JudikaturBFG

RV/6100068/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
25. März 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***R1***, den Richter ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Klaus-Michael Plätzer, Hellbrunner Straße 5, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom 16. Jänner 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 16. Dezember 2022 betreffend Familienbeihilfe 01.2012-04.2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25. März 2025 zu Recht erkannt:

I.a. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag werden für die Monate Dezember 2012 bis April 2019 zurückgefordert. Der Rückforderungsbetrag beträgt € 15.430,70.

I.b. Der an das Bundesfinanzgericht gestellte Antrag in Ausübung des Aufsichtsrechtes gem. § 26 Abs 4 FLAG das zuständige Finanzamt anzuweisen von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wird wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

***Bf1*** (beschwerdeführende Partei - bfP) erhielt für das Kind ***K*** bis April 2019 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ausbezahlt. Mit Rückforderungsbescheid vom 16. Dezember 2022 (zugestellt am 21. Dezember 2022) wurden von der bfP für das Kind € 12.473,80 an Familienbeihilfe und € 5.139,20 an Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Jänner 2012 bis April 2019 rückgefordert. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass das Kind seit April 2006 nach ***L*** verzogen sei und unter Berücksichtigung aller Umstände die zehnjährige Verjährungsfrist für die Rückforderung anzuwenden sei.

Mit Anbringen vom 16. Jänner 2023 wurde fristgerecht Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom 16. Dezember 2022 eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass der Rückforderungsbescheid mit Begründungsmängeln behaftet sei und die bfP kein Verschulden treffe, da sie nicht erkennen musste, dass ein behaupteter unrechtmäßiger Bezug vorliege.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13. Februar 2023 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Anbringen vom 13. März 2023 wurde fristgerecht der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.

Mit Schreiben vom 16. Februar 2024 erfolgte seitens des Finanzamtes eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Salzburg wegen des Verdachtes auf Begehung des Deliktes gem. §§ 146 ff StGB.

Mit Vorlagebericht vom 5. März 2024 wurde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt. Darin wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 21. Oktober 2024 wurde das Strafverfahren wegen schweren Betrugs diversionell eingestellt. Die bfP habe den ausgedehnten Vorwurf rechtzeitig eingeräumt und hat den Geldbetrag iHv € 2.500,00 fristgerecht zur Einzahlung gebracht.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26. August 2024 wurde die gegenständliche Beschwerdesache der bisherigen zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und mit 01. Oktober 2024 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung 7008 zugeteilt.

Am 25. März 2025 wurde die mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die bfP darlegte, dass sie davon ausgegangen sei, dass die Abmeldung bei der Meldebehörde ausreichend sei und überdies aufgrund der Staatsbürgerschaft von ihm und seinem Kind und seiner Steuerpflicht in Österreich die Familienbeihilfe auch ab 2006 zugestanden wäre.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die bfP stellte am 7. Juni 2001 für sein Kind einen Antrag auf Familienbeihilfe. Die Familienbeihilfe wurde gewährt. Auf die in § 25 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 normierten Meldepflichten wurde die bfP in der an ihn ergehenden Mitteilung über das Bestehen des Beihilfenanspruchs ausdrücklich aufmerksam gemacht und auf mögliche Sanktionen hingewiesen.

Das Kind zog im Jahr 2006 mit seiner Mutter dauerhaft nach ***L***. Das Kind war in der Zeit von Juli 2006 bis Mai 2019 in ***S***/***L*** mit seiner Mutter wohn- und sesshaft. Der Hauptwohnsitz des Kindes in Österreich wurde bei der Meldebehörde abgemeldet. Der Wegzug wurde dem Finanzamt nicht gemeldet.

Mit dem vollendeten 18. Lebensjahr des Kindes wurde durch die belangte Behörde ein Anspruchsüberprüfungsschreiben an die bfP gesendet, mit der Bitte um einen Tätigkeitsnachweis des Kindes. Die Antwort darauf langte am 12. Juni 2019 ein und war von der bfP unterschrieben. Die bfP gab an, dass das Kind nicht ständig bei ihm wohne, sondern mit der Kindsmutter in ***L*** lebte und diese auch die überwiegenden Unterhaltskosten trage. Daraufhin wurde die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt.

Das Kind kehrte wieder nach Österreich zurück und begann mit Oktober 2019 ein Studium im Inland. In der Folge stellte das Kind einen Eigenantrag auf Bezug der Familienbeihilfe. Daraufhin wurde der vormalige Familienbeihilfenbezug der bfP noch einmal überprüft. Laut Zentralem Melderegister haben sowohl das Kind als auch die Kindsmutter mit 14. Juni 2006 den Wohnsitz im Inland abgemeldet. Erst mit 14. Mai 2019 war das Kind wieder im Inland mit einem Wohnsitz gemeldet.

Die bfP wurde neuerliche schriftlich mittels Bedenkenvorhalt aufgefordert, den Wegzug seines Kindes im Jahr 2006 zu bestätigen. Aufgrund der eingelangten Bestätigung der bfP, dass das Kind Österreich bereits 2006 in ein Drittland, nämlich ***L***, verlassen hatte und er das nie gemeldet hat, wurde die Familienbeihilfe sowie der Kinderabsetzbetrag mittels Bescheides vom 16. Dezember 2022 für den Zeitraum von Jänner 2012 bis April 2019, in Höhe von € 17.613,00 zurückgefordert. Dies umfasste € 12.473,80 an Familienbeihilfe und € 5.139,20 an Kinderabsetzbetrag.

Laut modifiziertem Strafantrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 24. April 2024 hat die bfP im Zeitraum von Jänner 2002 bis 15. Mai 2019 in Salzburg mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Sachbearbeiter der Abgabenbehörde durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die unterlassene Bekanntgabe der Aufgabe des inländischen Wohnsitzes seines Kindes zur Auszahlung von Leistungen aus der Familienbeihilfe in Höhe von € 26.377,10 und zur Anrechnung des Kinderabsetzbetrages in Höhe von € 11.517,20, sohin insgesamt in Höhe von € 37.894,30, somit zu Handlungen verleitet, die die Republik Österreich an ihrem Vermögen geschädigt hat.

Mit Beschluss vom LG Salzburg vom 21. Oktober 2024, GZ *** wurde das Strafverfahren gegen die bfP im Rahmen einer diversionellen Erledigung eingestellt. Die bfP hat seinen wirtschaftlichen Verhältnissen angemessenen Geldbetrag von € 2.500,00 fristgerecht zur Einzahlung gebracht. Im Beschluss konnte keine schwere Schuld angenommen werden. Die bfP hat den ausgedehnten Vorwurf der Staatsanwaltschaft rechtzeitig eingeräumt.

Die bfP nahm billigend in Kauf, dass er ab 2006 Leistungen bezogen hat, die ihm nicht zustanden.

2. Beweiswürdigung

Der, der Entscheidung zugrunde gelegte, Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und dem Vorbringen der Parteien. Unstrittig ist, dass das Kind ab 2006 nicht mehr in Österreich gelebt hat und die bfP bis April 2019 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen hat. Fraglich ist, ob und welche Schuld die bfP an diesem unrechtmäßigen Bezug trifft.

Die bfP gab in der mündlichen Verhandlung an, "dass es nicht einer gewissen Logik entbehre, dass für mein Kind österreichische Familienbeihilfe zustünde, da ich österreichischer Staatsbürger bin und auch mein Kind österreichischer Staatsbürger ist und ich meine Zahlungen geleistet habe und der Staat auch von meinen Steuern gut gelebt hat". In der Beschwerde wurde weiters wurde argumentiert, dass durch die durchgeführte Wohnsitzabmeldung bei der Meldebehörde alle notwendigen Vorkehrungen getroffen wurden.

Dieses Vorbringen ist nicht glaubhaft, es widerspricht der Lebenserfahrung, dass bei einer derartigen Änderung der Lebensverhältnisse, bei der das Kind nach Südamerika auswandert, keinerlei Bedenken bestehen und Überlegungen angestellt werden, ob ein Familienbeihilfenbezug unter diesen Voraussetzungen noch zusteht. Dies wird noch verstärkt dadurch, dass in der Mitteilung über die Auszahlung der Familienbeihilfe darauf hingewiesen wird, dass jede Änderung der Verhältnisse binnen eines Monates zu melden sind. Auch die Verantwortung der bfP im Strafverfahren spricht dafür, dass er sich seiner Verpflichtungen bewusst war.

Das Strafverfahren wurde im Rahmen einer diversionellen Erledigung eingestellt. Die Diversion ist die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts bei hinreichend geklärtem Sachverhalt auf die Durchführung eines förmlichen Strafverfahrens zu verzichten. Der Beschuldigte bzw. der Angeklagte bekommt im Fall der Diversion das Angebot, sich einer belastenden Maßnahme, im gegenständlichen Fall zur Zahlung von € 2.500,00, zu unterwerfen. Die Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe ist somit nicht die einzig mögliche Reaktion des Staates auf eine geklärte Straftat.

Aus dem Beschluss des LG Salzburg geht hervor, dass die bfP die von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Tat eingeräumt und somit die vorsätzliche Täuschung der Sachbearbeiter der belangten Behörde durch die unterlassene Bekanntgabe der Aufgabe des inländischen Wohnsitzes seines Kindes zur Auszahlung von Leistungen aus der Familienbeihilfe und zur Anrechnung des Kinderabsetzbetrages gestanden hat. Bei der bfP wurde ein schuldhaftes Verhalten, wenn auch keine schwere Schuld, festgestellt, da seitens der bfP der Vorwurf rechtzeitig eingeräumt und bisher ein ordentlicher Lebenswandel geführt wurde.

Der erkennende Senat sieht es als erwiesen an, dass die unterlassene Bekanntgabe des Wegzuges des Kindes zumindest bedingt vorsätzlich stattgefunden hat. Der erkennende Senat folgt somit in seiner Beweiswürdigung dem Beschluss vom 21. Oktober 2024 des LG Salzburg.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. Das Kind verzog im Jahr 2006 mit seiner Mutter nach ***L***. Seit diesem Zeitpunkt bestand kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Strittig im gegenständlichen Verfahren ist nicht, ob unter diesen Voraussetzungen ein Anspruch auf die Familienbeihilfe zusteht, sondern nur welche Verjährungsfrist für die Rückforderung anzuwenden ist.

Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Dies gilt gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 iVm § 26 FLAG 1967 auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge. Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienbeihilfe, Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder der Verwendung derselben, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist nicht von Bedeutung; ebenso, ob der Bezieher diese im guten Glauben entgegengenommen hat. Der gutgläubige Verbrauch der Beträge ist rechtlich ohne Bedeutung, weil der Rückforderungsanspruch nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe abstellt. Einer Rückforderung steht nach derzeitiger Rechtslage auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (Lenneis/Wanke, FLAG, § 26 Rz 12 ff). Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. BFG 13.06.2018, RV/7104954/2017).

Die zitierte Gesetzesbestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ohne Rücksicht darauf, ob die Beträge gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutet. Die Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist nur, ob der Empfänger die Beträge objektiv zu Unrecht erhalten hat. Es ist unerheblich, ob und, gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat. Demnach entbindet auch die Weitergabe der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe an den minderjährigen Sohn bzw. die Kindesmutter denjenigen, der sie zu Unrecht bezogen hat, nicht von der zwingenden Rückzahlungsverpflichtung (vgl. z.B. VwGH 31.10.2000, 96/15/0001).

Gem. § 33 Abs 3 Z 1 steht Steuerpflichtigen, denen aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu.

Die bfP war Empfänger der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages. Es ist unerheblich, ob die Beträge an das Kind weitergeleitet worden sind oder nicht bzw. ob diese gutgläubig verbraucht wurden. Die bfP hat die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe rückzuerstatten. Das Kind der bfP hielt sich seit dem Jahr 2006 ständig in einem Drittland, im gegenständlichen Fall ***L***, auf. Daher wurde auch der Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen und ist ebenso rückzuerstatten.

Gemäß § 25 FLAG sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§12) wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, an das Finanzamt zu erfolgen. In der Mitteilung wird ferner auf mögliche Sanktionen bei Unterlassen der Mitteilung (z.B. Rückforderungen) hingewiesen (Lenneis/Wanke, FLAG 2. Aufl., § 25 Tz 3). Die Mitteilung, dass ein Kind, für welches Familienbeihilfe bezogen wird, sich für einen längeren Zeitraum im Ausland aufhalten wird (ins Ausland zieht), gehört zu diesen meldepflichtigen Umständen (vgl. Lenneis/Wanke, FLAG 2. Aufl, § 25 Tz 9 mit Hinweis auf Wittmann/Papacek, § 25, 17).

Anspruchsberechtigte Personen sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, an das Finanzamt zu erfolgen. Auf diese Meldepflicht wurde die bfP in der an ihn ergangenen Mitteilung über das Bestehen des Beihilfenanspruches aufmerksam gemacht. Die bfP nahm daher mit der ihm zugesandten Mitteilung zur Kenntnis, dass sie sämtliche Änderungen der im Antrag gemachten Angaben binnen eines Monats dem zuständigen Finanzamt zu melden hat. Die Abmeldung des Hauptwohnsitzes bei der Meldebehörde sowie eine seitens der bfP vorliegende, unrichtige Rechtsansicht stellen keine glaubhaften Rechtfertigungen für das Unterlassen der Meldung an das Finanzamt dar.

Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 8 Abs. 1 FinStrG). Der Abgabenhinterziehung macht sich gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 207 Abs. 4 BAO verjährt das Recht, die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Beihilfen zu fordern, in fünf Jahren. Allerdings gilt § 207 Abs. 2 zweiter Satz sinngemäß, wonach die Verjährungsfrist zehn Jahre beträgt, soweit eine Abgabe hinterzogen ist. Liegt dem zu Unrecht erfolgten Beihilfenbezug eine Hinterziehungsabsicht zugrunde, beträgt die Verjährungsfrist somit zehn Jahre (Lenneis/Wanke, FLAG 2. Auflage, § 26 Tz 39 mit Hinweis auf BFG 3.11.2016, RV/7100224/2016).

Die bfP hat es vorsätzlich unterlassen, das Finanzamt über den Wegzug des Kindes zu informieren. Dadurch wurde Anspruch auf Familienbeihilfe und auf den Kinderabsetzbetrag unrechtmäßig aufrechterhalten, um die entsprechenden Geldmittel zu lukrieren. Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag wurden hinterzogen. Die Verjährungsfrist beträgt daher 10 Jahre.

Während die einfache Verjährung gem § 208 Abs 1 lit c BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, beginnt, also es auf das Jahr und nicht das Monat des Entstehens des Abgabenanspruchs ankommt (Rz 40), enthält § 209 Abs 3 keine derartige Regelung in Bezug auf die absolute Verjährung. Hier kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs an und dies ist bei FB und KG ein bestimmter Kalendertag (zB der Geburt des Kindes), der gem § 10 Abs 2 zu einem Anspruch mit Beginn des Monats, in dem dieser Kalendertag liegt, führt (vgl Rz 38). Im Hinblick auf die monatliche Betrachtungsweise ist daher ein Rückforderungsanspruch für diejenigen Monate, die mehr als zehn Jahre vor dem Beginn des Monats, in dem der Rückforderungsbescheid erlassen wurde, liegen, bereits (absolut) verjährt (vgl BFG 5.9.2018, RV/7102238/2018).

Der Rückforderungsbescheid wurde am 16. Dezember 2022 erlassen. Somit sind die Monate die mehr als zehn Jahre vor dem Beginn des Monats Dezember 2022 liegen (im gegenständlichen Fall die Monate Jänner bis November 2012) verjährt. Der Rückforderungsanspruch besteht für den Zeitraum Dezember 2012 bis April 2019.

Für den Zeitraum Dezember 2012 bis April 2019 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe sowie auf den Kinderabsetzbetrag und sind entsprechend rückzuerstatten. Der bescheidmäßig geltend gemachte Rückforderungsanspruch für die Familienbeihilfe (FB) und den Kinderabsetzbetrag (KG) für die Monate Jänner 2012 bis November 2012 ist verjährt. Der nunmehrige Rückforderungsbetrag beträgt € 15.430,70 und berechnet sich wie folgt:

Gesamt
Rückforderungsbetrag lt. Bescheid17.613,00
FB und KGJän.12-189,30
FB und KGFeb.12-189,30
FB und KGMär.12-189,30
FB und KGApr.12-189,30
FB und KGMai.12-189,30
FB und KGJun.12-189,30
FB und KGJul.12-189,30
FB und KGAug.12-189,30
FB und KGSep.12-289,30
FB und KGOkt.12-189,30
FB und KGNov.12-189,30
Rückforderungsbetrag 15.430,70

Der an das Bundesfinanzgericht gestellte Antrag in Ausübung des Aufsichtsrechtes gem. § 26 Abs 4 FLAG das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, weil die Rückforderung unbillig ist, wird wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

Seit 1.5.2004 ist nur mehr der für die Vollziehung des FLAG zuständige Bundesminister Oberbehörde. Das BFG ist ein Verwaltungsgericht und keine Oberbehörde (vgl BFG 17.2.2015, RV/7100323/2015). Der Antrag gem. § 26 Abs 4 FLAG war daher zurückzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur Frage ob eine Rückzahlungsverpflichtung besteht und ob die zehnjährige Verjährungsfrist anzuwenden ist, folgt dieses Erkenntnis der Gesetzeslage und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg, am 25. März 2025

Rückverweise