IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***BE*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 18. Juni 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 31. Mai 2023 betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe vom 19. April 2023 für das Kind ***1*** ab März 2023, ***OB***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) beantragte am 19.4.2023 die Weitergewährung der Familienbeihilfe für ihre im Juli 1998 geborene Tochter ***1*** ab 3/2023 bis 6/2024.
Mit Bescheid vom 31.5.2023 wies die belangte Behörde den Antrag der Bf ab und begründete dies damit, dass mit der Vollendung des 24. Lebensjahres (7/2022) der Anspruch auf Familienbeihilfe ende. Aufgrund der Covid-Regelung gebe es eine Ausnahme über die Altersgrenze hinaus. Der Ausbildungsverlauf habe das Krisensemester (Sommersemester 2020) beinhaltet, sodass die Familienbeihilfe bis 2/2023 verlängert worden sei.
Gegen diesen Bescheid brachte die Bf am 18.6.2023 fristgerecht Beschwerde ein. Begründend wurde vorgebracht, dass alle Lehramtsstudien in ein Bachelor- (240 ECTS) und Masterstudium (120 ECTS Sekundarstufe Allgemeinbildung) gegliedert seien Das Lehrer*innen-Dienstrecht sehe vor, dass Junglehrer*innen innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Bachelorabschluss ein Masterstudium abschließen müssen, um in ein unbefristetes Dienstverhältnis eintreten zu können. Ohne Masterabschluss könne sich ihre Tochter nicht an der Sekundarstufe II bewerben und werde auch nicht für eine Stelle an einem Gymnasium in Betracht gezogen, sofern dieses auch eine Oberstufe anbiete. Der Master sei verpflichtend. Schließe sie diesen nach mindestens fünf Jahren nicht ab, drohe ihr die Kündigung. Die Lehramtsausbildung gelte zudem erst nach dem Master-Abschluss als offiziell beendet. Da es beim Lehramtsstudium keine Abschnittsgliederung gebe, stehe für insgesamt 16 Semester (12 Semester Mindeststudiendauer + 2 Toleranzsemester + 1 Auslandssemester + 1 Covid-Krisensemester) zu. Ihre Tochter befinde sich erst im 14. Semester, sodass ein Anspruch auf Familienbeihilfe bis mindestens zum 25. Geburtstag, somit bis 7/2023, bestehe.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.6.2023 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Begründet wurde dies damit, dass die Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr nur dann gewährt werde, wenn ein Studium mit einer gesetzlichen Studiendauer von mindestens 10 Semestern im Jahr des 19. Geburtstages begonnen werde. Beim Kind der Bf treffe dies nicht zu. Mit dem Abschluss eines Bachelorstudiums sei eine Berufsausbildung abgeschlossen, auch wenn danach ein Masterstudium betrieben werde. Nach Ansicht des VwGH stelle das Masterstudium gegenüber einem vorangegangenen Bachelorstudium ein eigenständiges Studium dar. Eine Zusammenrechnung sei nicht möglich und daher der Verlängerungstatbestand nicht erfüllt.
Mit Schriftsatz vom 25.7.2023 stellte die Bf einen Vorlageantrag und verwies noch einmal auf die Notwendigkeit eines Masterabschlusses für ein unbefristetes Dienstverhältnis sowie auf das Beschwerdevorbringen.
Mit Vorlagebericht vom 16.12.2024 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die im Juli 1998 geborene Tochter der Bf, ***1***, vollendete im Juli 2022 das 24. Lebensjahr.
Sie begann im Wintersemester 2016 an der Universität ***2*** das Bachelorstudium Lehramt Sek (AB), UF Deutsch und UF Geschichte, das sie am 11.10.2022 abschloss. Daran anschließend begann sie am 24.10.2022 das Masterstudium Lehramt Sek (AB), UF Deutsch und UF Geschichte, Sozialkunde/Politische Bildung . Im Sommersemester 2019 absolvierte die Tochter ein Auslandssemester.Die Mindeststudiendauer des Bachelorstudiums beträgt 8 Semester, die des Masterstudiums 4 Semester.
Zusätzlich zum (für den Familienbeihilfenanspruch maßgeblichen) Hauptstudium begann die Tochter im Wintersemester 2018 das Bachelorstudium Geschichte als Nebenstudium, das ebenfalls im Oktober 2022 abgeschlossen wurde. Daran anschließend begann sie das Masterstudium Jüdische Kulturgeschichte.
Die Bf bezog die Familienbeihilfe für ihre Tochter durchgehend bis Februar 2022. Dieser Zeitraum umfasst die Mindeststudienzeit des Bachelorstudiums Lehramt samt zwei Toleranzsemestern und einem Verlängerungssemester für das Auslandsstudium (insgesamt 11 Semester). Mit Februar 2022 wurde die Familienbeihilfe eingestellt und darüber eine Einstellungsmitteilung versendet.
Am 26.10.2022 beantragte die Bf die Familienbeihilfe ab Oktober 2022 unter Vorlage des Studienbuchblattes für das Wintersemester 2022. Das Finanzamt gewährte die Familienbeihilfe für das Masterstudium Lehramt ab Oktober 2022 bis Februar 2023 als Covid-Verlängerungssemester (§ 2 Abs 9 FLAG 1967), da es zuvor noch nicht gewährt worden war. Mit Februar 2023 wurde die Familienbeihilfe für die Tochter eingestellt und die Einstellungsmitteilung vom 8.2.2023 versendet.
Am 19.4.2023 stellte die Bf den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter ab März 2023, der mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.5.2023 abgewiesen wurde.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.
Gemäß § 2 Abs 1 lit j FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.
Gemäß § 51 Universitätsgesetz 2002 (UG) sind ordentliche Studien die Diplomstudien, die Bachelorstudien, die Masterstudien, die Doktoratsstudien, die kombinierten Master- und Doktoratsstudien sowie die Erweiterungsstudien.
Die Zulassung zu einem Bachelorstudium erlischt mit Abschluss des Studiums durch die positive Beurteilung bei der letzten vorgeschriebenen Prüfung (§ 68 Abs 1 Z 6 UG) und wird nach Abschluss des Studiums ein akademischer Grad (zB Bachelor of Education) verliehen. Für ein anschließendes Masterstudium ist ein eigener (neuer) Antrag auf Zulassung zum Studium zu stellen. Dabei ist vom Rektorat das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen zu prüfen (§ 60 UG), worunter auch die allgemeine Universitätsreife (§ 63 Abs 1 Z 1 und § 64 UG) zählt. Die Zulassung zu einem Masterstudium setzt den Abschluss ua eines fachlich infrage kommenden Bachelorstudiums voraus (§ 64 Abs 3 UG; vgl VwGH 29.09.2011, 2011/16/0086; VwGH 1.2.2024, Ro 2023/16/0020).
Strittig ist, ob die Tochter der Bf ein Studium iSd § 2 Abs 1 lit j sublit bb FLAG 1967 mit einer gesetzlichen Studienzeit von zehn oder mehr Semestern betreibt und damit ein Anspruch auf Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres besteht.
Es steht außer Streit, dass die Tochter der Bf ihr Bachelorstudium Lehramt Sekundärstufe in dem Kalenderjahr begonnen hat, in dem sie ihr 18. Lebensjahr vollendet hat, die gesetzliche Studiendauer des Bachelorstudiums acht Semester und die des anschließenden Masterstudiums Sekundärstufe vier Semester beträgt.
Die Bf vertritt die Auffassung, dass bei dem in ein Bachelor- und ein Masterstudium gegliederten Lehramtsausstudium die Voraussetzung eines Studiums von mindestens zehn Semestern erfüllt sei.
Einer derartigen Beurteilung steht die höchstgerichtliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen:
Im Erkenntnis VwGH 29.9.2011, 2011/16/0086, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Masterstudium an einer Universität gegenüber einem vorangegangenen Bachelorstudium ein eigenständiges Studium im Sinn des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 darstellt. Nach dem Erkenntnis VwGH 1.2.2024, Ro 2023/16/0020, besteht für den Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der im UniversitätsG 2002 geregelten rechtlichen Grundlagen der ordentlichen Studien, die Bachelor- und Masterstudien klar trennen, kein Grund diese Rechtsansicht nicht auch für die Auslegung des § 2 Abs 1 lit j FLAG 1967 zu vertreten.
Beim in Bachelor- und Masterstudium gegliederten Lehramtsstudium liegen somit zwei getrennte Studien und nicht ein langes Studium im Sinne des § 2 Abs 1 lit j sublit bb FLAG 1967 mit zehn oder mehr Semestern vor. Eine Zusammenrechnung der Studiendauern des vorangegangenen Bachelorstudiums und des anschließenden Masterstudiums, um zu einer Studiendauer von zehn oder mehr Semestern zu gelangen, ist ausgeschlossen.
Dem Vorbringen der Bf, dass das Dienstrecht vorsehe, dass Junglehrer*innen innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Bachelorabschluss ein Masterstudium abschließen müssen, um in ein unbefristetes Dienstverhältnis eintreten zu können und ihre Tochter sich ohne Masterabschluss nicht an der Sekundärstufe II bewerben könne, ist zu entgegnen, dass nach der oben angeführten Rechtsprechung des VwGH, die klare Trennung zwischen Bachelor- und Masterstudium im UniversitätsG 2002 (eigene Zulassung, eigener Abschluss) auch für die Auslegung des § 2 Abs 1 lit j FLAG 1967 maßgeblich ist. Der Umstand, dass Voraussetzung für ein unbefristetes Dienstverhältnis der Masterabschluss Lehramt ist und mit dem Bachelorabschluss allein die Unterrichtsmöglichkeiten eingeschränkt sind, ändert nichts an der studienrechtlichen Eigenständigkeit der Studien und damit der fehlenden Zusammenrechenbarkeit.
Die Tochter der Bf hat das 24. Lebensjahr im Juli 2022 vollendet. Das Finanzamt gewährte die Familienbeihilfe im Wintersemester 2022 (bis Februar 2022) als Covid-Verlängerungssemester. Im strittigen Zeitraum ab März 2023 bestand kein Anspruch auf Familienbeihilfe, da der Verlängerungstatbestand des § 2 Abs 1 lit j FLAG 1967 für die Gewährung der Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nicht erfüllt war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden. Das Erkenntnis folgt dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Salzburg, am 29. Oktober 2025