JudikaturBFG

RV/3100543/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom 21. November 2019 gegen die Bescheide des ***FA*** vom 23. Oktober 2019 betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 09/2018, Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum 10-12/2018 und Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum 01-09/2019 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom 23.10.2019 setzte das Finanzamt die Normverbrauchsabgabe für das auf den Beschwerdeführer zugelassene Fahrzeug Porsche Cayenne mit dem amtlichen Kennzeichen K (Deutschland) und der Fahrzeugidentifikationsnummer FIN mit EUR 2.360,88 sowie einen Verspätungszuschlag von EUR 118,04 fest. Begründend führte es an, dass die Selbstberechnung der Normverbrauchsabgabe unterblieben sei.

Weiter setzte das Finanzamt die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 10-12/2018 mit EUR 341,95 und die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-09/2019 mit EUR 1.025,84 fest. Begründend führte es an, dass der Tatbestand der widerrechtlichen Verwendung erfüllt worden und eine Selbstberechnung unterblieben sei.

Mit Eingaben vom 21.11.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerden gegen diese Bescheide. Er brachte zusammengefasst vor, die Bescheide seien mangelhaft begründet. Die Voraussetzungen zur Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und der Kraftfahrzeugsteuer lägen nicht vor, zumal der Beschwerdeführer sich nur fallweise in Österreich aufhalte. Sein Hauptwohnsitz sei in Deutschland gelegen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.2.2021 wies das Finanzamt die Beschwerden allesamt ab und ergänzte sein Vorbringen dahin, dass der Beschwerdeführer seit 14.9.2018 an der Adresse d_Adresse (Deutschland) gemeldet sei. Er sei verheiratet mit E, die seit 7.9.2018 ihren Hauptwohnsitz an der Adresse ö_Adresse habe. An dieser Adresse finde auch die Vermietung von Apartments statt. Die Eheleute hätten um eine Baubewilligung für den Neubau einer Garage für 5 Pkw und Zubau von einem Carport für einen Pkw an das Bestandsgebäude angesucht. Die Verhandlung darüber habe am 2.8.2018 stattgefunden.

Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers sei in Österreich gelegen, da seine Ehegattin in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet sei und eine Apartmentvermietung betreibe. Der Beschwerdeführer habe keinen Gegenbeweis zur Hauptwohnsitzvermutung erbracht. Einkaufsrechnungen bzw. Belege über Gasthausbesuche in d_Ort für den Zeitraum November 2019 bis März 2020 seien nicht relevant für den Streitzeitraum. Die Ehegattin habe im Streitzeitraum über kein eigenes Auto verfügt. Daher sei davon auszugehen, dass auch die Ehegattin das Fahrzeug für Besorgungen oder Freizeitaktivitäten verwendet habe. Aufgrund widerrechtlicher Verwendung des Fahrzeuges im Inland sei die Kraftfahrzeugsteuer nach Ablauf der Monatsfrist vorzuschreiben gewesen.

Der Beschwerdeführer beantragte am 10.3.2021 die Vorlage seiner Beschwerden an das Bundesfinanzgericht. Das Finanzamt legte die Beschwerden am 19.12.2023 dem Bundesfinanzgericht vor und brachte weiter vor, dass laut den vorgelegten Einkaufsbelegen regelmäßig Hundefutter gekauft worden sei. Eine Nachfrage bei der Gemeinde ö_Ort habe ergeben, dass die Ehegattin von 1.9.2018 bis 23.6.2021 einen Hund angemeldet habe. Daher sei es naheliegend, dass der Beschwerdeführer das Hundefutter besorge und dafür regelmäßig nach ö_Ort fahre. Verwiesen werde auf ein Organmandat (Parkstrafe) vom 2.12.2020 in ö_Ort_2 sowie auf einen Aktenvorgang bei der BH ö_Ort_2 betreffend einer Geschwindigkeitsüberschreitung vom 9.4.2022, wobei der Beschwerdeführer der Lenker gewesen sei. Beantragt werde die Abweisung der Beschwerden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist seit 14.9.2018 an der Adresse d_Adresse (Deutschland) mit (einzigem) Wohnsitz gemeldet (vgl. die von ihm vorgelegte Meldebestätigung, Aktenstück 16). Er ist verheiratet mit E, die seit 7.9.2018 an der Adresse ö_Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet ist (vgl. die Melderegisterabfrage vom 13.12.2023, Aktenstück 22).

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Fahrzeuges Porsche Cayenne mit der Fahrzeugidentifikationsnummer FIN. Das Fahrzeug ist mit dem behördlichen Kennzeichen K in Deutschland zum Verkehr zugelassen (vgl. die Zulassungsbescheinigung Teil I, Aktenstück 19).

Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft L (vgl. den Grundbuchsauszug vom 15.12.2023, Aktenstück 26).

Nicht erwiesen ist, dass der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz oder den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich hätte.

Nicht erwiesen ist, dass das Fahrzeug im September 2018 ins Inland gebracht wurde.

2. Beweiswürdigung

Das Finanzamt hat kein Vorbringen erstattet, aus dem sich schlüssig eindeutige Hinweise darauf ergeben würde, dass der Beschwerdeführer seine engsten persönlichen Bindungen in Österreich hätte. Allein der Umstand, dass seine Ehegattin ihren Hauptwohnsitz in Österreich hat, bedingt noch nicht den Schluss, dass dies auch auf den Beschwerdeführer zutreffen würde. Getrennte Wohnsitze der Ehepartner sind auch während aufrechter Ehe nicht gänzlich ungewöhnlich, zumal die Entfernung zwischen den beiden Wohnsitzen bloß knapp 17 Kilometer beträgt.

Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer Hälfteeigentümer einer - augenscheinlich von seiner Ehegattin bewohnten und zur Apartmentvermietung genutzten - Liegenschaft in Österreich ist, belegt keine enge persönliche Bindung zum Inland. Nach dem Vorbringen des Finanzamtes bewirtschaftet allein die Ehegattin des Beschwerdeführers diese Liegenschaft.

Die vom Finanzamt hervorgehobenen Umstände, dass die Ehegattin im Streitzeitraum einen Hund hatte und der Beschwerdeführer für nach den streitgegenständlichen liegende Zeiträume Einkaufsrechnungen für Hundefutter vorgelegt hat, legen zwar regelmäßige Fahrten zum Wohnsitz der Ehegattin nahe, sie belegen aber nicht zwingend einen gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten im Inland. Dasselbe gilt für das Vorbringen, auf die Ehegattin sei kein eigenes Fahrzeug zugelassen gewesen.

Nach dem vom Finanzamt außer Streit gestellten Vorbringen des Beschwerdeführers unterhält dieser wirtschaftliche Beziehungen ausschließlich in Deutschland.

Das Finanzamt hat kein Vorbringen dazu erstattet, wann das Fahrzeug ins Inland gebracht wurde. Es hat auch nicht vorgebracht, dass das Fahrzeug ab September 2018 im Inland verwendet worden wäre. Jenes Vorbringen, das sich auf vermutete Fahrten zur Lieferung von in Deutschland gekauftem Hundefutter (ab November 2019) und auf ein Organmandat (Parkstrafe vom 2.12.2020 in ö_Ort_2) bzw. einen Aktenvorgang betreffend eine Geschwindigkeitsüberschreitung vom 9.4.2022 bezieht, ist nicht geeignet, die - offenbar vom Finanzamt angenommene - Verwendung des Fahrzeuges von September 2018 bis September 2019 in Österreich zu belegen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 36 KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen unter anderem des § 82 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten durchgeführt werden (§§ 45 und 46), und sie weitere hier nicht interessierende Voraussetzungen erfüllen.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 lautet auszugsweise: "Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. ..."

Der Normverbrauchsabgabe unterliegt unter anderem die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern eine Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder Z 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung gilt dabei auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, außer es wird ein Nachweis der Entrichtung der Normverbrauchsabgabe in jener Höhe erbracht, die im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung im Inland zu entrichten gewesen wäre (§ 1 Abs. 3 NoVAG 1991).

Auf Sachverhaltsebene ist nicht erwiesen, dass der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz im Inland hätte. Es ist nicht erwiesen, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug im September 2018 ins Inland gebracht und seitdem auf öffentlichen Straßen im Inland verwendet hätte.

Die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 NoVAG 1991 sind daher nicht erfüllt. Der Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für September 2018 war aufzuheben.

Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen unter anderem in einem ausländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung, § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992).

Entsprechend den voranstehenden Erwägungen zur Normverbrauchsabgabe sind auch die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 nicht erfüllt: Weder ist erwiesen, dass das Fahrzeug im Inland verwendet worden wäre, noch bestand bezogen auf den festgestellten Sachverhalt eine Verpflichtung des Beschwerdeführers, eine Zulassung des Fahrzeuges im Inland zu erwirken.

Die Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume Oktober bis Dezember 2018 und Jänner bis September 2019 waren daher aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)

Die Revision ist nicht zulässig, da sich die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.

Innsbruck, am 16. Jänner 2025

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