach dem DSG 2000 den Bescheid der DSK vom 21. März 2007, GZ: K121.258/0003-DSK/2007).
Festgehalten werden kann, dass der Beschwerdegegner unter Nachweis der Bevollmächtigung verfahrensgegenständlich grundsätzlich einen Antrag auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO stellen durfte .
Der Kerninhalt des Auskunftsanspruchs besteht gemäß Art. 15 Abs. 1 erster Satz DSGVO darin, dass der Verantwortliche der betroffenen Person eine Bestätigung darüber gibt, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden und – wenn ja – dem Betroffenen in weiterer Folge die in Abs. 1 lit. a bis h leg. cit. genannten Zusatzinformationen zu erteilen hat (zweite Stufe).
Verfahrensgegenständlich wurden aber genau eben nicht die bzw. nicht nur um die personenbezogenen Daten des V, sondern (auch) des Beschwerdeführers beauskunftet. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, gehört das Nutzerprofil bei der Beschwerdegegnerin nicht V, sondern dem Beschwerdeführer. Dazu kann folgendes gesagt werden:
Die Leitlinien 01/2022 des Europäischen Datenschutzausschusses vom 28. März 2023 („Guidelines 01/2022 on data subject rights - Right of access; Version 2.0“; idF Leitlinien 01/2002) führen unter Punkt 4.2.1 (Rz. 104) aus, dass grundsätzlich nur Auskunft über die eigenen personenbezogenen Daten möglich ist. Andererseits führen die Leitlinien aus, dass im Fall von Identitätsdiebstahl auch die Daten die aufgrund des Identitätsdiebstahls gesammelt wurden, personenbezogene Daten des Opfers sind. Auch nachdem dem Verantwortlichen der Identitätsdiebstahl bekannt worden ist, handelt es sich bei den Daten, der mit dem Opfer des Identitätsdiebstahls in Verbindung stehen, um personenbezogene Daten des Opfers, weil eine konkrete Verbindung zum Opfer besteht (Rz 107).
Verfahrensgegenständliche kontaktierte der Beschwerdegegner N, weil ihm sein Mandant mitteilte, dass auf der Plattform ein Inserat (eingestellt am 15. Jänner 2024) unter seiner Adresse veröffentlicht sei, V aber nicht auf der Plattform registriert sei. Daraufhin kontaktierte der Beschwerdegegner die N und teilte mit, dass die Daten des V widerrechtlich auf der Plattform verwendet werden würden und stellte den Antrag auf Auskunft der Daten des Nutzerprofils bzw. die Daten des V die bei N verarbeitet werden.
Wie festgestellt handelt es sich bei der Adresse I***weg, 2**1 H***berg, Niederösterreich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Inserates vom 15. Jänner 2024 nicht um die Adresse des Beschwerdeführers, sondern die Adresse des V. Dabei handelt es sich auch um die im Nutzerprofil hinterlegte Adresse. Auch eine Recherche im Zentralen Melderegister hätte dasselbe Ergebnis geliefert. Der Name Andreas A*** ist dabei sowohl der Namen des V, als auch des Beschwerdeführers.
Unstrittig ist daher, dass der Beschwerdeführer die Adresse des V in seinem Nutzerkonto bei N ohne Grund verwendet hat, was objektiv betrachtet eine widerrechtliche Verwendung der Daten des V nahelegt. Somit wurden unstrittig Daten des V durch N als Verantwortliche verarbeitet und der Beschwerdegegner hat zu Recht einen Antrag auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO im Namen seines Mandanten gestellt und das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Beschwerdegegners ist jedenfalls zu bejahen.
Nach Auffassung der Datenschutzbehörde bestehen im gegenständlichen Fall keine gelinderen Mittel zur Aufdeckung der unrechtmäßigen Verwendung der Adresse und des Namens des V, da nur die Auskunft nach Art. 15 DSGVO darüber Auskunft gibt, welche Daten des V konkret bei der N verarbeitet werden.
Es liegen überdies auch keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdegegner durch die Erhebung Daten erhoben hat, die nicht zur Zweckerreichung (Aufdeckung der widerrechtlichen Verwendung der Adresse wie des Namens das V) notwendig waren:
Es ist zur Zweckerreichung notwendig , die mit dem Nutzerkonto verbunden Informationen zu erhalten, um gegen die widerrechtliche Verwendung der Adresse des V vorzugehen zu können. Ohne die Informationen wäre dies nicht möglich.
Sofern der Beschwerdeführer vorbringt, dass dem Beschwerdegegner die Namensgleichheit zwischen dem Beschwerdeführer und dem V bewusst war und er dies bewusst ausgenutzt habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass die einzige Information, die der Beschwerdegegner zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Auskunft hatte, lediglich war, dass ein Inserat mit dem Namen und der Adresse des V auf der Plattform veröffentlicht war. Daraus konnte objektiv betrachtet nicht darauf geschlossen werden, dass das Inserat vom Beschwerdeführer erstellt wurde. Zumal es sich bei der veröffentlichten Adresse eben nicht um die (aktuelle) Adresse des Beschwerdeführers handelt.
Ebenso werden keine sensiblen Daten nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO oder strafrechtlich relevante Daten nach Art. 10 DSGVO verarbeitet. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor (und wurde dies auch nicht seitens des Beschwerdeführers vorgebracht), dass die so erlangten Daten an Dritte - abgesehen von der Vorlage im Rahmen des Zivilverfahrens (siehe dazu Punkt b)) - übermittelt wurden.
Somit überwiegt das wahrgenommen berechtigte Interesse des Beschwerdegegners.
b) Zur Offenlegung der Daten im Rahmen eines Gerichtsverfahrens
Betreffend das Bestehen eines „berechtigten Interesses“ kann auf das unter a) Gesagte verwiesen werden und wird ausgeführt, dass der Beschwerdegegner als Rechtsanwalt ein berechtigtes Interesse daran hat zur Verteidigung bzw. Geltendmachung von Rechtsansprüchen seines Mandanten V geeignete Beweismittel im Prozess vorzulegen. Wie festgestellt wurden die Unterlagen im Zivilprozess vor dem Bezirksgericht B***dorf mit der Geschäftszahl *8 C *66/23t als Beweismittel auch vorgelegt. Der Auszug des Kundenprofils ist auch denkmöglich dafür geeignet die widerrechtliche Nutzung des Profils - insbesondere der Adresse und des Namens des V; sowie dem Scheidungsurteil widersprechende Verkäufe - zu beweisen.
Auch gibt es nach Auffassung der Datenschutzbehörde kein gelinderes Mittel , da die Daten bereits rechtmäßig erhoben wurden und die Offenlegung an das Gericht zur Verwirklichung des berechtigten Interesses des Beschwerdegegners im Zusammenhang mit dessen Vertretung des V im Zivilverfahren erforderliche war. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdegegner Daten offengelegt hat, die nicht zur (Vertretung seines Mandanten in einem Zivilprozess) notwendig waren .
In Bezug auf das Nichtvorliegen des Überwiegens des Grundrechts auf Geheimhaltung des Beschwerdeführers kann im Wesentlichen auf das unter a) Gesagte verwiesen werden und kann festgehalten werden, dass das berechtigte Interesse des Beschwerdegegners überwiegt .
D.2.3. Ergebnis
Insgesamt kommt die Datenschutzbehörde daher zu dem Ergebnis, dass aufgrund der durchgeführten Interessenabwägung keine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung vorliegt, da die berechtigten Interessen des Beschwerdegegners als Rechtsanwalt gegenüber den Beeinträchtigungen der berechtigten Interessen des Beschwerdeführers überwiegen (§ 1 Abs. 2 DSG).
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
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