JudikaturBFG

RV/5100520/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
03. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom 27. November 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 14. November 2023, Ordnungsbegriff: ***OB***, über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume Juli 2022 und August 2022 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. November 2023 forderte das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) und § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt 627,00 Euro zurück, welche die Beschwerdeführerin (Bf.) für ihren Sohn ***K.***, VNR: ********, für die Zeiträume Juli 2022 und August 2022 bezogen hatte, zurück, weil für ein volljähriges Kind die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. Berufsfortbildung zustehe und diese Voraussetzung beim Sohn der Bf. nicht zutreffe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 27. November 2023, in der zur Begründung im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der Sohn der Bf. im Juli 2022 das Bachelorstudium ***BS*** an der ***Uni*** erfolgreich in der Mindeststudienzeit abgeschlossen habe und in weiterer Folge im Oktober 2022 den Fachhochschul-Bachelorstudiengang ***FH-BS*** an der Fachhochschule ***FH*** begonnen habe. Ein Aufnahmegespräch an der Fachhochschule habe am 5. Juli 2022 stattgefunden.Da der Sohn der Bf. eine nahtlose Fortsetzung seines Bildungsweges verfolgt und lediglich die Fachrichtung gewechselt habe, sei eine Rückforderung der Familienbeihilfe nicht gerechtfertigt. Zudem beginne ein Studienjahr in Österreich am 1. Oktober und ende am 30. September des Folgejahres.

Das Finanzamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 31.Jänner 2024 als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom 28. Februar 2024 beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Über das Beschwerdevorbringen hinaus führte die Bf. ins Treffen, dass keine Rückforderung erfolgt wäre, wenn sich der Sohn der Bf. nach dem abgeschlossenen Bachelorstudium für das Masterstudium in ******* entschieden hätte. Dass zwischen einem Bachelorstudium und einem Masterstudium oder zwischen zwei Bachelorstudien keine Familienbeihilfe zustehe, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.Auch dürfe laut Gesetz die Studienrichtung einmal geändert werden, ohne dass die Familienbeihilfe zurückgefordert werde.

Mit Vorlagebericht vom 26. Juli 2024 legte das Finanzamt die Beschwerde samt den Verfahrensakten dem Bundesfinanzgericht vor.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurden der Bf. die Sachverhaltsannahmen zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern.Eine Stellungnahme der Bf. erfolgte nicht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn der Bf. hat das Bachelorstudium ***BS*** an der ***Uni*** absolviert. Aus der Datenübermittlung der Universität an das elektronische Beihilfenprogramm der Finanzverwaltung ergibt sich, dass er von 13. August 2019 bis 28. Juni 2022 zum genannten Bachelorstudium zugelassen war.Im September 2022 begann er den Fachhochschul-Bachelorstudiengang ***FH-BS*** an der Fachhochschule ***FH***. Die Zulassung zum Studium erfolgte laut Datenübermittlung der Universität an die Finanzverwaltung am 26. September 2022.

2. Beweiswürdigung

De angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.

3. Rechtslage

§ 2 Abs. 1 lit. b und lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) lauten:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,"

Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt (§ 10 Abs. 2 FLAG 1967).

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (nachfolgend: FLAG 1967) Familienbeihilfe gewährt wird, steht gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag in der im Gesetz näher angeführten Höhe für jedes Kind zu.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 Z. 1 letzter Satz EStG 1988 auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

Gemäß § 54 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (UG) sind die Universitäten berechtigt, Diplomstudien, Bachelorstudien, Masterstudien, Doktoratsstudien, kombinierte Master- und Doktoratsstudien sowie Erweiterungsstudien einzurichten.

Gemäß § 68 Abs. 1 Z. 6 UG erlischt die Zulassung zu einem Studium, wenn die oder der Studierende das Studium durch die positive Beurteilung bei der letzten vorgeschriebenen Prüfung abgeschlossen hat.

Ordentliche Studierende an Fachhochschulen sind gemäß § 4 Abs. 2 Fachhochschulgesetz (FHG) die Studierenden, die zu den ordentlichen Studien zugelassen sind.Ordentliche Studien sind gemäß § 4 Abs. 3 FHG Fachhochschul-Bachelorstudiengänge und Fachhochschul-Masterstudiengänge.

4. Rechtliche Beurteilung

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit dem Abschluss eines Bachelorstudiums eine Berufsausbildung abgeschlossen. Wird im Anschluss daran mit einem Masterstudium oder - wie im vorliegenden Fall - mit einem Fachhochschul-Bachelorstudiengang begonnen, so handelt es sich dabei um ein neues Studium und eine neuerliche weitere Berufsausbildung (vgl. VwGH 22.12.2011, 2011/16/0066 mit Hinweis auf VwGH 29.09.2011, 2011/16/0086).

Aus der Datenübermittlung der ***Uni*** an das elektronische Beihilfenprogramm der Finanzverwaltung ergibt sich, dass der Sohn der Bf. von 13. August 2019 bis 28. Juni 2022 zum Bachelorstudium ***BS*** zugelassen war.

Da das genannte Bachelorstudium im Juni 2022 beendet wurde, erlosch gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 der sich durch diese Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 begründete Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats Juni 2022.

Auch für die Annahme des Zeitpunkts der Zulassung zum Fachhochschul-Bachelorstudiengang ***FH-BS*** an der Fachhochschule ***FH*** (26. September 2022) hat das Finanzamt die elektronische Datenübermittlung der Fachhochschule herangezogen und diesen Zeitpunkt daher mit 26. September 2022 angenommen.

Nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn einer weiteren Berufsausbildung.Im Gegensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2011, nach der auch drei Monate nach Abschluss der Berufsausbildung die Familienbeihilfe weitergewährt wurde, normiert § 2 Abs.1 lit. d FLAG1967 einen eigenständigen Anspruch auf Familienbeihilfe nur für den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, nicht aber für den Zeitraum zwischen zwei Studien. Nach den Bestimmungen des § 54 UG und § 4 Abs. 3 FHG sind ein Bachelorstudium und ein Fachhochschul-Bachelorstudiengang als eigenständige Studien anzusehen (vgl. VwGH 22.12.2011, 2011/16/0066, unter Hinweis auf VwGH 29.9.2011, 2011/16/0086, betreffend Bachelorstudium und Masterstudium).

Wurde eine Berufsausbildung (hier: Bachelorstudium) durch Ablegung der letzten in den Ausbildungsvorschriften vorgesehenen Prüfung beendet, besteht ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Erst mit Beginn einer weiteren Berufsausbildung (hier: Fachhochschul-Bachelorstudiengang) besteht wieder ein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorangehende Schritte einer Bewerbung für das nachfolgende Studium einschließlich eines Aufnahmegespräches noch keine Ausbildung darstellen (VwGH 26.5.2011, 2011/16/0057).

Da für die Bf. betreffend die Zeiträume Juli 2022 und August 2022 kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wurde die Familienbeihilfe daher in diesen Zeiträumen zu Unrecht bezogen und vom Finanzamt zu Recht zurückgefordert.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge irrelevant. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 12 u. 13, mwH auf die VwGH-Judikatur). Dem Bundesfinanzgericht ist bei seiner Entscheidung auch kein Ermessen eingeräumt.

Fehlt es somit an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist gemäß § 33 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 10).

Aus den angeführten Gründen war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Die gegenständliche Entscheidung folgt der in den Entscheidungsgründen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegen daher keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am 3. April 2025

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