BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Wiebke Peperkorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom 24. Juli 2018 gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart (nunmehr Finanzamt Österreich) vom 20. Juli 2018 betreffend Umsatzsteuer 2012 bis 2016, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
I. Die Beschwerde vom 24. Juli 2018 wird als gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.
II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Verfahrensgang
Im Jahr 2018 fand bei der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) eine Außenprüfung für die Jahre 2012 bis 2016, u.a. betreffend die Umsatzsteuer, statt. In der Folge wurden die Verfahren betreffend Umsatzsteuer und Körperschafteuer 2012 und 2014 bis 2016 wieder aufgenommen und am 20.7.2018 neue Sachbescheide für die Jahre 2012 bis 2016 erlassen.
Die Bf. erhob gegen die neu erlassenen Umsatzsteuerbescheide 2012 bis 2016 vom 20.7.2018 fristgerecht Beschwerde und wendete sich gegen die Nichtanerkennung von Umsatzsteuerbefreiungen gem. Art 7 UStG laut Tz 1 des Berichts über die Außenprüfung vom 6.7.2018.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 12.7.2019 wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und nahm für die Jahre 2012 bis 2016 überdies Kürzungen der Vorsteuerbeträge vor. Am 22.7.2019 erhob die Bf. fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Bundesfinanzgericht und beantragte im Zuge dessen die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat.
Mit Beschluss des Landesgerichts ***Stadt A*** vom ***Datum2*** wurde über die Bf. der Konkurs eröffnet.
Am 8.5.2020 wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Beschluss des Landesgerichts ***Stadt A*** vom ***Datum3*** wurde der Konkurs aufgehoben und wurde in der Folge die Bf. gem. § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.
2. Sachverhalt
Die Bf. wurde am ***Datum1*** ins Firmenbuch eingetragen. Als Gesellschafter und Geschäftsführer fungierte seitdem ***A***.
Mit Beschluss des Landesgerichts ***Stadt A*** vom ***Datum2*** wurde über die Bf. der Konkurs eröffnet. Als Masseverwalter wurde ***B*** eingesetzt.
Mit Beschluss des Landesgerichts ***Stadt A*** vom ***Datum3*** wurde der Konkurs mangels Vermögens gem. § 123a IO aufgehoben.
Am ***Datum4*** wurde die Bf. gem. § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.
Die aus den angefochtenen Bescheiden resultierende Abgabennachforderung beträgt in Summe EUR ***Betrag1***. Die Einhebung dieses Betrages wurde durch die belangte Behörde ausgesetzt und wurde dieser Betrag von der Bf. nicht entrichtet. Überdies weist das Abgabenkonto der Bf. u.a. einen von der Einbringung ausgesetzten Betrag in Höhe von EUR ***Betrag2*** auf.
3. Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen basieren auf einer amtswegigen Einsichtnahme in das öffentliche Firmenbuch und dem damit einhergehenden Firmenbuchauszug betreffend die Bf. sowie auf einer amtswegigen Einsichtnahme in das Abgabenkonto. Widersprüchliche Beweisergebnisse liegen nicht vor.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zum Spruchpunkt I (Einstellung)
Nachdem - wie festgestellt - die Bf. zwischenzeitlich wegen Vermögenslosigkeit amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht wurde, ist die Rechtsfrage zu klären, ob und wenn ja, welche Konsequenzen damit für die anhängige Beschwerde verbunden sind.
Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit im Abgabenverfahren die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.
Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Löschung einer GmbH im Firmenbuch insofern nur deklarativen Charakter, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist (VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035 m.w.N.; vgl. auch VwGH 17.5.2004, 2003/17/0134; 1.3.2018, Ra 2015/16/0074; VwGH 20.2.2019, Ra 2019/13/0010). Auch bei einer amtswegigen Löschung wegen Vermögenslosigkeit bleibt daher die Rechtssubjektivität bzw. die Parteifähigkeit einer gelöschten GmbH so lange erhalten, als noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn eine Abgabenfestsetzung, etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlung, Abzugsteuern oder Vorsteuern in einem Abgaben- oder Beschwerdeverfahren, zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann (siehe in diesem Zusammenhang VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035). Abwicklungsbedarf und somit Parteifähigkeit besteht trotz bereits erfolgter Löschung im Firmenbuch ferner, wenn eine Abgabe bereits entrichtet wurde und in einem Abgaben- oder Beschwerdeverfahren ein möglicher Rückforderungsanspruch und somit eine etwaige Forderung geltend gemacht wird (VwGH 24.2.2011, 2007/15/0112; 1.3.2018, Ra 2015/16/0074). An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide können daher bei bestehendem Abwicklungsbedarf grundsätzlich rechtswirksam ergehen (vgl. etwa VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035). Gleiches gilt für verwaltungsgerichtliche Entscheidungen.
Da die streitgegenständlichen Abgabenforderungen i.H.v. gesamt EUR ***Betrag1*** bislang jedoch nicht entrichtet wurden, würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Bf. führen (siehe darüber hinaus auch den von der Einbringung ausgesetzten Betrag in Höhe von EUR ***Betrag2***). Weder die Bf. noch in weiterer Folge deren Gläubiger könnten ein Abgabenguthaben lukrieren. Mangels Aktivvermögen gilt die Bf. somit gemäß § 40 Abs. 1 FBG mit der Löschung als aufgelöst, sie ist demnach mit ***Datum4*** (das ist der Tag des Vollzuges der amtswegigen Löschung im Firmenbuch) als vollbeendet anzusehen (vgl. dazu auch VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035). Ab diesem Zeitpunkt mangelt es der Bf. somit auch an der Rechtsfähigkeit i.S.d. eingangs zitierten Norm des § 79 BAO. An eine rechtsunfähige bzw. nicht mehr existente Person gerichtete als Bescheid intendierte Erledigung entfaltet keine Rechtswirkung (vgl. etwa VwGH 22.6.2001, 2001/13/0051; 28.11.2007, 2004/15/0131).
Diese Prämissen vorausgeschickt zeigt sich sohin im Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden, dass diesen zwar Bescheidcharakter zukommt. Durch die amtswegige Löschung der Bf. ist jedoch deren Rechtspersönlichkeit im laufenden Verfahren untergegangen. Das Beschwerdeverfahren ist bei derartigen Konstellationen einzustellen (vgl. statt vieler bspw. BFG 22.9.2023, RV/7103881/2018; 2.9.2024, RV/7101101/2019). Diese Einstellung hat durch Beschluss zu erfolgen (vgl. VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035). Wegen der fehlenden Möglichkeit, eine Rechtsmittelentscheidung der Bf. gegenüber rechtswirksam zu erlassen, hat dieser Beschluss daher nur an die belangte Behörde zu ergehen.
Gemäß § 248 BAO kann zwar der nach den Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde wegen seiner Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1 BAO) innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erheben. Die Bekanntgabe des Abgabenanspruchs an den Haftungspflichtigen hat anlässlich der Geltendmachung der Haftung durch Zusendung einer Ausfertigung des maßgeblichen Bescheides zu erfolgen (BFG 7.7.2020, RV/7105215/2018). Da Gegenstand dieses Verfahrens nicht eine Beschwerde einer zur Haftung herangezogenen Person ist, kommt auch eine Zustellung an einen Haftungspflichtigen nicht in Betracht (so auch etwa BFG 7.7.2020, RV/7105215/2018; 23.2.2021, RV/7103802/2020).
Zuletzt sei nur angemerkt, dass für das erkennende Gericht keinerlei Veranlassung besteht, eine Kuratorenbestellung gemäß § 82 Abs. 1 BAO beim zuständigen Gericht zu initiieren: Diese setzt nämlich ein zwar handlungsunfähiges, aber rechtsfähiges Steuersubjekt voraus. Die Rechtsfähigkeit hat die Bf. jedoch per ***Datum4*** verloren, sodass die Anwendungsvoraussetzungen für eine gerichtliche Kuratorenbestellung nicht vorliegen.
Da in der Bundesabgabenordung die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss nicht ausdrücklich vorgesehen ist, in § 274 Abs. 3 BAO aber normiert ist, dass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann, wenn die in dieser Bestimmung angeführten Formalentscheidungen zu erfolgen haben, liegt eine planwidrige Lücke vor, die durch das erkennende Gericht in analoger Anwendung der Bestimmung des § 274 Abs. 3 BAO zu schließen war. Von der beantragten mündlichen Senatsverhandlung war daher abzusehen (siehe Ritz/Koran BAO8 zu § 274 Rz 11; Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, § 274, 762; BFG 13.10.2022, RV/7103174/2017).
In analoger Anwendung von § 272 Abs. 4 BAO i.V.m. § 274 Abs. 3 Z 2 BAO obliegt die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss im gegenständlichen Fall der Berichterstatterin.
4.2. Zum Spruchpunkt II (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Judikatur des VwGH (vgl. die unter Pkt. 4.1 zitierte Rechtsprechung, insbesondere VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Klagenfurt am Wörthersee, am 25. April 2025