JudikaturBFG

RV/7103201/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
03. Dezember 2024

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom 16. Oktober 2023 gegen den Bescheid/die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 6. September 2023 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer beschlossen:

Die Parteien werden gemäß § 281a BAO formlos in Kenntnis gesetzt, dass nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts in Bezug auf die gegenständliche Beschwerde vom 16. Oktober 2023 gegen den Bescheid vom 6. September 2023 ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde.

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Begründung

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge als Bf bezeichnet) reichte seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 am 9. Jänner 2022 ein.

Er beantragte Alleinerzieherabsetzbetrag, Kindermehrbetrag, Mehrkindzuschlag, weiters als Werbungskosten eine Pendlerpauschale iHv € 2.400,00, den Pendlereuro iHv € 1.500,00, Gewerkschaftsbeiträge iHv € 600,00, Pflichtbeiträge aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung iHv € 4.080,00, andere Arbeitsmittel iHv € 1.200,00 sowie als außergewöhnliche Belastungen Krankheitskosten iHv 500,00 und Begräbniskosten iHv € 709,00 etc.

Am 29. März 2022 erging ein Ergänzungsersuchen an den Steuerpflichtigen. Er wurde darum ersucht, Lohnzettel bzw. Bestätigungen seiner Dienstgeber vorzulegen, da die Jahreslohnzettel seiner Dienstgeber bis zum damaligen Zeitpunkt nicht eingelangt waren. Weiters wurde er darum ersucht einen Auszug aus dem Pendlerrechner, eine Bestätigung der Österreichischen Gesundheitskasse bezüglich der Pflichtbeiträge, eine Bestätigung über den Gewerkschaftsbeitrag sowie Aufstellungen über sämtliche anderen Werbungskosten und außergewöhnliche Belastungen zu übermitteln.

Das Ersuchen blieb im Wesentlichen unbeantwortet und die belangte Behörde wies in der Folge mangels Vorhaltsbeantwortung und Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung mit Bescheid vom 28. April 2022 ab.

Der am 23. Dezember 2022 gestellte Antrags des Steuerpflichtigen auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO inklusive Versicherungsdatenauszug wurde von der belangten Behörde als neuerlicher Antrag auf Veranlagung gewertet und am 10. Jänner 2023 ein weiteres Ergänzungsersuchen an den Steuerpflichtigen geschickt wegen des nach wie vor ausständigen Lohnzettels eines Dienstgebers.

Da dieses ebenfalls unbeantwortet blieb, erging am 6. September 2023 der gegenständliche Einkommensteuerbescheid auf Grundlage der aufliegenden Unterlagen und wurde elektronisch über FinanzOnline am selben Tag zugestellt. Es gibt keinerlei Vorbringen dahingehend, dass der Bf zu dieser Zeit ortsabwesend gewesen wäre.

Am 16. Oktober 2023 erhob der Steuerpflichtige dagegen Beschwerde und beantragt den Alleinerzieherabsetzbetrag.

Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. Jänner 2024 als verspätet zurückgewiesen.

Am 27. Jänner 2024 richtete der Steuerpflichtige ein weiteres Schreiben an die Abgabenbehörde mit dem Ersuchen um eine erneute Überprüfung mit folgendem Einzeiler-Text:

"Ich bitte um eine erneute Überprüfung. Können Sie mir bitte helfen?"

Dieses Schreiben wurde von der belangten Behörde als Vorlageantrag gewertet.

Per Ergänzungsersuchen vom 25. April 2024 wurde der Steuerpflichtige darum ersucht, bekannt zu geben, warum die Beschwerde vom 16. Oktober 2023 als rechtzeitig erachtet werden sollte. Er wurde weiters darum ersucht, bekannt zu geben, welche Änderungen zum Erstbescheid gewünscht seien und entsprechende Nachweise vorzulegen. Das Ergänzungsersuchen blieb unbeantwortet und der Akt wurde dem Bundesfinanzgericht am 10. September 2024 vorgelegt.

Gemäß § 245 BAO beträgt die Frist zur Einbringung einer Beschwerde einen Monat ab Bekanntgabe des Bescheides. Die Zustellung an den Bf erfolgte elektronisch per FinanzOnline am selben Tag der Erstellung, also am 6. September 2023. Da die Frist von einem Monat bei Einlangen der Beschwerde am 16. Oktober 2023 daher bereits abgelaufen war, wurde die Beschwerde gemäß § 260 BAO zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Vielmehr war für den gegenständlichen Fall aber zu prüfen, ob ein Vorlageantrag überhaupt vorliegt.

Im Zuge der diesbezüglichen Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes in Hinblick auf den oben genannten, im elektronischen Akt lediglich als Freitext ersichtlichen Satz des Bf, in dem er - wortgleich wie in der gegenständlichen Beschwerde - um Überprüfung und Hilfe bittet, kontaktierte die zuständige Richtern am 28. November 2024 die belangte Behörde, um zu erfragen, ob es in FinanzOnline einen Nachweis gibt, dass der Bf einen Vorlageantrag stellen wollte, wie zB einen eigenen Button zum Anklicken für Vorlageanträge etc.

Die belangte Behörde bestätigte, dass es einen Button für Vorlageanträge gibt, dieser aber vom Bf nicht gedrückt wurde, weil er den Einzeiler unter dem Button "Beschwerde" nochmals eingegeben hatte, führte aber auch aus, dass die belangte Behörde auf den FinanzOnline Verlauf im Detail nicht zugreifen könne und bot an, zu diesem Zweck, mit dem Bundesministerium für Finanzen diesbezüglich Kontakt aufzunehmen, um die Daten aus FinanzOnline für den gegenständlichen Akt auswerten zu können.

Die Richterin ersuchte darum und in der Folge um Übermittlung der diesbezüglichen Ergebnisse zum gegenständlichen Akt.

Am 29. November 2024 übermittelte die belangte Behörde eine Nachreichung zum gegenständlichen Akt und einen Teilauszug aus Finanzonline.

Die belangte Behörde hätte nach Auswertung durch das Bundesministerium für Finanzen festgestellt, dass die Beschwerde vom 27. Jänner 2024 sich gegen den Zurückweisungsbescheid vom 25. Jänner 2024 gerichtet hätte und somit nicht als Vorlageantrag zu werten sei.

Laut IT wäre via Finanzonline mit 27. Jänner 2024 eine Beschwerde eingebracht worden und als Datum wogegen die Beschwerde sich richtet, hätte technisch nur das Datum vom 25. Jänner 2024 ausgewählt werden können - technisch sei es anscheinend nicht möglich, zweimal eine Beschwerde gegen denselben Erstbescheid einzubringen. Ob es technisch überhaupt möglich gewesen wäre, einen Vorlageantrag einzubringen, hätte daher nicht 100%ig festgestellt werden können.

Die Beschwerde vom 27. Jänner 2024 richte sich somit gegen den Zurückweisungsbescheid und sei somit vom Finanzamt Österreich zu entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass kein Vorlageantrag vorliegt, allerdings nicht die Begründung dafür.

Im Zusammenhang damit, dass der Einzeiler des Bf nachweislich als Beschwerde eingebracht wurde, aber technisch nur das Datum der Beschwerdevorentscheidung ausgewählt werden konnte, ist zu beachten, dass es keinen gesonderten Zurückweisungsbescheid gibt, sondern dass dieser gleichzeitig die Beschwerdevorentscheidung ist:

Die Beschwerdevorentscheidung hat lediglich mit Zurückweisung abgesprochen.

Trotzdem haben die Ermittlungen ergeben, dass kein Vorlageantrag vorliegt:

Auf Grund der technischen Auswertungen im Zuge der Ermittlungen und der aus den Finanzanwendungen ablesbaren Anmerkung des Einzeilers als Beschwerde steht nunmehr fest, dass der Bf den Button "Vorlageantrag" in FinanzOnline nicht angeklickt hat, sondern die Eingabe erneut nach Klicken des Buttons "Beschwerde" gemacht hat.

Der Bf hat lediglich ein zweites Mal denselben Text wie in der Bescheidbeschwerde verwendet, die Beschwerdevorentscheidung aber überhaupt nicht erwähnt. Dem Text ist auch nichts zu entnehmen, das auf eine gewünschte Vorlage an das Gericht Rückschlüsse zulässt. Die Beschwerdevorentscheidung wird nicht einmal erwähnt.

Diese Ansicht wird noch verstärkt durch die technischen IT-Auswertungen des Bundesministeriums für Finanzen, die die belangte Behörde übermittelt hat und die besagen, dass via Finanzonline mit 27. Jänner 2024 zwar eine Beschwerde eingebracht wurde, diese jedoch überhaupt nur gegen den 2. Gegenständlichen Bescheid vom 25. Jänner 2024 - die Beschwerdevorentscheidung - technisch eingebracht werden konnte, weil es technisch anscheinend nicht möglich ist, zweimal eine Beschwerde gegen denselben Erstbescheid einzubringen. Es ist technisch auch nicht feststellbar, ob überhaupt der Button Vorlageantrag anklickbar gewesen wäre.

Es ist daher auf Grund der Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes augenscheinlich, dass der Bf eine 2. Beschwerde (gezwungenermaßen durch die Anwendung von FinanzOnline "nur" gegen die Beschwerdevorentscheidung und nicht den Erstbescheid) gestellt hat, weil er technisch nicht anders konnte - und keinen Vorlageantrag. Offensichtlich wollte er so erreichen, dass das Finanzamt ihm seine steuerlichen Anträge zuerkennt, daher auch derselbe Text wie in der gegenständlichen Beschwerde.

Da der Bf scheinbar nicht über versierte Rechts- oder Deutschkenntnisse verfügt, kann nicht erwartet werden, dass er weiß, dass es keine 2. Beschwerde gegen denselben Erstbescheid gibt, zumal nicht einmal sicher ist, ob er den Button Vorlageantrag überhaupt hätte anklicken können.

Demzufolge war in der Gesamtbetrachtung der Einzeiler de facto kein Vorlageantrag. Daher war auch die fehlende Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung gem. § 264 BAO in dem Text nicht mit Mängelbehebungsauftrag zu rügen.

Im Ergebnis sind daher die Parteien formlos gemäß § 281a BAO über den nicht vorhandenen Vorlageantrag zu informieren.

Da die Frist für die Stellung dieses Vorlageantrages bereits im August 2019 abgelaufen ist, kann dieser auch nicht mehr nachgeholt werden, und ist überdies das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 und Abs 9 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.

Wien, am 3. Dezember 2024

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