IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Sonja Stradner in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom 18. Februar 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 6. Februar 2025 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe, Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Schreiben vom 05.12.2024 hat das Finanzamt die ***Bf*** zur Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das Veranlagungsjahr 2022 unter Setzung einer Nachfrist bis 14.01.2025 aufgefordert und für den Fall der Nichtbefolgung eine Zwangsstrafe iHv 500,- € angedroht.
Mit Beschluss vom ***Datum 2025*** des Handelsgerichts Wien wurde über das Vermögen der ***Bf*** das Konkursverfahren eröffnet und ***A*** zum Masseverwalter im Konkursverfahren bestellt.
Mit Bescheid vom 06.02.2025 hat das Finanzamt die angedrohte Zwangsstrafe iHv 500,- € gegenüber der sich im Konkurs befindlichen GmbH festgesetzt. Der Bescheid wurde an den Masseverwalter als Vertreter der sich in Konkurs befindlichen GmbH zugestellt.
Dagegen erhob der Masseverwalter am 18.02.2025 Beschwerde und führte aus, dass er als Masseverwalter der ***Bf*** seit Beginn des Konkursverfahrens zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen sei, Steuererklärungen abzugeben. Es gäbe bei der GmbH keine geordnete Buchhaltung oder Unterlagen sonstiger Art, noch sei eine Kontaktaufnahme mit der steuerlichen Vertretung erfolgreich verlaufen. Es sei ihm daher unmöglich und untunlich, ohne geeignete Buchhaltungsunterlagen Steuererklärungen abzugeben, welche sich auf einen Zeitraum vor Insolvenzeröffnung beziehen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.03.2025 wies das Finanzamt die Beschwerde ab und führte begründend aus, dass die Zwangsstrafe nicht direkt dem Masseverwalter, sondern der sich in Konkurs befindlichen ***Bf*** vorgeschrieben worden sei. Zu Recht müsse die Zwangsstrafe aber an den Masseverwalter als deren gesetzlichen Vertreter adressiert und zugestellt werden. Allfällige Einwände des Masseverwalters hinsichtlich der Unmöglichkeit der Abgabe der Erklärungen seien im Innenverhältnis (GmbH - Masseverwalter) zu klären.
Hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe sei der Strafrahmen von bis zu 5.000,- € mit einem Betrag iHv 500,- (also 10%) angemessen und verhältnismäßig.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag führte der Masseverwalter nochmals aus, dass der Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe an "***A*** als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren ***Bf***" adressiert und in seine Kanzlei zugestellt worden sei. Die Zwangsstrafe sei daher gegenüber ihm als Masseverwalter direkt und nicht gegenüber der sich in Konkurs befindlichen GmbH geltend gemacht. Im Übrigen verwies er auf die Ausführungen in der Beschwerde.
Mit Bericht vom 23.04.2025 wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und der zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.
Im Vorlagebericht nahm das Finanzamt zu den Ausführungen im Vorlageantrag Stellung und ergänzte, dass der Masseverwalter hinsichtlich der Konkursmasse gesetzlicher Vertreter iSd § 80 Abs. 1 BAO sei. Die Adressierung habe daher zu Recht an "***A*** als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren ***Bf***" gelautet. Im Falle einer persönlichen Vorschreibung an ihn als Masseverwalter hätte die Adressierung "***A***", eventuell mit Zusatz "in der Insolvenzsache…" lauten müssen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ***Bf*** ist seit Mai 2018 im Firmenbuch unter FN ****** eingetragen und im Bau- und Baunebengewerbe tätig. Sie ist seit April 2020 Teil einer Unternehmensgruppe, steuerlich vertreten und hat für das Veranlagungsjahr 2022 bis zum 05.12.2024 keine Körperschaftsteuererklärung abgegeben.
Mit Schreiben vom 05.12.2024 forderte das Finanzamt die Bf. zur Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 2022 auf, setzte eine Frist bis 14.01.2025 und drohte die Verhängung einer Zwangsstrafe iHv 500,- € bei Nichtabgabe der Erklärung an.
Eine Kontaktaufnahme seitens der Bf. mit dem Finanzamt oder ein Ersuchen um Fristverlängerung ist nicht erfolgt.
Mit Beschluss vom ***Datum 2025*** des Handelsgerichts Wien wurde über das Vermögen der Bf. das Konkursverfahren eröffnet und ***A*** zum Masseverwalter im Konkursverfahren bestellt.
Mit Bescheid vom 06.02.2025 wurde die angedrohte Zwangsstrafe iHv 500,- € gegenüber der Bf. festgesetzt. Der Bescheid wurde an "***A*** als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren ***Bf***" adressiert und an die Kanzlei-Adresse des Masseverwalters zugestellt.
Die Körperschaftssteuer 2022 wurde schließlich mit Bescheid vom 21.02.2025 im Schätzungsweg seitens des Finanzamtes festgesetzt.
In den Veranlagungsjahren ab 2018 sind keine Erinnerungen oder Androhungen von Zwangsstrafen zur Abgabe der Steuererklärungen aktenkundig. Die Androhung einer Zwangsstrafe hinsichtlich der Abgabe der Steuererklärung für das Veranlagungsjahr 2022 an den Masseverwalter persönlich, ist nicht erfolgt.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich schlüssig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Dass die Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe gegenüber der Bf. gemäß der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt ist, ist ebenso unstrittig wie die Tatsache, dass über das Vermögen der ***Bf*** ein Konkursverfahren eröffnet wurde. Dass ***A*** seit ***Datum 2025*** als Masseverwalter und somit als gesetzlicher Vertreter der GmbH eingesetzt wurde, ist dem Beschluss des HG Wien zu GZ ****** zu entnehmen.
Unstrittig ist, dass weder von der Bf. noch vom Masseverwalter eine Körperschaftsteuererklärung für das Veranlagungsjahr 2022 abgegeben wurde.
Dass dem Masseverwalter die Zwangsstrafe nicht direkt (persönlich) vorgeschrieben wurde, geht aus der Adressierung des Bescheides hervor, wobei auf die ständige Judikatur des VwGH verwiesen wird (vgl. VwGH 24.03.2009, 2009/13/0013 mwN). Die Zwangsstrafe wurde darüber hinaus auf dem Abgabenkonto der GmbH gebucht. Dass der Masseverwalter in seiner Eigenschaft als Vertreter der sich im Konkurs befindlichen GmbH und somit für die GmbH als Gemeinschuldner die gegenständliche Beschwerde erhoben hat, ist ebenso unstrittig. Als Beschwerdeführer wird in der Beschwerde nämlich "***A*** als Masseverwalter im Konkurs der ***Bf***" geführt.
Die Zwangsstrafe ist daher gegenüber dem Masseverwalter der sich im Konkurs befindlichen GmbH verhängt worden.
Dass in den Veranlagungsjahren ab 2018 seitens des Finanzamtes keine Erinnerungen, Androhungen oder Festsetzungen von Zwangsstrafen zur Abgabe der Steuererklärungen erfolgt sind, wurde mit Schreiben vom 13.05.2025 vom Finanzamt bekanntgegeben.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Abgabenerklärungen sind ein gesetzlich bestimmtes Instrument zur Offenlegung. Insbesondere ermöglichen sie Abgabenbehörden, alle abgabenrechtlich bedeutsamen Tatsachen zu erfassen und zu überprüfen. Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist gem. § 133 Abs. 1 Satz 2 BAO ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird.
Die Festsetzung von Zwangsstrafen ist nach Maßgabe der Bestimmungen des § 111 Abs. 1 BAO zulässig. Danach sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Gemäß § 111 Abs. 2 BAO muss, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, der Verpflichtete unter Androhung derselben mit Setzung einer angemessenen Frist zur Einbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die einzelne Zwangsstrafe darf gemäß § 111 Abs. 3 BAO den Betrag von 5.000,- € nicht übersteigen.
Der Sinn von Zwangsstrafen liegt darin, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu verhalten (vgl. VwGH 27.9.2000, 97/14/0112).
Aus § 111 BAO ergibt sich, dass Zwangsstrafen nur zur Erzwingung auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen angedroht und festgesetzt werden dürfen. So darf der Abgabepflichtige zur Erfüllung der im § 119 BAO normierten Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht im Wege des § 111 BAO verhalten werden. Danach besteht die Pflicht zur unaufgeforderten Offenlegung, wenn diese, so wie in den Bestimmungen der §§ 133 Abs. 1 und § 134 Abs. 1 BAO gesetzlich angeordnet ist. Konkret kann die Vorlage von Abgabenerklärungen durch den Abgabepflichtigen mit Hilfe von Zwangsstrafen erzwungen werden (vgl. VwGH 24.5.2007, 2006/15/0366).
Die Verhängung der Zwangsstrafe ist weiters nur zulässig, wenn die Leistung objektiv möglich und die Erfüllung zumutbar ist (VwGH 13.09.1988, 88/14/0084). Reicht dabei das Wissen des Abgabepflichtigen zur Erstellung richtiger Erklärungen nicht aus, so führt dies nicht schon dazu, dass die zeitgerechte Abgabe derselben objektiv unmöglich oder unzumutbar ist (VwGH 20.09.1988, 88/14/0066). Denn für die Verpflichtung zur Einreichung der Abgabenerklärungen ist unmaßgeblich, ob das Wissen des Masseverwalters im Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen zur Erstellung richtiger Erklärungen ausreicht. Vielmehr hätte in solchen Fällen die Möglichkeit bestanden, vorläufige Erklärungen, die nach bestem Wissen und Gewissen erstellt wurden, abzugeben (vgl. UFS 30.03.2006, RV/0389-S/05).
Wer "Verpflichteter" iSd § 111 Abs. 2 BAO ist, bestimmt sich nach der Pflicht, deren Erfüllung mit Androhung bzw. mit Ausspruch der Zwangsstrafe durchgesetzt werden soll. Eine Zwangsstrafe zur Erzwingung dieser Verpflichtungen kann nur gegenüber demjenigen verhängt werden, der zu einem bestimmten Tun oder Dulden verpflichtet ist. Vor der Verhängung der Zwangsstrafe ist auch dieser zur Erbringung der von ihm geforderten Leistung unter Androhung der Strafe aufzufordern (VwGH 19.04.2018, Ra 2016/15/0030).
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden und haben sich um die Einhaltung der abgabenrechtlichen Bestimmungen zu kümmern.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist der Masseverwalter für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 Abs. 1 BAO (VwGH 02.10.2014, Ro 2014/15/0028; 04.05.2017, Ra 2017/16/0061; 15.09.2020, Ra 2020/15/0073).
Den Masseverwalter trifft daher ab seiner Bestellung die persönliche Verpflichtung, die Abgabenerklärungen für die Gemeinschuldnerin einzureichen. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob der Masseverwalter für die Erstellung der Abgabenerklärungen eines Steuerberaters bedarf und ob dieser finanziert werden kann und trifft ihn auch für Zeiträume, die vor der Eröffnung des Konkursverfahrens lagen (VwGH 03.03.1987, 86/14/0130; 15.04.1959, 1295, 1296/57; 27.04.1967, 1714/66; 29.11.1972, 134/72; 18.09.1985, 84/13/0085). Zwar ist es grundsätzlich möglich, Zwangsstrafen nicht nur gegen den Vertreter sondern auch gegen den Vertretenen zu verhängen (VwGH 27.09.2000, 97/14/0112). Nach Ansicht des Gerichts ist aber mangels Handlungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin im Konkursverfahren und aufgrund der persönlichen Verpflichtung des Masseverwalters die Zwangsstrafe gegen den Vertreter zu verhängen, wenn er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt (VwGH 03.03.1987, 86/14/0130; UFS 07.02.2008, RV/0637-I/07; UFS 30.03.2006, RV/0389-S/05 mwN, UFS 31.03.2003, RV/0559-G/03), die Erfüllung aber aus tatsächlichen Gründen nicht unmöglich ist (VwGH 29.11.1972, 134/72; vgl. auch Stoll, BAO-Kommentar, § 111, 1206).
Gerade ein solcher Fall, dass der Masseverwalter selbst, weil er seinen - ihm nach der BAO auferlegten - Pflichten nicht nachgekommen ist, zu einer Leistung herangezogen werden sollte, liegt im streitgegenständlichen Falle vor. Die eingangs zitierten Verpflichtungen sind nämlich - während des Konkursverfahrens - Pflichten des Masseverwalters und nicht des Gemeinschuldners (UFS 30.03.2006, RV/0389-S/05). Bescheide, mit denen eine Zwangsstrafe angedroht und festgesetzt wird, sind daher direkt an den Masseverwalter zu richten.
Da die Zwangsstrafe gegenüber dem Masseverwalter nicht angedroht wurde, durfte sie ihm gegenüber auch nicht festgesetzt werden. Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall lagen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes hing im Wesentlichen von den Umständen des konkreten Einzelfalles sowie auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortenden Sachverhaltsfragen ab. Dabei hat sich das Bundesfinanzgericht an der (auch im Erkenntnis beispielhaft angeführten) Judikatur des VwGH zur persönlichen Verpflichtung des Masseverwalters zur Abgabe von Steuererklärungen orientiert. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am 23. Mai 2025