IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 8. November 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 10. Oktober 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am 25.06.2024 brachte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2023 ein und beantragte darin den Alleinverdienerabsetzbetrag für zwei Kinder. Mit Vorhalt vom 01.08.2024 wurde die Bf. ersucht die gesetzlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung des Alleinverdienerabsetzbetrages nachzuweisen. Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet. Mit Einkommensteuerbescheid 2023 vom 10.10.2024 versagte die Abgabenbehörde den beantragten Alleinverdienerabsetzbetrag, da die steuerpflichtigen Einkünfte des Partners im Jahr 2023 höher als 6.312 Euro waren.
Dagegen erhob die Bf. fristgerecht am 8.11.2024 Beschwerde und führte darin ihre persönlichen Umstände aus und beantragte abermals den Alleinverdienerabsetzbetrag. Im Zuge der Beschwerde wurden auch Meldezettel und Kopien der Reisepässe der Ehepartnern vorgelegt. Mittels Beschwerdevorentscheidung vom 9.12.2024 wurde die Beschwerde abgewiesen, da die Voraussetzungen für den Alleinverdienerabsetzbetrag (mit zwei Kinder) nicht vorlägen. Auch wurde in der Bescherdevorentscheidung der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt, da die Bf. nicht alleinerziehend gewesen sei. Mit Eingabe vom 08.01.2025 wurde ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt.
In diesem Vorlageantrag wird die Berücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages für das Jahr 2023 wiederum beantragt. Mit diesem Antrag wurden auch diverse Unterlagen (Kopie des Familienpasses, Kontoauszüge, Schulbescheinigungen der Kinder, Operationsunterlagen, Kopie Autorechnung;...) vorgelegt. Am 21.01.2015 wurde betreffend des Vorlageantrages vom 08.01.2025 Unterlagen vom Land Steiermark nachgereicht (Bestätigung über den Bezug der Grundversorgung der Bf. sowie ihrer Kinder von 2022 bis 2024).
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. beantragte in der 2023 den Alleinverdienerabsetzbetrag für ihre zwei Kinder. Sie war aus der Ukraine geflüchtet und war im Rahmen der Grundversorgung bis 15.06.2024 an der Adresse 1 in Deutschlandsberg untergebracht. Da die Bf. Der Ehemann war an dieser Adresse ebenfalls gemeldet, allerdings nur für 2 Monate im Jahr 2022, im hier strittigen Jahr hatte er zuerst eine Unterkunft in Adresse 2, danach an der Adresse 3 in Deutschlandsberg. Seit dem Jahr 2024 haben beide Ehepartner wieder einen gemeinsamen Wohnsitz in 4. Der Ehegatte der Bf. war/ist seit Mitte 2023 bei einem Unternehmen in Deutschlandsberg beschäftigt. Die Bf. beantragte in ihrer Erklärung für 2023 den Alleinverdienerabsetzbetrag, änderte ihr Begehren im Vorlageantrag in den Alleinerzieherabsetzbetrag ab da sie und ihr Ehemann im Jahr 2023 keinen gemeinsamen Wohnsitz hatten.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere den Belegen des Bf.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Gemäß § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu.
Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich.
Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. …
Da im Streitjahr der Ehegatte der Bf. mehr als 6.000 Euro verdiente, ist die geforderte gesetzliche Voraussetzung nicht gegeben, sodass der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht zusteht.
Für die Berücksichtigung des Alleinerzieherbetrages wiederum ist Voraussetzung, dass der/die Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988 mehr als sechs Monate nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-)Partner lebt.
Eine Gemeinschaft im Sinne des § 33 Abs. 4 EStG 1988 liegt dann vor, wenn zwei Personen in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben und das gemeinschaftliche Zusammenleben auf Dauer angelegt ist. Bei einer Lebensgemeinschaft handelt es sich um einen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Dabei kann aber auch das eine oder andere Merkmal fehlen (vgl. VwGH 24.02.2004, 99/14/0247).
Die Beschwerdeführerin hatte laut ZMR im Streitjahr einen anderen gemeldeten Hauptwohnsitz als ihr Ehemann. Dies geschuldet dem Umstand, dass es sich bei dem Wohnsitz am 1 um eine von privater Seite zur Verfügung gestellter Flüchtlingsunterkunft aufgrund der Besetzung der Ukraine gehandelt hat. Der Ehemann hatte sich an dieser Adresse aufgrund "freiwilliger Heimkehr" von der Grundversorgung der Steiermark abgemeldet. Ab dem 14.10.2022 war er in der Adresse 2 bis 3.5.2023 und im Anschluss an der Adresse in 3 gemeldet. Auch war er seit Mitte 2023 in einem Beschäftigungsverhältnis. Seit 11.11.2024 sind die Bf. und ihr Ehemann wiederum gemeinsam an der Adresse ***Bf1-Adr*** mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.
Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben verheiratete Personen nur dann Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag, wenn sie von ihrem Ehegatten dauernd getrennt leben (vgl. Doralt, EStG, Kommentar, Band III, § 33 Tz 31 und Tz 35; Jakom, EStG § 33, Tz 36). Eine aufrechte Ehe, die im vorliegenden Fall vorliegt, spricht grundsätzlich gegen eine dauernd getrennte Lebensführung; es ist den Ehegatten allerdings möglich, diese Vermutung zu widerlegen, was im hier strittigen Fall nicht erfolgt ist.
Mehrere Wohnsitze bewirken keine dauernde Trennung. Maßgebend für das Tatbestandsmerkmal, nicht dauernd getrennt zu leben, ist nicht die Anzahl der Wohnsitze oder die polizeiliche Meldung, sondern ausschließlich die Sachverhaltsfrage, ob der Steuerpflichtige, der den Alleinerzieherabsetzbetrag beantragt, bei an sich aufrechter Ehe tatsächlich in Gemeinschaft mit seinem Ehegatten lebt oder nicht (VwGH 22.10.1997, 95/13/0161). Die für ein Leben in Gemeinschaft zu fordernde "Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft" kann durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein (nochmals VwGH 22.10.1997, 95/13/0161; ähnlich VwGH 30.6.1994, 92/15/0212).
Ein dauerndes Getrenntleben ist nach der Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn ein Ehegatte die gemeinsame eheliche Wohnung verlässt und - getrennt von seinem Ehepartner ohne wieder eine eheliche Gemeinschaft mit diesem aufzunehmen - auf Dauer sein Leben in einer anderen Wohnung verbringt (VwGH 15.2.1984, 83/13/0153).
Allein aus der Tatsache, dass die Eheleute vorübergehend zwei verschiedene Wohnsitze bewohnten, kann noch nicht geschlossen werden, dass die Ehepartner nicht in Gemeinschaft lebten, denn auf die Anzahl der Wohnsitze der Ehepartner kommt es insofern nicht an, als auch mehrere Wohnsitze oder die polizeiliche Meldung an einem anderen Wohnsitz keine dauernde Trennung bewirken (vgl. Doralt, EStG, § 33 Tz 31). Bei einer nach dem Willen der Eheleute nicht auf Dauer angelegten räumlichen Trennung bleibt der gemeinsame Haushalt wirtschaftlich gesehen aufrecht.Die Bf. gab selbst an, dass die getrennte Wohnsitznahme dem Krieg in der Ukraine und der Flucht nach Österreich geschuldet war. Der Ehemann der Bf. befand sich lt. Aussagen der Bf. bereits seit 15. April 2023 wieder in Österreich (zuvor 2022 für einige Monate) pflegte Kontakt zur Familie und besuchte seine Kinder. Aus den Ausführungen der Bf. geht klar hervor, dass lediglich die äußeren Umstände dazu geführt haben, dass vorübergehend die Ehegatten nicht zusammenwohnen konnten.
Der Umstand, dass die Ehegatten seit dem 11.11.2024 auch wieder einen gemeinsamen Wohnsitz bewohnen, ist vielmehr als Nachweis dafür anzusehen, dass es sich bei der Trennung lediglich um eine vorübergehende und nicht um eine dauerhafte Trennung gehandelt hat und der Wille zur gemeinsamen Lebensführung nach wie vor besteht.
Aus diesem Grund konnte der Alleinerzieherabsetzbetrag für das Jahr 2023 nicht berücksichtigt werden und war die Beschwerde daher abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.
Graz, am 6. Juni 2025