IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ACC Steuerberatung GmbH & Co KG, Vornbuch 6, 4840 Vöcklabruck, über die Beschwerde vom 20. Juli 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 5. Juli 2023 betreffend Einkommensteuer 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf) hat in ihrer am 25.04.2023 eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 unter anderem in der KZ 476 außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt in der Höhe von (in der Folge kurz: iHv) 4.736,42 Euro aufgrund ihrer 40 % diagnostizierten Behinderung angegeben.
Auf das vom Finanzamt am 15.06.2023 an die Bf gerichtete Ergänzungsersuchen hinsichtlich der Belege für die geltend gemachten Kosten sowie einer Kostenaufstellung darüber, wurde von der Bf in mehreren Schritten eine Vielzahl an Unterlagen und Informationen als Vorhaltsbeantwortung an das Finanzamt übermittelt.
Im Bescheid vom 05.07.2023 wurden von der belangten Behörde die Kosten der Bf teilweise anerkannt, jedoch wurde ein Großteil der geltend gemachten Ausgaben (in erster Linie Kosten für Lebensmittel sowie Fahrtkosten zu Ärzten und Apotheken) nicht anerkannt.
In ihrer Beschwerde vom 20.07.2023 gab die Bf an, dass sie an folgenden Erkrankungen leide: Schizoaffektive Störung, Allergisches Asthma Bronchiale, Eisenmangelanämie, Autoimmunhepatitis, Autoimmungastritis, Fruktosemalabsorption, Histaminintoleranz sowie starke Akne (als Konsequenz einer Vielzahl dieser Lebensmittelunverträglichkeiten). Auf Grund ihrer Krankheiten habe sie diese Kosten geltend gemacht.
Im Ergänzungsersuchen vom 03.08.2023 wurden der Bf vom Finanzamt mehrere Themen vorgehalten und ersucht, dazu Stellung zu nehmen bzw die Unterlagen dazu zu übermitteln. Betreffend das Thema über die tatsächlichen Mehrkosten für Lebensmittel wurde der Bf von der belangten Behörde mitgeteilt, dass stichprobenartig für den April 2022 bzw November 2022 der Mehraufwand recherchiert und berechnet wurde, hier aber der pauschale Freibetrag weit über dem tatsächlichen Mehraufwand liegen würde und aus diesem Grund die tatsächlichen Kosten daher nicht anerkannt werden würden.
In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 14.08.2023 zum Ergänzungsersuchen vom 03.08.2023 beeinspruchte die Bf vordergründig jenes Thema hinsichtlich des Mehraufwandes für Lebensmittel. Sie legte eine selbst erstellte Liste bei, aus welcher die Lebensmittel und deren Mehrkosten für einen Beispielmonat ersichtlich seien. Weiters hielt sie fest, dass diese Preisvergleiche, welche sie für die Liste gezogen hätte, bei Diskonter und Supermärkten durchgeführt worden seien und nicht bei teuren Reformhäusern. Auch übermittelte sie Laborbefunde, eine Liste mit Arztrechnungen, Arztberichte, Ambulanzbefunde, eine Aufstellung über die Fahrtkosten, etc.
Die belangte Behörde erkannte in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom 01.09.2023 weitere Kosten (für Fahrtkosten sowie für Arztrechnungen) iHv 1.443,74 Euro an. In Bezug auf die Mehrkosten für Lebensmittel wurden die tatsächlichen Kosten der Bf nicht anerkannt und die Begründung ausgeführt wie im Erstbescheid bzw im Ergänzungsersuchen vom 03.08.2023. Mit den von der Bf eingereichten Rechnungen würden in erster Linie lediglich die Anschaffung von lebensnotwendigen Lebensmitteln nachgewiesen, nicht aber ein Mehraufwand auf Grund einer benötigten Diätverpflegung für Magenerkrankungen. Es wurde abermals auf den stichprobenartigen Vergleich von "besonderen" Lebensmitteln für die Monate April bzw November 2022 verwiesen. Der Mehraufwand würde lt den Berechnungen der belangten Behörde unter dem pauschalen Freibetrag liegen.
Im Vorlageantrag vom 28.09.2023 beharrte die Bf weiter auf der Geltendmachung des tatsächlichen Mehrkostenaufwandes auf Grund dessen, dass sie nicht alles essen könne wie ein gesunder Mensch auch. Sie legte weitere Kostenaufstellungen und Beispiellisten bei, aus welchen ersichtlich sein sollte, was sie als kranker Mensch im Gegensatz zu einem gesunden Menschen alles kaufen müsste, um Symptome ihrer Krankheiten zu lindern und die daraus resultierenden Mehrkosten.
Mit Vorlagebericht vom 21.11.2023 wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde verwies auf die ausführliche Begründung in ihrer Beschwerdevorentscheidung und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerde wurde der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesfinanzgerichts aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses iZm der Pensionierung der bisherigen Richterin mit 07.02.2025 zugeteilt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes bescheinigte mit 09.10.2019 die Notwendigkeit einer Krankendiätverpflegung wegen Magenkrankheit oder anderer innerer Krankheit mit einem Behinderungsgrad von 40% für die Bf.
Die Bf begehrte in ihrer Einkommensteuererklärung 2022 nicht den Pauschalbetrag gem § 35 EStG 1988 in Verbindung mit § 2 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. Nr. 303/1996), sondern die tatsächlichen Kosten (Mehraufwand für Lebensmittel) auf Grund der eigenen Behinderung. Als tatsächliche Kosten machte die Bf im Beschwerdejahr insgesamt einen Betrag iHv 4.736,42 Euro geltend. Diese setzen sich zusammen aus: Diätkrankenverpflegung ("besondere" Lebensmitteln), Kosten für Ärzte sowie Fahrtkosten für Heilbehandlungen.
Unstrittig sind im Beschwerdefall die Kosten hinsichtlich der Fahrten für Heilbehandlungen sowie der Arzthonorare. Dieser Aufwand wurde von der Bf mittels diverser Aufstellungen und Belege nachgewiesen und von der belangten Behörde anerkannt.
Beschwerdegegenständlich und strittig sind die von der Bf geltend gemachten tatsächlichen Kosten für Diätverpflegung (Mehraufwand für "besondere", teurere Lebensmittel).
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt beruht im Wesentlichen auf der Aktenlage, insbesondere dem Vorbringen der Bf und den von dieser beigebrachten Unterlagen.
Unstrittig ist, dass die Bf Autoimmunerkrankungen hat, dies wurde mit diversen ärztlichen Befunden und dem Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes bestätigt. Darin wurde ausdrücklich festgehalten, dass mittels dieses Gutachtens auch eine Bestätigung vorliegt für die Geltendmachung eines monatlichen Pauschalbetrages für den Mehraufwand an Lebensmitteln gem § 35 EStG 1988 in Verbindung mit § 2 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen (BGBL. Nr. 303/1996) und dass eine Krankendiätverpflegung notwendig ist (Behinderungsgrad von 40%).
Die von der Bf belegmäßig nachgewiesenen tatsächlichen Aufwendungen für Lebensmittel führen jedoch nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht zum Vorliegen von Mehraufwendungen für Diätkrankenverpflegung. Die eingekauften Produkte werden in weiten Teilen auch von der regulären Bevölkerung, die keine Magenerkrankungen aufweist, verzehrt (Obst, Gemüse, Fleisch, Milchprodukte, Aufstriche, Kekse) und sind daher als Mehraufwand im Zusammenhang mit einer Diätkrankenverpflegung ungeeignet. Auch der Teil der Lebensmittel, der grundsätzlich mit der Magenerkrankung im Zusammenhang steht (bspw glutenfreies Brot und Gebäck, laktosefreie Getränke, Spezialmehle), sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht als Mehraufwendungen für Diätkrankenverpflegung anzusehen, weil im Rahmen des generellen Gesundheits- bzw Ernährungsbewusstseins der Kauf von glutenfreien oder laktosefreien Produkten auch ohne vorliegende Intoleranzen gesellschaftsfähig geworden ist. Dies spiegelt sich dadurch wieder, dass derartige Produkte - wie auch von der Bf - in allgemeinen Lebensmittelfachgeschäften sowie Diskontern zu kaufen sind.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist im gegenständlichen Beschwerdefall, ob der Bf der Pauschbetrag für die Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung (Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit) iSd § 35 EStG 1988 in Verbindung mit § 2 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. Nr. 303/1996) in ihrer Einkommensteuererklärung 2022 zusteht oder ob die Bf die tatsächlichen Mehraufwendungen für Lebensmittel (außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt) im Sinne von § 34 EStG ansetzen kann.
§ 34 EStG:
(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs 2)
2. Sie muss zwangsläufig sein (Abs 3)
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß Abs 6 leg cit können Aufwendungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes iSd Abs 3 leg cit abgezogen werden, wenn es sich um Aufwendungen im Sinne des § 35 EStG 1988 (außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit einer bestätigten Behinderung) handelt, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs 5 EStG 1988).
Allgemein gilt, dass nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung führt. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung und Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (vgl VwGH 04.09.2014, 2012/15/0136). Krankheitskosten können nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie mit einer konkreten Heilbehandlung verbunden sind, nicht hingegen, wenn sie bloß allgemein der Vorbeugung von Krankheiten dienen (vgl VwGH 24.06.2004, 2001/15/0109).
Die Belastung ist nach § 34 Abs 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Gemäß § 2 Abs 1 Teilstrich 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit im Ausmaß von 42 Euro pro Kalendermonat zu berücksichtigen.
Die Bf möchte grundsätzlich die tatsächlichen Kosten für Lebensmittel aus dem Titel der eigenen Behinderung geltend machen. Das betrifft demnach die Mehraufwendungen hinsichtlich Diätkrankenverpflegung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15.09.2016, Ro 2015/15/0009 Folgendes ausgesprochen:
"Begünstigungsfähig als außergewöhnliche Belastung ist grundsätzlich nur der durch die Behinderung bedingte Mehraufwand, somit jener Aufwand, der über die typischen Kosten der Lebensführung hinausgeht" (vgl auch VwGH 02.06.2004, 2003/13/0074).
Kosten für die eigene Verpflegung sind typische Kosten der Lebensführung. Derartige Aufwendungen werden durch die tarifliche Steuerfreistellung des pauschalen Existenzminimums in § 33 Abs 1 EStG 1988 berücksichtigt (vgl VwGH 30.03.2016, 2013/13/0063).
Es ist zu beachten, dass nicht die Diätverpflegung an sich einer Absetzbarkeit zugänglich ist, sondern gemäß § 2 der Verordnung für außergewöhnliche Belastungen nur der Mehraufwand wegen Krankendiätverpflegung.
Aus dem Gesetzestext und der Judikatur ergibt sich somit, dass eine grundsätzliche Voraussetzung für eine außergewöhnliche Belastung eben die Außergewöhnlichkeit ist. Sie muss über eine übliche/normale/gewöhnliche Aufwendung hinausgehen. Wenn es sich um eine Aufwendung handelt, die alle Steuerpflichtigen in der gleichen Situation im selben Ausmaß trifft, fehlt es an der Voraussetzung der Außergewöhnlichkeit.
Unbestritten ist, dass sich alle Steuerpflichtigen mit Lebensmitteln versorgen müssen. Außergewöhnlichkeit bei der Verpflegung liegt daher nur dann und insofern vor, als die Ernährung eines Abgabenpflichtigen teurer ist, als bei anderen Abgabenpflichtigen, weil er sich an einem medizinischen Diätplan orientieren muss. Müssen also glutenfreie oder laktosefreie Lebensmittel gekauft werden, stellt ja nur der Anteil der Kosten eine außergewöhnliche Belastung dar, um den das Produkt teurer ist als ein gleichwertiges nicht glutenfreies. Wenn man in diesem Zusammenhang die tatsächlichen Kosten anstatt des Pauschales geltend machen möchte, ist man verpflichtet, den Anfall eben dieser Differenzkosten nachzuweisen. Dem kam die Bf nach und hat für das Beschwerdejahr monateweise ihre Rechnungen für die Lebensmitteleinkäufe vorgelegt. Darauf sind aber eben nur teilweise Produkte ersichtlich, welche Personen ohne eine Magenerkrankung möglicherweise nicht kaufen würden. Aber auch hier ist darauf abzustellen, dass nur der Mehraufwand als tatsächliche Kosten anzusetzen wäre.
Wie das Finanzamt bereits rechnerisch (beispielhaft für zwei Monate) dargelegt und ausgeführt hat, beläuft sich hier der Mehraufwand für gerade jene tatsächlichen Kosten für "besondere" und teurere Lebensmittel pro Monat wohl unter den 42 Euro.
Die Mehraufwendungen hinsichtlich Diätkrankenverpflegung richten sich daher im gegenständlichen Fall nach § 2 Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen (BGBL. Nr. 303/1996) und betragen daher 504 Euro für das Beschwerdejahr.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdeverfahren wurde die strittige Rechtsfrage im Sinne der oben zitierten Judikatur gelöst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Graz, am 30. Juni 2025