BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Andrea Müller-Dobler MBA MSc in der Rechtssache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Michael Kotschnnigg, Stadlauer Straße 39/I/Top 12, 1220 Wien, betreffend den Antrag nach § 299 BAO vom 13. März 2025 auf Aufhebung des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom 17. Mai 2024 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21. Mai 2024, RV/7102519/2018, Steuernummer ***StNr*** den Beschluss:
I. Der Antrag nach § 299 BAO vom 13. März 2025 auf Aufhebung des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom 17. Mai 2024 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21. Mai 2024, RV/7102519/2018 wird als nicht zulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Im Verfahren über die Beschwerde vom 15. Dezember 2016 gegen die Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2014, jeweils vom 27. Oktober 2016 erging am 17. Mai 2024 das Erkenntnis und am 21. Mai 2024 ein Berichtigungsbeschluss zu GZ RV/7102519/2018.
Mit Eingabe vom 13. März 2025 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag nach § 299 BAO auf Aufhebung des Erkenntnisses des BFG vom 17. Mai 2024 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21. Mai 2024, RV/7102519/2018, weil sich der Spruch als nicht richtig erweist.
Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Gemäß § 2a BAO gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten.
Gemäß § 93a BAO sind die für Bescheide geltenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 198 Abs. 2, 200 Abs. 2, 210, 295, 295a, 303 BAO), soweit nicht anderes angeordnet ist, sinngemäß auf Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sowie auf in der Sache selbst ergangene Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs anzuwenden. Maßnahmen gemäß den §§ 200 Abs. 2, 294, 295, 295a und 303 BAO obliegen auch dann der Abgabenbehörde, wenn sie solche Erkenntnisse, Beschlüsse oder Entscheidungen betreffen.
Gemäß § 269 Abs. 1 BAO haben im Beschwerdeverfahren die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Dies gilt nicht für:
a) § 245 Abs. 3 BAO (Verlängerung der Beschwerdefrist),
b) §§ 262 und 263 BAO (Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung),
c) §§ 278 Abs. 3 und 279 Abs. 3 BAO (Bindung an die für den aufhebenden Beschluss bzw. für das Erkenntnis maßgebliche Rechtsanschauung)
Gemäß § 289 Abs. 1 BAO - mit der Überschrift "Klaglosstellung" - kann das Verwaltungsgericht Erkenntnisse und Beschlüsse nur aufheben, wenn sie beim Verwaltungsgerichtshof mit Revision oder beim Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde angefochten sind, und zwar
a) wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, oder
b) wenn sie von einem unzuständigen Verwaltungsgericht, von einem hiezu nicht berufenen Organ oder von einem nicht richtig zusammengesetzten Senat erlassen wurden, oder
c) wenn der ihnen zugrunde gelegte Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde, oder
d) wenn Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung ein anders lautendes Erkenntnis oder ein anders lautender Beschluss hätte erlassen werden können.
(2) Eine Aufhebung (Abs. 1) darf in jedem Beschwerdeverfahren nur einmal erfolgen. Sie ist bis zum Ablauf von fünf Jahren ab Bekanntgabe (§ 97) des angefochtenen Erkenntnisses bzw. Beschlusses zulässig.
(3) Durch die Aufhebung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Erkenntnisses bzw. Beschlusses befunden hat."
Bis zur Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (BGBl I 2012/51) waren die "Abgabenbehörden erster Instanz" zur Aufhebung der von ihnen erlassenen Bescheide nach § 299 BAO befugt. Die Wortfolge "erster Instanz" wurde - mangels Weiterbestehen eines behördlichen Instanzenzuges aufgrund der Ersetzung der UFS/UVS durch die Verwaltungsgerichte - durch das FVwGG 2012 (BGBl I 2013/14) aufgehoben. Seit Inkrafttreten des FORG (BGBl I 2019/104) mit 1.1.2021 sind daher im Bereich der Bundesfinanzverwaltung die Abgabenbehörden iSd § 49 Z 1 BAO zur Aufhebung der von ihnen erlassenen Bescheid zuständig. Neben den beiden Finanzämtern und dem Zollamt Österreich kommt auch dem Bundesminister für Finanzen die Kompetenz zur Aufhebung von ihm erlassener Bescheide zu.
Nicht zur Aufhebung ihrer eigenen Entscheidungen nach § 299 BAO befugt sind die Verwaltungsgerichte. Zwar sieht § 93a BAO vor, dass die für Bescheide geltenden Bestimmungen, soweit nichts anderes angeordnet ist, sinngemäß auf Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte anzuwenden sind. In der in § 93a BAO enthaltenen (allerdings nur beispielshaften) Aufzählung jener sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen wird § 299 BAO jedoch nicht genannt. Vor allen sieht aber § 289 BAO eine Aufhebung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichts durch das Verwaltungsgericht selbst "nur" unter den dort genannten Voraussetzungen (ins der Anhängigkeit beim VwGH/VfGH) vor. § 289 BAO ist insoweit lex specialis zu § 93a BAO und schließt somit die Anwendung von § 299 BAO auf Entscheidungen der Verwaltungsgerichte aus. Auch aus § 2a BAO (sinngemäße Anwendung der BAO im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten) kann - aufgrund der spezielleren Regelung des § 289 BAO - keine Anwendung des § 299 BAO durch die Verwaltungsgerichte abgeleitet werden (Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 299 Rz 1; Fiala in Rzeszut/Tanzer/Unger begründet von Gerold Stoll, BAO Kommentar, § 299 Rz 11).
Die Bestimmung des § 299 BAO berechtigt daher nur Abgabenbehörden zur Aufhebung ihrer eigenen Bescheide.
Dem Bundesfinanzgericht steht als rechtskraftdurchbrechendes Instrument (wesentlich eingeschränkt) nur die Klaglosstellung nach § 289 Abs. 1 BAO offen (nähere Begründung siehe Tanzer/Unger, Einführung in das Recht der Bundesabgabenordnung7, Seite 310 ff).
Eine solche Anfechtung durch Einbringung einer außerordentlichen Revision oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof liegt nicht vor.
Zusammenfassend ist auszuführen, dass das Bundesfinanzgericht seine Erkenntnisse und Beschlüsse selbst im Fall einer erkannten Rechtswidrigkeit nur ändern kann, wenn diese vor einem Höchstgericht angefochten wurden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Danach dem Telos des Gesetzes § 299 BAO nur Abgabenbehörden zur Aufhebung ihrer eigenen Bescheide berechtigt, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor.
Wien, am 22. Mai 2025