IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Feichtenschlager in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 27. Dezember 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 12. Dezember 2023 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Einkommensteuerbescheid vom 12.12.2023 wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2022 veranlagt und ergab eine Abgabennachforderung iHv 1.999,00 €. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer trotz Erinnerung keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht habe. Das Finanzamt sei daher zur Schätzung berechtigt. Die Veranlagung sei auf Basis der vorliegenden Informationen durchgeführt worden.Der Familienbonus Plus könne nicht berücksichtigt werden, da der Beschwerdeführer keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung abgegeben und somit den Familienbonus Plus nicht beantragt habe. Es konnte nicht überprüft werden, ob dieser vom Arbeitgeber in der Lohnverrechnung zu Recht berücksichtigt worden sei.
Mit Schreiben vom 27.12.2023 wurde das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Der Beschwerdeführer beantragte die Berücksichtigung des Familienbonus Plus, das Pendlerpauschale iHv 1.968,00 €, den Pendlereuro iHv 168,00 € und Kurkosten iHv 468,38 €.
In einem ergänzenden Schreiben vom 20.02.2024 wurde "mit Unterhaltszahlung monatlich 300,00 €, Jahr 3.600,00 € und Pendlerpauschale" ergänzt.
Mit Schreiben vom 29.02.2024 forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer auf, je Arbeitgeber einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner vorzulegen. Hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastungen wurde eine Kostenaufstellung angefordert und gefragt, ob von der Krankenkasse, dem Sozialministerium Service oder einer privaten Versicherung ein Zuschuss geleistet worden sei. Pro Tag seien 5,23 € als Haushaltsersparnis abzuziehen.
Am 18.03.2024 legte der Beschwerdeführer Kontoauszüge über die Zahlung der Alimente, eine Bestätigung des Rehabilitationszentrum ***R*** über die Entrichtung der Zuzahlung iHv 463,68 € für den Aufenthalt vom 25.03.2022 bis 15.04.2022, eine Vergleichsausfertigung über eine Vereinbarung iSd § 55a Abs. 2 EheG vom 17.11.2014 und ein Dienstzettel der Firma ***DG*** vom 01.03.2022 vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.04.2024 wurde die Beschwerde teilweise stattgebend erledigt. Das Pendlerpauschale wurde mit einem Betrag von 465,00 € berücksichtigt, der Pendlereuro mit 55,00 €. Es wurde ausgeführt, dass der Familienbonus Plus für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer ***SVNr*** nur zur Hälfte (1.000,08 €) berücksichtigt worden sei, weil für dieses Kind die andere Hälfte des Familienbonus Plus von der Familienbeihilfen-bezieherin beantragt worden sei.Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen seien nicht berücksichtigt worden, weil die Aufwendungen niedriger als der Selbstbehalt seien.
Mit Schreiben vom 10.05.2024 beantragte der Beschwerdeführer eine Neuberechnung, weil die Abgabenforderung zu hoch sei.
Mit Bericht vom 14.01.2025 legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Das Finanzamt beantragte grundsätzlich eine Entscheidung im Sinne der Beschwerdevorentscheidung. Abweichend werde die Berücksichtigung des Pendlerpauschales iHv 496,00 € (statt 465,00 €) und des Pendlereuros iHv 66,00 € (statt 55,00 €) beantragt, da von der für den Beschwerdeführer günstigeren Variante ausgegangen werden könne, wenn im Schichtbetrieb kein Überwiegen feststellbar sei.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Im beschwerdegegenständlichen Zeitraum wohnte der Beschwerdeführer in ***Adr2022***, und bezog nichtselbständige Einkünfte bei der ***DG*** GmbH (ganzjährige Beschäftigung). Der Dienstort war in ***AdrDG***. Die Arbeitszeit war bei Schicht 1 von 06:00 Uhr bis 14:15 Uhr, bei Schicht 2 von 14:15 Uhr bis 22:45 Uhr. Die einfache Wegstrecke beträgt 11 Kilometer. (Pendlerrechner vom 28.03.2024)
In Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Rehabilitationszentrum ***R*** sind dem Beschwerdeführer Kosten iHv 463,68 € erwachsen.
Für seine Tochter ***T***, geb. am ***GebDat***2006, zahlte er monatlichen Unterhalt iHv 300,00 €. Er hat die Unterhaltszahlungen im beschwerdegegenständlichen Veranlagungsjahr zur Gänze geleistet.Der halbe Familienbonus Plus wurde von der Mutter beantragt.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Parteienvorbringen, den vorgelegten Unterlagen und der Abfrage des Steuerkontos des Beschwerdeführers.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
3.1.1. Pendlerpauschale und Pendlereuro
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 erster und zweiter Satz EStG 1988 auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.[ … ]d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c bei einer Entfernung von mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich.
Hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG sieht § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 zusätzlich den Abzug eines Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Absetzbetrag vor. Für die Berücksichtigung gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j EStG entsprechend.
Gemäß § 124b Z 395 lit. a EStG ist zur Abgeltung der erhöhten Treibstoffkosten im Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023 zusätzlich zu den Pauschbeträgen gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d bei einer einfachen Fahrtstrecke von mindestens 2 km bis 20 km ein Betrag von 15,50 Euro monatlich zu berücksichtigen.
Gemäß § 124b Z 395 lit. c EStG steht im Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023 zusätzlich ein Pendlereuro gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 von 0,50 Euro monatlich pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j EStG 1988 entsprechend.
Aufgrund der obigen Ausführungen beträgt das Pendlerpauschale für den 11 km langen Arbeitsweg des Beschwerdeführers (unter Berücksichtigung, dass keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzt werden können):
Pendlerpauschale für 11 km gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit d EStG 1988 | 372,00 € |
Erhöhungsbetrag gemäß § 124 b Z 395 lit a EStG 1988 (15,5 x 8) | 124,00 € |
Pendlerpauschale 2022 | 496,00 € |
Aufgrund der obigen Ausführungen steht der Pendlereuro in Höhe von jährlich 2,00 € pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (11 km laut dem Ausdruck aus dem Pendlerrechner) zu.
Zusätzlich steht für den Zeitraum Mai bis Dezember 2022 ein Pendlereuro von € 0,50 monatlich pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu.
Pendlereuro gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 für 11 km (2 x 11) | 22,00 € |
Erhöhungsbetrag gemäß § 124b Z 395 lit c EStG 1988 € 0,5 monatlich für 11 km von Mai bis Dezember (0,5 x 11 x 8) | 44,00 € |
Pendlereuro 2022 | 66,00 € |
3.1.2. Außergewöhnliche Belastung
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, wenn sie außergewöhnlich sind, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Eine wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt dann vor, wenn die Belastung einen vom Einkommen des Steuerpflichtigen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (§ 34 Abs. 4 EStG 1988).
Gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommenvon höchstens 7.300 Euro 6%mehr als 7.300 Euro bis 14.600 Euro 7%mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro 10%mehr als 36.400 Euro 12%.Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht,- für jedes Kind (§ 106).
Das Einkommen des Beschwerdeführers betrug im Veranlagungsjahr 2022 33.531,72 €, sodass der Selbstbehalt grundsätzlich 10 % betragen würde. Gemäß § 106 Abs. 2 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht. Da dem Beschwerdeführer der Unterhaltsabsetzbetrag für mehr als sechs Monate zustand, vermindert sich der Selbstbehalt um einen Prozentpunkt und beträgt daher neun Prozent.Somit beträgt der Selbstbehalt 3.017,85 € und liegt deutlich über der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung von 436,68 €. Die wesentliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers wird daher nicht beeinträchtigt, der Betrag stellt keine außergewöhnliche Belastung iSd § 34 Abs. 1 EStG 1988 dar.
3.1.3. Familienbonus Plus
Gemäß § 33 Abs 3a EStG 1988 steht auf Antrag ein Familienbonus Plus für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:1. Der Familienbonus Plus beträgta) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro,b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 54,18 Euro.3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:[…]b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Wenn beide (der Familienbeihilfenberechtigte und der Steuerpflichtige, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht), wie im gegenständlichen Fall, den Familienbonus geltend machen, so ist die Behörde verpflichtet, in Befolgung der gesetzlichen Bestimmung des § 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 den zustehenden Betrag (= im gegenständlichen Fall 2.000,16 €) bei den Anspruchsberechtigten jeweils zur Hälfte zu berücksichtigen (= 1.000,08 €).
Aufgrund der zitierten eindeutigen Gesetzeslage konnte daher dem Beschwerdeführer nur der halbe Familienbonus zuerkannt werden.
3.1.4. Unterhaltsabsetzbetrag
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967) und- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrenntlebenden (Ehe) Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Die Voraussetzungen für die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages (Bezahlung des gesetzlichen Unterhalts, Kind gehört nicht zum Haushalt des Beschwerdeführers, Beschwerdeführer bezieht nicht Familienbeihilfe) waren im Veranlagungsjahr 2022 gegeben, sodass der Unterhaltsabsetzbetrag iHv 350,40 € (12 x 29,2 €) zusteht.
3.2. Zu Spruchpunkt II.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Das gegenständliche Erkenntnis war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig. Jeder einzelne Entscheidungspunkt ergibt sich eindeutig aus der jeweils zitierten gesetzlichen Bestimmung. Eine ordentliche Revision war aus diesem Grunde nicht zulässig.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am 13. März 2025