JudikaturBFG

RV/2100027/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
07. April 2025

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., betreffend Beschwerde vom 21.10.2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 02.10.2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer xxx, beschlossen:

Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e iVm. § 260 Abs. 1 lit. b Bundesabgabenordnung (BAO) als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf.) brachte elektronisch über FinanzOnline am 19.04.2024 ihre Einkommensteuererklärung 2023 (Arbeitnehmerveranlagung) ein und machte darin unter der Rubrik außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung neben dem pauschalen Freibetrag wegen einer eigenen Behinderung im Ausmaß von 70 % (§ 35 Abs. 3 EStG 1988) den pauschalen Freibetrag für Diätverpflegung wegen Gallen-, Leber-, Nierenkrankheit sowie Kosten der Hilfsmittel iHv. 7.560,60 Euro geltend.

Die belangte Behörde erließ mit 13.09.2024 ein Ergänzungsersuchen in welchem um nachvollziehbare Aufgliederung und Beilage der Belege für die Kosten der Behinderung iHv. 7.560,60 Euro ersucht wurde.

Im Beantwortungsschreiben vom 27.09.2024 übermittelte die Bf. eine Kostenaufstellung, diverse Rechnungen und Überweisungsbestätigungen. Darunter befand sich auch die Rechnung iHv. 5.490,49 Euro der Firma XXXLutz für eine "Gelschaummatratze Primus 290 Geltexkern" mit Würfelschnitt mit Lattenrost "Platin 28 Plus" und ein Bett "Sanus Natura".

Die belangte Behörde erließ den Einkommensteuerbescheid 2023 (Arbeitnehmerveranlagung) mit einer Gutschrift iHv. 540,00 Euro am 02.10.2024 und führte in der Begründung u.a. aus, dass eine Kürzung um Bett Lutz iHv. 5.450,00 Euro erfolgte, da die Ausgaben den nichtabzugsfähigen Ausgaben der Lebensführung gem. § 20 EStG zuzurechnen seien. Die Zustellung erfolgte über die FinanzOnline Databox.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. am 21.10.2024 Beschwerde und führte betr. der Nichtanerkennung der 5.450,00 Euro für das XXXLutz-Bett aus, dass für Matratze, Einsatz u. Bett die vollen 100% zu rechnen seien, da es sich um eine viskoelastische Matratze speziell für ihre Wirbelsäulenerkrankung handle. Es müsse kein Krankenbett sein, das würde ohnedies die ÖGK bezahlen, wäre deshalb bei der Steuer nicht absetzbar.

Die belangte Behörde erließ am 30.10.2024 eine abändernde Beschwerdevorentscheidung und setzte die Einkommensteuer mit einer Gutschrift iHv. 794,00 Euro (bisher: 540,00 Euro) fest. Zum Punkt Bett mit Einsatz und Matratze iHv. 5.450,00 Euro wurde ausgeführt, dass es sich lt. Produktinformation um ein Bett mit Einsatz und Matratze handle, welches sowohl von gesunden, als auch von kranken und gebrechlichen Menschen genutzt werden könne. Die Bezeichnung "Hilfsmittel" stelle allein darauf ab, dass es sich um Güter oder Maßnahmen handle, die so beschaffen seien, dass sie nur für kranke bzw. behinderte Personen verwendet werden können. Die Einstufung des betreffenden Bettsystems als Hilfsmittel iS des § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastung könne nicht normadäquat sein, da es keine spezifische ausschließlich auf die Bedürfnisse und den Leidenszustand der Abgabepflichtigen abgestimmte Beschaffenheit aufweise. Die geltend gemachten Aufwendungen für "Bett inkl. Matratze" (€ 5.450,00) seien daher keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes.Die Zustellung des Bescheides erfolgte über die FinanzOnline Databox am 30.10.2024.

Mit Schreiben vom 05.12.2024, bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt, brachte die Bf. den Vorlageantrag gem. § 264 Abs. 1 BAO ein. Betreff Bett, Lattenrost & Matratze wurde von der Bf. vorgebracht, dass es sich um eine Primus 290 Geltex Matratze zur speziellen Druckentlastung und Körperanpassung handle. Lt. Bundessozialamt sei diese behindertenbedingt in voller Höhe absetzbar. Ein gesunder Mensch würde diese Matratze wohl nicht benötigen. Lattenrost und dazugehöriges Bett seien ebenfalls behindertenbedingt anzuerkennen.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am 13.12.2024 zur Entscheidung vor und beantragte im Vorlagebericht, nach Darstellung des Sachverhalts, den Vorlageantrag als nicht fristgerecht eingebracht zurückweisen. Ergänzend wurde zum Punkt Bett und Matratze angemerkt, dass auch bei rechtzeitiger Einreichung des Vorlageantrags eine positive Erledigung der Beschwerde zum diesem Beschwerdepunkt nicht möglich gewesen wäre, da es sich bei handelsüblichen Betten und Matratzen nach ständiger Judikatur nicht um Hilfsmittel handle.

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Nach § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde. Zufolge § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist die Bestimmung des § 260 Abs. 1 BAO sinngemäß für Vorlageanträge anzuwenden.

§ 108 Abs. 2 BAO lautet: "Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates."

Zufolge § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gemäß § 109 BAO ist für den Beginn der Beschwerdefrist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist.

Nach § 97 Abs. 1 lit. a BAO erfolgt die Bekanntgabe bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen.

Der Zeitpunkt, in dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu welcher der Empfänger Zugang hat (VwGH 31.07.2013, 2009/13/0105).

Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung langte am 30.10.2024 in der FinanzOnline-Databox der Bf. ein. Die einmonatige Beschwerdefrist begann daher am 30.10.2024 zu laufen und endete - da der 30.11.2024 auf einen Samstag fiel - mit Ablauf des 02.12.2024 (§ 108 Abs. 2 und 3 BAO).

Der gegenständliche Vorlageantrag wurde von der Bf. am 05.12.2024 und somit nach Ablauf der Vorlagefrist eingebracht.

Nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebrachte Vorlageanträge sind gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als verspätet zurückzuweisen. Dies hat durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss (§ 278 BAO) zu erfolgen.

Der Vorlageantrag war daher gemäß § 278 Abs. 1 lit. a BAO mit Beschluss zurückzuweisen.

Damit gilt die Beschwerde gemäß § 264 Abs. 3 BAO wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung vom 30.10.2024 erledigt.

Lediglich informativ wird bezüglich der Kosten für Bett, Matratze und Lattenrost mitgeteilt:Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können u.a. Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts abgezogen werden. Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind (§ 34 Abs. 6 letzter Satz EStG 1988).Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF [in Folge: Verordnung], sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen u.a. durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat.Nach § 4 der Verordnung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Kosten der Heilbehandlung nach § 4 der Verordnung ist, dass diese in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehen (VwGH 23.01.2019, Ro 2016/13/0010, mwN.). Demgegenüber handelt es sich nach der Judikatur bei einem Gut, das sich von einem handelsüblichen Gebrauchsgegenstand nicht unterscheidet und für jedermann nutzbar ist, um kein Hilfsmittel gem. § 34 Abs. 6 EStG 1988 und § 4 der Verordnung, es sei denn, dass es behinderungsspezifisch einsetzbar ist. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 04.03.2009 ausgeführt: "Auch in bezug auf die zwei Sets an Matratzen ... hat die belangte Behörde außergewöhnliche Belastungen mit der Begründung nicht anerkannt, es lägen keine behindertenspezifischen Vorrichtungen vor; die belangte Behörde spricht von handelsüblichen Schlafsystemen, die von nicht behinderten Personen gleichermaßen genutzt würden. Somit hat sie auch für diese Aufwendungen die Außergewöhnlichkeit und die Zwangsläufigkeit iSd 34 EStG 1988 nicht anerkannt. Dass der belangten Behörde hinsichtlich dieser Aufwendungen ein Rechtsirrtum vorzuwerfen wäre, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, weil er weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde erläutert, in welcher Weise die in Rede stehenden Sets über eine Standardausstattung hinausgehen und warum sie sich im Hinblick auf die Behinderung als erforderlich erweisen" (VwGH 04.03.2009, 2008/15/0292).

In der Produktbeschreibung der Firma XXXLutz, Stand August 2024, wird die "Gelschaummatratze Primus Next 290" wie folgt beschrieben: "7-Zonen-Geltexkern, aktive Schulterzone, optimale Belüftung, für Hausstauballergiker und verstellbaren Lattenrost geeignet, Bezug abnehmbar und waschbar bis 60°C, Gesamthöhe ca. 24cm, 90x200cm". Das System "Geltex" wird wie folgt beworben: "GELTEX® unterstützt Ihren Körper optimal und erlaubt gleichzeitig Ihren Muskeln sich zu entspannen. Der neue GELTEX® Schaum schafft eine spezielle druckentlastende Oberfläche, die sich automatisch an jede Bewegung Ihres Körpers anpasst. Die neue GELTEX® Technologie mit Ihrem luftdurchlässigen Schaum und der offenen Zellstruktur regelt intelligent das Klima in Ihrem Bett."Aus dieser Beschreibung ist ersichtlich, dass es sich bei der "Gelschaummatratze Primus 290" plus Lattenrost um ein handelsübliches - da etwa bei der Firma XXXLutz angebotenes - Schlafsystem handelt.Für den Beschwerdefall bedeutet dies: Auch wenn sich die Gelschaummatratze "Primus Next 290" inkl. Lattenrost dem individuellen Körper der darauf liegenden Person anpasst, gilt diese Spezifizierung einer Matratze sowohl für beeinträchtigte oder behinderte Menschen als auch für gesunde Personen. Es handelt sich somit weder um eine individuelle noch um eine behindertenspezifische Anfertigung und damit um keine spezifische, ausschließlich auf die Bedürfnisse beeinträchtigter oder behinderter Personen abgestimmte Beschaffenheit. Matratzen dieser Marke werden auch von gesunden Menschen aus Gründen der Bequemlichkeit und des Liegekomforts erworben. Die Matratze wie auch der Lattenrost zielen auf einen ungestörten Schlaf und die menschliche Gesundheit ab, sprechen jedoch kein spezifisches Krankheitsbild an. Für jeden Menschen ist ein Liegekomfort für eine gute Schlafqualität wichtig. Dass sowohl Matratze als auch Lattenrost aufgrund ihrer hohen Qualität geeignet sind, die Lebensqualität der Bf. wesentlich positiv zu verbessern, steht außer Frage, doch dies würde auch vorliegen, wenn entsprechende körperliche Einschränkungen nicht vorlägen. Die bei der Firma XXXLutz erworbene "Gelschaummatratze Primus 290" inkl. Lattenrost "Platin 28 Plus" und dem Bett "Sanus Natura" sind somit als für jedermann nutzbar zu qualifizieren. Die Beurteilung der belangten Behörde zu diesem Beschwerdepunkt erfolgte daher rechtsrichtig.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Beschwerdefall ergibt sich die Rechtsfolge bei Versäumung der Monatsfrist aus den gesetzlichen Bestimmungen der § 260 Abs. 1 lit. b BAO und § 264 Abs. 4 lit e BAO. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Eine (ordentliche) Revision ist somit nicht zulässig.

Graz, am 7. April 2025

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