JudikaturBFG

RV/3100001/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
04. März 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***

in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

betreffend den Bescheid des ***FA*** vom 23. September 2024

hinsichtlich Abweisung eines Antrages auf Familienbeihilfe für ***1*** ab August 2024, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ***1*** ab August 2024 abgelehnt. Es wurde begründend ausgeführt, die Familienbeihilfe für August 2024 sei bereits ausbezahlt worden. Die Ausbildung des Sohnes habe laut Lehrvertrag am 01.08.2024 geendet. Die Anmeldung zur Lehrabschlussprüfung hätte bis zum 01.08.2024 erfolgen müssen. Familienbeihilfe stehe daher ab September 2024 nicht mehr zu.

Die Beschwerdeführerin führte in ihrer dagegen erhobenen Beschwerde aus: Ihr Sohn habe bereits ab dem 1. August 2024 begonnen, für seine Lehrabschlussprüfung zu lernen. Er habe auf die Zuteilung eines Termins gewartet, da er der Meinung gewesen sei, dass die Berufsschule ihn für die Lehrabschlussprüfung anmelden werde. Dies sei so von der Schule kommuniziert worden. Nachdem er auch im September noch keinen Bescheid über die Zuteilung eines Termins erhalten hatte, stellte er Erkundigungen an und erhielt die Information, noch nicht angemeldet worden zu sein. Er meldete sich daher umgehend selbst an. Die verspätete Anmeldung beruhe somit auf einer Fehlinformation bzw. einem Missverständnis. Sie ersuche, die Familienbeihilfe für ihren Sohn solange zu gewähren, bis er die Lehrabschlussprüfung bestanden habe.

Es erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in der ausgeführt wurde: Für die Zeit zwischen Beendigung des Lehrverhältnisses bis zur Absolvierung der Lehrabschlussprüfung bestehe nur unter der Voraussetzung, dass der Lehrling (Prüfungswerber) im Sinne des § 23 Abs. 2 Berufsausbildungsgesetz zeitgerecht die Zulassung zur Prüfung beantragt habe, Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Zulassung zur Lehrabschlussprüfung werde von der Lehrlingsstelle aufgrund eines Antrages des Prüfungswerbers (des Lehrlings) erteilt.

Laut Lehrvertrag habe die Lehre ihres Sohnes bei der Firma ***2*** GmbH in ***3*** bis 01.08.2024 gedauert. Die Anmeldung zur Lehrabschlussprüfung sei erst am 27.09.2024 erfolgt. Es liege daher keine rechtzeitige Anmeldung zur Lehrabschlussprüfung vor. Subjektive Momente wie Gutgläubigkeit seien dabei irrelevant.

Es langte ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein, in welchem die Beschwerdeführerin erläuterte:

Sie sei der Meinung, dass ein Formfehler nicht zu Lasten des Kindes gehen dürfe. Sie selbst sei eine alleinerziehende Mutter, die immer gearbeitet und Steuern bezahlt habe. Sie habe niemals Almosen vom Staat bezogen, weil sie immer berufstätig gewesen sei. Auch ihr Sohn absolviere seine Lehre und leiste seinen Beitrag. Es handle sich um Familienbeihilfe für drei Monate. Sie bitte höflich, diese zu gewähren. Hätten sie Bescheid gewusst, so hätten sie gewiss die Frist eingehalten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

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        "***1***, der Sohn der Beschwerdeführerin, ist am ***4*** geboren."
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        "***1*** meldete sich am 27.09.2024 zur Lehrabschlussprüfung an."
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        "***1*** wurde bei der ***2*** GmbH von 02.08.2021 bis 01.08.2024 als Arbeiterlehrling, ab 02.08.2024 als Arbeiter geführt."
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2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf unstrittigen Akteninhalt samt Lehrvertrag und Sozialversicherungsdatenauszug.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder Anspruch auf die Familienbeihilfe, wenn diese das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden.

Gemäß § 14 Abs. 1 Berufsausbildungsgesetz (BAG) endet das Lehrverhältnis mit Ablauf der im Lehrvertrag vereinbarten Dauer der Lehrzeit.

Gemäß § 23 Abs. 2 BAG ist die Zulassung zur Lehrabschlussprüfung … bei der für den Lehrbetrieb (die Ausbildungsstätte) des Lehrlings örtlich zuständigen Lehrlingsstelle frühestens sechs Monate vor Beendigung der festgesetzten Lehrzeit, sonst nach Wahl des Prüfungswerbers entweder bei der nach dem Arbeitsort oder bei der nach dem Wohnort des Prüfungswerbers örtlich zuständigen Lehrlingsstelle zu beantragen. Diese Lehrlingsstelle hat über den Antrag zu entscheiden und den Prüfungstermin festzusetzen …

Strittig ist: Steht Familienbeihilfe für ***1*** für den Zeitraum September bis November 2024 zu?

Nicht weiter strittig ist, dass Familienbeihilfe für den Monat August 2024 ausbezahlt wurde und daher nicht ein weiteres Mal gebührt (§ 10 Abs. 4 FLAG 1967).

Die Absolvierung einer Lehre ist eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967. Im dualen Ausbildungssystem besteht die Lehrausbildung aus der Ausbildung im Lehrbetrieb und der Ausbildung in der Berufsschule. Beides zusammen stellt die Lehre dar. Die Berufsausbildung in einem Lehrberuf erstreckt sich jedenfalls auf die Dauer eines Lehrverhältnisses und des Berufsschulbesuches.

Laut Lehrvertrag vom 22.12.2021 endete im Streitfall die Lehrzeit am 01.08.2024.

Die Zeit zwischen dem Ende des Lehrverhältnisses und der Lehrabschlussprüfung ist dann zur Berufsausbildung zu zählen, wenn der Prüfungswerber das in der Rechtsprechung geforderte ernstliche und zielstrebige Bemühen erkennen lässt. Dies ist der Fall, wenn er zeitgerecht (§ 23 Abs. 2 BAG) die Zulassung zur Lehrabschlussprüfung beantragt (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 45 mit Hinweis auf VwGH 26.05.2011, 2011/16/0077).

Da sich der Sohn der Beschwerdeführerin erst im September 2024, also nach Beendigung seiner Lehrzeit, für die Lehrabschlussprüfung angemeldet hat, war seine - einen Familienbeihilfenanspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 220/2021 begründende - Berufsausbildung ab 01.08.2024 beendet. Damit in Einklang steht auch, dass er laut Sozialversicherungsdatenauszug bis 01.08.2024 bei seinem Lehrbetrieb als Arbeiterlehrling, ab 02.08.2024 aber als Arbeiter geführt wurde.

Wenn auch die verspätete Anmeldung auf einem Missverständnis beruhen mag und die Beschwerdeführerin als stets berufstätige, alleinerziehende, ihre Steuern bezahlende Mutter eine tadellose Staatsbürgerin ist, berechtigt dies die Abgabenbehörde oder das Bundesfinanzgericht nicht, die Familienbeihilfe in einem das gesetzmäßige Ausmaß überschreitenden Umfang zu gewähren. Dies würde zum einen dem in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerten Legalitätsprinzip, wonach die gesamte staatliche Verwaltung in Österreich nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden darf, zum anderen dem Art. 7 Abs. 1 B-VG, der normiert, dass alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind, widersprechen.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der in Streit stehenden Rechtsfrage findet Deckung in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Feldkirch, am 4. März 2025

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