JudikaturDSB

2025-0.192.907 – Datenschutzbehörde Entscheidung

Entscheidung
Datenschutzrecht
17. März 2025

Text

GZ: 2025-0.192.907 vom 17. März 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D213.1903)

[Anmerkung Bearbeiter/in: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), statistische Angaben etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet im Rahmen der Datenschutzüberprüfung gemäß Art. 58 Abs. 1 lit. b DSGVO gegen die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. (FN *9*3*1v) wie folgt:

1. Der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. wird die Datenverarbeitung durch Videokameras auf Park- und Stellflächen innerhalb des Staatsgebiets der Republik Österreich mit sofortiger Wirkung und bei sonstiger Exekution untersagt .

2. Die aufschiebende Wirkung einer allfällig rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wird ausgeschlossen .

Rechtsgrundlagen : Art. 4 Z 2 und Z 7, Art. 5, Art. 6, Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. a und lit. h sowie Art. 58 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. f der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 9, 45 und 46 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF.; § 13 Abs. 1 und Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (im Folgenden: VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Verfahrensgang

1. Die Datenschutzbehörde hat mit Erledigung vom 14. Juni 2023 ein amtswegiges Prüfverfahren gegen die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. eingeleitet und dieser die Beantwortung von Fragen iZm. von der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. verschickten Abmahnschreiben aufgetragen. Die Beantwortung der Fragen wurde mit Schreiben der Datenschutzbehörde vom 3. August 2023 urgiert. Die Aufforderungsschreiben sind unbeantwortet geblieben bzw. mit dem Vermerk „nicht behoben“ an die Datenschutzbehörde retourniert worden.

2. Mit neuerlichem Aufforderungsschreiben vom 11. Oktober 2024 forderte die Datenschutzbehörde die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. erneut zur Beantwortung von Fragen iZm. mehreren bei der Datenschutzbehörde angezeigten Videoüberwachungen von Parkplätzen bzw. öffentlichen Verkehrsflächen in Österreich auf. Auch diese Aufforderung wurde von der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. nicht beantwortet.

3. Mit Bescheid der Datenschutzbehörde vom 19. Dezember 2024 wurde Herr Peter J*** als organschaftlicher Vertreter (alleinvertretungsbefugter Gesellschafter-Geschäftsführer) der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. persönlich zu einer mündlichen Einvernahme in den Räumlichkeiten der Datenschutzbehörde geladen und ist trotz ordnungsgemäßer Zustellung nicht erschienen.

4. Die Datenschutzbehörde beantragte mit Schreiben an den Magistrat der Stadt Wien vom 27. Jänner 2025 die zwangsweise Vollstreckung der im Ladungsbescheid angedrohten Zwangsstrafe und erließ am 27. Jänner 2025 einen weiteren Bescheid mit einer persönlichen Ladung von Herrn Peter J*** unter Androhung seiner zwangsweisen Vorführung. Der geladene Herr Peter J*** ist auch zum weiteren Termin für eine mündliche Einvernahme trotz ordnungsgemäßer Zustellung des Ladungsbescheides nicht erschienen.

B. Prüfgegenstand

Gegenstand des amtswegigen Prüfverfahrens ist die Frage, ob die von der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. betriebene Videoüberwachung von Parkplätzen und damit einhergehend auch die allfällige Videoüberwachung von öffentlichen Verkehrsflächen auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich rechtmäßig ist, d.h. ob sie den Grundsätzen der Datenverarbeitung gemäß Art. 5 DSGVO entspricht und ob mindestens ein Rechtsmäßigkeitstatbestand gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO erfüllt ist.

Falls von einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung und somit von einem Verstoß gegen die DSGVO auszugehen ist, stellt sich im Weiteren die Frage, welche Abhilfebefugnisse gemäß Art. 58 Abs. 2 der DSGVO in Betracht kommen, um die festgestellten Verstöße zu beseitigen.

C. Sachverhaltsfeststellungen

1. Der unter A. beschriebene und aktenmäßig dokumentierte Verfahrensgang wird den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt.

2. Die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. ist eine unter FN *9*3*1v im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftszweig der Erwerb, die Vermietung und die Verpachtung von Parkplätzen ist. Sie wurde errichtet mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom 18. November 2021 und mit Generalversammlungsbeschluss vom 14. Februar 2025 wurde ihre Auflösung beschlossen. Seit dem 14. Februar 2025 ist die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. im Firmenbuch als „B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. in Liqu.“ eingetragen. Herr Peter J***, geb. am **. Mai 199*, war im Firmenbuch seit 4. April 2023 als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. eingetragen und wird dort seit 14. Februar 2025 als ihr alleinvertretungsberechtigter Abwickler bzw. Liquidator geführt.

Beweiswürdigung : Die Feststellungen unter C.2. beruhen auf einer amtswegig durchgeführten und aktenmäßig dokumentierten Abfrage des Firmenbuches zur FN *9*3*1v.

3. Die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. verfügt laut eigenen Angaben über mehr als 350 Stellplätze und Garagenplätze in Europa, größtenteils in Wien. Sie verschickt Abmahnschreiben an Halter:innen von Kraftfahrzeugen iZm. behaupteten Besitzstörungen an den von ihr bewirtschafteten Stellflächen. Die Stellflächen werden von der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. mittels einer nicht näher bekannten Anzahl an Videokameras überwacht und in den Abmahnschreiben werden Bildaufnahmen der behaupteten Besitzstörungen (bspw. durch das Befahren jener Stellflächen) beigelegt. Die von der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. mittels Video überwachten Stellflächen betreffen unter anderem, aber nicht ausschließlich, Liegenschaften an den Adressen „B***-Gasse *4, 1*** Wien“, „M***platz *6, 1*** Wien“, „O***straße *2, 1*** Wien“ und das „****gelände in 2*** I***hausen“, sowie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch weitere Liegenschaften auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich. Im Zuge der Videoüberwachung jener Stellflächen werden von der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. insbesondere Kfz.-Kennzeichen erhoben, die in weiterer Folge zwecks Versand von Abmahnschreiben an die jeweiligen Fahrzeughalter:innen verwendet werden.

Beweiswürdigung : Die Feststellungen zu C.3. gründen einerseits auf einer amtswegigen Recherche unter https://www.b***parkraumbewirtschaftung.com/kundenservice/ (zuletzt abgefragt am 17. März 2025). Im Weiteren beruhen die Feststellungen auf den aktenmäßig dokumentierten Anzeigen und den darin ersichtlichen Abmahnschreiben und Bildaufnahmen der mittels Video überwachten Liegenschaften. Die Feststellung, dass die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. die von ihr bewirtschafteten Stellflächen mittels Videokameras überwacht, ergibt sich bereits aus ihren eigenen Abmahnschreiben, in welchen Bildaufnahmen von Fahrzeugen, mit welchen behauptetermaßen Besitzstörungen begangen worden sein sollen, beigelegt werden. Auf den Bildaufnahmen ist ersichtlich, dass diese mittels Videokamera(s) angefertigt wurden, da darauf u.a. ein Wasserzeichnen mit der Aufschrift „H**watch“ ersichtlich ist. Nach amtswegiger Recherche handelt es sich bei „H**watch“ um einen Anbieter von Überwachungskameras (vgl. https://h**watch.com/at/, abgefragt am 17.03.2025). Die Feststellung zu den überwachten Stellflächen ergibt sich aus den aktenmäßig dokumentierten Anzeigen, welche nahelegen, dass neben den ausdrücklich genannten Liegenschaften auch weitere Stellflächen auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich überwacht werden. Hierbei würdigt die Datenschutzbehörde insb. die mangelnde Mitwirkung der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. im vorliegenden Verfahren und dass infolgedessen nicht entkräftet werden konnte, dass weitere Stellflächen auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich nicht ebenfalls videoüberwacht werden.

4. Die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. wurde vom C***-Verband vor dem Handelsgericht Wien auf Unterlassung iZm. mit dem Versand der zuvor dargestellten Abmahnschreiben geklagt. Am 8. Jänner 2025 wurde ein prätorischer Vergleich abgeschlossen, wonach sie die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. verpflichtet hat, es ab dem 9. Jänner 2025 zu unterlassen, in Abmahnschreiben in Zusammenhang mit behaupteten Besitzstörungen die Zahlung von Entgelten von Verbraucher:innen zu fordern, welche die tatsächlich entstandenen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung übersteigen, wobei sich die Unterlassungserklärung auch auf gleichartige Verhaltensweisen, wie insbesondere die Forderung einer Ablösezahlung für das Klagerecht, bezieht. Ferner hat sich die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. verpflichtet, jenen Vergleich für die Dauer von 90 Tagen zu veröffentlichen und hat dies (jedenfalls) über ihre Website bewerkstelligt.

Beweiswürdigung : Die Feststellungen zu C.4. ergeben sich aus dem vor dem Handelsgericht Wien zur dg. Zl. *6 Cg*43/25r geschlossenen Vergleichs vom 8. Jänner 2025, welcher auf https://www.b***parkraumbewirtschaftung.com/ veröffentlicht wurde (abgefragt am 17. März 2025).

5. Der ehemalige Geschäftsführer bzw. nunmehrige alleinvertretungsberechtigte Abwickler der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H., Herr Peter J***, ist trotz mehrfacher Ladungen nicht zu einer mündlichen Einvernahme vor der Datenschutzbehörde erschienen. Ferner wurden seitens der Datenschutzbehörde mehrere Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nach Art. 31 DSGVO gegen die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. eingeleitet, in denen Geldbußen gegen die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. verhängt wurden. Die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. hat in den o.a. Verwaltungsstrafverfahren Akteneinsicht begehrt, ist jedoch an dem von der Datenschutzbehörde festgesetzten Termin ebenfalls nicht erschienen.

Beweiswürdigung : Die Feststellungen zu C.5. beruhen auf den aktenmäßig dokumentierten Ladungsbescheiden und den diesbezüglichen Aktenvermerken im gegenständlichen Verfahren sowie aus dem ebenfalls dokumentierten und der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. bekanntem Schriftverkehr betreffend ihren Antrag auf Akteneinsicht in den ho. Verwaltungsstrafverfahren, insb. zu den GZs: D560.1123, D560.1124 und D560.1128.

6. Medienberichten ist zu entnehmen, dass gleichartige Abmahnschreiben mittlerweile auch von in Polen errichteten Gesellschaften an Betroffene in Österreich verschickt werden.

Beweiswürdigung : Die Feststellungen zu C.6. gründet auf den aktenmäßig dokumentierten Medienberichten von „*** Magazin“ vom 4. März 2025, 19:00 Uhr, sowie von der „O***-Zeitung“ vom 26. Februar 2025.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

D.1. Zur mangelnden Mitwirkung und zu den Sachverhaltsfeststellungen

Voranzustellen ist, dass eine Verfahrenspartei grundsätzlich dazu verpflichtet sind, durch ein substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen (vgl. VwGH 24.01.2013, 2010/07/0218). Es liegt schließlich in der Hand der Partei selbst, effektiv am Verfahren mitzuwirken und ihr Vorbringen ehestens umfangreich und rechtzeitig zu erstatten, um allfällige Rechtsnachteile zu vermeiden.

Dort, wo der Behörde die Ermittlung von Tatsachen (einschließlich der Aufnahme von Beweisen) ohne Mitwirkung der Partei nicht möglich ist, weil sie nur dieser bekannt sind, liegt es an der Partei, ihr Wissen einzubringen (vgl. Hengstschläger/Leeb , Verwaltungsverfahrensrecht 6 , Rz. 302 unter Verweis auf VwGH 19.12.2001, 2000/20/0318; 26.4.2016, Ra 2016/03/0038; 27.2.2018, Ro 2016/05/0009).

Die Pflicht einer Partei zur Mitwirkung erstreckt sich lediglich auf Sachverhaltsfragen und nicht auch auf die zu lösende Rechtsfrage bzw. auf die von der Behörde anzuwendenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften (vgl. etwa VwSlg. 12.684 A/1988). Dasselbe gilt auch für die Anwendung von unmittelbar anwendbarem Unionsrecht, da dieses zum nationalen Rechtsbestand gehört.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, wurde die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. mehrmals erfolglos aufgefordert , am gegenständlichen Verfahren mitzuwirken und Stellungnahmen abzugeben. Selbst die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens und die Verhängung einer Geldstrafe wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht iSd. Art. 31 DSGVO führten zu keinerlei Reaktion der Beschwerdegegnerin.

Ebenso ist der alleinvertretungsberechtigte organschaftliche Vertreter der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H., Herr Peter J***, trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladungen und den darin angedrohten Beugemitteln zu einer mündlichen Einvernahme vor der Datenschutzbehörde nicht erschienen .

Die nicht gehörige Mitwirkung einer Partei im Beweisverfahren unterliegt der freien Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 und § 46 AVG (vgl. die bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze I 2, S. 678, E 218 f. zu § 45 AVG wiedergegebene Rechtsprechung; vgl. auch VwGH 04.09.2013, 2011/08/0201).

Nach ständiger Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofs steht es einer Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung frei, aus der mangelnden Mitwirkung einer Partei im Ermittlungsverfahren eventuell auch für die Partei negative Schlüsse zu ziehen (vgl. etwa VwGH 15.05.1986, Zl. 86/03/0044, oder VwGH 11.06.1991, Zl. 90/07/0166).

Da der maßgebliche Sachverhalt gegenständlich aufgrund amtswegiger Recherchen sowie der bei der Datenschutzbehörde eingelangten Anzeigen in hinreichendem Umfang festgestellt werden konnte und im Weiteren lediglich Rechtsfragen zu lösen waren, war unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis der ho. Verfahrensführung von weiteren Maßnahmen, die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. zu einer Mitwirkung zu bewegen, abzusehen, zumal ihr ausreichende Möglichkeiten gegeben wurden, sich am vorliegenden Verfahren zu beteiligen.

D.2. Zur Zulässigkeit der Heranziehung von Beweismitteln aus anderen Verwaltungsverfahren

Gemäß § 46 AVG kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Gemäß § 55 Abs. 1 AVG kann die Behörde Beweisaufnahmen auch durch sonstige Erhebungen ersetzen oder ergänzen. Angesichts dessen ist es zulässig, dass im Verwaltungsverfahren auch Beweismittel und Ergebnisse eines anderen verwaltungsbehördlichen (Ermittlungs-)Verfahrens in freier Beweiswürdigung und unter Wahrung des Parteiengehörs verwertet werden können (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 1986, Zl. 84/17/0218, RS 4 und 5).

Da die im gegenständlichen Fall in der Beweiswürdigung herangezogenen Anträge auf Akteneinsicht zu den ho. GZs: D560.1123, D560.1124 und D560.1128 der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. bekannt sind – zumal sie in jenen Verfahren die Anträge Akteneinsicht selbst eingebracht hat – liegen insofern auch keine „geheimen“ Beweismittel vor, welche im vorliegenden Verfahren nicht verwertet werden dürften.

D.3. Zur Liquidation bzw. Abwicklung der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H.

Die Datenschutzbehörde verkennt nicht, dass mit Generalversammlungsbeschluss vom 14. Februar 2025 die Auflösung der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. beschlossen worden ist. Eine Liquidation bezweckt die Abwicklung der Geschäfte einer Gesellschaft mit dem Ziel der geordneten wirtschaftlichen Abwicklung und Löschung aus dem Firmenbuch. Der Zweck einer Gesellschaft im Liquidationsstadium besteht somit in der Umsetzung des Gesellschaftsvermögens in Geld, der Gläubigerbefriedigung und der Verteilung der restlichen Vermögensmasse (vgl. OGH 31.08.2006, 6 Ob 15/05g).

Der Eintritt der Liquidation ändert grs. nichts an der Identität der Gesellschaft oder an ihrer Rechtsfähigkeit , denn sie erlischt erst mit ihrer (Voll-)Beendigung und nicht schon mit dem Eintritt der Liquidation (vgl. RIS-Justiz RS0061815; siehe ferner etwa BVwG 26.11.2020, W145 2216498-2). Auch die Verwendung eines auf die Abwicklung hinweisenden Zusatzes (wie gegenständlich „in Liquidation") führt nicht zu einer Firmenänderung (vgl. RIS-Justiz RS0121129).

Parteifähige Kapitalgesellschaften verlieren ihre Parteifähigkeit daher erst mit ihrer Vollbeendigung . Diese setzt nach herrschender Rsp. die Vermögenslosigkeit und die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch voraus (vgl. RIS-Justiz RS0050186). Dies gilt sowohl für zivil- als auch für verwaltungsrechtliche Verfahren.

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall ist daher als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. zum Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden Bescheides rechts- als auch parteifähig iSd. § 9 AVG ist .

Jedoch selbst wenn man dies gegenständlich in Abrede stellen würde, ist auf die Rsp. des Europäischen Gerichtshofs hinzuweisen, wonach es bei der Verarbeitung personenbezogener Daten nicht darauf ankommt, ob Verantwortliche iSd. Art. 4 Z 7 DSGVO eine Rechtspersönlichkeit und eine eigene Rechtsfähigkeit haben oder nicht (vgl. EuGH 27.02.2025, C-638/23 [ Amt der Tiroler Landesregierung ], Rz. 34).

D.4. Zur Rechenschaftspflicht und zur Beweislast

In Art. 5 Abs. 1 DSGVO werden die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten normiert, die unmittelbar geltende verbindliche Regeln darstellen. Nach der stRsp. des Europäischen Gerichtshofs muss jede Verarbeitung personenbezogener Daten den in Art. 5 leg. cit. aufgestellten Grundsätzen sowie mindestens einem in Art. 6 leg. cit. angeführten Tatbestände in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung genügen (vgl. zur insofern vergleichbaren Rechtslage nach der Richtlinie 95/46/EG bereits EuGH 16. Dezember 2008, C‑524/06 [ Huber ], Rz. 48).

Die Wichtigkeit der Einhaltung der in Art. 5 Abs. 1 DSGVO verankerten Verarbeitungsgrundsätze wird nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass ein Verstoß gegen jene Grundsätze gemäß Art. 83 Abs. 5 lit. a DSGVO mit einem höheren Strafrahmen sanktioniert ist.

Gemäß Art. 5 Abs. 2 DSGVO ist der Verantwortliche für die Einhaltung Abs. 1 leg. cit. verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können. Diese „Rechenschaftspflicht“ ist ein zentrales Element der DSGVO, welches die verstärkte Eigenverantwortlichkeit des Verantwortlichen hervorstreicht.

Der Europäische Gerichtshof leitet aus der Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO ab, dass der Verantwortliche die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nicht nur nachweisen können muss, sondern auch die Beweislast dafür trägt , dass die von ihm verarbeiteten personenbezogenen Daten u.a. für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben und auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für betroffene Personen nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden (vgl. EuGH 4. Juli 2023, C‑252/21 [ Bundeskartellamt ], Rz. 95).

D.5. In der Sache (Spruchpunkt 1)

Eingangs ist festzuhalten, dass eine Videoüberwachung – sofern hierdurch personenbezogene Bilddaten verarbeitet werden – jedenfalls eine „Verarbeitung“ iSd. Art. 4 Z 2 DSGVO darstellt, die in den sachlichen Anwendungsbereich der DSGVO fällt (vgl. allgemein etwa BVwG 09.01.2025, W211 2283857-1; vgl. zur Qualifikation von Kfz.-Kennzeichnen als allgemein verfügbare personenbezogene Daten etwa BVwG 23.09.2022, W137 2252921-1).

Die gegenständlich zu prüfenden Datenverarbeitungsvorgänge sind der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. zuzuordnen, da jedenfalls davon auszugehen ist, dass sie Bilddaten der von ihr betriebenen Videoüberwachung ihrer Stellflächen für eigenen Zwecke verarbeitet – sohin die Entscheidungen über die Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung trifft – und folglich als Verantwortliche iSd. Art. 4 Z 7 DSGVO anzusehen ist.

Wie aus dem festgestellten Verfahrensgang ersichtlich, wurde die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. mehrfach erfolglos aufgefordert , am gegenständlichen Verfahren mitzuwirken und die Rechtmäßigkeit der von ihr durchgeführten Datenverarbeitung mittels Videoüberwachung auf Park- bzw. Stellflächen auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich darzulegen.

Die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. hat im Ergebnis weder dargelegt, dass die von ihr betriebene Datenverarbeitung mittels Videoüberwachung insb. den Grundsätzen der Transparenz, Datenminimierung, Speicherbegrenzung sowie Integrität und Vertraulichkeit entspricht, noch, dass die von ihr durchgeführte Datenverarbeitung rechtmäßig iSd. Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist. Vielmehr entstand im Laufe des Ermittlungsverfahrens der Eindruck, dass die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. am gegenständlichem Verfahren nicht mitwirken bzw. sich dem Verfahren entziehen will.

Im Ergebnis konnte die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. – unter Außerachtlassung ihrer Rechenschaftspflicht und Beweislast gemäß Art. 5 Abs. 2 DSGVO – nicht darlegen , dass die von ihr betriebene Datenverarbeitung in Form einer Videoüberwachung von Park- bzw. Stellflächen auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich die Verarbeitungsgrundsätze erfüllt und rechtmäßig ist (vgl. in Bezug auf die Videoüberwachung von Liegenschaften EuGH 11. Dezember 2019, C‑708/18 [ TK ], Rz. 36 mwN.). Folglich liegt ein Verstoß gegen die DSGVO vor.

Die Datenschutzbehörde übersieht hierbei nicht, dass sie nach der Rsp. des Verwaltungsgerichtshofs keine rechtliche Grundlage für eine selbständige Feststellung über die allfällige Rechtswidrigkeit eines datenschutzrechtlich relevanten Verarbeitungsvorgangs in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren hat (vgl. VwGH 14.12.2021, Ro 2020/04/0032).

Jedoch stehen der Datenschutzbehörde in einem amtswegig eingeleiteten Prüfverfahren alle Abhilfebefugnisse gemäß Art. 58 Abs. 2 DSGVO zur Verfügung. Nach der Rsp. des Europäischen Gerichtshofes sollen gerade Situationen, in denen gegen die DSGVO verstoßen wird, durch das Eingreifen der nationalen Aufsichtsbehörde wieder mit dem Unionsrecht in Einklang gebracht werden (vgl. EuGH 14. März 2024, C‑46/23 [ Nemzeti Adatvédelmi és Információszabadság Hatóság ], Rz. 40).

Gemäß Art. 58 Abs. 2 lit. f DSGVO kann die Datenschutzbehörde eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, verhängen. Die gewählte Maßnahme muss – im Hinblick auf die Gewährleistung der Einhaltung der DSGVO – geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein, wobei die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen sind (vgl. ErwG 129 DSGVO).

Da im gegenständlichen Fall die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. am Verfahren überhaupt nicht mitgewirkt hat und da aufgrund der aktenmäßig dokumentierten Anzeigen und Medienberichte davon auszugehen ist, dass eine hohe Anzahl an betroffenen Personen von den gegenständlichen Verarbeitungstätigkeiten der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. betroffen ist, war aus Sicht der Datenschutzbehörde ein sofortiges Verbot der Datenverarbeitung auszusprechen, da die Wahl von gelinderen Mitteln nicht zweckentsprechend erscheint.

Die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. wird der Datenschutzbehörde im Weiteren in geeigneter Weise darzulegen haben, ob und wie sie dem Leistungsauftrag nachgekommen ist.

D.6. Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt 2)

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Damit wird im Ergebnis die Vollstreckung von Leistungsbescheiden sofort zulässig .

Wie zuvor dargelegt, verstößt die von der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. betriebene Videoüberwachung von Park- bzw. Stellflächen auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich gegen Grundprinzipien der DSGVO, wobei von einer Vielzahl an betroffenen Personen auszugehen ist.

Das Interesse der B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. an der Überwachung der von ihr bewirtschafteten Stellflächen mittels Videokameras ist daher im gegenständlichen Fall als geringer zu bewerten als das öffentliche Interesse – nämlich in Form des Interesses einer Vielzahl betroffener Personen – nicht einer unrechtmäßigen Videoüberwachung ausgesetzt zu werden . Ferner ist auch das Kriterium einer „Gefahr in Verzug“ erfüllt, da davon auszugehen ist, dass die B*** Parkraumbewirtschaftung Ges.m.b.H. weiterhin eine unrechtmäßige Videoüberwachung betreibt und es besteht folglich im Falle eines Zuwartens die aktuelle und konkrete Gefahr, dass betroffene Personen unrechtmäßig mittels Videokameras überwacht werden.

Anders formuliert würden im Fall, dass die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen wird, gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl bzw. für Dritte eintreten, die jene Nachteile deutlich überwiegen, die bei nicht verfügtem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde anderen entstehen würden (vgl. VwGH 5.9.2018, Ra 2017/03/0105).

Aus diesem Grund war im Ergebnis spruchgemäß zu entscheiden.

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