JudikaturBFG

RV/7102677/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
23. Oktober 2024

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH, St.-Veit-Gasse 50, 1130 Wien, über die Beschwerde vom 16. Mai 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 13. Mai 2024 betreffend Abrechnung gem. § 216 BAO Steuernummer ***BFStNr*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und festgestellt, dass die Umbuchung des per 3.4.2024 auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin bestehenden Guthabens i.H.v. € 166.146,40 auf Finanzverwahrnisse unrichtig war. Weiters wird in Abänderung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass die Verbuchung folgender Abgaben auf dem Konto der Beschwerdeführerin richtig ist:

BuchungstagAbgabenartZeitraumfestgesetzter Betragbisher vorge-schriebenNachforderung (pos. Betr.) bzw. Gutschrift (neg. Betr.)
15.05.2024UStNov.234.038,140,004.038,14
15.05.2024UStDez.23-8.137,170,00-8.137,17
15.05.2024UStFeb.24-51.397,960,00-51.397,96
17.05.2024UStOkt.23-2.118,277.215,06-9.333,33
17.05.2024UStJän.24-28.648,331.551,67-30.200,00
17.05.2024UStMär.24-49.049,49-6.549,49-42.500,00
21.05.2024NOVASep.230,000,000,00
22.05.2024NOVAMär.240,00-107.301,88107.301,88
22.05.2024NOVAFeb.240,00-23.892,3023.892,30
24.05.2024NOVAJän.240,00-143.286,64143.286,64

I. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom 18.4.2024 beantragte die Beschwerdeführerin die Erlassung eines Abrechnungsbescheides i.S.d. § 216 BAO. Begründend führte sie aus, dass die belangte Behörde die Umsatzsteuervoranmeldungen seit Oktober 2023 und die NOVA-Meldungen für September 2023 sowie seit Jänner 2024 nicht verbucht habe. Aus den diesbezüglichen Erklärungen würden sich nicht gebuchte Gutschriftbeträge in Höhe von € 552.483,75 (USt) und € 442.561,17 (NOVA) ergeben. Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht gliederte die Beschwerdeführerin diese Beträge wie folgt näher auf:

PeriodeUStNOVA
Sep.23 -168.080,35
Okt.23-151.486,64
Nov.23-36.494,19
Dez.23-28.112,17
Jän.24-55.265,00-66.514,97
Feb.24-88.668,60-57.729,93
Mär.24-192.457,15-150.235,92
Summe-552.483,75-442.561,17

Die Gründe hierfür seien ihr nicht bekannt. Derzeit finde eine Prüfung nach § 99 FinStrG statt, welche jedoch nur Zeiträume bis 2022 betreffe. Eine Prüfung der gegenständlichen USt- und NOVA-Beträge sei telefonisch in Aussicht gestellt, jedoch bislang nicht formell rechtlich angekündigt worden. Weiters seien die bis dato verbuchten Guthaben aufgrund zweier Sicherstellungsaufträge auf Verwahrung gebucht worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13.5.2024 sprach die belangte Behörde aus, dass die Verrechnung rechtmäßig erfolgt sei. Das Abgabenkonte weise derzeit einen Saldo "Null" aus. Im Abrechnungsverfahren könne auf eine erst zukünftig eventuell zu erwartende Gutschrift aufgrund des laufenden Prüfungsverfahrens nicht eingegangen werden.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 16.5.2024, in der auch die (Direkt-) Vorlage gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurden. Die Beschwerdeführerin hält der belangten Behörde entgegen, dass sie mit der Bescheidbegründung, wonach das Abgabenkonto einen Saldo von Null ausweise, die Rechtslage verkenne. Die Richtigkeit der Gebarung bestehe auch darin, ob Buchungen richtig und vollständig sind. Sollte die Verbuchung - wie hier - unvollständig sein, sei sie eben unrichtig. Ein Abrechnungsbescheid diene der Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte schlechthin und komme daher insbesondere auch bei Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Gutschriften die Behörde hätte durchführen müssen, in Betracht. Die belangte Behörde verweigere die Buchung der UVAs und NOVA-Meldungen mit dem Hinweis, dass man auf eine Aussage des Amtes für Betrugsbekämpfung (ABB) warte. Die vom ABB durchgeführte Prüfung betreffe jedoch lediglich die Jahre 2019-2022, also nicht Abgaben der hier gegenständlichen Jahre 2023 und 2024. Da die Beschwerdeführerin durch die Nichtverbuchung wirtschaftlich massiv unter Druck geraten sei, habe sie das ABB gebeten, auch die Rechnungen seit Oktober 2023 zu sichten. Das ABB habe diese Sichtung durchgeführt und einen Aktenvermerk an die belangte Behörde in Aussicht gestellt. Die Beschwerdeführerin werde jedoch insofern unter Druck gesetzt, als das ABB die Buchung der gegenständlichen Guthaben davon abhängig mache, dass die Beschwerdeführerin ein strafrechtliches Bekenntnis abgibt. Die belangte Behörde habe am 20.3.2024 einen Sicherstellungsauftrag betreffend die aus ihrer Sicht drohenden Nachzahlungen an Umsatzsteuer 2019 und 2020 erlassen und mit Pfändungsbescheid vom 3.4.2024 die der Beschwerdeführerin gegen die Republik Österreich zustehenden Forderungen gepfändet. Die Beschwerdeführerin vermute, dass die belangte Behörde auch Geldansprüche aus den noch nicht gebuchten UVAs pfänden will und wies darauf hin, dass der erwähnte Sicherstellungsauftrag weit unter den nicht gebuchten Beträgen liege, sodass aus der laufenden Betriebsprüfung keine Ansprüche erwachsen können, welche nicht durch die bereits gepfändeten Beträge gedeckt wären.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 14.6.2024 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Dass trotz des Antrages gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO eine Beschwerdevorentscheidung erging, begründete die belangte Behörde damit, dass die Beschwerdeführerin nicht erkennbar auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet habe. Im Übrigen hielt sie an ihrer Auffassung fest, wonach im Abrechnungsverfahren auf eine erst zukünftig zu erwartende Gutschrift nicht eingegangen werden könne, da eine Kontowirksamkeit noch nicht eingetreten sei.

Mit Schriftsatz vom 11.7.2024 stellte die Beschwerdeführerin Vorlageantrag gemäß § 264 BAO.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

A. Buchung USt und NOVA

Die Beschwerdeführerin erstattete für die Monate Oktober 2023 bis März 2024 Umsatzsteuervoranmeldungen sowie für die Monate September 2023 und Jänner bis März 2024 NOVA-Meldungen, welche die unter Pkt. I. angeführten Beträge (Gutschriften) ausweisen. Die belangte Behörde verbuchte diese Beträge zunächst nicht. In der Folge setzte sie die Abgaben wie folgt bescheidmäßig fest und verbuchte sie auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin:

PeriodeUstNOVA
BetragAnm.BetragAnm.
Sep.23 0,00
Okt.23-2.118,27zunächst mit € 7.215,06 festgesetzt, nach Wiederaufnahme Neufestsetzung mit € -2.118,27, daher Gutschrift € 9.333,33
Nov.234.038,14
Dez.23-8.137,17
Jän.24-28.648,33zunächst mit € 1.551,67 festgesetzt, nach Wiederaufnahme Neufestsetzung mit € -28.648,33, daher Gutschrift € 30.200,000,00zunächst mit € -143.286,64 festgesetzt, in der Folge abgeänderte Festsetzung mit € 0,00, daher Nachforderung € 143.286,64
Feb.24-51.397,96 0,00zunächst mit € -23.893,30 festgesetzt, in der Folge abgeänderte Festsetzung mit € 0,00, daher Nachforderung € 23.893,30
Mär.24-49.049,49zunächst mit € -6.549,49 festgesetzt, nach Wiederaufnahme Neufestsetzung mit € -49.049,49, daher Gutschift € 42.500,000,00zunächst mit € -107.301,88 festgesetzt, in der Folge abgeänderte Festsetzung mit € 0,00, daher Nachforderung € 107.301,88
Summe-135.313,08 0,00

Die Buchungen erfolgten im Zeitraum 15.5.2024 bis 24.5.2024. Die entsprechenden Bescheide werden von der Beschwerdeführerin zumindest zum Teil mit Beschwerde bekämpft. Die diesbezüglichen Verfahren sind noch anhängig.

B. Umbuchung eines Guthabens auf Finanzverwahrnisse

Mit Schreiben vom 13.3.2024, eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tage, übermittelte die Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH der belangten Behörde eine am 11.3.2024 von der Beschwerdeführerin und ihr unterfertigte Vollmacht, womit die Beschwerdeführerin die Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH als "Vertreter in allen steuerlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten" bevollmächtigt. Weiters wurde der Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH darin die Vollmacht "zum Empfang von Schriftstücken, insbesondere der Abgabenbehörden, welche nunmehr ausschließlich dem Bevollmächtigten zuzustellen sind" erteilt und mitgeteilt, dass durch die vorliegende Vollmacht "noch etwa beim Finanzamt erliegende vorhergehende Vollmachten außer Kraft gesetzt" werden. Im (Begleit-) Schreiben vom 13.3.2024 führt die Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH aus, dass die Vollmacht als "Spezialvollmacht für das laufende Verfahren betreffend Umsatzsteuer und NOVA sowie das Finanzstrafverfahren" erteilt wurde. Im Hinblick auf die Divergenz zwischen dem Begleitschreiben (Spezialvollmacht für bestimmte Verfahren) und der Vollmacht selbst (uneingeschränkte Vollmacht für alle Angelegenheiten) ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin mit Vorhalt vom 4.4.2024 um Aufklärung, wie die Vollmacht zu verstehen ist. Hierauf teilte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 16.4.2024 mit, dass die Vertretungsvollmacht unbeschränkt ist.

Mit Bescheid vom 20.3.2024 erließ die belangte Behörde einen an die Beschwerdeführerin adressierten Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO über insg. € 206.548,79 (Umsatzsteuer 2019 und 2020). Aufgrund dieses Sicherstellungsauftrages pfändete sie mit Bescheid (Zahlungsverbot) vom 3.4.2024, adressiert an das Finanzamt Österreich (DST12), Dr. Adolf Schärf Platz 2,1220 Wien, das der Beschwerdeführerin gegenüber dem Finanzamt Österreich (DST12) zustehende Guthaben auf Steuernummer ***BFStNr***. Beide Bescheide (der an das Finanzamt Österreich adressierte Pfändungsescheid vom 3.4.2024 ergänzt um die Anmerkung "Ausfertigung für den Abgabenschuldner") wurden der Beschwerdeführerin am 5.4.2024 zu Handen der Schabetsberger Steuerberatung GmbH, Fischerstiege 9, 1010 Wien, zugestellt. Am 3.4.2024 wurde der Pfändungsbescheid (Zahlungsverbot) vom 3.4.2024 durch persönliche Übernahme auch an das Finanzamt Österreich (DST12) zugestellt. Aufgrund der Forderungspfändung buchte die belangte Behörde das per 3.4.2024 auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin bestehende Guthaben i.H.v. € 166.146,40 auf Finanzverwahrnisse, wodurch sich ein Tagessaldo i.H.v. € 0,00 ergab.

Die Schabetsberger Steuerberatung GmbH leitete Scans der ihr zugestellten Bescheide vom 20.3.2024 (Sicherstellungsauftrag) und 3.4.2024 (Pfändung) mit E-Mail vom 16.4.2024 an die Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH weiter. Eine Übermittlung der Originalbescheide erfolgte nicht.

Der Pfändungsbescheid vom 3.4.2024 wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 22.10.2024, RV/702183/2024, ersatzlos aufgehoben.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu den von der Beschwerdeführerin erstatteten Umsatzsteuervoranmeldungen und NOVA-Meldungen gründen sich auf das unwidersprochene Beschwerdevorbringen, insbesondere auf die am 9.9.2024 übermittelte Aufschlüsselung (Auszug aus einem Schriftsatz). Die Feststellungen zur bescheidmäßigen Festsetzung und Verbuchung gründen sich auf einen vom Gericht amtswegig abgefragten Auszug aus dem Steuerkonto. Aus diesem ist auch ersichtlich, dass die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt wurden (Anmerkungen in der Spalte "zusätzliche Informationen": "Festsetzung", "Wiederaufnahme des Verfahrens", "abgeänderte Festsetzung"). Dass über alle strittigen Beträge mittlerweile Bescheide ergangen sind und diese zumindest zum Teil mit Rechtsmittel bekämpft werden, haben die Parteien zudem in der mündlichen Verhandlung vom 10.9.2024 übereinstimmend angegeben. Die entsprechenden USt-Bescheide konnten vom Gericht auch in FinanzOnline abgefragt werden und ist dort auch ersichtlich, dass Rechtsmittel erhoben wurden.

Die Feststellungen zum Sicherstellungsauftrag vom 20.3.2024 und zum Pfändungsbescheid vom 3.4.2024 gründen sich auf eine Einsichtnahme in den Akt RV/702183/2024 des Bundesfinanzgerichtes (dort bekämpft die Beschwerdeführerin den Pfändungsbescheid vom 3.4.2024), insbesondere auf den Zustellnachweis (Rückschein) zum Sicherstellungsauftrag vom 20.3.2024 und zum Pfändungsbescheid vom 3.4.2024, worin ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin (Unterschrift unleserlich) der Schabetsberger Steuerberatung GmbH die Übernahme dieser beiden Bescheide am 5.4.2024 bestätigt, sowie auf das Schreiben der Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH vom 13.3.2024 und die damit übermittelte Vollmacht vom 11.3.2024. Dass die Bescheide (lediglich) per E-Mail an die Merkur Treuhand Steuerberatung weitergeleitet wurden, hat diese über Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes im Verfahren RV/702183/2024 mitgeteilt und auch das diesbezügliche E-Mail vorgelegt. Die Feststellungen zum Vorhalt betreffend den Umfang der Vollmacht gründen sich auf das Schreiben der belangten Behörde vom 4.4.2024 und die hierauf ergangene Eingabe der Beschwerdeführerin vom 16.4.2024 (beides von der Beschwerdeführerin vorgelegt), die Feststellung zur Zustellung des Pfändungsbescheides an das Finanzamt Österreich (DST12) auf die diesbezüglich von der belangten Behörde vorgelegte, mit einer Übernahmebestätigung versehene Bescheidausfertigung (ebenfalls im Verfahren RV/702183/2024).

Dass der Sicherstellungsauftrag und die darauf beruhende Forderungspfändung zur Umbuchung des per 3.4.2024 bestehenden Guthabens auf Finanzverwahrnisse geführt haben, ist wiederum aus dem Abgabenkonto ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilw, Stattgabe/Abänderung)

Zunächst ist im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde ungeachtet dessen, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt hat, eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat, festzuhalten, dass ein Rechtsanspruch auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung nach dieser Bestimmung nicht besteht (BFG 30.10.2017, RV/2101196/2017). Die Beschwerdevorentscheidung war daher - unabhängig davon, ob der Antrag der Beschwerdeführerin hinreichend eindeutig war oder nicht - jedenfalls zulässig.

A. Buchung USt und NOVA

Gemäß § 216 BAO ist auf Antrag des Abgabepflichtigen mit Abrechnungsbescheid über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, abzusprechen. Hierbei geht es um die Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte schlechthin (VwGH 12.11.1997, 96/16/0285; 13.12.2007, 2006/14/0061). In diesem Sinne kommt ein Abrechnungsbescheid auch bei Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Gutschriften die Behörde hätte durchführen müssen, in Betracht (VwGH 15.4.1997, 96/14/0061; 21.5.2001, 2001/17/0043; 1.3.2007, 2005/15/0137). Stets ist hierbei aber nur über Gebarungsakte abzusprechen, also ob die Abgabenfestsetzungen und die entsprechenden Gutschriften in der kassenmäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden haben (VwGH 13.12.2007, 2006/14/0061; 17.12.2009, 2009/16/0196; 17.11.2010, 2007/13/0124). So kann etwa mit einem Abrechnungsbescheid die Frage geklärt werden, ob die aus einem Abgabenbescheid resultierende Verbuchung deshalb rechtswidrig war, weil der Abgabenbescheid (z.B. im Rechtsmittelweg) wieder aufgehoben und keine Gutschrift verbucht wurde (VwGH 28.6.2016, 2013/17/0873) oder der Abgabenbescheid gar nicht wirksam erlassen wurde (VwGH 17.12.2014, 2010/13/0061; 4.2.2009, 2008/15/0266) oder ob eine - der Höhe nach unstrittige - Selbstberechnungsabgabe auf dem richtigen Abgabenkonto verbucht wurde (VwGH 30.3.2017, Ra 2016/16/0032). Das Abrechnungsverfahren dient jedoch nicht dazu, die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung zu prüfen (VwGH 17.11.2010, 2007/13/0124; 30.3.2017, Ra 2016/16/0032), dies auch dann nicht, wenn die Festsetzung zu Unrecht erfolgt sein sollte (VwGH 23.1.1996, 93/14/0089).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass im Abrechnungsverfahren geklärt werden kann, ob die gegenständlichen USt- und NOVA-Beträge entsprechend den bescheidmäßigen Festsetzungen verbucht wurden. Hierbei hat das Bundesfinanzgericht von der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen (VwGH 26.6.2003, 2002/16/0301; 28.5.1993, 93/17/0049). Daher war zu berücksichtigen, dass die belangte Behörde die zunächst unterbliebenen Buchungen mittlerweile (nach Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 13.5.2024) vorgenommen hat. Nach den getroffenen Feststellungen entsprechen die verbuchten Beträge den festgesetzten Beträgen, sodass die gebarungsmäßige Verbuchung korrekt vorgenommen wurde. Ob die Abgaben richtig festgesetzt wurden, ist nicht im Abrechnungsverfahren, sondern im Abgabenfestsetzungsverfahren zu klären und wird dies - soweit die Beschwerdeführerin die Abgabenfestsetzungsbescheide mit Rechtsmittel bekämpft hat - in den diesbezüglich noch anhängigen Beschwerdeverfahren erfolgen. Insoweit war daher auszusprechen, dass die Verbuchung der USt 10/23 bis 3/24 und der NOVA 9/23 und 1/24 bis 3/24 mit den im Spruch genannten Beträgen zutreffend und rechtmäßig erfolgt ist.

Soweit die belangte Behörde ausführt, dass im Abrechnungsverfahren nicht auf eine erst zukünftig eventuell zu erwartende Gutschrift aufgrund des laufenden BP-Verfahrens eingegangen werden könne, ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht die Verbuchung zukünftiger Gutschriften beantragt hat, sondern die Verbuchung der bereits erstatteten UVAs und NOVA-Meldungen. Wird eine Selbstberechnungsabgabe wie die USt für einen Voranmeldungszeitraum oder die NOVA erklärt, kann die Abgabenbehörde, wenn sie die Selbstberechnung als unrichtig erachtet, die Abgabe mit Bescheid festsetzen (§ 201 Abs. 1 und 2 BAO; s. auch § 21 Abs. 3 UStG 1994). Diesfalls hat sie den festgesetzten Betrag zu buchen, andernfalls (also wenn sie die Selbstberechnung als richtig erachtet) den erklärten Betrag. Dies ist zunächst unterblieben und wurde mittlerweile (durch bescheidmäßige Festsetzung und entsprechende Verbuchung der festgesetzten Abgaben) nachgeholt. Da nicht ersichtlich ist, dass dies nicht schon vor Erlassung des angefochtenen Bescheides möglich gewesen sein sollte, kann nicht davon gesprochen werden, dass die Beschwerdeführerin die Verbuchung zukünftiger Gutschriften beantragt hätte. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Entscheidung des UFS Salzburg vom 20.8.2013, RV/0389-S/13 (dort hatte der Berufungswerber die Verbuchung einer von ihm auf Grund einer noch anhängigen VwGH-Beschwerde erwarteten Gutschrift, also tatsächlich die Verbuchung einer zukünftigen Gutschrift beantragt).

B. Umbuchung eines Guthabens auf Finanzverwahrnisse

Gem. § 9 Abs. 1 ZustG können die Parteien natürliche oder juristische Personen gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellvollmacht). (Zustell-) Vollmachten werden für die Abgabenbehörde bedeutsam und wirksam, sobald sie ihr bekannt sind (VwGH 24.6.1999, 97/15/0131; 19.12.2001, 2000/13/0135) und sind so lange zu beachten, als der Behörde nicht der Widerruf, die Kündigung oder die einvernehmliche Aufhebung bekannt wird (VwGH 22.11.1990, 90/09/0007; 22.9.1998, 98/05/0123). Ist ein Zustellbevollmächtigter bestellt, hat die Behörde grundsätzlich diesen (in der Zustellverfügung) als Empfänger zu bezeichnen (§ 9 Abs. 3 ZustG). Geschieht dies nicht, erfolgt also die Zustellung an eine Person die nicht Zustellbevollmächtigter ist, ist dies unwirksam (VwGH 27.4.1995, 93/17/0075; 29.5.1995, 93/17/0318; 22.3.1999, 98/17/0192).

Im vorliegenden Fall bestellte die Beschwerdeführerin am 11.3.2024 die Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH zum Zustellbevollmächtigten. Gleichzeitig wurden alle bis dahin beim Finanzamt erliegenden Vollmachten (daher auch eine allfällige Zustellvollmacht der Schabetsberger Steuerberatung GmbH) aufgelöst. Dies wurde der belangten Behörde am 13.3.2024 zur Kenntnis gebracht. Anzumerken ist, dass die Vollmacht zugunsten der Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH entgegen den Ausführungen im Schreiben vom 13.3.2024 alle steuerlichen Angelegenheiten umfasst und daher nicht auf das laufende Verfahren betreffend Umsatzsteuer und NOVA sowie das Finanzstrafverfahren eingeschränkt ist. Sie umfasst daher auch das Sicherstellungsverfahren und das Abgabenexekutionsverfahren. Dies gilt nicht erst seit der Klarstellung durch die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 16.4.2024, sondern bereits mit Zugang der Vollmacht am 13.3.2024, da für den Umfang der Vollmacht deren Wortlaut maßgeblich ist und das (unzutreffend) davon abweichende Begleitschreiben daran nichts ändern konnte. Der Sicherstellungsauftrag vom 20.3.2024 und der Pfändungsbescheid (Zahlungsverbot) vom 3.4.2024 hätten daher der Beschwerdeführerin z.Hd. der Merkur Steuerberatung GmbH zugestellt werden müssen. Die Zustellung an die Schabetsberger Steuerberatung GmbH war unwirksam.

Gem. § 9 Abs. 3 S. 2 ZustG heilt eine derartige unwirksame Zustellung, wenn das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zukommt. Dies setzt voraus, dass das Originaldokument bzw. die für den Empfänger bestimmte Ausfertigung in den Besitz des Zustellbevollmächtigten gelangt. Die Übermittlung einer bloßen Fotokopie bzw. - was der Übermittlung einer Kopie gleichzuhalten ist - die Übermittlung des eingescannten Dokuments per E-Mail hat diese Wirkung nicht (VwGH 9.12.2019, Ra 2019/02/0224; OGH 26.4.2017, 7Ob33/17d, LVwG Wien 19.3.2020, VGW-031/055/2358/2020; 20.11.2020, VGW-031/055/15649/2019). Die hier geschehene Übermittlung der eingescannten Bescheide vom 20.3.2024 (Sicherstellungsauftrag) und 3.4.2024 (Pfändung) mit E-Mail der Schabetsberger Steuerberatung GmbH vom 16.4.2024 an die Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH konnte daher keine Heilung der unwirksamen Zustellung bewirken.

Mangels wirksamer Zustellung gehört der Sicherstellungsauftrag vom 20.3.2024 nicht dem Rechtsbestand an; es handelt sich um einen sog. "Nichtbescheid" (VwGH 19. 10. 2011, 2008/08/0210). Damit fehlt dem Pfändungsbescheid vom 3.4.2024, der - anders als der Sicherstellungsauftrag - durch die Zustellung an das Finanzamt Österreich (DST12) rechtlich existent geworden ist (vgl. VwGH 9.6.2017, Ra 2017/02/0060), der Titel (vgl. VwGH 10.5.2010, 2009/16/0102; 26.7.1995, 94/15/0228). Der Pfändungsbescheid vom 3.4.2024 wurde aus diesem Grunde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 22.10.2024, RV/7102183/2024, ersatzlos aufgehoben.

Die Umbuchung des per 3.4.2024 bestehenden Guthabens i.H.v. € 166.146,40 auf Finanzverwahrnisse kann sohin weder auf den (nicht existent gewordenen) Sicherstellungsauftrag vom 20.3.2024 noch auf den (aufgehobenen) Pfändungsbescheid vom 3.4.2024 gestützt werden und hätte demnach nicht erfolgen dürfen. Dies stellt auch einen Umstand dar, der mit Abrechnungsbescheid geklärt werden kann (s.o.) und war daher auszusprechen, dass diese Buchung unrechtmäßig erfolgt ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von welcher das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen ist, geklärt. Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung waren daher nicht zu lösen.

Wien, am 23. Oktober 2024

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